Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 03.11.2011, Az.: 10 LA 72/10

Notwendigkeit der Glaubhaftmachung eines neuen Tatsachenvortrags im Zulassungsverfahren i.R.d. Geltendmachung des Zulassungsgrundes besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechssache

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
03.11.2011
Aktenzeichen
10 LA 72/10
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2011, 29723
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2011:1103.10LA72.10.0A

Amtlicher Leitsatz

Auch im Rahmen der Geltendmachung des Zulassungsgrundes besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache ist es erforderlich, neuen Tatsachenvortrag im Zulassungsverfahren zu substantiieren und glaubhaft zu machen.

Gründe

1

Der Kläger wendet sich gegen drei Bescheide der Beklagten, mit denen den Beigeladenen bescheinigt wurde, dass Milchreferenzmengen auf sie übergegangen seien.

2

Der Kläger betreibt Milchwirtschaft und pachtete 1991 von den Beigeladenen jeweils eine Fläche. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2007 erklärte der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen eine fristlose Kündigung dieser zwei Pachtverträge. Nachdem der Kläger die Annahme der per Einschreiben mit Rückschein übersandten Kündigung verweigert hatte, überbrachte der Beigeladene zu 1 ihm diese Kündigung persönlich am 28. Januar 2008.

3

Am 3. Januar 2008 beantragten die Beigeladenen jeweils die Ausstellung einer Bescheinigung über die Übertragung von Referenzmengen vom Kläger als dem Pächter auf sie als die Verpächter.

4

Mit Bescheid vom 11. März 2008 bescheinigte die Beklagte dem Beigeladenen zu 1 den Übergang einer Referenzmenge zum 1. April 2008 in der Höhe von 2.112 kg wegen einer ihres Erachtens zurückgewährten Fläche von 1,97 ha. Mit Bescheid vom 11. März 2008 bescheinigte die Beklagte der Beigeladenen zu 2 den Übergang einer Referenzmenge zum 1. April 2008 in Höhe von 1.285 kg wegen einer ihres Erachtens zurückgewährten Fläche von 1,62 ha. Mit Bescheid vom 17. März 2008 änderte die Beklagte den zuletzt genannten Bescheid vom 11. März 2008 dahingehend ab, dass der Beigeladenen zu 1 der Übergang einer Referenzmenge zum 1. April 2008 in Höhe von 1.737 kg bescheinigt wurde.

5

Der Kläger hat am 11. April 2008 Klagen gegen diese drei Bescheide erhoben und zu deren Begründung unter anderem behauptet, dass ein Übergang der anteiligen Referenzmenge schon deshalb nicht bescheinigt werden dürfe, weil eine Rückgabe der Flächen nicht stattgefunden habe, sondern er nach wie vor deren unmittelbarer Besitzer sei. Die Beklagte hat dies bestritten, indem sie geltend gemacht hat, die in Rede stehenden Flächen, die den Feldblock DENILI 0507030009 bildeten, würden seit dem 1. Januar 2008 durch den Landwirt A. aus B. bewirtschaftet. Die Beigeladenen haben angegeben, ab dem 1. Januar 2008 seien die Flächen an den Landwirt C. A. aus B. verpachtet worden.

6

Das Verwaltungsgericht hat die drei gerichtlichen Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und die Klagen mit im Wesentlichen folgender Begründung abgewiesen: Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Bescheinigungen des Übergangs der Referenzmengen seien die Vorschriften des Gemeinschaftsrechts und der nationalen Regelungen, die für den Zeitpunkt des streitigen Referenzmengenübergangs Geltung beanspruchten. Die Rückgabe der Flächen sei hier Ende des Jahres 2007 erfolgt; denn die Flächen seien mit Wirkung zum 1. Januar 2008 - insoweit unstreitig - an einen Nachfolgepächter verpachtet worden. Ob der "Pachtrückgabe" eine rechtzeitige außerordentliche Kündigung vorausgegangen sei, sei für den tatsächlichen Übergang unerheblich. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Bescheinigungen seien daher dieVerordnung (EG) Nr. 1788/2003 des Rates vom 29. September 2003 über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor und die Verordnung zur Durchführung der EG-Milchabgabenregelung vom 7. März 2007 - MilchAbgV - heranzuziehen. Die Milchabgabenverordnung sei zwar durch§ 57 der Verordnung zur Durchführung der EG-Milchquotenregelung vom 4. März 2008 - MilchQuotV [a.F.] - aufgehoben worden. Ihre Aufhebung stehe aber nach dieser Norm unter dem Vorbehalt anderweitiger Regelung in der Verordnung. Nach § 56 MilchQuotV [a.F.] erfolge die Durchführung der Milchquotenregelung bis 31. März 2008 auf der Grundlage der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Bestimmungen, sodass die Milchabgabenverordnung weiterhin anzuwenden sei. Nach § 52 MilchAbgV würden Übertragungen der Referenzmengen bei Rückgewähr von Pachtflächen, die vor dem 1. April 2000 geschlossen wurden, nach den §§ 48 bis 51 bescheinigt. Es gälten die §§ 27 und 28 entsprechend. Danach gehe mit der Rückgewähr eines Betriebsteils die anteilige Referenzmenge grundsätzlich auf den Verpächter über. Dabei würden 33% zugunsten der Reserve des Landes eingezogen. Hiernach sei der Übergang der streitigen Referenzmengen jeweils bescheinigt worden.

