Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 10.11.2011, Az.: 8 LB 238/10

Begründung einer subsidiären eigenen Bestattungspflicht der für den Sterbeort oder Auffindungsort zuständigen Gemeinde durch § 8 Abs. 4 S. 1 NBestattG

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
10.11.2011
Aktenzeichen
8 LB 238/10
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2011, 29695
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2011:1110.8LB238.10.0A

Fundstellen

  • DVBl 2012, 196
  • FStNds 2012, 102-104
  • FamRZ 2012, 1093-1096
  • Gemeindehaushalt 2012, 46
  • NVwZ-RR 2012, 212
  • NdsVBl 2012, 74-76
  • NordÖR 2012, 146-148

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    § 8 Abs. 4 Satz 1 NBestattG begründet eine subsidiäre eigene Bestattungspflicht der für den Sterbe- oder Auffindungsort zuständigen Gemeinde.

  2. 2.

    Die subsidiäre Bestattungspflicht entsteht, wenn für die Gemeinde nach eigener Prüfung feststeht, dass die gesetzlichen Bestattungspflichten durch einen primär Bestattungspflichtigen zu den in § 9 NBestattG genannten Zeitpunkten voraussichtlich nicht erfüllt werden. Die zuständige Gemeinde hat daher regelmäßig innerhalb der durch § 9 NBestattG bestimmten Zeiträume unter Ausnutzung der ihr zur Verfügung stehenden oder für sie mit zumutbarem Aufwand erreichbaren Erkenntnisquellen zu ermitteln, ob primär Bestattungspflichtige vorhanden und diese zur Veranlassung der Bestattung willens und in der Lage sind.

  3. 3.

    Die bei der Erfüllung der subsidiären Bestattungspflicht verursachten Bestattungskosten schuldet die Gemeinde selbst. Die primär gesetzlich Bestattungspflichtigen nach § 8 Abs. 3 NBestattG haften der Gemeinde nach der besonderen gesetzlichen Bestimmung in § 8 Abs. 4 Satz 2 NBestattG für diese Bestattungskosten.

Tatbestand

1

Die Klägerin wehrt sich gegen die Heranziehung zu den Kosten der Bestattung ihres Vaters.

2

Am 29. März 2008 verstarb Herr G. H., der Vater der Klägerin, in seiner im Gemeindegebiet der Beklagten belegenen Wohnung. Im Zeitpunkt seines Ablebens hinterließ Herr H. seine Ehefrau I. H., J. -Straße .., K., zwei Geschwister, Frau I. L., M. Weg .., C., und Frau N., O. straße .., C., sowie drei Kinder, Herrn P. H., Q. Straße .., R., Frau A., die Klägerin und Frau S., deren Aufenthalt unbekannt ist.

3

Der Leichnam des Herrn G. H. wurde nach einer Mitteilung der Polizei zunächst durch die Firma T. Bestattungen GmbH geborgen. Diese teilte der Beklagten am 1. April 2008 mit, dass die Geschwister des Herrn H. und seine Tochter, die Klägerin, es abgelehnt hätten, eine Bestattung zu veranlassen. Hierauf nahm die Beklagte noch am selben Tag mit den Angehörigen telefonischen Kontakt auf. Frau I. L., die Schwester des Verstorbenen, lehnte die Veranlassung der Bestattung für sich und die weitere Schwester Frau N. ab. Auch der Sohn P. H. und die Klägerin lehnten die Veranlassung der Bestattung ab. Die Klägerin wies darauf hin, dass ihre Mutter und Ehefrau des Verstorbenen, Frau I. H., schwer pflegebedürftig und ebenfalls nicht in der Lage sei, die Bestattung ihres Ehemannes zu veranlassen. Die weitere Tochter des Verstorbenen, Frau S., konnte die Beklagten wegen des ihr unbekannten Aufenthaltsortes nicht erreichen.

4

Am 2. April 2008 dokumentierte die Beklagte ihre Entscheidung, angesichts der Weigerung der Angehörigen zur Wahrung der gesetzlichen Bestattungspflicht die Bestattung des Verstorbenen selbst zu veranlassen. Die Beklagte beauftragte die Firma T. Bestattungen GmbH mit der Durchführung einer Bestattung in einfachster Form ohne Benutzung der Friedhofskapelle. Hierfür entstanden Kosten in Höhe von insgesamt 2.394,01 EUR. Versuche der Beklagten, eine Erstattung dieser Bestattungskosten aus dem Nachlass des Verstorbenen zu erlangen, blieben wegen der Dürftigkeit des Nachlasses erfolglos.

5

Am 31. Mai 2008 verstarb auch Frau I. H., die Ehefrau des verstorbenen Herrn G. H..

