Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 14.11.2016, Az.: 5 LA 224/15

Aufrechnung; Pfändungsfreigrenze; Zusammenrechnungsbeschluss

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
14.11.2016
Aktenzeichen
5 LA 224/15
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 43497
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 20.11.2015 - AZ: 1 A 2190/13

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Rechnet der Dienstherr mit einem Rückforderungsanspruch gegenüber den monatlichen Versorgungsbezügen eines Beamten auf, so darf zur Ermittlung des pfändbaren Teils der Versorgungsbezüge (§ 51 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG) eine gesetzliche Altersrente hinzugerechnet werden, weil sie gemäß § 55 BeamtVG angerechnet worden ist; ein Zusammenrechnungsbeschluss des Vollstreckungsgerichts gemäß § 850e Nr. 2 Satz 1, Nr. 2a ZPO ist bei dieser Fallgestaltung nicht erforderlich (in diesem Sinne ebenso VG Ansbach, Beschluss vom 31.10.2003 - AN 1 E 03.01781 -, juris Rn. 18; VGH Ba. Wü., Urteil vom 14.12.2010 - 4 S 2447/09 -, juris Rn. 34; vgl. auch BAG, Urteil vom 30.7.1992 - 6 AZR 169/91 -, juris Rn. 32ff.; BAG, Urteil vom 24.4.2002 - 10 AZR 42/01 -, juris Rn. 29).

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 1. Kammer (Einzelrichterin) - vom 20. November 2015 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Erhöhung seines Beihilfebemessungssatzes.

Der Kläger ist Ruhestandsbeamter der Beklagten und als solcher mit einem Beihilfebemessungssatz von 70 Prozent beihilfeberechtigt. Seine Versorgungsbezüge bestimmen sich nach dem Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 8 zuzüglich verschiedener Zulagen. Hinzu tritt eine - teilweise gemäß § 55 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) angerechnete - gesetzliche Altersrente; gekürzt werden die Versorgungsbezüge gemäß § 57 BeamtVG aufgrund eines Versorgungsausgleichs zugunsten der geschiedenen Ehefrau des Klägers.

Mit Schreiben vom 19. März 2009 beantragte der Kläger unter Hinweis auf sein geringes Einkommen eine Erhöhung seines Beihilfebemessungssatzes um 10 Prozentpunkte für die Dauer von zunächst zwei Jahren. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16. April 2009 ab. Für die begehrte Erhöhung des Beihilfebemessungssatzes nach § 47 Abs. 2 der Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) sei Voraussetzung, dass das Gesamteinkommen des Betreffenden 150 Prozent des Mindestruhegehaltes gemäß § 14 Abs. 4 Satz 2 und 3 BeamtVG nicht überschreite; dann könne - wenn der Beitragsaufwand für eine beihilfekonforme private Krankenversicherung 15 Prozent dieses Gesamteinkommens überschreite - der Beihilfebemessungssatz entsprechend erhöht werden. Hier liege das monatliche Einkommen des Klägers jedoch oberhalb des Schwellenwertes von 150 Prozent der Mindestversorgung. Bei ihrer diesbezüglichen Berechnung ließ die Beklagte die Kürzung der Versorgungsbezüge des Klägers aufgrund des Versorgungsausgleichs außer Betracht, d. h. sie rechnete diese in das zu ermittelnde Gesamteinkommen des Klägers ein. Unter dem 18. April 2009 erhob der Kläger Widerspruch, den er damit begründete, dass bei der Berechnung seines Gesamteinkommens der Versorgungsausgleichs hätte abgezogen werden müssen; ausgehend von einem - entsprechend niedrigeren - Gesamteinkommen werde der maßgebliche Schwellenwert unterschritten. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juni 2009 zurück.