7

Gegen das abweisende Urteil wendet sich der Kläger mit einem Antrag auf Zulassung der Berufung, dessen Zurückweisung nicht nur die Beklagte, sondern auch die Beigeladenen beantragen. Er stützt seinen Zulassungsantrag auf die Zulassungsgründe des Bestehens ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sowie der grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) der Rechtssache. Seine Rechtsanwälte haben mit Schriftsatz vom 17. September 2010 mitgeteilt, dass sie ihn nicht mehr verträten.

8

II.

Die Rechtsanwälte Dr. D. u.a. sind trotz ihrer Mitteilung, dass sie den Kläger nicht mehr verträten, weiter als dessen Prozessbevollmächtigte zu betrachten. Denn in dem Zulassungsverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht herrscht nach § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO Vertretungszwang, sodass gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 87 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO eine Beendigung des Mandats der Anwälte im Außenverhältnis zu den übrigen Beteiligten und zu dem Gericht erst dann wirksam wird, wenn zusätzlich zu der Anzeige der Kündigung auch die Bestellung eines neuen Bevollmächtigten angezeigt worden ist (Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 67 Rn. 76; Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 67 Rn. 46; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 30.11.1977 - BVerwG VII CB 61.76 -, BayVBl. 1978, 123 f., hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 4, und Urt. v. 26.1.1978 - BVerwG III C 83.76 -, BVerwGE 55, 193 f. [BVerwG 26.01.1978 - 3 C 83/76] [193]). Letzteres ist hier unterblieben, obwohl eine entsprechende Anfrage des Berichterstatters erfolgte - die der Kläger und dessen Prozessbevollmächtigte unbeantwortet gelassen habe.

9

Der Zulassungsantrag bleibt gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO ohne Erfolg, weil die Zulassungsgründe, auf die sich der Kläger beruft, teilweise bereits nicht hinreichend dargelegt sind und im Übrigen nicht vorliegen.

10

1. Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn auf Grund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts gewichtige gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschl. v. 23. 6. 2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458 [1459]). Die Richtigkeitszweifel müssen sich allerdings auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (Nds. OVG, Beschl. v. 19.3.2010 - 10 LA 119/08 - und Beschl. v. 27.3.1997 - 12 M 1731/97-, NVwZ 1997, 1225 [1228]; BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, DVBl. 2004, 838 [839]). Werden mit dem Zulassungsantrag neue Tatsachen vorgetragen, genügt es nicht, diese lediglich zu behaupten. Vielmehr muss der Zulassungsantragsteller seinen neuen Tatsachenvortrag substantiieren und glaubhaft machen, um so dem Berufungsgericht die summarische Beurteilung der Erfolgsaussicht des noch zuzulassenden Rechtsmittels anhand des oben genannten Wahrscheinlichkeitsmaßstabs zu ermöglichen (Nds. OVG Beschl. v. 29.9.2010 - 10 LA 275/07 -, v. 31.3.2009 - 10 LA 411/08 - und v. 12.2.2008 - 5 LA 326/04 -, [...]; Seibert, in: Sodan/Ziekow [Hrsg.], VwGO, 3. Aufl. 2010, § 124 Rn. 91). Hierzu kann er beispielsweise eine eidesstattliche Versicherung abgeben. Allein die bloße Möglichkeit, dass sich - nach weiterer Sachverhaltsaufklärung oder gar Beweiserhebung - eine (entscheidungserheblich) veränderte Sachlage ergeben kann, ist für die Zulassung nicht hinreichend (Nds. OVG Beschl. v. 12.2.2008 - 5 LA 326/04 -, a.a.O., m.w.N.).