6

Mit Schreiben vom 29. August 2008 hörte die Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Heranziehung zu den Bestattungskosten an. Eine Stellungnahme der Klägerin erfolgte nicht. Daraufhin zog die Beklagte diese mit Bescheid vom 6. November 2008 zu den Kosten für die Bestattung ihres Vaters in Höhe von insgesamt 2.394,01 EUR heran und setzte zudem die Kosten des Verwaltungsverfahrens auf 100,00 EUR fest. Zur Begründung verwies die Beklagte auf die gesetzliche Pflicht der Angehörigen des Verstorbenen, binnen acht Tagen nach dessen Tod die Bestattung zu veranlassen. Da sämtliche erreichbaren Angehörigen die Erfüllung dieser Pflicht abgelehnt hätten, habe die Beklagte diese selbst veranlasst und dabei den einfachsten und kostengünstigsten Sozialtarif gewählt. Die durch diese Bestattung entstandenen Kosten hätten die Bestattungspflichtigen als Gesamtschuldner zu erstatten. Hierzu zählten im vorliegenden Fall neben der Ehefrau und den Geschwistern des Verstorbenen auch dessen Kinder. Gründe, dass die Auswahl der Klägerin als einer Tochter des Verstorbenen unangemessen oder unverhältnismäßig sei, wären von dieser nicht vorgebracht und auch sonst nicht ersichtlich. Am 18. November 2008 gelangte der per Einschreiben mit Rückschein aufgegebene Bescheid vom 6. November 2008 an die Beklagte zurück, da die Klägerin dessen Annahme verweigert hatte.

7

Daraufhin zog die Beklagte die Klägerin mit inhaltsgleichem Bescheid vom 18. November 2008 zu den Kosten für die Bestattung ihres Vaters in Höhe von insgesamt 2.394,01 EUR heran, legte der Klägerin die Kosten des Verwaltungsverfahrens auf und setzte diese in Höhe von 100,00 EUR fest. Dieser Bescheid wurde der Klägerin durch Postzustellungsurkunde am 20. November 2008 zugestellt.

8

Gegen den Bescheid vom 18. November 2008 hat die Klägerin am 22. Dezember 2008, einem Montag, bei dem Verwaltungsgericht Lüneburg Klage erhoben. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, die Klage sei zulässig, da ihr der vorausgehende inhaltsgleiche Bescheid vom 6. November 2008 nicht wirksam bekannt gegeben worden sei. Sie habe dessen Annahme auch nicht treuwidrig vereitelt, weil für sie mangels Kenntnis des vorausgehenden Anhörungsschreibens der Inhalt des Einschreibens nicht vorhersehbar gewesen sei. Die Heranziehung zu den Bestattungskosten sei auch rechtswidrig. Dies ergebe sich zum einen schon aus der Rechtswidrigkeit der im Wege der Ersatzvornahme von der Beklagten veranlassten Bestattung. Denn im Zeitpunkt der Bestattung am 3. April 2008 habe die Beklagte weder die Bereitschaft aller gesetzlich Pflichtigen zur Veranlassung der Bestattung hinreichend erkundet, noch den Ablauf der acht Tage dauernden, bloßen Soll-Frist zur Veranlassung der Bestattung abgewartet. Die Beklagte habe insbesondere nicht die vorrangig bestattungspflichtige Ehefrau des Verstorbenen zu ihrer Bereitschaft, die Bestattung zu veranlassen, befragt. Auf die Angaben der Klägerin zur schweren Pflegebedürftigkeit, aufgrund derer die Ehefrau zur Veranlassung der Bestattung wohl nicht in der Lage sei, habe die Beklagte sich nicht verlassen dürfen. Desweiteren habe die Beklagte die weitere Tochter, Frau S., ausfindig machen müssen. Die Klägerin sei auch kein gesetzlicher Kostenschuldner. Denn vorrangig bestattungs- und damit auch kostenpflichtig sei allein die Ehefrau des Verstorbenen. Dessen Kinder seien nur nachrangig bestattungs- und damit auch kostenpflichtig. Schließlich gebe es eine preiswertere Möglichkeit der Bestattung, als sie von der Beklagten veranlasst worden sei.

9

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 18. November 2008 aufzuheben.

