Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 14.11.2011, Az.: 1 ME 181/11

Flankierung der Planungsabsichten bei Steuerung der Ansiedlung von Tierhaltungsanlagen in etwa drei Fünfteln des Gemeindegebiets durch entsprechende Konkretisierung mit den Mitteln der §§ 14, 15 BauGB

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
14.11.2011
Aktenzeichen
1 ME 181/11
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2011, 29726
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2011:1114.1ME181.11.0A

Fundstellen

  • AUR 2012, 154-157
  • BauR 2012, 226-229
  • BauR 2012, 838
  • DVBl 2012, 48
  • ZfBR 2012, 42-45

Amtlicher Leitsatz

Die Planungsabsicht, in etwa drei Fünfteln des Gemeindegebiets die Ansiedlung von Tierhaltungsanlagen zu steuern, kann bei entsprechender Konkretisierung der Planungsabsichten mit den Mitteln der §§ 14 und 15 BauGB flankiert werden.

Gründe

1

Der Antragsteller streitet im Beschwerdeverfahren noch um die Vollziehung des Bescheides vom 23. Dezember 2010, soweit der Antragsgegner damit die Entscheidung über die Genehmigung zweier Geflügelmastställe mit jeweils knapp 42.000 Plätzen unter Anordnung des Sofortvollzuges zurückstellte. Die beiden jeweils rund 110 m langen Ställe sollen nebeneinander auf dem Außenbereichs-Flurstück 47/1, Flur 3 der Gemarkung D. errichtet werden. Das Grundstück liegt westlich der Kreuzung zweier Straßen, deren eine aus C. in nordöstlicher Richtung nach E. führt. Diese kreuzt am Südostpunkt des Flurstücks 47/1 eine Straße, die von D. Richtung F. führt. Die nächste Tierhaltungsanlage ist rund 550 m entfernt.

2

Gegenstand des Genehmigungsantrages vom 5. August 2010 war außerdem die Errichtung einer Biogasanlage mit 300 kW Leistung. Diese sollte im südwestlichen Knie des auf der anderen Straßenseite gelegenen Flurstücks 42/3 derselben Flur und Gemarkung errichtet werden; dieser Teil des Zurückstellungsbescheides wurde vor dem Verwaltungsgericht außer Streit gestellt.

3

Der Verwaltungsausschuss des Beigeladenen nahm den Genehmigungsantrag des Antragstellers vom 26. Juli 2010 (Eingang beim Antragsgegner: 4.8.2010) zum Anlass, am 15. Dezember 2010 die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 42 "Tierhaltungsanlagen" zu beschließen; dies wurde am 17. Dezember 2010 bekanntgemacht. Der Planbereich umfasst im Grundsatz das gesamte Gemeindegebiet mit Ausnahme der Ortschaften, mehrerer zum Teil recht großflächiger Landschaftsschutzgebiete sowie (im Westen) eines im Raumordnungsprogramm dargestellten Vorrangebietes Natur. Insgesamt sind - überschlägig betrachtet - rund drei Fünftel des nach dem Internetauftritt der Samtgemeinde C. insgesamt 5.237,1 ha großen Gebiets des Beigeladenen vom beabsichtigen (einfachen) Bebauungsplan erfasst.

4

Auf den am Tage der Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses gestellten Antrag des Beigeladenen stellte der Antragsgegner mit Bescheid vom 23. Dezember 2010 die Entscheidung über den Genehmigungsantrag "zunächst bis zum 20.12.2011" zurück.

5

Den hierauf gestellten Eilantrag hat das Verwaltungsgericht mit hier angegriffenem Beschluss, auf dessen Einzelheiten Bezug genommen wird, abgelehnt. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt: Die Anordnung des Sofortvollzuges sei ausreichend begründet worden. Die Voraussetzungen für eine Zurückstellung lägen vor. Namentlich wäre eine aus gleichem Anlass erlassene (bislang aber noch unterlassene) Veränderungssperre nach dem im Eilverfahren allein abzusehenden Stand der Dinge wirksam. Die Planung sei - noch - hinreichend konkretisiert. Sie verfolge das Ziel, den Außenbereich vor weiterer Zersiedlung und in seiner Funktion als freie und Naherholungslandschaft für die Allgemeinheit zu erhalten. Es bestehe ein die Zurückstellung rechtfertigendes Sicherungsbedürfnis.

