Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 28.01.2013, Az.: 10 LA 21/12
Notwendigkeit von Vorsatz in Bezug auf eine Unregelmäßigkeit für die Anwendbarkeit der Vorschrift des Art. 53 S. 1 VO 796/2004/EG; Rücknahme der Bewilligung einer Betriebsprämie
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 28.01.2013
- Aktenzeichen
- 10 LA 21/12
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2013, 10562
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2013:0128.10LA21.12.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Osnabrück - 08.12.2011 - AZ: 2 A 268/09
Rechtsgrundlagen
- Art. 53 S. 1 VO 796/2004/EG
- Art. 9 Abs. 1 UAbs. 3 VO 3887/92/EWG
Fundstellen
- AUR 2013, 184-186
- NordÖR 2013, 184
Amtlicher Leitsatz
Art. 53 Satz 1 VO (EG) Nr. 796/2004 setzt weder eine Betrugsabsicht noch einen Vorsatz in Bezug auf die Unrechtmäßigkeit der Bewilligung der Beihilfe voraus. Diese Vorschrift verlangt lediglich einen Vorsatz in Bezug auf die Unregelmäßigkeit, wobei eine Unregelmäßigkeit in jeder Missachtung der für die Gewährung der betreffenden Beihilfe geltenden Rechtsvorschrift zu sehen ist. In Fällen von Veränderungen nach der Antragstellung ist maßgebend, ob der Antragsteller es vorsätzlich unterlassen hat, der zuständigen Behörde die Veränderungen mitzuteilen, die zu einem Auseinanderfallen von Antragsangaben und Wirklichkeit geführt haben. Das abgestufte Sanktionssystem in Art. 51, 53 Verordnung (EG) Nr. 796/2004 wahrt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Gründe
Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Die von ihm geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) liegen nicht vor oder sind vom Kläger nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt worden.
1.
Die Berufung kann nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen werden.
Ernstliche Zweifel in diesem Sinne liegen vor, wenn gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils gewichtige Gründe sprechen. Das ist regelmäßig der Fall, wenn ein die Entscheidung tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird. Allerdings reicht es nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen (BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, 542).
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 2. Dezember 2009 nahm die Beklagte die Bewilligung einer Betriebsprämie für das Antragsjahr 2006 zurück, forderte einen Betrag in Höhe von 21.907,30 EUR nebst Zinsen zurück und setzte die Kosten des Verfahrens fest. Das Verwaltungsgericht hat die dagegen erhobene Klage abgewiesen: Die Klage sei unbegründet. Der der Rücknahme zugrunde liegende Bescheid über die Bewilligung einer Betriebsprämie sei rechtswidrig, weil dem Kläger für eine Fläche von 8,37 ha eine Betriebsprämie gewährt worden sei, für deren Bewilligung die sachliche Rechtfertigung nachträglich entfallen sei. Der Kläger habe im Sammelantrag für das Jahr 2006 eine förderfähige Gesamtfläche zur Größe von 78,83 ha angegeben; dazu habe auch ein 8,37 ha großer Teil einer insgesamt 45,06 ha großen Fläche zum Anbau von zur Stärkeherstellung bestimmten Kartoffeln gezählt. Der Bewilligung der Betriebsprämie sei die insgesamt bewirtschaftete Fläche zugrunde gelegt worden. Tatsächlich habe der Kläger eine Teilfläche von 8,37 ha jedoch nicht für den Anbau von Stärkekartoffeln genutzt. Stärkekartoffeln seien nur solche Kartoffeln, die einem Stärkeunternehmen im Rahmen eines Vertragsanbaues zur Herstellung von Stärke zur Verfügung gestellt würden. Das bedeute, dass Kartoffeln, die von vornherein mit einer anderen Zweckbestimmung als ihrer Nutzung zur Stärkegewinnung angebaut oder die nachträglich anders verwendet würden, indem der Betriebsinhaber sie anderweitig vermarkte, keine "Kartoffeln zur Herstellung von Stärke" seien. So liege es hier. Der Kläger habe eingeräumt, einen Teil der zur