10

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

11

und zur Begründung geltend gemacht, die Klage sei bereits unzulässig. Die Klägerin müsse die Bestandskraft des Bescheides vom 6. November 2008 gegen sich gelten lassen, auch wenn ihr dieser nicht bekannt gegeben worden sei. Denn aufgrund der vorausgehenden Anhörung sei für die Klägerin der Inhalt des Einschreibens vorhersehbar gewesen, dessen Annahme sie treuwidrig verweigert habe. Die Heranziehung der Klägerin sei aber auch in der Sache nicht zu beanstanden. Ehefrau und Kinder des Verstorbenen seien als gesetzliche Erben erster Ordnung gleichrangig bestattungs- und damit auch gesamtschuldnerisch kostenpflichtig. Die Beklagte habe daher zwischen diesen Pflichtigen einen Kostenschuldner frei auswählen dürfen. Diese Auswahl sei maßgeblich durch die Angaben der Klägerin bestimmt gewesen, wonach ihre Mutter schwer pflegebedürftig und daher zur Veranlassung der Bestattung nicht in der Lage gewesen sei. Das diesen Angaben widersprechende Verhalten der Klägerin im Klageverfahren sei treuwidrig.

12

Mit Urteil vom 8. Juli 2010 hat das Verwaltungsgericht Lüneburg - Einzelrichterin der 3. Kammer - ohne mündliche Verhandlung den Bescheid der Beklagten vom 18. November 2008 aufgehoben und zur Begründung ausgeführt: Die Klage sei zulässig. Die Klägerin sei insbesondere nicht so zu behandeln, als wäre ihr der streitgegenständliche Bescheid schon im Zeitpunkt der verweigerten Annahme des vorausgegangenen Bescheides vom 6. November 2008 bekannt gemacht worden. Die geringfügige Verzögerung der Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes spreche gegen eine Verwirkung der Klagemöglichkeit, zumal die Klägerin im wiederholenden Bescheid vom 18. November 2008 auf die fristgebundene Klagemöglichkeit ausdrücklich hingewiesen worden sei. Die Klage sei auch begründet. Unabhängig von der Stellung als gesetzliche Erben habe die Beklagte nach den speziellen Bestimmungen des Niedersächsischen Bestattungsgesetzes als vorrangig gesetzliche Bestattungspflichtige zunächst die Mutter der Klägerin und Ehefrau des Verstorbenen zu den Bestattungskosten heranziehen müssen. Ein Ermessen zur Auswahl zwischen nicht gleichrangig Bestattungspflichtigen bestehe nicht. Nachrangig Verpflichtete könnten vielmehr erst dann in Anspruch genommen werden, wenn die Vollstreckung gegen vorrangig Verpflichtete erfolglos geblieben oder von vorneherein aussichtslos ist. Die Beklagte könne sich auch nicht auf die Pflegebedürftigkeit der Ehefrau des Verstorbenen berufen. Denn selbst die Geschäftsunfähigkeit eines gesetzlichen Bestattungspflichtigen stehe dessen Heranziehung nicht entgegen.

13

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, die der Senat durch Beschluss vom 13. September 2010 - 8 LA 196/10 - wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zugelassen hat.

14

Zur Begründung der Berufung vertieft die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen und führt weiter aus: Die Klage sei bereits unzulässig. Der Bescheid vom 18. November 2008 sei mangels abweichenden Regelungsinhalts kein erneut anfechtbarer Zweitbescheid, sondern lediglich eine den vorausgehenden Bescheid vom 6. November 2008 wiederholende Verfügung. Hier müsse sich die Klägerin so behandeln lassen, als sei ihr der Bescheid vom 6. November 2008 am 8. November 2008 bekannt gegeben worden. Denn sie habe dessen Zugang treuwidrig vereitelt. Auch in der Sache sei die Heranziehung der Klägerin zu den Kosten für die Bestattung ihres verstorbenen Vaters nicht zu beanstanden. Die Klägerin habe im verwaltungsbehördlichen und - gerichtlichen Verfahren bewusst verschwiegen, dass ihre Mutter bereits am 31. Mai 2008 verstorben sei. Im für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses habe daher ein selbst nach dem klägerischen Vorbringen vorrangig Bestattungs- und Kostenpflichtiger nicht existiert. Die Auswahl zwischen den als Gesamtschuldnern gleichrangig haftenden Kindern des Verstorbenen sei nicht zu beanstanden. Einer besonderen Ermessensausübung bedürfe es nicht. Die Beklagte könne einen Gesamtschuldner nach eigenem Belieben auswählen und diesen auf den Gesamtschuldnerausgleich verweisen. Zudem habe die Beklagte die Klägerin vor deren Inanspruchnahme angehört, ohne dass sich hieraus Aspekte für eine Unverhältnismäßigkeit ergeben hätten.

15

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg - Einzelrichterin der 3. Kammer - vom 8. Juli 2010 zu ändern und die Klage abzuweisen.