Die am 22. Juni 2009 erhobene Klage des Klägers wies das Verwaltungsgericht Lüneburg mit der Begründung ab, die Beklagte habe das Gesamteinkommen des Klägers zutreffend ohne Berücksichtigung der Kürzung der Versorgungsbezüge bestimmt (Urteil vom 30.6.2011 - 1 A 72/09 -). Auf die - vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 18. September 2012 (- 5 LA 289/11 -) zugelassene - Berufung des Klägers wurde das verwaltungsgerichtliche Urteil geändert und die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 16. April 2009 sowie vom 9. Juni 2009 verpflichtet, den Antrag des Klägers vom 19. März 2009 auf Erhöhung seines Beihilfebemessungssatzes unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden (Nds. OVG, Urteil vom 7.5.2013 - 5 LB 253/12 -, juris). Entgegen der Auffassung der Beklagten und des Verwaltungsgerichts seien die Gesamteinkünfte des Klägers im Sinne des § 47 Abs. 2 BBhV dergestalt zu berechnen, dass nur diejenigen Einnahmen Berücksichtigung finden dürften, welche dem Kläger auch tatsächlich zuflössen. Dementsprechend müsse der Kürzungsbetrag gemäß § 57 BeamtVG unberücksichtigt bleiben. Angesichts der weit gefassten Zielsetzung des Gesetzgebers, bedürftige Beamte hinsichtlich ihres Beitrags zur privaten Krankenversicherung finanziell zu entlasten, sei unerheblich, aus welchen Gründen der Beamte bedürftig sei. Die Vorschrift sei Ausdruck der sozialen Verantwortung des Dienstherrn, die nicht davon abhänge, ob ein geringes Einkommen auf einer unsteten Erwerbsbiographie, einer frühen Dienstunfähigkeit, einer Ehescheidung oder auf anderen Gründen beruhe. Nach diesen Maßstäben seien die Gesamteinkünfte des Klägers als gering im Sinne des § 47 Abs. 2 BBhV anzusehen; die übrigen tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift lägen ebenfalls vor. Somit sei die Beklagte gehalten, nach pflichtgemäßem Ermessen über den Antrag des Klägers zu entscheiden. Dabei werde sie einerseits zu beachten haben, dass die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der geringen Gesamteinkünfte nach dem gesetzgeberischen Willen die Erhöhung des Beihilfebemessungssatzes indiziere. Andererseits werde sie aber auch erwägen müssen, ob aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles trotz der Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des § 47 Abs. 2 BBhV eine Erhöhung ausnahmsweise versagt werden könne. Derartige Umstände lägen etwa vor, wenn eine Entlastung bei der Absicherung des Krankheitsrisikos nicht unmittelbar dem Lebensunterhalt des Versorgungsempfängers, sondern einem Dritten - beispielsweise einem Gläubiger - zu Gute käme. Dies könnte auch im Streitfall in Betracht kommen. Der Kläger schulde der Beklagten aufgrund überzahlter Versorgungsbezüge einen Betrag von mehr als 77.000,00 EUR, so dass eine Entlastung bei den Beiträgen zur privaten Krankenversicherung ein höheres pfändbares Einkommen und damit eine höhere monatliche Rückzahlungsrate als die gegenwärtig gezahlten 50,00 EUR zur Folge haben könnte. Der Vorschrift des § 47 Abs. 2 Satz 1 BBhV sei jedenfalls nicht zu entnehmen, dass geringere Beiträge zur privaten Krankversicherung dem Kläger ungeachtet seiner weiteren Zahlungsverpflichtungen verbleiben müssten. Die diesbezüglichen Grenzen ergäben sich vielmehr - wie bei anderen Schuldnern auch - aus den Schutzvorschriften der §§ 850ff. der Zivilprozessordnung - ZPO -.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 13. August 2013 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers vom 19. März 2009 auf Erhöhung seines Beihilfebemessungssatzes (erneut) ab. Zur Begründung führte sie aus, das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht habe in seinem Urteil vom 7. Mai 2013 zwar festgestellt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 47 Abs. 2 BBhV vorlägen. Das in dieser Vorschrift vorgesehene Ermessen werde jedoch dahingehend ausgeübt, die Erhöhung des Beihilfebemessungssatzes zu versagen. Umstände, die zu einer ablehnenden Entscheidung führen könnten, lägen nach Maßgabe der vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätze vor, wenn die mit der Erhöhung des Beihilfebemessungssatzes verbundene Entlastung bei den Kosten der privaten Krankenversicherung nicht dem Versorgungsempfänger, sondern einem Dritten zu Gute komme. So liege es hier. Der Kläger schulde der Beklagten noch etwa 77.000,00 EUR. Zur Tilgung dieser Rückforderung würden aus Billigkeitsgründen derzeit 50,00 EUR monatlich von seinen Versorgungsbezügen einbehalten. Dieser- im Vergleich zur geschuldeten Summe geringe - Betrag sei dem Umstand geschuldet, dass der Kläger von seinem Einkommen u. a. Beiträge zur privaten Krankenversicherung leisten müsse. Entsprechend der aktuell gültigen Pfändungstabelle könnten bei den Versorgungsbezügen des Klägers in Höhe von 1.273,30 EUR - dieser Betrag entspreche den vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 7. Mai 2013 zugrunde gelegten Versorgungsbezügen unter Berücksichtigung der Anrechnung nach § 55 BeamtVG und der Kürzung gemäß § 57 BeamtVG - jedoch bis zu 157,47 EUR abgezogen werden. Dementsprechend würde die begehrte Entlastung durch eine höhere Schuldentilgung aufgezehrt werden.

Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers vom 10. September 2013 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. November 2013 zurück. Hierin ging sie von einem monatlichen Einkommen des Klägers in Höhe von 1.574,97 EUR - bestehend aus den Versorgungsbezügen unter Berücksichtigung der Anrechnung nach § 55 BeamtVG und der Kürzung gemäß § 57 BeamtVG in Höhe von 1.289,05 EUR sowie der monatlichen gesetzlichen Rente in Höhe von 285,92 EUR - aus.

Mit seiner am 20. Dezember 2013 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass von Netto-Versorgungsbezügen in Höhe von 1.257,91 EUR auszugehen sei. Von diesem Betrag müsse gemäß § 850e Nr. 1b ZPO der vom Kläger an die private Krankenversicherung gezahlten Beitrag in Abzug gebracht werden, welcher derzeit 298,71 EUR betrage; ebenfalls abzuziehen sei die monatliche Zuzahlung des Klägers aus der Krankenversicherung in Höhe von 25,03 EUR. Was die Berücksichtigung der gesetzlichen Altersrente in Höhe von 285,92 EUR betreffe, so finde im Hinblick auf die Ermittlung des pfändbaren Einkommens eine Zusammenrechnung verschiedener Erwerbseinkünfte weder im Rahmen der Pfändung noch im Rahmen einer Aufrechnung „automatisch“ statt. Hierzu bedürfe es vielmehr nach § 850c Nr. 2 Satz 1 ZPO eines Beschlusses des Vollstreckungsgerichts, der hier nicht vorliege. Es stehe daher nicht im Ermessen des Gläubigers, bei einer Pfändung oder Aufrechnung andere Einkünfte zur Berechnung des pfändbaren oder aufrechenbaren Betrages heranzuziehen. Mangels Zusammenrechnungsbeschlusses des Vollstreckungsgerichts sei hier vielmehr ausschließlich dasjenige Erwerbseinkommen maßgeblich, das gepfändet bzw. gegen das die Aufrechnung betrieben werde.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 20. Dezember 2015 abgewiesen. Die Beklagte sei zutreffend davon ausgegangen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 47 Abs. 2 Satz 1 und 2 BBhV vorlägen; hinsichtlich der Berechnung werde auf die Ausführungen des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts in dessen Urteil vom 7. Mai 2013 (- 5 LB 253/12 -, a. a. O., Rn. 34, 35) Bezug genommen. Die Ermessensentscheidung der Beklagten sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Ergänzend zu deren Erwägungen in den angegriffenen Bescheiden, auf deren zutreffende Gründe gemäß § 117 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) verwiesen werde, sei zugrunde zu legen, dass dem Kläger monatlich ein Einkommen in Höhe von 1.558,51 EUR zufließe, welches sich aus Versorgungsbezügen in Höhe von 1.273,30 EUR - hierbei sei die Kürzung gemäß § 57 BeamtVG bereits berücksichtigt - sowie aus der gesetzlichen Altersrente in Höhe von 285,21 EUR zusammensetze. Bringe man hiervon Aufwendungen für die private Krankenversicherung in Höhe von 248,93 EUR in Abzug - höhere Kosten für die private Krankenversicherung habe der Kläger nicht belegt -, verblieben 1.309,58 EUR. Die Pfändungsfreigrenze für den streitgegenständlichen Zeitraum habe nach der Pfändungstabelle 2011 bei einem Nettolohn bis 1.309,58 EUR bei 189,78 EUR gelegen; nach der aktuellen Pfändungstabelle betrage sie 178,47 EUR. Damit liege das pfändbare Einkommen deutlich über den derzeit von den Versorgungsbezügen des Klägers einbehaltenen 50,00 EUR/Monat. Bei einer - mit der Erhöhung des Beihilfebemessungssatzes verbundenen - Entlastung der Ko-sten für die private Krankenversicherung des Klägers in Höhe von 30,00 EUR/Monat stünde dem Kläger ein höheres pfändbares Einkommen zur Verfügung. Auf die Vorschrift des § 850e Nr. 2 ZPO könne sich der Kläger im Streitfall nicht berufen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem die Beklagte entgegentritt.

