Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 10.11.2011, Az.: 5 ME 328/11

Zulässigkeit geringerer Anforderungen an die gesundheitliche Eignung von Probebeamten

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
10.11.2011
Aktenzeichen
5 ME 328/11
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2011, 32446
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2011:1110.5ME328.11.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 06.09.2011 - AZ: 13 B 3062/11

Fundstellen

  • DÖD 2012, 82-84
  • DÖV 2012, 323

Amtlicher Leitsatz

Da die Auswahl der in das Beamtenverhältnis berufenen Beamten nach denselben Kriterien (Art. 33 Abs. 2 GG) erfolgt, die auch für die Frage der Bewährung und er Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit maßgeblich sind, können für die gesundheitliche Eignung von Probebeamten keine geringeren Anforderungen gelten als dies der Fall wäre, wenn der Betreffende seine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit begehrt hätte.

Gründe

1

I.

Mit der vorliegenden Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Ziel weiter, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung seine Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Probe aufzugeben bzw. - hilfsweise - der Antragsgegnerin die Besetzung der in Rede stehenden Stelle zu untersagen, bis über das Einstellungsbegehren des Antragstellers in der Hauptsache rechtskräftig entschieden worden ist.

2

Unter dem 8. April 2010 bewarb sich der Antragsteller um Einstellung in den gehobenen technischen Verwaltungsdienst der Antragsgegnerin als Objektmanager beim Bundeswehr-Dienstleistungszentrum C. (A 11 t). Die Antragsgegnerin erklärte mit Schreiben vom 11. November 2010, ihn vorbehaltlich der maßgeblichen Mitbestimmungserfordernisse sowie des Ergebnisses der ärztlichen Dienstfähigkeitsuntersuchung in das Beamtenverhältnis auf Probe berufen zu wollen.

3

Nachdem die Antragsgegnerin den amtsärztlichen Dienst der Region Hannover um die Erstellung eines Gutachtens gebeten hatte, holte dieser zunächst ein Zusatzgutachten des Facharztes für Psychiatrie Dr. D. ein. Auf dieses Gutachten vom 10. März 2011 (Bl. 78 bis 87 der Gerichtsakte) sowie auf das sodann erstellte amtsärztliche Gutachten der Medizinaldirektorin Dr. E. vom 23. März 2011 (Bl. 98 bis 101 der Gerichtsakte) wird Bezug genommen.

4

Mit Bescheid vom 25. März 2011 lehnte die Antragsgegnerin die Einstellung des Antragstellers in das Beamtenverhältnis auf Probe ab, weil aufgrund der Ausführungen in beiden Gutachten begründete Zweifel an seiner gesundheitlichen Eignung bestünden. Diese Zweifel rechtfertigten die Prognose, dass eine Dienstunfähigkeit des Antragstellers vor der Erreichung der gesetzlichen Altersgrenze nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne. Den hiergegen gerichteten Widerspruch, zu dessen Begründung der Antragsteller insbesondere eine Stellungnahme des ihn behandelnden Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. vom 11. Mai 2011 (Bl. 89 der Gerichtsakte) sowie ein fachärztliches Attest der Psychosomatischen Klinik G. vom 6. Juni 2011 (Bl. 88 der Gerichtsakte) vorlegte, wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2011 zurück.

5

Am 12. August 2011 hat der Antragsteller Klage erhoben und zugleich den streitgegenständlichen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. Letzteren hat das Verwaltungsgericht Hannover mit dem angefochtenen Beschluss vom 6. September 2011 (13 B 3062/11) abgelehnt. Dabei hat es offen gelassen, ob ein Anordnungsgrund vorliegt, denn jedenfalls sei ein Anordnungsanspruch zu verneinen. Unter Berücksichtigung der vom Niedersächsischen Oberwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 8. November 2010 (5 ME 225/10) aufgestellten Maßstäbe sei die ablehnende Entscheidung der Antragsgegnerin nicht zu beanstanden. Sie basiere auf dem nachvollziehbaren amtsärztlichen Gutachten, dessen höherer Beweiswert durch die vom Antragsteller vorgelegten privatärztlichen Stellungnahmen nicht erschüttert werde.