16

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

17

Auch sie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und weist darauf hin, dass ihr der Bescheid vom 6. November 2008 nicht bekannt gegeben worden sei. Sie habe dessen Annahme auch nicht treuwidrig vereitelt. Selbst wenn es sich bei dem Bescheid vom 18. November 2008 aber um eine bloße wiederholende Verfügung handeln sollte, wäre die hiergegen gerichtete Klage aufgrund der in diesem Bescheid gegebenen Rechtsbehelfsbelehrung nicht unzulässig. In der Sache habe das Ableben der Mutter der Klägerin keinen Einfluss auf deren vorrangige Bestattungs- und Kostenpflicht. Zum Zeitpunkt des Entstehens der Bestattungspflicht habe die Mutter der Klägerin noch gelebt. Aus der Nichterfüllung dieser Bestattungspflicht erwachsende Kostenerstattungsansprüche könne die Beklagte nur gegenüber dem Nachlass geltend machen, nicht aber gegenüber den nachrangig Bestattungs- und Kostenpflichtigen. Auch habe die Beklagte ihr Ermessen bei der Auswahl eines der Gesamtschuldner nicht hinreichend betätigt. Es fänden sich keinerlei Erwägungen, die gerade die Inanspruchnahme der Klägerin rechtfertigten.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakte A) verwiesen.

Entscheidungsgründe

19

Über die Berufung kann der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO) ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden.

20

Die zulässige Berufung der Beklagten gegen das klagestattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts ist begründet. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 18. November 2008 über die Heranziehung der Klägerin zu Bestattungskosten und die Festsetzung von Verwaltungsgebühren ist zulässig (1.), in der Sache aber unbegründet (2.). Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

21

1.

Die von der Klägerin gegen den Bescheid vom 18. November 2008 erhobene Klage ist als Anfechtungsklage zulässig. Insbesondere hat die Klägerin ein rechtliches Interesse an der Aufhebung dieses Bescheides. Denn entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich nicht um eine bloße, den vorausgehenden inhaltsgleichen Bescheid vom 6. November 2008 wiederholende Verfügung, die allenfalls hinsichtlich der Ablehnung des Wiederaufgreifens eines bestandskräftig abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens Regelungswirkung entfaltet.

22

Eine solche wiederholende Verfügung liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dann vor, wenn der Adressat eines unanfechtbar gewordenen Verwaltungsakts Einwände gegen dessen Regelung erhebt und die Behörde hierauf dem Adressaten unter Hinweis auf die Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes ihre unveränderte Auffassung bekanntgibt und es ablehnt, sich erneut mit der Sache zu befassen (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.12.2008 - 7 C 3.08 -, Buchholz 316 VwVfG § 51 Nr. 51 m.w.N.).

23

Hier war das Verwaltungsverfahren über die Heranziehung der Klägerin zu Bestattungskosten vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheides vom 18. November 2008 noch nicht bestandskräftig abgeschlossen. Abgesehen davon, dass ein solcher bestandskräftiger Abschluss selbst bei wirksamer Bekanntgabe des vorausgehenden Bescheides vom 6. November 2008 zu jenem Zeitpunkt noch nicht eingetreten wäre, ist der Bescheid vom 6. November 2008 der Klägerin nicht wirksam bekannt gegeben worden.

24

Nach § 1 Abs. 1 Niedersächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz - NVwVfG - in der hier maßgeblichen zuletzt durch Gesetz vom 16. Dezember 2004 (Nds. GVBl. S. 634) geänderten Fassung i.V.m. § 43 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG - in der hier maßgeblichen zuletzt durch Gesetz vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718) geänderten Fassung wird ein Verwaltungsakt gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Soll, wie hier, die Bekanntgabe im Wege der Zustellung durch die Post mittels Einschreiben erfolgen, gilt das Dokument nach§ 4 Abs. 2 Satz 2 Verwaltungszustellungsgesetz - VwZG - in der hier maßgeblichen zuletzt durch Gesetz vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2026) geänderten Fassung am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn, dass es nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Nach § 4 Abs. 2 Satz 3 VwZG hat im Zweifel die Behörde den Zugang und dessen Zeitpunkt nachzuweisen.

25

Der hier ausweislich des Einlieferungsbelegs am 7. November 2008 als Einschreiben mit Rückschein zur Post aufgegebene Bescheid vom 6. November 2008 wurde von der Klägerin aber nicht angenommen. Nach dem von dem Postbediensteten auf dem an die Beklagte zurückgegangenen Briefumschlag angebrachten Vermerk wurde die Annahme des Briefes verweigert. Die von der Beklagten beabsichtigte Zustellung mittels Einschreiben konnte mithin nicht durchgeführt werden. In einem solchen Fall liegt eine wirksame Zustellung und damit Bekanntgabe des Verwaltungsaktes nicht vor (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.8.1976 - VIII C 33.75 -, [...] Rn. 29; BSG, Urt. v. 15.8.2002 - B 7 AL 96/01 R -, NJW 2003, 381, 382; a.A. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 14.6.1989 - L 11 Ka 123/88 -, NJW 1990, 407).