11

Das Verwaltungsgericht hat in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, dass die Rückgabe der Flächen hier Ende des Jahres 2007 erfolgt sei.

12

Die Richtigkeit dieser Feststellung hat der Kläger nicht hinreichend in Frage gestellt. Im Gegensatz zu seinem erstinstanzlichen Vorbringen nimmt er mit seinem Zulassungsantrag nicht mehr in Abrede, dass er den unmittelbaren Besitz an den umstrittenen Flächen verloren hat. Er behauptet nun aber, dass dieser Besitz ihm einseitig und gegen seinen Willen entzogen worden sei. Diesen neuen Tatsachenvortrag, der wohl auf die Geltendmachung einer Ausübung verbotener Eigenmacht (§ 858 Abs. 1 BGB) durch den Landwirt A. hinauslaufen soll, hat er indessen weder substantiiert noch in geeigneter Weise glaubhaft gemacht. Eine Substantiierung wäre aber nicht allein prozessual geboten, sondern auch materiell-rechtlich angezeigt gewesen. Denn der (natürliche) Wille eines umstritten gekündigten Pächters, sich den unmittelbaren Besitz an der (etwa) zurückzugebenden Pachtsache durch den Verpächter oder einen Nachfolgepächter entziehen zu lassen, kann auch stillschweigend in Erscheinung treten (vgl. Diep, in: jurisPK-BGB, 5. Aufl. 2010, § 858 Rn. 9) und dadurch motiviert sein, dass der Pächter hofft, so für den Fall der Wirksamkeit der Kündigung den Eintritt der Rechtsfolgen des § 597 BGB zu vermeiden. Vor diesem Hintergrund hätte sich daher dem anwaltlich vertretenen Kläger aufdrängen müssen, seinen Vortrag bezüglich der geltend gemachten verbotenen Eigenmacht ausreichend zu substantiieren.

13

Des Weiteren rügt der Kläger, das Verwaltungsgericht habe fälschlich angenommen, dass es für die Übertragung der Referenzmengen allein auf die tatsächliche Rückgabe der Flächen "bzw." deren Verpachtung an einen Nachfolgepächter ankomme und unerheblich sei, ob der "Pachtrückgabe" eine rechtzeitige außerordentliche Kündigung vorausgehe. Er meint, es ergebe sich aus § 48 Abs. 3 Satz 1 MilchAbgV, dass der Übergang der Referenzmenge (auch) davon abhänge, dass der Pachtvertrag beendet worden sei. Deshalb hätte das Verwaltungsgericht die Wirksamkeit der Kündigung der Pachtverträge prüfen und richtigerweise verneinen müssen.

14

Dieser Argumentation ist nicht zu folgen.

15

Das Verwaltungsgericht hat nicht die Auffassung vertreten, dass es für die Übertragung der Referenzmengen auf die Verpachtung an einen Nachfolgepächter ankomme, sondern - recht verstanden - den Umstand einer Wiederverpachtung zum 1. Januar 2008 lediglich als ein Indiz betrachtet, aus dem zu schließen sei, dass eine Rückgabe der Flächen Ende des Jahres 2007 erfolgte. Es begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit dieser Schlussfolgerung, dass der Kläger nunmehr die Wiederverpachtung mit Nichtwissen bestreitet; denn die Beklagte, die als Subventionsbehörde von den Bewirtschaftungsverhältnissen Kenntnis besitzt, hat eine Bewirtschaftung der Flächen durch den von den Beigeladenen als neuen Pächter bezeichneten Landwirt A. ab dem 1. Januar 2008 bestätigt. Vor diesem Hintergrund und der - wie oben ausgeführt - unzulänglichen Darlegung verbotener Eigenmacht ist für die weitere Prüfung des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO von der Richtigkeit der Feststellung des Verwaltungsgerichts auszugehen, dass die Rückgabe der Pachtflächen Ende des Jahres 2007 erfolgte.