Stärkegewinnung vorgesehenen Kartoffeln als nicht dieser Zweckbestimmung dienende Kartoffeln vermarktet zu haben. Er könne nicht dagegen einwenden, er habe die im Sammelantrag genannten Flächen wie angemeldet bestellt und zur Zeit der Antragstellung nicht die Absicht gehabt, die für den Anbau von Stärkekartoffeln benannte Fläche anders zu nutzen, denn hinsichtlich der Förderfähigkeit des Kartoffelanbaus seien allein die objektiven Kriterien maßgeblich. Auf die vom Kläger vorgetragenen - zum Teil subjektiven - Umstände komme es rechtlich nicht an. Die Nutzung der Anbaufläche für die Produktion sonstiger, nicht stärkekartoffelbeihilfefähiger Stärkekartoffeln sei im Rahmen der Betriebsprämie nicht förderfähig, denn es fehle an einer erforderlicher OGS-Genehmigung. Die im Nachhinein geänderte Verwendung der Kartoffeln als sonstige Kartoffeln habe der Kläger entgegen seiner diesbezüglichen Pflicht der Beklagten nicht angezeigt. Die Beklagte habe dem Kläger die Beihilfe für Stärkekartoffelerzeuger zu Recht in vollem Umfang aberkannt. Der Kläger habe die zugrunde liegende Unregelmäßigkeit vorsätzlich begangen. Art. 53 Verordnung (EG) Nr. 796/2004 setze den Vorsatz hinsichtlich der beihilfeschädlichen Unregelmäßigkeit voraus. Maßgebend sei daher, ob der Kläger es vorsätzlich unterlassen habe, der zuständigen Behörde Veränderungen zu melden, die zu einem Auseinanderfallen von angemeldeter und tatsächlicher Anbaufläche für Kartoffeln zur Herstellung von Stärke geführt hätten. Dies sei hier der Fall. Der Kläger habe durch Unterzeichnung des Sammelantrags bestätigt, dass er die für die Gewährung der Beihilfe geltenden Rechtsgrundlagen zur Kenntnis genommen und anerkannt habe. Weiter habe er sich verpflichtet, jede Abweichung von den Antragsangaben und jede Nichteinhaltung der Beihilfevorschriften gegenüber der zuständigen Dienststelle unverzüglich mitzuteilen. Dem Kläger seien daher die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Betriebsprämie bekannt gewesen, gleichwohl habe er vertragsgebundene Stärkekartoffeln teilweise anderweitig vermarktet, ohne dies der Beklagten mitzuteilen.
Der Kläger wendet dagegen ein, mit der Feststellung, der Bewilligungsbescheid sei rechtmäßig aufgehoben worden, weil er vorsätzlich eine Unregelmäßigkeit begangen habe, weiche das Verwaltungsgericht von näher bezeichneten Entscheidungen des EuGH und des OVG Sachsen-Anhalt ab. In diesen Entscheidungen werde klargestellt, dass für eine Sanktion im Sinne von Art. 9 Abs. 1 UAbs. 3 Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 ein absichtliches Handeln vorausgesetzt werde. Gleiches gelte für Sanktionen bei "absichtlichen" Falschangaben im Sinne des Art. 72 Abs. 1 Satz 1 Verordnung (EG) Nr. 918/2004. Seine Angaben bei der Antragstellung im Sammelantrag seien nicht fehlerhaft gewesen, weil er zu diesem Zeitpunkt noch vorgehabt habe, die Kartoffeln dem Stärkeunternehmen zu überlassen. Ein Vorsatz zur Falschangabe läge nur dann vor, wenn er sich im Zeitpunkt der Entscheidung, die Kartoffeln nicht dem Stärkeunternehmen zu überlassen, bewusst gewesen wäre, verpflichtet zu sein, die Beklagte über diesen Umstand zu informieren und durch sein Handeln eine richtige Angabe im Beihilfeantrag herbeizuführen. Nach diesen Maßstäben sei vorliegend nicht von einem vorsätzlichen Verhalten auszugehen. Er habe angenommen, dass er mit der Nichtlieferung an die Stärkefabrik zugleich auch auf die Stärkekartoffelbeihilfe und die teilweise Betriebsprämie verzichtet habe. Er sei sich im Zeitpunkt der Nichtlieferung nicht bewusst gewesen, dass die Codierung der hier in Rede stehenden Flächen mit dem Kultur-Code 641 zugleich zu einer Erhöhung der Stärkekartoffelbeihilfe führen würde, die beim Anbau anderer als Stärkekartoffeln ausbliebe. Er habe keinen Willen gebildet, eine vorsätzliche Unregelmäßigkeit zu begehen.