26

Ob aus der Annahmeverweigerung trotz einer unwirksamen Bekanntgabe des Verwaltungsaktes in Einzelfällen auf eine Verwirkung des Rechts zur Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes geschlossen werden kann (vgl. BSG, Urt. v. 15.8.2002, a.a.O.), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn die Voraussetzungen einer solchen Verwirkung sind offensichtlich nicht erfüllt. Die Verwirkung eines Rechts, also das Verbot, ein Recht auszuüben, setzt voraus, dass seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (zeitliches Moment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist insbesondere der Fall, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen werde (sog. Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete ferner tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde (sog. Vertrauenstatbestand), und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (st. Rspr., vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.1.1972 - 2 BvR 255/67 -, BVerfGE 32, 305, 308 f.; BVerwG, Beschl. v. 12.1.2004 - 3 B 101/03 -, NVwZ-RR 2004, 314 f.; Senatsbeschl. v. 30.7.2010 - 8 PA 151/10 - jeweils m.w.N.). Hier fehlt es jedenfalls an einem Vertrauenstatbestand auf Seiten der Beklagten in die Bestandskraft ihres Bescheides vom 6. November 2008. Denn die Beklagte hat unmittelbar nach Bekanntwerden der Annahmeverweigerung durch die Klägerin die Zustellung des inhaltsgleichen Bescheides vom 18. November 2008 durch Postzustellungsurkunde veranlasst und damit unzweifelhaft zu erkennen gegeben, dass sie selbst nicht von einer wirksamen Bekanntgabe des Bescheides vom 6. November 2008 und einem Rechtsmittelverzicht der Klägerin ausgeht.

27

2.

Die danach zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 18. November 2008 über die Heranziehung der Klägerin zu den Kosten für die Bestattung ihres Vaters in Höhe von insgesamt 2.394,01 EUR (a.) und die Festsetzung der Kosten des Verwaltungsverfahrens in Höhe von 100,00 EUR (b.) ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten.

28

a. Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Klägerin zu den Kosten für die Bestattung ihres Vaters ist § 8 Abs. 4 Satz 2 Niedersächsisches Gesetz über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen - NBestattG - vom 8. Dezember 2005 (Nds. GVBl. S. 381). Danach haften die nach § 8 Abs. 3 NBestattG vorrangig Bestattungspflichtigen der Gemeinde als Gesamtschuldner für die Bestattungskosten.

29

Voraussetzung für die Heranziehung der nach § 8 Abs. 3 NBestattG gesetzlich Bestattungspflichtigen zu den Kosten einer Bestattung auf dieser Grundlage ist lediglich, dass die subsidiäre Bestattungspflicht der für den Sterbe- oder Auffindungsort zuständigen Gemeinde nach § 8 Abs. 4 Satz 1 NBestattG entstanden und durch diese erfüllt worden ist. Der Senat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung, wonach die Heranziehung der primär gesetzlich Bestattungspflichtigen zu den Kosten einer durch die Gemeinde veranlassten Bestattung stets eine (rechtmäßige) zwangsweise Durchsetzung der gesetzlichen Pflichten im Wege der Ersatzvornahme voraussetzt (vgl. zuletzt Senatsbeschl. v. 30.7.2010 - 8 PA 151/10 -; v. 21.11.2006 - 8 PA 118/06 -, NdsVBl. 2007, 106, 107 jeweils m.w.N.), nicht mehr fest.

30

Der für den Sterbe- oder Auffindungsort zuständigen Gemeinde ist es zwar durchaus möglich, die sich aus § 8 Abs. 1 Satz 1 NBestattG ergebende Bestattungspflicht gegenüber den nach § 8 Abs. 3 NBestattG primär gesetzlich Bestattungspflichtigen im Wege des Verwaltungszwangs nach den Bestimmungen im 6. Teil 1. Abschnitt des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung - Nds. SOG - durchzusetzen. Erfüllen die nach § 8 Abs. 3 NBestattG primär Pflichtigen die ihnen obliegende, gegebenenfalls durch einen auf § 11 Nds. SOG gestützten (Grund-)Verwaltungsakt zu konkretisierende gesetzliche Bestattungspflicht nicht, kann die zuständige Gemeinde etwa im Wege der Ersatzvornahme nach §§ 64, 66 Nds. SOG die Bestattung veranlassen und von den primär Bestattungspflichtigen dann auf der Grundlage des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG die Erstattung entstandener Kosten verlangen (vgl. Senatsbeschl. v. 21.11.2006, a.a.O.). Dass der Gesetzgeber mit den Regelungen in § 8 Abs. 4 NBestattG diese generell eröffnete Möglichkeit der zwangsweisen Durchsetzung ordnungsrechtlicher Pflichten der Bestattungspflichtigen beschränken und die für den Sterbe- oder Auffindungsort zuständige Gemeinde auf die Erfüllung einer zwar subsidiären, aber eigenen Bestattungspflicht verweisen wollte, kann weder dem Wortlaut oder der Systematik des Gesetzes noch den Gesetzesmaterialien entnommen werden (vgl. Senatsbeschl. v. 21.11.2006, a.a.O.; Barthel, Nds. Bestattungsgesetz, 2. Aufl., § 8 Anm. 4.3; a.A. Horn, Nds. Bestattungsgesetz, 2. Aufl., § 8 Anm. 6.a.; ders., Die Bestattungspflicht nach dem Niedersächsischen Bestattungsgesetz, in: NdsVBl. 2007, 321, 325).