16

Es trifft nicht zu, dass - wie der Kläger meint - nach § 48 Abs. 3 Satz 1 MilchAbgV der Übergang der Milchreferenzmenge von einer wirksamen Kündigung des Pachtverhältnisses abhängig sei. Seine Auslegung des § 48 Abs. 3 Satz 1 MilchAbgV beruht vielmehr auf einer Überinterpretation des ersten Gliedsatzes der Vorschrift. Dieser Gliedsatz enthält keine Regelung einer zusätzlichen Übertragungsvoraussetzung, sondern lediglich eine an den Zeitpunkt der (faktischen) Beendigung des Pachtvertrages (durch Rückgabe der Pachtsache) anknüpfende Bestimmung darüber, nach welchen Vorschriften sich der Übergang der Referenzmenge beurteilt. Das sind nur die in § 48 Abs. 3 Satz 1 MilchAbgV genannten Vorschriften derMilch-Garantiemengen-Verordnung (MGV). Für einen nach der Milch-Garantiemengen-Verordnung zu beurteilenden Referenzmengenübergang ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aber bereits geklärt, dass entscheidendes Kriterium der Wechsel des Besitzes ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 1.9.1994 - BVerwG 3 C 1.92 -, BVerwGE 96, 337 [346]) und es dabei grundsätzlich weder darauf ankommt, ob der Verpächter zivilrechtlich zur Besitzverschaffung befugt war, noch, ob der Pachtvertrag (weiter) wirksam oder schon beseitigt gewesen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.3.2005 - BVerwG 3 C 18.04 -, RdL 2005, 215 ff., hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 24). Denn es entspricht der Grundregel (Prinzip der Betriebs- und Flächenakzessorietät) des hier anzuwenden gemeinschaftlichen Milchquotenrechts (Art. 17 Abs. 1 VO [EG] Nr. 1788/2003), dass die Referenzmenge der (zurück-) übertragenen Fläche folgt (vgl. BVerwG, Urt. v. 1.9.1994 - BVerwG 3 C 1.92 -, a.a.O., S. 341). Dieser Übergang tritt im Falle des Zurückgewährens der Fläche unmittelbar kraft Gesetzes ein, ohne dass es dazu einer Willenserklärung der Beteiligten (etwa einer wirksamen Kündigung des Pachtvertrages) bedarf (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.9.1993 - BVerwG 3 B 28.93 -, Buchholz 451.512 MGVO Nr. 82, hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 4). Es mag dahinstehen, ob ein Übergang der Referenzmenge auch dann erfolgt - also eine (Rück-) Übertragung (von Teilen) des Betriebes im Sinne des (Art. 17 Abs. 1 VO [EG] Nr. 1788/2003) und ein Zurückgewähren an den Verpächter im Sinne des § 7 Abs. 5 MGV angenommen werden kann -, wenn sich ein Neupächter nach umstrittener Kündigung mit dem Willen des Verpächters in Ausübung verbotener Eigenmacht (§ 858 Abs. 1 BGB) die Pachtfläche vom Altpächter verschafft, sodass nicht nur die Wirksamkeit des Rechtsgrundes für diesen Besitzübergang in Frage steht, sondern der erlangte Besitz selbst fehlerhaft ist (§ 858 Abs. 2 Satz 1 BGB). Denn wie oben bereits ausgeführt, ist für das hiesige Zulassungsverfahren von einem solchen Geschehen nicht auszugehen.

17

Da es nicht darauf ankommt, ob die umstrittene Kündigung der Pachtverträge wirksam war, kann der Vortrag des Klägers, mit dem er die Unwirksamkeit dieser Kündigungen darzulegen versucht, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils nicht begründen.

18

Die Unterlassung einer etwa erforderlichen Anhörung des Klägers vor der Ausstellung der angefochtenen Bescheinigungen vermag auf der Grundlage des im Zulassungsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalts und bei richtiger Beurteilung der materiellen Rechtslage im Hinblick auf§ 46 VwVfG (i.V.m. § 1 Abs. 1 NVwVfG) ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ebenfalls nicht zu erwecken.

19

2. Der Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt nicht vor.

20

Der Gesetzgeber hat mit diesem Zulassungsgrund (negativ) an die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass eines Gerichtsbescheides (§ 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und die Übertragung auf den Einzelrichter (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO) angeknüpft. Hiernach weist eine Streitsache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf, wenn ihre Entscheidung voraussichtlich in tatsächlicher bzw. rechtlicher Hinsicht größere, d.h. überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursachen wird (Nds. OVG, Beschl. v. 1.4.2010 - 10 LA 152/08 -; Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 124 Rn. 9). Die besonderen Schwierigkeiten müssen sich allerdings auf Fragen beziehen, die für den konkreten Fall und das konkrete Verfahren entscheidungserheblich sind (Nds. OVG, Beschl. v. 1.4.2010 - 10 LA 152/08 -; Kopp/Schenke, a.a.O.; Bader, in: Bader u.a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 124 Rn. 36, m.w.N.). Ergibt sich diese Entscheidungserheblichkeit aus neuem tatsächlichen Vorbringen im Zulassungsverfahren, ist es auch im Rahmen der Geltendmachung des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO erforderlich, den neuen Tatsachenvortrag zu substantiieren und glaubhaft machen (Seibert, in: Sodan/Ziekow [Hrsg.], VwGO, 3. Aufl. 2010, § 124 Rn. 120).