6

Hiergegen führt der Antragsteller Beschwerde.

7

Diese hat keinen Erfolg. Eine wegen § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die (rechtzeitig) geltend gemachten Beschwerdegründe zu beschränkende Prüfung ergibt, dass der Beschwerde nicht stattgegeben werden kann. Zu den Beschwerdeangriffen ist auszuführen:

8

Ohne Erfolg nimmt der Antragsteller an der Formulierung des Verwaltungsgerichts Anstoß, § 15 BauGB sei hier nur analog/entsprechend anzuwenden; das verstoße gegen das Verbot, dem Grundeigentümer vom dafür allein zuständigen Gesetzgeber nicht gewollte weitere Beschränkungen aufzuerlegen. Eine Analogie, die im Sinne der vom Antragsteller ausführlich zitierten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung unzulässig wäre, liegt hier nicht vor. Das Verwaltungsgericht wollte mit dieser Wendung lediglich zum Ausdruck bringen, dass das Bauplanungsrecht hier gleichsam nicht so unmittelbar wie bei Bauanträgen, sondern, da wegen der Vorhabengröße Immissionsschutzrecht anzuwenden sei, nur mittelbar anzuwenden sei. Das ist nicht zu beanstanden. Zurückstellung und Veränderungssperre sind Instrumente, mit denen zur Sicherung einer beabsichtigten Bauleitplanung "Vorhaben" einstweilen gesperrt werden dürfen, deren Verwirklichung das Erreichen des Planungsziels gefährdete. "Vorhaben" sind all solche baulichen Anlagen im Sinne des § 29 BauGB, deren materielle Rechtmäßigkeit sich zumindest auch nach Maßgabe des Städtebaurechts beurteilt. Es ist irrelevant, ob sie genehmigungs-, zustimmungs- oder nur anzeigepflichtig sind. Irrelevant ist auch, in welchem Verfahren über ihre Zulassung entschieden wird; maßgeblich ist allein, ob sich im Rahmen ihrer Zulassung bauplanungsrechtliche Fragen (neu) stellen (vgl. Spannowsky/Uechtritz-Hornmann, BauGB, § 15 Rdnr. 9). Ist wie hier Immissionsschutzrecht anzuwenden, gebieten §§ 6 Abs. 1 Nr. 2 und 13 BImSchG die Berücksichtigung des Baugesetzbuchs als öffentlich-rechtliche Vorschrift.

9

Das Verwaltungsgericht hat des Weiteren zutreffend angenommen, die mit dem Zurückstellungsbescheid flankierte Planung des Beigeladenen sei von hinreichend konkretisierten Absichten getragen. Für die Veränderungssperre und damit auch für die Zurückstellung gilt: Der in Aussicht genommene Bebauungsplan wird nicht nach Art einer vorgezogenen Normenkontrolle geprüft (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.9.1992 - 4 NB 35.92 -, NVwZ 1993, 473). Die Veränderungssperre wird materiell daraufhin untersucht, ob ihr - erstens - ein Mindestmaß an konkretisierten Planungsabsichten zugrunde liegt und ob sie - zweitens - im Rechtssinne erforderlich ist (Sicherungsbedürfnis). Stellt sie eine reine Verhinderungsmaßnahme dar, ist sie unwirksam. Konkretisiert sein müssen die Planungsvorstellungen im Falle der Veränderungssperre bei ihrem Erlass (vgl. zum Tatbestandserfordernis hinreichender Konkretisierung grundlegend BVerwG, Urt. v. 10.9.1976 - IV C 39.74 -, BVerwGE 51, 121 [BVerwG 10.09.1976 - 4 C 39/74]; siehe auch Beschl. v. 12.2.1990 - 4 B 191.89 -, NVwZ 1990, 558 = BRS 50 Nr. 103). Ohne hinreichend konkretisierte Planungsabsichten können einem Bauherrn die mit der Veränderungssperre verbundenen Nachteile nicht zugemutet werden. Außerdem sind solche Vorstellungen erforderlich, um sachgerecht Ausnahmeanträge nach § 14 Abs. 2 BauGB bescheiden zu können (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.2.2004 - 4 CN 13.03 -, BauR 2004, 1256). Dem entspricht bei der Zurückstellung, dass die hinreichende Konkretisierung bei Erlass des Zurückstellungsbescheides, hier also am 23. Dezember 2010, vorgelegen haben muss.