31

Neben dieser Möglichkeit, die Bestattungspflicht der nach § 8 Abs. 3 NBestattG primär gesetzlich Pflichtigen im Wege des Verwaltungszwangs durchzusetzen, begründet § 8 Abs. 4 Satz 1 NBestattG aber auch eine subsidiäre Bestattungspflicht der für den Sterbe- oder Auffindungsort zuständigen Gemeinde (vgl. Fraktionen der CDU und FDP, Entwurf eines Gesetzes über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen (BestattG), LT-Drs. 15/1150, S. 15; Schriftlicher Bericht zum Entwurf eines Gesetzes über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen (BestattG), LT-Drs. 15/2584, S. 10 f.). Handelt die zuständige Gemeinde auf der Grundlage des § 8 Abs. 4 Satz 1 NBestattG, sorgt sie folglich nicht im Wege des Verwaltungszwangs für die Erfüllung fremder Pflichten, hier der primär Bestattungspflichtigen nach § 8 Abs. 3 NBestattG. Sie erfüllt vielmehr eine ihr selbst obliegende gesetzliche Pflicht zur Bestattung (vgl. Barthel, a.a.O., § 8 Anm. 4.1; Repkewitz, Ordnungsbehördliche Bestattungen, in: VBlBW 2010, 228, 230; Stelkens/Seifert, Die Bestattungspflicht und ihre Durchsetzung: Neue und alte Probleme, in: DVBl. 2008, 1537, 1541). Die bei der Erfüllung dieser Pflicht verursachten Bestattungskosten schuldet die Gemeinde selbst. Die primär gesetzlich Bestattungspflichtigen nach § 8 Abs. 3 NBestattG haften der Gemeinde nach der besonderen gesetzlichen Bestimmung in § 8 Abs. 4 Satz 2 NBestattG aber für diese Bestattungskosten. Diese Haftung kann nach § 8 Abs. 4 Satz 3 NBestattG durch Leistungsbescheid festgesetzt werden. Die Rechtmäßigkeit der auf dieser Grundlage erfolgten Heranziehung zu Bestattungskosten erfordert mithin nicht eine (rechtmäßige) zwangsweise Durchsetzung der gesetzlichen Pflichten im Wege der Ersatzvornahme, sondern lediglich das Entstehen und die Erfüllung der subsidiären gesetzlichen Bestattungspflicht der für den Sterbe- oder Auffindungsort zuständigen Gemeinde nach § 8 Abs. 4 Satz 1 NBestattG.

32

Diese subsidiäre Bestattungspflicht entsteht nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 4 Satz 1 NBestattG bereits dann, wenn niemand für die Bestattung sorgt. Maßgeblich ist dabei auf die in § 9 NBestattG für die jeweiligen Bestattungsarten und -abschnitte genannten Zeitpunkte abzustellen. Ausgehend von der gesetzlich angeordneten Subsidiarität der gemeindlichen Bestattungspflicht entsteht diese nur, wenn für die Gemeinde nach eigener Prüfung feststeht, dass die gesetzlichen Bestattungspflichten durch einen primär Bestattungspflichtigen zu den in § 9 NBestattG genannten Zeitpunkten voraussichtlich nicht erfüllt werden. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn ein primär Bestattungspflichtiger nicht vorhanden oder zur Veranlassung der Bestattung nicht willens oder nicht in der Lage ist. Die zuständige Gemeinde hat daher regelmäßig innerhalb der durch § 9 NBestattG bestimmten Zeiträume unter Ausnutzung der ihr zur Verfügung stehenden oder für sie mit zumutbarem Aufwand erreichbaren Erkenntnisquellen zu ermitteln, ob primär Bestattungspflichtige vorhanden und diese zur Veranlassung der Bestattung willens und in der Lage sind. Erst wenn diese - abhängig vom Einzelfall jeweils unterschiedlichen Anforderungen unterliegenden - Ermittlungen die Feststellung gestatten, dass die gesetzlichen Bestattungspflichten durch einen primär Bestattungspflichtigen zu den in § 9 NBestattG genannten Zeitpunkten voraussichtlich nicht erfüllt werden, entsteht die subsidiäre Bestattungspflicht der Gemeinde nach § 8 Abs. 4 Satz 1 NBestattG.