21

Die hier mit dem Zulassungsantrag vorgebrachten besonderen tatsächlichen Schwierigkeiten der Rechtssache bestehen nicht. Da der Kläger die Behauptung, es sei ihm der Besitz der Pachtflächen einseitig und gegen seinen Willen entzogen worden, nicht substantiiert und glaubhaft gemacht hat, ist auch für die Prüfung des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ohne weiteres von der Richtigkeit der Feststellung des Verwaltungsgerichts auszugehen, dass eine Rückgabe der Pachtflächen Ende des Jahres 2007 erfolgte. Mit dem - deshalb nicht anzuerkennenden - Erfordernis, Ermittlungen und Beweiserhebungen darüber anzustellen, ob es eine Rückgabe der Flächen durch den Kläger gegeben habe, können besondere tatsächliche Schwierigkeiten der Rechtssache also nicht erfolgreich begründet werden. Solche Ermittlungen und Beweiserhebungen sind auch nicht mit Blick auf die Beendigung der Pachtverhältnisse, den Zugang der Kündigung der Pachtverträge oder die Kündigungsgründe erforderlich. Denn wie unter II. 1. dieses Beschlusses ausgeführt, kommt es nicht darauf an, ob die Pachtverhältnisse durch eine wirksame Kündigung beendet worden sind.

22

Die von dem Kläger geltend gemachten besonderen rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache sind ebenfalls nicht gegeben. Das seitens des Verwaltungsgerichts geprüfte Tatbestandsmerkmal "Rückgabe der Flächen" ergibt sich entgegen der Annahme des Klägers ohne weiteres sinngemäß aus dem materiellen Gesetz, und zwar aus § 48 Abs. 3 Satz 1 MilchAbgV i.V.m. § 7 Abs. 5 Satz 1 MGV. Die Bedeutung, die der Kläger im Hinblick auf das "Merkmal 'Beendigung des Pachtvertrages'" verschiedenen rechtlichen Fragestellungen beilegt, um daraus die überdurchschnittliche rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache herzuleiten, ist nicht vorhanden. Denn wie oben unter II. 1. dieses Beschlusses ausgeführt, stellt es eine Überinterpretation des § 48 Abs. 3 Satz 1 MilchAbgV dar, der Norm zu entnehmen, dass eine zivilrechtlich wirksame "Beendigung des Pachtvertrages" eine zusätzlichen Voraussetzung des Übergangs der Milchreferenzmenge sei. Die von dem Kläger in Anknüpfung an dieses vermeintliche Tatbestandsmerkmal aufgeworfenen Fragen sind daher unerheblich. Aus ihnen können sich besondere rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache nicht ergeben.

23

3. Der Zulassungsrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ist nicht hinreichend dargelegt.

24

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat eine Rechtssache, wenn sie eine grundsätzliche, fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, die im allgemeinen Interesse der Klärung bedarf. Das ist nur dann zu bejahen, wenn die Klärung der Frage durch die im erstrebten Berufungsverfahren zu erwartende Entscheidung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder für eine bedeutsame Fortentwicklung des Rechts geboten erscheint (Nds. OVG, Beschlüsse v. 19.3.2010 - 10 LA 119/08 - und v. 29.2.2008 - 5 LA 167/04 -, Letzterer veröffentlicht in der Rechtsprechungsdatenbank der Nds. Verwaltungsgerichtsbarkeit und in [...]). Daher ist die grundsätzliche Bedeutung einer zu ausgelaufenem oder auslaufendem Recht aufgeworfenen Rechtsfrage in der Regel zu verneinen; anderes gilt nur, wenn die Beantwortung der Frage für einen nicht überschaubaren Personenkreis auf nicht absehbare Zeit auch künftig noch Bedeutung hat oder wenn die außer Kraft getretene Vorschrift durch eine Bestimmung ersetzt worden ist, bei der sich die streitigen Fragen in gleicher Weise stellen (Bader, in: Bader u.a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 124 Rn. 42; Seibert, in: Sodan/Ziekow [Hrsg.], VwGO, 3. Aufl. 2010, § 124 Rn. 146, jeweils m.w.N.). An der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage fehlt es auch, wenn sie sich unschwer aus dem Gesetz oder auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung beantworten lässt (Hess. VGH, Beschl. v. 22.10.2002 - 8 UZ 179/01 -, NVwZ 2003, 1525 [1526], m.w.N.). Um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO darzulegen, hat der Zulassungsantragsteller die für fallübergreifend gehaltene Frage zu formulieren (Nds. OVG, Beschl. v. 29.2.2008 - 5 LA 167/04 -, a. a. O; Happ, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124a Rn. 72) sowie näher zu begründen, weshalb sie eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat und ein allgemeines Interesse an ihrer Klärung besteht. Darzustellen ist weiter, dass sie entscheidungserheblich ist und ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten steht (Nds. OVG, Beschl. v. 29.2.2008 - 5 LA 167/04 -, a.a.O., m.w.N.).