Mit diesem Vorbringen legt der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht dar. Nach der Rechtsprechung des Senats verlangt Art. 53 Satz 1 Verordnung (EG) Nr. 796/2004 weder eine Betrugsabsicht noch einen Vorsatz in Bezug auf die Unrechtmäßigkeit der bewilligten Beihilfe. Diese Vorschrift setzt - wie schon der Wortlaut aufzeigt - lediglich einen Vorsatz in Bezug auf die Unregelmäßigkeit voraus, wobei eine Unregelmäßigkeit in jeder Missachtung der für die Gewährung der betreffenden Beihilfe geltenden Rechtsvorschrift zu sehen ist (Art. 2 Abs. 10 der Verordnung). In Fällen von Veränderungen nach Antragstellung ist nach dem Vorstehenden maßgebend, ob der Antragsteller es vorsätzlich unterlassen hat, der zuständigen Behörde Veränderungen mitzuteilen, die zu einem Auseinanderfallen von angemeldeter und tatsächlicher Anbaufläche geführt haben (vgl. Senatsbeschluss vom 4. April 2012 - 10 LA 184/10 -, [...], und Senatsbeschluss vom 22. November 2010 - 10 ME 148/10 -, RdL 2011, 107 = AUR 2011, 104 [OVG Niedersachsen 22.11.2010 - 10 ME 148/10] zum Vorsatz nach Art. 52 Abs. 3 UAbs. 1 der Verordnung). Daher ist das Vorbringen des Klägers schon nicht entscheidungserheblich, er habe angenommen, dass er bei Nichtlieferung an die Stärkekartoffelfabrik zugleich auf die betreffenden Beihilfen verzichtet habe, und ihm nicht bewusst gewesen sei, dass die (fehlerhaft gewordene) Codierung der in Rede stehenden Flächen zu einer Erhöhung der Stärkekartoffelbeihilfe geführt habe. Daneben ist im Hinblick auf die bei Antragstellung unter Teil VII Ziffer 20 und 24 des Sammelantrags abgegebenen Erklärungen regelmäßig davon auszugehen, dass ein Antragsteller um seine Verpflichtungen weiß, Abweichungen (Änderungen) in der Nutzung einer beantragten Fläche der Bewilligungsbehörde unverzüglich mitzuteilen. Dies wird bestätigt in Art. 68 Abs. 2 UAbs. 1 Verordnung (EG) Nr. 796/2004. Nach dieser Vorschrift finden die in Kapitel I vorgesehenen Kürzungen und Ausschlüsse dann keine Anwendung auf die betreffenden Teile des Beihilfeantrags, wenn der Betriebsinhaber die zuständige Behörde schriftlich darüber informiert, dass der Beihilfeantrag fehlerhaft ist oder seit Einreichung fehlerhaft geworden ist. Unterlässt es ein Antragsteller in solchen Fällen, eine (gewollte) Nutzungsänderung der Bewilligungsstelle unverzüglich mitzuteilen, ist ein solches Unterlassen regelmäßig als vorsätzlich im Sinne des Art. 53 Satz 1 Verordnung (EG) Nr. 796/2004 anzusehen. Auch nach der Rechtsprechung des EuGH zum Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems obliegt es den Betriebsinhabern, Beihilfeanträge nur für Flächen zu stellen, welche die Bedingungen für die Gewährung der betreffenden Beihilfe erfüllen, und die zuständigen Behörden über jede nach Antragstellung eintretende Änderung der Sachlage zu informieren (EuGH, Urteil vom 28. November 2002 - C-417/00[Agrargenossenschaft Pretzsch] -, Slg. 2002, I-11053, Rdnr. 52). Hiernach bestehen an der Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, das Handeln des Klägers in Bezug auf die Unregelmäßigkeit als vorsätzlich anzusehen, keine ernstlichen Zweifel.