6

Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde, der die Antragsgegnerin entgegentritt.

7

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

8

II.

Die Beschwerde ist zwar zulässig, aber unbegründet.

9

Die von dem Antragsteller mit seiner Beschwerde vorgetragenen Gründe, auf deren Prüfung der beschließende Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) beschränkt ist, rechtfertigen die Abänderung des angefochtenen erstinstanzlichen Beschlusses nicht. Der Antragsteller hat auch unter Berücksichtigung seines Beschwerdevorbringens die Voraussetzungen für die von ihm begehrte Regelungsanordnung nicht gemäß § 123 Abs. 3 VwGO, §§ 920 Abs. 2, 294 der Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft gemacht. Ungeachtet der Frage des Vorliegens eines Anordnungsgrundes scheitert das Begehren des Antragstellers an der mangelnden Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs.

10

Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) gewährt jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Das hierin zum Ausdruck kommende Leistungsprinzip eröffnet dem Einzelnen keinen Anspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis, sondern gibt ihm lediglich Anspruch darauf, dass über seine Bewerbung ermessens- und beurteilungsfehlerfrei nach Maßgabe dieser Kriterien entschieden wird (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch). Hieraus folgt zugleich für den Hauptantrag des Antragstellers - also sein Begehren, im Wege der einstweiligen Anordnung in das Beamtenverhältnis auf Probe eingestellt zu werden -, dass es nur dann Erfolg haben kann, wenn sich am Maßstab des Leistungsprinzips der Bewerbungsverfahrensanspruch dahingehend "auf Null reduziert", dass sich nur die Einstellung des Antragstellers als ermessens- und beurteilungsfehlerfrei erweist (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 25.1.2011 - 5 LC 190/09 -, [...] Rn. 25; Beschluss vom 8.11.2010 - 5 ME 225/10 -, [...] Rn. 17). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Erfüllung des aus Art. 33 Abs. 2 GG resultierenden Anspruchs nicht nur davon abhängt, dass der Bewerber die Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung und die sonstigen Ernennungsvoraussetzungen erfüllt, sondern auf Seiten des Dienstherrn auch die entsprechenden Haushaltsmittel in Gestalt einer freien und besetzbaren Planstelle bereit stehen und der Dienstherr die Stelle besetzen will (Nds. OVG, Urteil vom 25.1.2011, a.a.O. Rn. 17).

11

Die Entscheidung darüber, ob der Einstellungsbewerber den Anforderungen des zu besetzenden Dienstpostens und der Laufbahn am Maßstab der Kriterien Eignung, Befähigung und fachliche Leistung genügt, trifft der Dienstherr in Wahrnehmung einer Beurteilungsermächtigung. Sie bewirkt, dass die Eignungseinschätzung von den Verwaltungsgerichten nur beschränkt daraufhin überprüft werden kann, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachwidrige Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (BVerwG, Urteil vom 30.1.2003 - BVerwG 2 A 1.02 -, [...] Rn. 11).

12

Anhand dieses Kontrollmaßstabs erweist sich die Ablehnung der Übernahme des Antragstellers in das Beamtenverhältnis auf Probe nach der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Überprüfung als rechtmäßig. Der Antragsteller hat weder glaubhaft gemacht, dass nur seine Einstellung ermessens- und beurteilungsfehlerfrei ist, noch hat er glaubhaft gemacht, dass ihm ein Anspruch auf Neubescheidung seines Einstellungsantrags (unter Annahme der gesundheitlichen Eignung) zusteht. Denn beide Begehren setzen voraus, dass der Antragsteller für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe gesundheitlich geeignet ist. Eine entsprechende Glaubhaftmachung ist dem Antragsteller jedoch nicht gelungen.