10

Diese Voraussetzungen sind zum Vorteil von Antragsgegner und Beigeladenem erfüllt.

11

Bereits am 15. Dezember 2010 lag dem Verwaltungsausschuss des Beigeladenen die (u.a.) als Beiakte E überreichte Ausarbeitung der Bürogemeinschaft für Raum- und Umweltplanung G. + H. aus I. vor. Der Vorlage für den Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 42 "Tierhaltungsanlagen" ist als Anlage 1 eine gut 18 Seiten umfassende "Begründung des Aufstellungsbeschlusses für den einfachen Bebauungsplan Nr. 42 'Tierhaltungsanlagen' des Flecken C. und Plankonzept" beigefügt. Danach besteht das Konzept des Planes - vereinfacht - darin, jedenfalls die Teile des vom Plan erfassten Außenbereichs von Bebauung freizuhalten, die von Tierhaltungsanlagen bislang nicht angegriffen/in Anspruch genommen worden sind; weitere Tierhaltungsanlagen seien nur dort zuzulassen, wo dies in räumlicher Anknüpfung an bestehende landschaftliche und landwirtschaftliche Strukturen städtebaulich zu vertreten sei. Dies soll durch Schaffung von Sondergebieten und Festsetzung überbaubarer Flächen umgesetzt werden, auf denen - unter Berücksichtigung des im Planaufstellungsverfahren noch zu ermittelnden (insbesondere: Erweiterungs-)Bedarfs der Betreiber - weitere Tierhaltungsanlagen sollen geschaffen werden dürfen. Das hält der hier anzustellenden Nachprüfung stand.

12

Anlass für das Planungsunterfangen ist die Beobachtung (vgl. hierzu die anschauliche Graphik Seite 8 des Konvoluts), die Viehdichte im Bereich des Beigeladenen sei überproportional hoch. Seien im Jahre 2007 (nur hierfür lägen bislang verlässliche Zahlen vor) niedersachsenweit je Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche (also nicht: je ha/Gemeindefläche) 1,14 Großvieheinheiten (GV) zu verzeichnen und im Bereich des Landkreises B. deren 1,16, gebe es im Gebiet des Beigeladenen sogar 2,12 GV/ha landwirtschaftlicher Nutzfläche. Zu beobachten (S. 11 f. der Ausarbeitung) sei eine Art "Gülletourismus". Dieser sei als Vorbote eines sich abzeichnenden Ansiedlungsdrucks zu deuten. Diesen sieht der Beigeladene dadurch forciert, dass sich andere von starker Viehhaltung geprägte Bereiche (u.a. Cloppenburg, Vechta und Emsland) erheblich gestiegenem Ansiedlungsinteresse ausgesetzt sähen. Im Emsland beispielsweise seien monatlich Anträge für 1 Mio. Hähnchenmastplätze gestellt worden. Dem begegne man dort mittlerweile mit deutlich restriktiverer Genehmigungspraxis.