Der Kläger sieht ernstliche Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ferner darin begründet, dass der tatsächliche Umfang der Nichtanlieferung von Stärkekartoffeln nicht festgestellt worden sei. Der Mindestertrag sei dadurch festgelegt worden, dass der in 2006 erzielte Ertrag aller niedersächsischen Stärkekartoffelanbauer mit 27 t/ha herangezogen worden sei und von diesem zur Berücksichtigung betriebsindividueller Belange wie schwacher Standorte, Niederschlagsverhältnisse, Krankheiten etc. 30% abgezogen worden sei, um geringe Anlieferungen aufgrund schlechter Ernte außen vor zu lassen. Der so ermittelte Wert von 19 t/ha habe als Schwellenwert für die Einbeziehung in das weitere Verfahren gedient. Hieraus werde deutlich, dass die Beklagte im gesamten Verfahren auf eine individuelle Prüfung des Vorsatzes des jeweiligen Landwirts verzichtet habe und lediglich aufgrund der Schätzung des für Landwirtschaft zuständigen Ministeriums Sanktionen verhängt habe.
Auch mit diesem Vorbringen hat der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht dargelegt. Zwar ist die vollständige Versagung der Betriebsprämie nach Art. 53 Satz 1 Verordnung (EG) Nr. 796/2004 in der hier anzuwendenden Fassung nur möglich, sofern die festgestellte Differenz mehr als 0,5% er ermittelten Fläche oder mehr als einen Hektar beträgt. Der Kläger hat jedoch nicht konkret dargelegt, dass hinsichtlich der letztlich nicht zum Anbau von zur Stärkeherstellung bestimmten Kartoffeln genutzten Flächen diese Grenze nicht überschritten ist. Vielmehr unterliegt es keinen ernstlichen Zweifeln, dass der Kläger diese Bagatellgrenze des Art. 53 Satz 1 Verordnung (EG) Nr. 796/2004 deutlich überschritten hat. Bei einer angemeldeten Fläche - wie hier - zur Größe von 78,83 ha entfällt der Anspruch auf eine Betriebsprämie im Falle vorsätzlich begangener Unregelmäßigkeiten nach der vorgenannten Vorschrift nur dann nicht, wenn die Unregelmäßigkeit lediglich eine Fläche von weniger als 0,4 ha betrifft (78,83 ha - [78,83 / 100,5 x 100]). Von einer derart geringen Abweichung kann hier jedoch nicht ausgegangen werden. Mit dem Anbau- und Liefervertrag vom 8./11. Mai 2006 verpflichtete sich der Kläger gegenüber dem Stärkeunternehmen zum Anbau von zur Stärkeherstellung bestimmten Kartoffeln auf einer Anbaufläche zur Größe von 45,06 ha und zur Lieferung von 1.429 t Kartoffeln (netto); dies entspricht einer durchschnittlicher Liefermenge (netto) von 31,71 t Kartoffeln je Hektar Anbaufläche. Tatsächlich lieferte der Kläger in der Kampagne 2006/2007 nur rd. 697 t Kartoffeln (netto) an das Stärkeunternehmen und damit weniger als die Hälfte der vertraglich vereinbarten Liefermenge.