13

Bei der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der einzelne Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in gesundheitlicher Hinsicht entspricht. Die gesundheitliche Eignung ist nach dem - im Streitfall anzuwendenden - allgemeinen Maßstab dann gegeben, wenn sich nach der prognostischen Einschätzung des Dienstherrn künftige Erkrankungen des (Probe-)Beamten und der Eintritt dauernder vorzeitiger Dienstunfähigkeit vor Erreichung der gesetzlichen Altersgrenze mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausschließen lassen (st. Rsp., vgl. BVerwG, Urteil vom 18.7.2001 - BVerwG 2 A 5.00 -, [...] Rn. 16; Beschluss vom 23.4.2009 - BVerwG 2 B 79.08 -, [...] Rn. 8). Dementsprechend ist es nicht zu beanstanden, einen Beamtenbewerber, der seine Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Probe begehrt, wegen fehlender gesundheitlicher Eignung abzulehnen, wenn begründete Zweifel bestehen, welche die Prognose rechtfertigen, dass eine vorzeitige Dienstunfähigkeit in der angestrebten Laufbahn nicht mit einem hohen Wahrscheinlichkeitsgrad ausgeschlossen werden kann (Nds. OVG, Beschluss vom 8.11.2010, a.a.O. Rn. 23).

14

Von diesem rechtlichen Maßstab ist auch die Antragsgegnerin ausgegangen. Sie hat sich bei ihrer Einschätzung auf die Ausführungen der Amtsärztin Dr. E. vom 23. März 2011 gestützt, die ihrerseits auf das von ihr eingeholte fachpsychiatrische Gutachten des Dr. Beigel vom 10. März 2011 Bezug genommen hat. Letzterer hat dem Antragsteller eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, mit psychogenen und reaktiven Anteilen sowie eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit ängstlich-unsicheren, narzisstischen und zwanghaften Zügen attestiert. Sowohl aus dem im Auftrag der bayerischen Architektenversorung erstellten fachpsychiatrischen Gutachten aus dem Jahre 2007, dem Entlassungsbericht der psychosomatischen Klinik H. sowie den schriftlichen und mündlichen Mitteilungen des Dr. F. werde ersichtlich, dass bei dem Antragsteller seit Mitte der 90er-Jahre eine depressive Symptomatik vorliege. Der aktuelle Befund stelle sich im Vergleich zu dem Aufnahmebefund der psychosomatischen Klinik zwar als deutlich verbessert dar, und die geschilderte Persönlichkeitsstruktur könne dem beruflichen Anforderungsprofil durchaus entgegenkommen. Der Gutachter komme allerdings nicht umhin, auf eine über 15 Jahre andauernde psychiatrische Vorgeschichte mit vornehmlich depressiven Beschwerden, aber auch Symptomen, die eine Persönlichkeitsstruktur wie beschrieben umfasse, einzugehen. Die Länge der Vorgeschichte und die Intensität der therapeutischen Bemühungen sprächen für ein erhöhtes Risiko, dass eine vorzeitige Dienstunfähigkeit aus Krankheitsgründen wahrscheinlich sei. Das fachpsychiatrische Gutachte hat sodann "eine Verbeamtung auf Probe für die Dauer von drei Jahren" angeregt; innerhalb eines solchen Zeitraumes werde mit großer Wahrscheinlichkeit ein Bild zur Darstellung kommen, das eine endgültige Beantwortung der zum Beweis gestellten Problematik ermögliche. Das amtsärztliche Gutachten vom 23. März 2011 hat sich den medizinischen Beurteilungen des fachpsychiatrischen Gutachtens angeschlossen und ausgeführt, dass der Antragsteller geeignet sei für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe; allerdings könne zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussage zur gesundheitlichen Eignung für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit getroffen werden. Vor diesem Hintergrund liege es im Ermessen der Antragsgegnerin, der Übernahme in das Beamtenverhältnis zuzustimmen.

15

Dass die Antragsgegnerin aufgrund dieser Darlegungen zu der Einschätzung gelangt ist, eine vorzeitige Dienstunfähigkeit des Antragstellers aus Krankheitsgründen lasse sich nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausschließen, begegnet - insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Einhaltung des maßgeblichen rechtlichen Rahmens und der Zugrundelegung eines zutreffenden Sachverhalts - keinen Bedenken.