d

II.

Der Zulassungsantrag bleibt ohne Erfolg, weil die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht vorliegen.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des vorinstanzlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind zu bejahen, wenn bei der Überprüfung im Zulassungsverfahren, also aufgrund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts, gewichtige, gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden. Die Richtigkeitszweifel müssen sich auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zur Änderung der angefochtenen Entscheidung führt. Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils darzulegen, muss sich der Zulassungsantragsteller substantiiert mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Welche Anforderungen an Umfang und Dichte seiner Darlegung zu stellen sind, hängt deshalb auch von der Intensität ab, mit der die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begründet worden ist (Nds. OVG, Beschluss vom 7.4.2011 - 5 LA 28/10 -). Ist das angegriffene Urteil auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, müssen hinsichtlich aller dieser Begründungen Zulassungsgründe dargelegt werden (Nds. OVG, Beschluss vom 24.3.2011 - 5 LA 300/09 -, juris Rn. 6; Beschluss vom 30.8.2011 - 5 LA 214/10 -, juris Rn. 3).

Ausgehend von diesen Grundsätzen führt das Vorbringen des Klägers nicht zur Zulassung der Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Sein Einwand (Zulassungsbegründung - ZB -, S. 2 bis 5 [Bl. 71 bis 74/Gerichtsakte - GA -]),

das angegriffene Urteil sei fehlerhaft, weil das Verwaltungsgericht die Beklagte für berechtigt gehalten habe, bei der Ermittlung des pfändbaren Einkommens im Rahmen der Aufrechnung die gesetzliche Altersrente des Klägers zu berücksichtigen, obwohl es an einem Zusammenrechnungsbeschluss des Vollstreckungsgerichts gemäß § 850c Nr. 2 Satz 1 ZPO fehle,

greift nicht durch.

Nach § 51 Abs. 2 Satz 1, 1. Fall BeamtVG kann der Dienstherr gegenüber Ansprüchen auf Versorgungsbezüge ein Aufrechnungsrecht nur in Höhe des pfändbaren Teils der Versorgungsbezüge geltend machen (vgl. auch § 394 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -). Diese Regelung stellt eine Schutzvorschrift für den Versorgungsempfänger gegenüber Ansprüchen seines Dienstherrn dar. Es soll sichergestellt werden, dass der Beamte zumindest über Bezüge verfügt, welche die Höhe der Pfändungsfreigrenze (nach den §§ 850ff. ZPO) erreichen (VGH Ba.-Wü., Urteil vom 14.12.2010 - 4 S 2447/09 -, juris Rn. 32f.). Nach § 850 Abs. 1 ZPO kann Arbeitseinkommen, das in Geld zahlbar ist, nur nach Maßgabe der §§ 850a bis 850i ZPO gepfändet werden. Gemäß § 850 Abs. 2 ZPO zählen zum Arbeitseinkommen im Sinne dieser Vorschrift auch die Versorgungsbezüge des Beamten, so dass die §§ 850ff. ZPO unmittelbar anwendbar sind.