13

Auf Seite 10 der genannten Ausarbeitung (BA E) stellt die Vorlage in einer Karte, welche die Darstellung der vom Plan erfassten Gebiete (S. 5) ergänzt, die Bereiche dar, in denen Tierhaltungsanlagen bislang zu verzeichnen sind. Dabei sind deutlich Bereiche auszumachen, in denen sich diese Anlagen großenteils konzentrieren (eine Art "Cluster"). Der Bebauungsplan Nr. 42 soll an diese Strukturen anknüpfen und verhindern, dass Ställe nunmehr größeren Umfangs ohne Anbindung an vorhandene (insbesondere: Tierhaltungs-) Anlagen im Außenbereich positioniert werden. Daraus leitet die Ausarbeitung (S. 13 f. und 20 f.) ab: Bestehende landwirtschaftliche Strukturen sollten nicht in Frage gestellt, eine Weiterentwicklung durchaus gefördert und gesichert werden. Gesteuert werden solle jedoch die Standortwahl. Diese solle sich vorrangig an bereits tierhaltenden Betrieben orientieren. Das heißt: Keine Zersiedlung von Bereichen, in die Tierhaltung bislang nicht vorgedrungen sei. Weitere Tierhaltungsanlagen sollen nur in räumlichem Anschluss an vorhandene. d.h. bauliche Anlagen positioniert werden, welche diesen Teil des Außenbereichs schon jetzt prägten. Dabei solle der Abstand zu diesen vorhandenen Anlagen möglichst maximal 50 m nicht überschreiten. Der übrige Außenbereich solle angesichts des zu erwartenden Ansiedlungsdrucks (s. o.) durch vorsorgende und vorbeugende Planung von weiterer Zersiedlung bewahrt werden. Nur (dementsprechend kleineren) Streusiedlungshöfen solle die Möglichkeit eingeräumt werden, Bauten geringeren Umfangs zu errichten.

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Das lässt ein zureichend konkretisiertes Planungskonzept und zugleich das für den Zurückstellungsbescheid (aber auch eine Veränderungssperre) erforderliches Sicherungsbedürfnis erkennen. Denn nach § 15 Abs. 1 Satz 1, letzter Halbsatz BauGB darf ein Vorhaben nur zurückgestellt werden, wenn zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung unter anderem/gerade durch das in Rede stehende Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert würde. Schon hier ist mithin die Prüfung anzustellen, welche die Bauaufsichtsbehörde bei bestehender Veränderungssperre im Rahmen des§ 14 Abs. 2 BauGB anstellen müsste. Auch aus diesem Grunde ist daher zu beachten: Je größer das Gebiet ist, welches von Plan und Veränderungssperre erfasst wird, desto konkreter müssen die Planungsaussagen jedenfalls dann sein, wenn - wie hier (anders hingegen im Fall 1 KN 254/10, Senatsurteil vom 26.10.2011, noch unveröffentlicht) - nicht das gesamte Gebiet von jedweder Bebauung freigehalten, sondern "nur" erreicht werden soll, vom Planungsziel erfasste ("definierte") Anlagen in diesem Areal nur an bestimmten Stellen zuzulassen. Besondere Beachtung erheischt in diesem Zusammenhang die vom Antragsteller im Ausgangspunkt zutreffend als maßgeblich herangezogene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2004 (- 4 CN 13.03 -, ZNER 2004, 172 = RdL 2004, 177 = ZfBR 2004, 464 = UPR 2004, 271 = NVwZ 2004, 984 = BauR 2004, 1256 [BVerwG 19.02.2004 - 4 CN 13.03] = BRS 67 Nr. 118). Diese betraf einen Sachverhalt, in dem eine hessische Gemeinde ein 560 ha großes Gebiet mit dem Ziel unter Veränderungssperre gestellt hatte, dort die Windenergie zu steuern. Es war mithin abzusehen, dass nicht im gesamten Gebiet die Errichtung von Windenergieanlagen würde ausgeschlossen werden können und sollen. Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang ausgeführt:

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Das Normenkontrollgericht ist zwar von demselben rechtlichen Ansatz ausgegangen.

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Es hat sich aber mit der Feststellung zufrieden gegeben, die Antragsgegnerin verfolge das Ziel, "bestimmte Bereiche des Stadtgebiets zugunsten bestimmter Schutzgüter wie Landschaftsschutz, Fremdenverkehr und Anwohnerschutz von Windenergieanlagen freizuhalten und ggf. positiv geeignete Standorte für die Errichtung von Windkraftanlagen festzusetzen". Das erforderliche Mindestmaß dessen, was Inhalt des künftigen Bebauungsplans sein soll, ist damit nicht erreicht.