16

Da die Auswahl der in das Probebeamtenverhältnis berufenen Beamten nach denselben Kriterien (Art. 33 Abs. 2 GG) erfolgt, die auch für die Frage der Bewährung und der Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit maßgeblich sind, können für die gesundheitliche Eignung von Probebeamten keine geringeren Anforderungen gelten als dies der Fall wäre, wenn der Betreffende seine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit begehrt hätte. Wenn daher das fachpsychiatrische und das amtsärztliche Gutachten eine gesundheitliche Eignung nur für die Probezeit von drei Jahren angenommen haben und für die Zeit danach - also den Zeitraum bis zur Erreichung der gesetzlichen Altersgrenze - keine positive Aussage treffen konnten, dann verbleiben begründete Zweifel, ob der Antragsteller dauerhaft, d.h. bis zur Erreichung der gesetzlichen Altersgrenze, dienstfähig sein wird.

17

Die in diesem Zusammenhang vom Antragsteller erhobenen Einwände - beide Gutachten hätten klargestellt, dass es zahlreiche positive Aspekte in der Person des Antragstellers gebe, die für eine vollständige Dienstfähigkeit sprächen, was das streitgegenständliche Verfahren in tatsächlicher Hinsicht von dem Verfahren 5 ME 225/10 des beschließenden Senats unterscheide (Beschwerdebegründung, S. 2) - greifen nicht durch. Dem Antragsteller ist zwar zuzugeben, dass die im Verfahren 5 ME 225/10 wiedergegebenen gutachterlichen Aussagen (z.B. "dass er angesichts der benannten Befunde bei dem Antragsteller derzeit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit bescheinigen könne, dass bis zum Erreichen der Altersgrenze nicht mit dauernder Dienstunfähigkeit zu rechnen sei" oder "sehe er sich ohne eine tiefer gehende Beurteilungsgrundlage mit ausreichender Berufsbewährung nicht in der Lage, das vorzeitige Eintreten dauernder Dienstunfähigkeit vor dem Erreichen der Altersgrenze mit hoher Wahrscheinlichkeit zu verneinen", vgl. [...] Rn. 24) die maßgebliche Beweisfrage deutlicher beantworten als dies im Streitfall erfolgt ist. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die in sich schlüssigen und nachvollziehbaren Darlegungen beider Gutachten die von der Antragsgegnerin getroffene Einschätzung tragen. Insbesondere hat das fachpsychiatrische Gutachten vom 10. März 2011 nicht - wie der Antragsteller meint - "für eine vollständige Dienstfähigkeit des Antragstellers sprechende Aspekte angeführt", sondern ist trotz der Feststellung, dass sich der aktuelle Befund im Vergleich zu dem Aufnahmebefund der psychosomatischen Klinik G. deutlich verbessert habe (S. 9) und dass die geschilderte Persönlichkeitsstruktur dem beruflichen Anforderungsprofil durchaus entgegenzukommen vermöge (S. 10), zu der Schlussfolgerung gelangt, dass (derzeit) die Länge der Vorgeschichte und die Intensität der therapeutischen Bemühungen für ein erhöhtes Risiko einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit aus Krankheitsgründen sprächen (S. 10).

18

Entgegen der Auffassung des Antragstellers reichen die vorliegenden privatärztlichen Stellungnahmen nicht aus, um seine gesundheitliche Eignung glaubhaft zu machen.

19

Der Senat hat in seinem Beschluss vom 8. November 2010 (5 ME 225/10) zum Beweiswert von privatärztlichen Gutachten gegenüber amtsärztlichen Gutachten Folgendes ausgeführt ([...] Rn. 27):