33

Hieran gemessen war im vorliegenden Einzelfall bereits am 2. April 2008 die subsidiäre Bestattungspflicht der Gemeinde entstanden.

34

Ausweislich der Verwaltungsvorgänge der Beklagten waren zu diesem Zeitpunkt die primär Bestattungspflichtigen im Sinne des § 8 Abs. 3 NBestattG ermittelt, und zwar die Ehefrau I. H., J. -Straße .., K., die Geschwister, Frau I. L., M. Weg .., C., und Frau N., O. straße .., C., sowie die Kinder, Herrn P. H., Q. Straße .., R., Frau A., die Klägerin und Frau S., deren Aufenthalt unbekannt ist. Weitere mit zumutbarem Aufwand innerhalb des durch § 9 NBestattG bestimmten Zeitraums verfügbare Möglichkeiten der Beklagten, den Aufenthaltsort der Tochter Frau S. zu ermitteln, sind nicht ersichtlich.

35

Auch die Bereitschaft dieser primär Bestattungspflichtigen mit bekanntem Aufenthalt, die Bestattung innerhalb der Fristen des § 9 NBestattG zu veranlassen, hat die Beklagte erkundet. Die bloße telefonische Kontaktaufnahme ist angesichts der kurzen Frist des § 9 Abs. 2 Satz 1 NBestattG, für deren Verlängerung hier weder ein Anlass noch eine Rechtfertigung bestanden hat, nicht zu beanstanden. Frau I. L., die Schwester des Verstorbenen, lehnte die Veranlassung der Bestattung für sich und die weitere Schwester Frau N. ab. Auch der Sohn P. H. und die Klägerin lehnten die Veranlassung der Bestattung ab. Die Klägerin wies darauf hin, dass ihre Mutter und Ehefrau des Verstorbenen, Frau I. H., schwer pflegebedürftig und ebenfalls nicht in der Lage sei, die Bestattung ihres Ehemannes zu veranlassen. Hiermit stand für die Beklagte fest, dass die ihr bekannten gesetzlichen Bestattungspflichten durch einen primär Bestattungspflichtigen zu den in § 9 NBestattG genannten Zeitpunkten voraussichtlich nicht erfüllt werden. Der von der Klägerin hiergegen erhobene Einwand, die Beklagte habe sich hinsichtlich der Bestattungspflichtigen I. H. und N. nicht auf die Angaben Dritter verlassen dürfen, sondern diese selbst befragen müssen, geht fehl. Zutreffend ist zwar, dass die Beklagte diese Bestattungspflichtigen hätte selbst befragen können und sich durch das Unterlassen dieser Befragung dem Risiko falscher Angaben Dritter ausgesetzt hat. Indes bestehen aus der Sicht der Beklagten keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die hier von Dritten für diese Bestattungspflichtigen getätigten Angaben falsch gewesen sein könnten. Darauf gibt es auch aus heutiger Sicht keinerlei Hinweis.

36

Aufgrund der damit bereits am 2. April 2008 entstandenen subsidiären Bestattungspflicht war die Beklagte berechtigt, in Erfüllung einer ihr selbst obliegenden Pflicht auf der Grundlage des § 8 Abs. 4 Satz 1 NBestattG die Bestattung des Herrn G. H. zu veranlassen und in der Folge auf der Grundlage des § 8 Abs. 4 Satz 2 NBestattG die primär Bestattungspflichtigen zu den Kosten dieser Bestattung heranzuziehen.

37

Maßgeblich für die Heranziehung der primär Bestattungspflichtigen zu den Bestattungskosten ist dabei entsprechend allgemeinen Grundsätzen (vgl. Senatsurt. v. 15.6.2010 - 8 LB 115/09 -, [...] Rn. 27 m.w.N.) auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Leistungsbescheides nach § 8 Abs. 4 Satz 3 NBestattG abzustellen. Zum danach maßgeblichen Zeitpunkt 18. November 2008 waren - nach dem Ableben der nach § 8 Nr. 1 NBestattG vorrangig heranzuziehenden Ehefrau am 31. Mai 2008 - nur noch Bestattungspflichtige nach § 8 Nr. 2, hier die Klägerin, Herr P. H. und Frau S., und Nr. 6, hier Frau I. L. und Frau N., NBestattG vorhanden. Die Heranziehung der Klägerin als nach § 8 Nr. 2 NBestattG bestattungspflichtiges Kind des Verstorbenen ist daher nicht zu beanstanden, da im maßgeblichen Zeitpunkt die nach § 8 Nr. 1 NBestattG vorrangig bestattungspflichtige Ehefrau des Verstorbenen bereits verstorben war.