Bei der Ermittlung des pfändbaren Betrages ist von dem jeweiligen Arbeitseinkommen im Sinne des § 850 ZPO auszugehen, sodann ist festzustellen, welche unpfändbaren Beträge (§ 850a ZPO) hiervon abzuziehen und ob weitere Abzüge vorzunehmen sind (vgl. § 850e Nr. 1 ZPO), und schließlich wird für das festgestellte Einkommen anhand der Tabelle der Anlage zu § 850c ZPO der pfändbare Betrag ermittelt. Bezieht ein Pfändungsschuldner mehrere Einkommen, so ist bei der Berechnung pfändbarer Anteile jedes Einkommen getrennt zu betrachten (BAG, Urteil vom 24.4.2002 - 10 AZR 42/01 -, juris Rn. 22). Diesen Grundsatz entnimmt der Kläger zutreffend der Vorschrift des § 850e Nr. 2 Satz 1 ZPO, wonach mehrere Arbeitseinkommen auf Antrag vom Vollstreckungsgericht bei der Pfändung zusammenzurechnen sind (vgl. auch § 850e Nr. 2a) Hieraus folgt, dass bei Fehlen eines solchen Beschlusses jedes von mehreren Einkommen eines Schuldners getrennt zu betrachten ist. Dies dient dem Schutz des Arbeitgebers, der als Drittschuldner in der Regel eben so wenig wie der Pfändungsgläubiger die verschiedenen Einkünfte des Arbeitnehmers, deren genauen Umfang und Zusammensetzung sowie deren unpfändbare Anteile sicher kennt; ohne diese Kenntnis läuft der Drittschuldner Gefahr, bei der Berechnung des pfändbaren Anteils zusammengerechneter Einkünfte die zum Schutz des Pfändungsschuldners erlassenen Pfändungsvorschriften zu verletzen und möglicherweise nicht mit befreiender Wirkung zu leisten (BAG, Urteil vom 24.4.2002, a. a. O., Rn. 22). Dementsprechend ist die Rechtsansicht des Klägers - die Vorschrift des § 850e Nr. 2 Satz 1 ZPO könne nicht ergänzend dahingehend ausgelegt werden, dass eine Zusammenrechnung verschiedener Arbeitseinkommen im Sinne des § 850 ZPO auch durch das Prozessgericht möglich sei - im Grundsatz nicht zu beanstanden. So ist in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine analoge Anwendung der Vorschrift des § 850e Nr. 2 ZPO in dem Sinne, dass generell auch die Prozessgerichte (Arbeitsgerichte) eine Zusammenrechnung mehrerer Arbeitskommen vornehmen könnten, mit ausführlicher Begründung abgelehnt worden (BAG, Urteil vom 24.4.2002, a. a. O., Rn. 24 bis 28). Gleichzeitig hat das Bundearbeitsgericht in jener Entscheidung aber auch an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten und damit bestätigt, dass in Ausnahmefällen, in denen besondere rechtliche und tatsächliche Zusammenhänge der jeweiligen Leistungen angenommen werden könnten, eine Zusammenrechnung mehrerer Arbeitseinkommen durch das Prozessgericht entsprechend § 850e ZPO vorgenommen werden kann, es also unerheblich ist, wenn es an einem Zusammenrechnungsbeschluss des Vollstreckungsgerichts fehlt (BAG, Urteil vom 24.4.2002, a. a. O, Rn. 29 unter Bezugnahme insbesondere auf BAG, Urteil vom 30.7.1992 - 6 AZR 169/91 -, juris, vgl. auch BAG, Urteil vom 23.2.2016 - 9 A ZR 226/15 -, juris Rn. 23).