"Den Feststellungen des Amtsarztes kommt grundsätzlich ein höherer Beweiswert zu (sog. Vorrang des amtsärztlichen Gutachtens). Hierfür sind die in der Regel besseren Kenntnisse des Amtsarztes hinsichtlich der Belange der öffentlichen Verwaltung und der von dem Beamten zu verrichtenden Tätigkeiten sowie seine größere Erfahrung bei der Beurteilung der Dienstfähigkeit maßgebend (vgl.:BVerwG, Beschl. v. 8.3.2001 - BVerwG 1 DB 8.01 -, DVBl. 2001, 1079; Nds. OVG, Beschl. v. 23.8.2007 - 5 ME 163/07 -). Liegen indes dem amtsärztlichen Gutachten widersprechende, privatärztliche Stellungnahmen vor, kommt der Beurteilung des Amtsarztes dann, wenn seine medizinische Beurteilung hinsichtlich desselben Krankheitsbildes von der Beurteilung des behandelnden Privatarztes abweicht, nur unter den Voraussetzungen ein Vorrang zu, dass keine begründeten Zweifel an der Sachkunde des Amtsarztes bestehen, die medizinischen Beurteilungen auf zutreffenden Tatsachengrundlagen beruhen sowie in sich stimmig und nachvollziehbar sind und der Amtsarzt auf die Erwägungen des Privatarztes, wenn dieser seinen medizinischen Befund näher erläutert hat, eingeht und nachvollziehbar darlegt, warum er ihnen nicht folgt (vgl. BVerwG, Urt. v.12.10.2006 - BVerwG 1 D 2.05 -, zitiert nach [...]; Beschl. v. 8.3.2001 - BVerwG 1 DB 8.01 -, DVBl. 2001, 1079, zitiert nach [...])."

20

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe, an denen festgehalten wird, erweist es sich als rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin ihre Einschätzung anhand des amtsärztlichen Gutachtens vom 23. März 2011 getroffen hat, welches seinerseits den Ausführungen im fachpsychiatrischen Gutachten vom 10. März 2011 gefolgt ist.

21

Der Vorhalt der Beschwerde, die medizinische Beurteilung beider Gutachten beruhe insoweit auf einer unvollständigen Tatsachengrundlage, als sie irrtümlich von mehreren stationären Aufenthalten des Antragstellers ausgehe (Beschwerdebegründung vom 6. Oktober 2011, S. 4), trifft nicht zu. Das fachärztliche Gutachten vom 10. März 2011 legt einen Befundbericht der psychosomatischen Klinik G. vom 12. Januar 2011 über einen stationären Aufenthalt des Antragstellers im Zeitraum vom 9. November 2010 bis zum 21. Dezember 2010 zugrunde (S. 3). Sodann heißt es weiter, die depressive Symptomatik "führte sowohl zu mehrfachen ambulanten wie auch einer stationären Therapie" (S. 9; Hervorhebung durch den Senat) sowie "dass nunerstmals ein umfassender stationärer Ansatz erfolgte" (S. 10; Hervorhebung durch den Senat). Bei der Wiedergabe des fachpsychiatrischen Gutachtens durch die Amtsärztin wird deutlich, dass auch das amtsärztliche Gutachten von nureinem stationären Aufenthalt des Antragstellers ausgegangen ist (S. 3, 4). Es trifft zwar zu, dass die Antragsgegnerin die übereinstimmenden gutachterlichen Ausführungen in ihrem Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2011 insoweit unzutreffend wiedergibt, als dort von "stationären Therapien " die Rede ist. Dies macht die ihrer Einschätzung zugrunde liegende medizinische Beurteilung jedoch nicht fehlerhaft.

22

Entgegen der Auffassung des Antragstellers (Beschwerdebegründung vom 6. Oktober 2011, S. 2) steht der Vorrang, den die Antragsgegnerin dem amts- und fachärztlichen Gutachten eingeräumt hat, auch nicht deshalb in Frage, weil sich die Amtsärztin nicht mit der privatärztlichen Stellungnahme der Dres. I. und J. (Klinik G.) vom 6. Juni 2011 auseinandergesetzt hat, in der es heißt, dass der Antragsteller "für eine Verbeamtung auf Lebenszeit ohne Einschränkung voll diensttauglich" sei. Da sich die privatärztliche Stellungnahme in dieser Aussage erschöpft, bestand kein Anlass für eine (ergänzende) amtsärztliche Stellungnahme. Denn eine solche setzt - wie bereits dargelegt - voraus, dass der Privatarzt seinen medizinischen Befund näher erläutert, also der medizinischen Beurteilung des Amtsarztes substantiiert widerspricht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8.3.2001 - BVerwG 1 DB 8.01 -, [...] Rn. 12; Urteil vom 12. Oktober 2006 - BVerwG 1 D 2.05 -, [...] Rn. 34; Nds. OVG, Beschluss vom 8.1.2010, a.a.O., Rn. 27), was hier nicht der Fall war.