25

Gemessen an diesen Maßstäben hat der Kläger den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO bereits nicht ausreichend dargelegt. Wie den Entscheidungsgründen der Vorinstanz entnommen werden kann und sich mittelbar auch aus § 57 Abs. 1 MilchQuotV n.F. ergibt, handelt es sich bei der hier noch anzuwendenden Milchabgabenverordnung um ausgelaufenes Recht. Der Kläger versäumt es jedoch, näher zu begründen, warum die von ihm unter III. seiner Antragsbegründungsschrift vom 25. Mai 2010 aufgeworfenen materiell-rechtlichen Fragen gleichwohl und ausnahmsweise von grundsätzlicher Bedeutung sein sollen. Seine Behauptung, dass Antworten auf diese Fragen "über den hier zu entscheidenden Fall hinauswirken würden", genügt dazu nicht. Die im zweiten Absatz auf der Seite 7 der Antragsbegründungschrift aufgeworfenen verfahrensrechtlichen Fragen sind schon nicht fallübergreifend formuliert. Dementsprechend fehlt es auch an jeder Darlegung des Klägers, weshalb an ihrer Klärung ein allgemeines Interesse bestehen soll. Die im dritten Absatz auf der Seite 7 der Antragsbegründungschrift angedeutete Fragestellung ist nicht bestimmt genug ausgedrückt. Schließlich mangelt es auch an einer ausreichenden Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Fragen. Denn im Falle der Geltendmachung mehrerer Zulassungsgründe müssen diese grundsätzlich selbständig dargelegt werden (Nds. OVG, Beschl. v. 12.9.2011 - 10 LA 18/09 -, vgl. auch Nds. OVG, Beschl. v. 28.10.2008 - 6 AD 2/08 -, NVwZ-RR 2009, 360, m.w.N.). Das schließt zwar nicht jegliche Bezugnahme aus. Es genügt aber nicht - wie hier - zur Darstellung der Entscheidungserheblichkeit einer Vielzahl von (vermeintlichen) Grundsatzfragen pauschal auf die Darlegung eines anderen Zulassungsgrundes zu verweisen, in deren Rahmen einige dieser Fragen teilweise gar nicht oder allenfalls irgendwo am Rande, und dann nicht mit ausreichender Deutlichkeit, angesprochen sind. Denn es obliegt dem Rechtsbehelfsführer, seine Darlegungen klar zuzuordnen, und ist nicht die Aufgabe des Oberverwaltungsgerichts, sich die Darlegungen für die als grundsätzlich aufgeworfenen Fragestellungen jeweils zusammenzusuchen.

26

Im Übrigen lassen sich die von dem Antragsteller formulierten materiell-rechtlichen Fragen ohne weiteres auf der Grundlage des (materiellen) Gesetzes und der bereits vorhandene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantworten, oder sie stellen sich vor dem Hintergrund des hier im Zulassungsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalts nicht. Insoweit wird auf die Ausführungen unter II. 1. dieses Beschlusses verwiesen. Auch die von dem Kläger genannten verfahrensrechtlichen Fragen wirft der vorliegende Fall entweder objektiv nicht auf, weil sie sich dem Kläger nur aufgrund unrichtiger materiell-rechtlicher Prämissen stellen, oder sie lassen sich bereits anhand des Gesetzes einfach beantworten. Insoweit ist insbesondere auf die §§ 24 Abs. 1 und Abs. 2, 28, 45 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 sowie auf 46 VwVfG (jeweils i.V.m. § 1 Abs. 1 NVwVfG) hinzuweisen.

27

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).