38

Auch die von der Beklagten unter Ausübung ihres Ermessens vorgenommene Inanspruchnahme der Klägerin als einer von drei gesamtschuldnerisch nach § 8 Abs. 4 Satz 2 NBestattG haftenden gleichrangig Bestattungspflichtigen im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 NBestattG ist jedenfalls im Ergebnis rechtlich einwandfrei. Das Ermessen, von welchem Gesamtschuldner die (ganze) Leistung gefordert werden soll, ist sehr weit und regelmäßig nur durch das Willkürverbot und offenbare Unbilligkeit begrenzt (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.1.1993 - 8 C 57.91 -, NJW 1993, 1667, 1669 m.w.N.). Ausgehend vom erkennbaren Zweck der in § 8 Abs. 4 Satz 2 NBestattG angeordneten Gesamtschuldnerschaft, den Gesetzesvollzug in Abgabenangelegenheiten zu vereinfachen und so effizienter zu gestalten (vgl. Senatsbeschl. v. 27.9.2011 - 8 LA 157/11 -), ist die hier geübte Verwaltungspraxis der Beklagten nicht zu beanstanden. Denn diese Verwaltungspraxis trägt dem Zweck der gesetzlich angeordneten Gesamtschuldnerschaft Rechnung und ist gleichzeitig darauf gerichtet, durch Anhörung der Beteiligten besondere Härten der individuellen Inanspruchnahme zu ermitteln und bei der Auswahlentscheidung zu berücksichtigen. Hiernach stellt sich die Inanspruchnahme der Klägerin keinesfalls als willkürlich oder offenbar unbillig und damit nicht ermessensgerecht dar. Die so getroffene Ermessensentscheidung ist mit dem von der Beklagten auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gegebenen Hinweis auf die Möglichkeit des internen Ausgleichs zwischen den Gesamtschuldnern regelmäßig hinreichend begründet (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 15.11.2007 - 1 S 1471/07 -, [...] Rn. 19). Denn ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin an einer weiteren Begründung gerade ihrer Inanspruchnahme ist nicht erkennbar und würde das mit der Anordnung der Gesamtschuldnerschaft verbundene Ziel einer Vereinfachung des Gesetzesvollzugs konterkarieren (vgl. Senatsbeschl. v. 27.9.2011 - 8 LA 157/11 -).

39

Der der im Ermessenswege getroffenen Auswahlentscheidung bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens anhaftende Fehler, dass die Beklagte vom Vorhandensein eines nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 NBestattG vorrangig Bestattungspflichtigen ausgegangen ist und dessen Inanspruchnahme mit unzureichender Begründung ausgeschlossen hat, ist von der Beklagten in Anwendung der prozessualen Möglichkeit des§ 114 Satz 2 VwGO (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 11.11.2010 - 5 C 12.10 -, NVwZ 2011, 760, 761 m.w.N.) durch eine noch zulässige Ergänzung der Ermessenserwägungen im gerichtlichen Verfahren korrigiert worden und rechtfertigt daher eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht (mehr).

40

Substantiierte und damit eine weitere Prüfung durch den Senat erfordernde Einwände gegen die Höhe der im Bescheid vom 18. November 2008 festgesetzten Bestattungskosten hat die Klägerin nicht erhoben.

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b. Die Festsetzung der Verwaltungskosten gegenüber der Klägerin beruht auf den §§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 3, 5 Abs. 1 Satz 1 und 13 Niedersächsisches Verwaltungskostengesetz - NVwKostG - in der hier maßgeblichen zuletzt durch Gesetz vom 17. Dezember 2007 (Nds. GVBl. S. 775) geänderten Fassung i.V.m. § 1 und Anlage Nrn. 56.8 und 26.1 Verordnung über die Gebühren und Auslagen für Amtshandlungen und Leistungen (Allgemeine Gebührenordnung - AllGO -) in der hier maßgeblichen zuletzt durch Verordnung vom 6. Juli 2007 (Nds. GVBl. S. 268) geänderten Fassung. Danach beträgt der Gebührenrahmen 35 EUR bis 1.410 EUR. Innerhalb dieses Gebührenrahmens soll die Gebühr 10 v.H. der Kosten für die Veranlassung der Bestattung nicht übersteigen, sofern nicht das Maß des Verwaltungsaufwandes im Einzelfall eine höhere Gebühr erfordert. Dem genügt die hier festgesetzte Gebühr in Höhe von 100 EUR, gegen deren Höhe die Klägerin zudem keine Einwände erhoben hat.