In seinem Urteil vom 30. Juli 1992 hat das Bundesarbeitsgericht eine Zusammenrechnung von Sozialversicherungsrente und Übergangsgeld durch das Prozessgericht entsprechend § 850e Nr. 2a ZPO bejaht, weil beide Leistungen aufeinander abgestimmt und miteinander verzahnt seien; die Höhe des auszuzahlenden Übergangsgeldes bemesse sich nach der Höhe der Rentenbezüge (a. a. O., Rn. 31). Der dortige Kläger habe zwar das Übergangsgeld und die Sozialversicherungsrente von zwei rechtlich selbständigen Schuldnern bezogen. Zweck des Übergangsgeldes sei aber gewesen, den Übergang des dortigen Klägers aus dem aktiven Dienst mit entsprechenden Bezügen in die Lebensverhältnisse eines Rentenempfängers zu erleichtern und ihn für die vorgesehene Übergangszeit finanziell so zu stellen, wie er im Zeitpunkt des Ausscheidens gestanden habe. Die Anrechnung der Sozialversicherungsrente diene dazu, den dortigen Kläger nicht besser zu stellen als vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Sozialversicherungsrente und Übergangsgeld hätten somit eine Zweckgemeinschaft gebildet und seien dadurch eng miteinander verknüpft gewesen. Ihr rechtlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang gebiete es, sie für die Anwendung des Aufrechnungsverbots nach § 394 BGB in Verbindung mit § 850c ZPO als Einheit anzusehen und dem dortigen Kläger nicht zweimal die volle Freigrenze einzuräumen.

Hieran anknüpfend geht auch die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung davon aus, dass Versorgungsbezüge und eine angerechnete Rente, welche Arbeitseinkommen im Sinne des § 850 Abs. 2 ZPO darstellt, im Rahmen der Berechnung des für die Anwendung des § 850c ZPO maßgeblichen Betrages als „Einheit“ bzw. „Zweckgemeinschaft“ anzusehen sind mit der Folge, dass das Prozessgericht beide Einkommen entsprechend § 850e Nr. 2, Nr. 2a ZPO zusammenrechnen kann (VG Ansbach, Beschluss vom 31.10.2003 - AN 1 E 03.01781 -, juris Rn. 18; VGH Ba.-Wü., Urteil vom 14.12.2010, a. a. O., Rn. 34). Diese Auffassung wird auch in der Literatur geteilt (Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BBG, Stand: Oktober 2016, Bd. 2, § 51 BeamtVG Rn. 39).

Da die Altersrente des Klägers - ebenfalls Arbeitseinkommen im Sinne des § 850 ZPO - gemäß § 55 BeamtVG auf seine Versorgungsbezüge angerechnet wird, gelten die dargestellten Erwägungen auch für den Streitfall. Die Rentenanrechnung nach § 55 BeamtVG hat u. a. den Zweck, eine Doppelversorgung zu verhindern; mit der Regelung des § 55 BeamtVG soll die Gesamtversorgung eines Beamten aus Rente und Ruhegehalt auf einen Betrag begrenzt bleiben, den er als Ruhegehalt erreicht hätte, wenn er sein gesamtes Arbeitsleben als Beamter verbracht hätte (Groepper/Tegethoff, a. a. O., § 55 BeamtVG Rn. 2f.). Die Versorgungsbezüge und die hierauf angerechnete Altersrente sind somit eng miteinander verknüpft. Ihr rechtlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang erlaubt es nicht, dem Kläger sowohl in Bezug auf die (durch die Rentenanrechnung verminderten) Versorgungsbezüge als auch in Bezug auf die Altersrente jeweils die volle Pfändungsfreigrenze im Sinne des § 850c ZPO einzuräumen. Die vom Kläger geforderte isolierte Betrachtungsweise von Arbeitseinkommen bei der Ermittlung der Pfändungsfreigrenze entspricht zwar grundsätzlich der hinter § 850e Nr. 2 Satz 1, Nr. 2a ZPO stehenden gesetzgeberischen Absicht, nicht jedoch im Streitfall. Denn die Schwierigkeiten, welche § 850e Nr. 2 Satz 1, Nr. 2a ZPO verhindern soll - die Gefahr, dass der Arbeitgeber ohne genaue Kenntnis von Umfang und Zusammensetzung des entsprechenden Einkommens die zugunsten des Schuldners bestehenden Pfändungsvorschriften verletzt und nicht mit befreiender Wirkung leistet -, treten hier nicht auf, weil der Dienstherr Kenntnis von der Höhe der Altersrente hat; seine Leistung ist auf die Altersrente abgestimmt (vgl. BAG, Urteil vom 30.7.1992, a. a. O., Rn. 35; VG Ansbach, Beschluss vom 31.10.2003, a. a. O., Rn. 18; vgl. auch BAG, Urteil vom 14.8.1990 - 3 AZR 285/89 -, juris Rn. 40).