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Mit dieser Zielsetzung hat die Antragsgegnerin noch keine positiven Vorstellungen über den Inhalt des künftigen Bebauungsplans entwickelt. Das erklärte städtebauliche Ziel war die Freihaltung des Gebiets von Windenergieanlagen und nur "gegebenenfalls" die Festsetzung geeigneter Standorte für sie. In sachlicher Übereinstimmung hiermit ging es der Antragsgegnerin im gleichzeitig durchgeführten Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans um die Verhinderung von Windenergieanlagen im Plangebiet oder jedenfalls um ihre Beschränkung auf wenige Prozente der Gesamtfläche des Plangebiets von 560 ha Größe. Welche positiven Festsetzungen der Bebauungsplan enthalten sollte, hat das Normenkontrollgericht dagegen nicht festgestellt. Sie haben offenbar gefehlt. In diesem Sinne macht die Antragstellerin zu Recht geltend, in der Sitzungsvorlage für den Beschluss über die Veränderungssperre heiße es ausdrücklich, mit den eigentlichen Planungsarbeiten brauche noch nicht begonnen zu werden, so dass noch offen sein könne, welche planerische Gestaltung das Gebiet endgültig erhalten solle. Nach der Rechtsprechung des Senats ist dagegen erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses einer Veränderungssperre zumindest Vorstellungen über die Art der baulichen Nutzung besitzt, sei es, dass sie einen bestimmten Baugebietstyp, sei es, dass sie nach den Vorschriften des § 9 Abs. 1 BauGB festsetzbare Nutzungen ins Auge gefasst hat (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 15. August 2000 - BVerwG 4 BN 35.00 - BRS 64 Nr. 109; Beschluss vom 27. Juli 1990 - BVerwG 4 B 156.89 - ZfBR 1990, 302). Daran fehlt es hier. Festgestellt hat das Normenkontrollgericht lediglich sinngemäß, dass Inhalt des Bebauungsplans - abgesehen von der Festsetzung von Standorten für Windenergieanlagen - Festsetzungen zugunsten bestimmter Schutzgüter wie Landschaftsschutz, Fremdenverkehr und Anwohnerschutz von Windenergieanlagen sein sollten. Eine solche städtebauliche Zielsetzung reicht nicht aus, weil sie unterschiedlichste Festsetzungen der Nutzungsart zulässt und ein positives Planungskonzept nicht erkennbar ist.

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Aber selbst wenn man ein positives Planungskonzept erkennen wollte, läge das erforderliche Mindestmaß an Konkretisierung nicht vor. Denn es ist völlig offen, an welchem Ort die unterschiedlichen Nutzungsarten vorgesehen sind. Ein für den Erlass einer Veränderungssperre ausreichendes Planungskonzept setzt zwar nicht voraus, dass die künftige Nutzungsart bereits parzellenscharf für sämtliche Grundflächen feststeht. Bei einem Bebauungsplan üblicher Größenordnung stellt sich diese Frage im Regelfall nicht einmal, weil die Planung typischerweise einem bestimmten Baugebiet mit einer bestimmten Nutzungsart gilt. Anders ist es dagegen bei einer Fläche, die - wie im vorliegenden Fall - große Teile des Gemeindegebiets umfasst. Eine städtebauliche Vorstellung, nach der in einem 560 ha großen Gebiet Sondergebiete für die Windenergienutzung, Kompensationsflächen, Flächen für die Landwirtschaft und öffentliche Grünflächen geplant werden sollen, ist kein hinreichend konkretes Planungskonzept, wenn nicht die Bereiche, in denen die unterschiedlichen Nutzungen verwirklicht werden sollen, zumindest grob bezeichnet sind. Denn andernfalls weiß der einzelne Grundeigentümer nicht einmal im Ansatz, welchen Inhalt die Bauleitplanung haben soll, zu deren Sicherung ihm die bauliche Nutzung seines Grundstücks für Jahre untersagt wird. Die Forderung nach einem Mindestmaß an (Ziel-)Konkretisierung ergibt sich aus der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG. Er gebietet zu verhindern, dass die Entwicklung eines Grundstücks für einen nicht unbeträchtlichen Zeitraum gestoppt werden darf, obwohl für den Betroffenen nichts darüber zu erkennen ist, was mit der Sperre erreicht werden soll (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 1978 - BVerwG 4 C 48.76 - ZfBR 1979, 34 <35>).