Weiter wendet der Kläger ein, auch wenn die Entscheidung nach § 10 Abs. 1 MOG nicht im Ermessen der Behörde stehe, so sei doch auch in Fällen gebundener Entscheidungen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Hier sei lediglich eine Fläche von 11,88% seiner Gesamtfläche betroffen, mit der Folge, dass es lediglich zu einer geringen Überzahlung der Betriebsprämie gekommen sei. Wenn der Rückzahlungsbetrag sich demgegenüber auf die gesamte Betriebsprämie in Höhe von 21.907,30 EUR belaufe, trage der Bescheid dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht Rechnung.
Auch hiermit legt der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht dar. Die Verordnung (EG) Nr. 796/2004 sieht im Falle von Unregelmäßigkeiten ein abgestuftes Sanktionssystem vor. So bestimmt Art. 51 Abs. 1 UAbs. 1 der Verordnung, dass bei Differenzen zwischen angemeldeter und ermittelter Fläche von mehr als 3% der ermittelten Fläche oder von mehr 2 ha, aber weniger als 20% der ermittelten Fläche, die Beihilfe um das Doppelte der festgestellten Differenz gekürzt wird. Liegt die festgestellte Differenz hingegen über 20% der ermittelten Fläche, so wird für die betreffende Kulturgruppe keine flächenbezogene Beihilfe gewährt (Art. 51 Abs. 1 UAbs. 2 der Verordnung). Liegt in Bezug auf die ermittelte Gesamtfläche, für die ein Sammelantrag auf Beihilfegewährung (ausgenommen für Stärkekartoffeln und Saatgut gemäß den Art. 93 bzw. 99 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003) gestellt wird, die angegebene Fläche um mehr als 30% über der ermittelten Fläche, so wird im laufenden Kalenderjahr keine Beihilfe im Rahmen der betreffenden Beihilferegelungen, auf die der Betriebsinhaber Anspruch gehabt hätte, gewährt (Art. 51 Abs. 2 UAbs. 1 der Verordnung); liegt diese Differenz sogar über 50%, so ist der Betriebsinhaber ein weiteres Mal in einer näher bestimmten Höhe auszuschließen (Art. 51 Abs. 2 UAbs. 2 der Verordnung). Die Sanktionen werden in Fällen vorsätzlicher Übererklärungen weiter verschärft: Beruhen die festgestellten Differenzen zwischen der angegebenen Fläche und der ermittelten Fläche auf vorsätzlich begangenen Unregelmäßigkeiten, so wird dem Betriebsinhaber im laufenden Kalenderjahr keine Beihilfe im Rahmen der betreffenden Beihilferegelung gewährt, auf die er Anspruch gehabt hätte (Art. 53 Satz 1 der Verordnung). Dieser Ausschluss greift aber nur ein, wenn die genannte Differenz mehr als 0,5% der ermittelten Fläche oder mehr als ein Hektar beträgt (Art. 53 Satz 1 der Verordnung in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 380/2009 der Kommission vom 8. Mai 2009 (ABl. EG Nr. L 116 Nr. 9), worauf sich der Kläger nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 Verordnung (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 (ABl. EG Nr. L 312 S. 1) dem Grunde nach berufen kann. Beläuft sich die Differenz auf mehr als 20% der ermittelten Fläche, so ist der Betriebsinhaber ein weiteres Mal bis zur Höhe eines Betrages, der der Differenz zwischen der angegebenen Fläche und der ermittelten Fläche entspricht, von der Beihilfegewährung auszuschließen (Art. 53 Satz 2 der Verordnung). In diesen Vorschriften findet sich ein abgestuftes Sanktionssystem je nach Schwere und Ausmaß der begangenen Unregelmäßigkeit. Der auch im Unionsrecht geltende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt keine noch weitergehende Differenzierung der Sanktionsbestimmungen, zumal bereits eine Bagatell-Regelung vorhanden ist und der Gegenstand der Sanktionsbestimmungen einen Bereich der Leistungsverwaltung betrifft (Senatsbeschluss vom 4. April 2012, a.a.O.). Dementsprechend betont auch der Europäische Gerichtshof, dass die Gemeinschaftsorgane im Agrarbereich über ein weites Ermessen verfügen (EuGH, Urteil vom 16. Mai 2002 - C-63/00[Schilling und Nehring] -, Slg. I-4483, Rdnr. 39).