Soweit der Kläger einwendet, unter Zugrundelegung der verwaltungsgerichtlichen - die Altersrente bei der Ermittlung der Pfändungsfreigrenze berücksichtigenden - Auffassung könnte auch die Deutsche Rentenversicherung unter Hinweis auf das bei der Beklagten bestehende Versorgungseinkommen des Klägers gegenüber der Rentenforderung die Aufrechnung erklären (ZB, S. 4 [Bl. 73/GA]), lässt diese Argumentation unberücksichtigt, dass die Altersrente auf die Versorgungsbezüge angerechnet wird und der Dienstherr dementsprechend die genaue Höhe der Rente kennt. Umgekehrt ist dies jedoch nicht der Fall; die Rente wird vielmehr unabhängig vom Bestehen eines Versorgungsanspruchs ermittelt und gezahlt. Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass der unpfändbare Grundbetrag gemäß § 850e Nr. 2 Satz 2 ZPO in erster Linie dem Arbeitseinkommen zu entnehmen ist, das die wesentliche Grundlage der Lebenshaltung des Schuldners bildet - hier also der Versorgungsbezüge - (so ZB, S. 4f. [Bl. 73f./GA]). Denn dieser Grundsatz gälte auch im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 850e Nr. 2 Satz 1 ZPO, also der Zusammenrechnung mehrerer Arbeitseinkommen durch das Vollstreckungsgericht.

Nach alledem begegnet es keinen Bedenken, dass die Vorinstanz im Rahmen der Prüfung des Aufrechnungsverbots gemäß § 51 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG im Verbindung mit §§ 850ff. ZPO zur Ermittlung des pfändbaren Einkommens des Klägers dessen Altersrente berücksichtigt hat. Weitere Angriffe gegen die verwaltungsgerichtlichen Berechnungen oder die Berechnungen der Beklagten hat der Kläger in seiner Zulassungsbegründung nicht geführt.

2. Die Berufung ist ferner nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat eine Rechtssache dann, wenn sie eine grundsätzliche, fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, die im allgemeinen Interesse der Klärung bedarf. Das ist nur dann zu bejahen, wenn die Klärung der Frage durch die im erstrebten Berufungsverfahren zu erwartende Entscheidung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder für eine bedeutsame Fortentwicklung des Rechts geboten erscheint (Nds. OVG, Beschluss vom 1.10.2008 - 5 LA 64/06 -, juris Rn. 14). An der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage fehlt es, wenn sie sich unschwer aus dem Gesetz oder auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung beantworten lässt (Nds. OVG, Beschluss vom 1.10.2008, a. a. O. Rn. 14). Um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO darzulegen, hat der Zulassungsantragsteller die für fallübergreifend gehaltene Frage zu formulieren (Nds. OVG, Beschluss vom 29.2.2008 - 5 LA 167/04 -, juris Rn. 12) sowie näher zu begründen, weshalb sie eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat und ein allgemeines Interesse an ihrer Klärung besteht. Darzustellen ist weiter, dass sie entscheidungserheblich ist und ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten steht (Nds. OVG, Beschluss vom 29.2.2008, a. a. O.; Beschluss vom 3.11.2011 - 10 LA 72.10 -, juris Rn. 24).

Dies zugrunde gelegt vermag die vom Kläger als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage (ZB, S. 5 [Bl. 74/GA]),

„ob eine Behörde bei der Aufrechnung gegenüber Versorgungsansprüchen auch ohne Zusammenrechnungsbeschluss eines Vollstreckungsgerichts berechtigt ist, anderweitiges Einkommen in die Berechnung der pfändbaren Beträge einzubeziehen“,

mangels Klärungsbedürftigkeit die Berufungszulassung nicht zu rechtfertigen. Denn diese Frage lässt sich unschwer auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung beantworten; insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen unter II. 1. dieses Beschlusses verwiesen.

3. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1, Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes - GKG -.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).