19

Vor diesem Hintergrund ist auszuführen:

20

Hier ist zwar beabsichtigt, einen deutlich größeren Teil der Gemeindefläche unter Veränderungssperre zu stellen. Außerdem stellt sich die Frage nach der Berechtigung, mit der in so großen Flächen die bauliche Entwicklung ausgeschlossen bzw. stark eingeschränkt werden soll, unter dem Aspekt, dass zumindest große Teile der Flächen, welche der Beigeladene wegen der Schutzwirkung von Landschaftsschutz- und Vorrangebiet Natur (vgl. Karten Seiten 10 und 5 des Konzepts; BA E) vom Geltungsbereich des beabsichtigten (einfach) Bebauungsplanes ausgenommen hat, der Bevölkerung zur Naherholung zur Verfügung stehen. Schon/auch diese dürften daher die Zwecke erfüllen, deretwegen der Beigeladene weite Teile seines Gemeindegebiets überplanen will. Dementsprechend bedarf es verstärkter Rechtfertigung, unabhängig davon weitere namhafte Bereiche des Gemeindegebiets unter Veränderungssperre zu stellen.

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Gleichwohl begegnet die Zurückstellung keinen durchgreifenden Bedenken. Anders als im Falle der vom Bundesverwaltungsgericht am 19. Februar 2004 (- 4 CN 13.03 -, a.a.O.) behandelten hessischen Gemeinde sollen hier nicht nur verhältnismäßig kleine Bereiche des Beigeladenen einer Bebauung mit den im Übrigen davon freizuhaltenden Anlagen (dort: Windenergie-, hier Tierhaltungsanlagen) zugeführt werden. Die Karte auf Seite 10 der BA E (Aufstellungsbeschluss mit Begründung zum Aufstellungsbeschluss als Anlage 1) zeigt vielmehr, dass in dem vom einfachen Bebauungsplan Nr. 42 erfassten Bereichen zum Teil dicht gedrängt (namentlich) zahlreiche Tierhaltungsanlagen existieren. Das entspricht der Darstellung auf den Seiten 8 und (vor allem) 9 der Beiakte E, wonach im Bereich des Beigeladenen noch eine relativ breite Streuung und mit 1,31 Höfen/100 ha landwirtschaftlich genutzter Fläche eine relativ hohe Dichte von Tierhaltungsbetrieben zu verzeichnen sei; insgesamt lägen über 150 aktive und ehemalige Hofstellen sowie sonstige Wohngebäude zzgl. der jeweiligen (teilweise zahlreichen und/oder großvolumigen) Nebengebäude im Außenbereich. Diese umfangreiche Inanspruchnahme des Außenbereichs soll nicht etwa reduziert, sondern - wie weiter unten im Zusammenhang mit der Abwägungsgerechtigkeit des Planvorhabens zu erörtern ist - sogar noch mit der Möglichkeit der Erweiterung versehen werden. Die Stellen, an denen dies ernstlich in Betracht kommt, ergeben sich mehr als nur grob skizzierend aus der Karte Seite10 BA E.