2.
Die Berufung kann auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zugelassen werden.
Eine Rechtssache ist nur dann grundsätzlich bedeutsam, wenn sie eine höchstrichterlich bislang noch nicht beantwortete Tatsachen- oder Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die im Rechtsmittelverfahren entscheidungserheblich ist und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts einer fallübergreifenden Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf. Um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO darzulegen, hat der Zulassungsantragsteller eine fallübergreifend gehaltene Frage zu formulieren sowie näher zu begründen, weshalb sie eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat und ein allgemeines Interesse an ihrer Klärung besteht. Darzustellen ist weiter, dass sie entscheidungserheblich ist und ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten steht (Senatsbeschlüsse vom 3. November 2011 - 10 LA 72/10 -, [...] und vom 24. August 2010 - 10 LA 118/09 -, StoffR 2010, 287).
Diesen Anforderungen genügt der Zulassungsantrag des Klägers schon deshalb nicht, weil er keine im Berufungsverfahren klärungsbedürfte Rechts- oder Tatsachenfrage bezeichnet hat.
3.
Die Berufung kann auch nicht wegen Divergenz nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zugelassen werden.
Der Zulassungsgrund nach dieser Vorschrift liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungs-gericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung eines der in dieser Vorschrift aufgeführten Divergenzgerichte aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abweicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. März 2012 - BVerwG 2 B 148.11 -, [...] und Beschluss vom 18. Juli 2001 - BVerwG 9 B 23.01 -, Buchholz 406.11 § 132 BauGB Nr. 49). Da die Divergenz in Bezug auf einen Rechtssatz dieselbe Norm betreffen muss, genügt es nicht, wenn die behauptete Abweichung bei Auslegung einer ähnlichen Norm gegeben ist (Bader, in: Bader u.a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 124 Rdnr. 5; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 124 Rdnr. 160).
Der Kläger führt zur Begründung seiner Divergenz aus: Die Entscheidung des Verwaltungsgericht weiche von näher bezeichneten Entscheidungen des EuGH und des OVG Sachsen-Anhalt ab. Für den vorliegenden Fall handelt es sich beim letztgenannten Gericht jedoch nicht um eines der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO aufgeführten Divergenzgerichte; der EuGH ist nicht als Divergenzgericht bestimmt.
Daneben hat der Kläger mit seinem Vorbringen den Zulassungsgrund der Divergenz nicht hinreichend dargelegt. Er unterlässt es in seiner Antragsschrift voneinander abweichende, fallübergreifende, abstrakte Rechts- oder Tatsachensätze des Verwaltungsgerichts einerseits und des von ihm angenommenen Divergenzgerichts andererseits einander gegenüberzustellen. Er legt weiter nicht dar, dass die behauptete Divergenz dieselbe Rechtsvorschrift zum Gegenstand hat. In diesem Zusammenhangt reicht das bloße Aufzeigen einer - vermeintlich - fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, welche die vom Kläger angeführten Gerichte aufgestellt haben, zur ordnungsgemäßen Darlegung einer Divergenz nicht aus (BVerwG, Beschluss vom 7. März 2012 - BVerwG 7 BN 3.11 -, [...] und Beschluss vom 18. September 2006 - BVerwG 10 B 55.06 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 102). Nur ergänzend merkt der Senat an, dass die vom Kläger herangezogene Aussage des Verwaltungsgerichts, auf die vom Kläger vorgetragenen subjektiven Umstände komme es nicht an, sich nicht auf die Frage, ob sein Handeln als vorsätzlich anzusehen ist, sondern sich ausdrücklich allein auf die Förderfähigkeit des Kartoffelanbaus bezieht.