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Die Planung erfüllt damit nicht nur, wie für eine Veränderungssperre erforderlich, das Erfordernis, trotz des erheblichen Umfangs des Planbereichs hinreichend konkretisierte Planungsziele bzw. - um mit BVerwG 4 CN 13.03 zu sprechen - eine mehr als nur grobe Bezeichnung der Gebiete, in denen Tierhaltungsanlagen zulässig bzw. ausgeschlossen sein sollen, zu enthalten. Das Plankonzept erfüllt vielmehr außerdem die weitergehende, aus dem letzten Halbsatz des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauGB folgende Anforderung anzugeben, weshalb nun gerade dieses Vorhaben geeignet sein soll, die Verwirklichung der ins Auge gefassten Plankonzeption wesentlich zu erschweren oder gar zu vereiteln. Maßgeblich für beide Folgerungen ist die Karte Blatt 66 der Beiakte D und "Blatt 2" der Beiakte F. Beide zeigen, dass der vom Antragsteller gewählte Aufstellungsort so weit ab von vorhandenen Gebäuden und Tierhaltungsanlagen liegt, dass die Gefährdung des genannten Planungsziels bei Zulassung des zurückgestellten Vorhabens mehr als nur erheblich wäre. Der vom Antragsteller gewählte Bauplatz liegt in zentraler Lage des U-förmigen, im Wesentlichen unbebauten Bereichs, der sich nördlich von C. flankiert von D. bis nach J. /K. /E. erstreckt. Dieser ist zwar, wie auch die Luftbilder aus google-maps zeigen, nicht von jedweder, aber doch sehr weitgehend von Bebauung frei. Die Zulassung des Vorhabens würde daher das Ziel für einen erheblichen Teil des Planungsbereichs/-vorhabens unmöglich machen, zusammenhängende Teile des Außenbereichs ohne Tierhaltungsanlagen zu belassen.

23

Entgegen der mit dem Beschwerdevorbringen nicht sonderlich vertieften Annahme des Antragstellers ist dieses Ziel mit den Mitteln des Städtebaurechts nicht schlechthin unerreichbar. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich: Planungsziel ist nicht die Wegplanung vorhandener Betriebe. Vielmehr will der Beigeladene diesen durch Einräumung überbaubarer Flächen zumindest im Nahbereich von 50 m Erweiterungsmöglichkeiten eröffnen; Einzelheiten und Umfang der einzuräumenden Erweiterungsmöglichkeiten sollen im Planaufstellungsverfahren durch Ermittlung der Erweiterungsabsichten der Nutzer/Eigentümer geklärt werden. Angesichts der Streubreite, mit der diese Betriebe und Baulichkeiten der Karte auf Seite 10 der Beiakte E im (in Aussicht genommenen) Planbereich verteilt sind, ist daher nicht nur erheblich größeren Umfangs mit der Beibehaltung und Erweiterung von Baumöglichkeiten zu rechnen als dies im Falle BVerwG 4 CN 13.03 der Fall gewesen war. Vielmehr wird es selbst dann, wenn der Beigeladene an der restriktiven Absicht festhält, Erweiterung nur in einem 50m-Korridor zuzulassen, möglich sein, in seinem Gemeindegebiet in "substanzieller Weise" (vgl. zu diesem Gesichtspunkt Senatsurteil vom 13.09.2011 - 1 KN 56/08 -, OVG-Datenbank und - mit zahlreichen Orientierungssätzen - [...]; vgl. a. Urt. v. 26.10.2011 - 1 KN 254/10 -) Tierhaltung zu betreiben. Das gilt umso mehr, als Anlass für die Überplanung Nr. 42 nicht zuletzt die in der Beschwerdebegründung nicht (substantiiert) attackierte Beobachtung ist, dass im Bereich des Beigeladenen schon jetzt eine deutlich überdurchschnittliche Viehdichte mit allen damit verbundenen Nachteilen (u.a.) für die Luftqualität zu verzeichnen ist.

24

Das Planungsziel des einfachen Bebauungsplans Nr. 42 ist mit den Mitteln des Städtebaurechts und zugleich voraussichtlich in abwägungsfehlerfreier Weise zu erreichen.

25

Der Senat hatte schon in seinem Urteil vom 7. Oktober 2005 (- 1 KN 297/04 -, NordÖR 2006, 120 = AUR 2006, 204 = BRS 69 Nr. 118) die Absicht einer Gemeinde als grundsätzlich sicherungsfähiges Ziel anerkannt, die Ansiedlung von Tierhaltungsanlagen in ihrem Gebiet durch einen einfachen Bebauungsplan zu steuern, um die Zersiedlung ihres Außenbereichs zu begrenzen und die Erholungsfunktion der noch unzersiedelten Landschaft zu erhalten und zu stärken. Für dieses steht nicht nur die von der Antragsgegnerin verworfene Möglichkeit offen, differenzierend nach vorhandenen und hinzutretenden Betrieben in abgestufter Weise um Höfe und Tierhaltungsanlagen Emissionsradien für Geruch, Lärm und Staub festzusetzen (bzw., was grundsätzlich möglich ist, schon im Flächennutzungsplan darzustellen; vgl. das Senatsurteil v. 18.6.2003 - 1 LB 143/02 -, BauR 2004, 459 sowie die Revisionsentscheidung des BVerwG v. 18.8.2005 - 4 C 13.04 -, BVerwGE 124, 132 = BRS 69 Nr. 32). Vielmehr kann die Gemeinde unter Rückgriff auf § 9 Abs. 1 Nr. 10 BauGB je nach den Gegebenheiten, das heißt bisher zu beobachtender Verschonung des Außenbereichs von Bauwerken sogar weite(re) Landschaftsteile selbst von privilegierter Bebauung freizuhalten versuchen, beispielsweise um den Tourismus oder aber die Funktion des Außenbereichs als Erholungsfläche zu stärken und zu fördern (vgl. Senatsentscheidung v. 8.12.2009 - 1 KN 355/07 -, BauR 2010, 1181 = AUR 2010, 182 = ZfBR 2010, 474).

26

Diese Rechtsprechung hat der Senat in seinem o. g. Urteil vom 13. September 2011 (- 1 KN 56/08 -, a.a.O.) weitergeführt. Darin hat es der Senat im Normenkontrollverfahren, das (nicht schon um die Veränderungssperre, sondern) um den Bebauungsplan geführt wurde, gebilligt, in Anwendung der Grundsätze, welche das Bundesverwaltungsgericht in seiner sog. Laupheim-Entscheidung vom 28. Februar 2002 (- 4 CN 5.01 -, UPR 2002, 313 = DVBl. 2002, 1121 = ZfBR 2002, 574 = BauR 2002, 1348 = BRS 65 Nr. 67) entwickelt hatte, die Tierhaltung großflächig zu beschränken, indem in einem Gebiet mit hoher Viehdichte (dort: Meppen) die vorhandenen Hofstellen (differenziert) als Sondergebiete für (landwirtschaftliche bzw. gewerbliche) Tierhaltungen erfasst und mit überbaubaren Flächen versehen worden waren. Diese Festsetzungstechnik kommt auch hier grundsätzlich in Betracht.

27

Es ist des Weiteren nicht in einer zur Antragsstattgabe führenden Weise zu beanstanden, dass mit dem ins Auge gefassten Konzept diejenigen begünstigt werden, welche im Außenbereich bereits Tierhaltung betreiben. Denn dies verbindet in besonders abgestufter und damit in einer mit dem Abwägungsgebot gut zu vereinbarenden Weise die Absicht, den Außenbereich vor weiterer Inanspruchnahme - vorsorgend - in Schutz zu nehmen, mit der damit konkurrierenden Planungsabsicht, in substanzieller Weise Tierhaltung weiterhin zu ermöglichen. Zudem können die vorhandenen Anlagen für sich reklamieren, zu dem Stand der Kulturlandschaft beigetragen und damit (in Maßen) schützenswert zu sein (vgl. Senatsb. v. 9.9.2011 - 1 MN 112/11 -, OVG-Datenbank).

28

Entgegen der Annahme der Antragsteller lässt sich auch nicht aus sonstigen Gründen sagen, die beim Aufstellungsbeschluss vom 15. Dezember 2010 gehegten Planungsabsichten ließen sich mit den Mitteln des Städtebaurechts schlechthin nicht erreichen. Das Gegenteil ist der Fall. Gerade die Differenzierung zu Biogasanlagen zeigt, dass der Beigeladene dem im Abwägungsgebot enthaltenen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu genügen trachtet. Für weitere Reglementierung von Biogasanlagen besteht angesichts seines Konzepts (offenbar) kein Anlass.

29

Weitere Ausführungen zur Beschwerde sind nicht veranlasst.

30

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO, 52 Abs. 3 Nr. 2 GKG. Der Streitwert fällt hier geringer aus als im Verfahren des ersten Rechtszugs, weil die Biogasanlage nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens gewesen ist.