Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 19.12.2017, Az.: 5 LA 152/17

Vorliegen eines "plötzlichen Ereignis" im Sinne des Dienstunfallrechts bei Eintritt einer Anpassungsstörung; Eintritt schädlicher Dauereinwirkungen im dienstlichen Bereich; Psychische Erkrankung aufgrund der Tätigkeit als Schulrektorin

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
19.12.2017
Aktenzeichen
5 LA 152/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2017, 49562
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2017:1219.5LA152.17.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 25.04.2017 - AZ: 2 A 160/16

Amtlicher Leitsatz

Als "plötzliches Ereignis" im Sinne des Dienstunfallrechts kommen nur einmalige, kurzfristige Begebenheiten in Betracht, die sich allerdings häufen können; maßgeblich ist, dass das Ereignis unvermittelt eintritt und auf einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum beschränkt ist.

Schädliche Dauereinwirkungen im dienstlichen Bereich sind grundsätzlich keine "plötzlichen Ereignisse" im Sinne des Dienstunfallrechts.

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 2. Kammer (Einzelrichterin) - vom 25. April 2017 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Klägerin begehrt die Anerkennung einer Anpassungsstörung als Dienstunfallfolge.

2

Die im Jahr 1968 geborene, im Statusamt einer Rektorin (Besoldungsgruppe A 13) stehende Klägerin war als Schulleiterin an der Grundschule C. tätig. Am 9. März 2009 schrieben zwei Jugendliche auf eine Wand des Schulhofs dieser Grundschule mit großen Buchstaben "Scheiß [es folgte der Nachname der Klägerin]". Die Schrift wurde erst einige Tage später beseitigt.

3

Am ... 2014 erlitten zwei Kinder der Grundschule C. mit ihrer Mutter einen tödlichen Verkehrsunfall. Die Klägerin als Rektorin organisierte maßgeblich die Trauerarbeit an der Schule.

4

Zwei Tage nach der Beerdigung - am .... 2014 - wurde die Klägerin durch den Vater eines Schülers bei einem vermittelnden pädagogischen Telefongespräch bedroht; sie zog daraufhin die Polizei hinzu. Seit diesem Zeitpunkt war die Klägerin erkrankt; sie litt unter Panikattacken, Angst, Weinkrämpfen sowie Magen-Darm-Beschwerden.

5

Mit an die Beklagte gerichtetem Schreiben vom 11. März 2015 beantragte die Klägerin die Gewährung von Unfallfürsorge und übermittelte eine Dienstunfallanzeige, welcher sie eine Stellungnahme der Diplom-Psychologin D. vom 27. Februar 2015 beifügte, wonach bei der Klägerin eine posttraumatische Belastungsstörung (ICD 10: F 43.1) vorliege. Zum Unfallhergang erklärte die Klägerin, durch die "große Schmiererei" am 9. März 2009, die erst am dritten Tag beseitigt worden sei, beleidigt worden zu sein; sowohl von der Gemeinde als auch von der Beklagten sei sie in der Folgezeit nicht in dem erforderlichen Maß unterstützt worden. Der tödliche Unfall am .... 2014 habe für sie als Schulleiterin eine Belastung besonders extremen Ausmaßes bedeutet, zumal ein Bruder sowie Cousin und Cousine der verunglücken Kinder ebenfalls die Grundschule besucht hätten; auch hier habe es von der Beklagten enttäuschende Verhaltensweisen gegeben. Schließlich sei sie am .... 2014 durch ein Elternteil derart bedroht worden, dass sie die Polizei hinzugezogen habe. Seither sei sie wegen Panikattacken, Angst, Weinkrämpfen und Magen-Darm-Beschwerden nicht in der Lage, ihren Dienst an der Grundschule auszuüben.

6

Die Beklagte veranlasste eine amtsärztliche Untersuchung der Klägerin nebst psychiatrischer Zusatzbegutachtung. Das amtsärztliche Gutachten vom 5. Oktober 2015 gelangte unter Bezugnahme auf das psychiatrische Zusatzgutachten zu der Einschätzung, dass bei der Klägerin eine Anpassungsstörung (ICD 10: F 43.2) vorliege; hinsichtlich der der Klägerin attestierten posttraumatischen Belastungsstörung fehle es an dem für diese Diagnose entscheidenden Kriterium einer Situation mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalem Ausmaß, durch die beinahe bei jeder Person eine tiefgreifende Verzweiflung ausgelöst worden wäre. In Bezug auf die bei der Klägerin vorliegende Anpassungsstörung sei davon auszugehen, dass zwar individuelle Prädispositionen eine Rolle gespielt hätten, die Störung aber ohne die Belastung nicht entstanden wäre; die belastenden Ereignisse seien in ihrer Bedeutung mindestens gleichwertig. Dies gelte jedoch für die von der Klägerin aufgeführten belastenden Ereignisse nur in ihrer Summe, nicht hingegen für jedes der drei einzelnen Ereignisse für sich genommen.

7

Mit Bescheid vom 14. Oktober 2015 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Ereignisse vom .... 2009 sowie vom .... 2014 und vom .... 2014 als Dienstunfall im Sinne des § 34 des Niedersächsischen Beamtenversorgungsgesetzes (NBeamtVG) ab. Zur Begründung führte sie aus, dass das Tatbestandsmerkmal der "Plötzlichkeit" nicht erfüllt sei, wenn nicht ein einzelnes bestimmtes Ereignis in Rede stehe, sondern - wie hier - die Summe mehrerer Vorfälle über einen längeren Zeitraum hinweg, wobei die Vorfälle jeweils für sich genommen nicht zur Verursachung eines Körperschadens geführt hätten, den Körperschaden mit herbeigeführt habe.

8

Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin vom 23. Oktober 2015 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2. Dezember 2015 - den Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 9. Dezember 2015 - zurück.

9

Mit ihrer am 7. Januar 2016 erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren, die bei ihr bestehende Anpassungsstörung als Dienstunfallfolge der Ereignisse vom .... 2009 sowie vom .... 2014 und vom .... 2014 anzuerkennen, weiterverfolgt. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 25. April 2017 abgewiesen. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem die Beklagte entgegentritt.

II.

10

Der Zulassungsantrag bleibt ohne Erfolg, weil die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) bereits teilweise nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt wurden und im Übrigen nicht vorliegen.

11

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des vorinstanzlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind zu bejahen, wenn bei der Überprüfung im Zulassungsverfahren, also aufgrund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts, gewichtige, gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden. Die Richtigkeitszweifel müssen sich auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zur Änderung der angefochtenen Entscheidung führt. Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils darzulegen, muss sich der Zulassungsantragsteller substantiiert mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Welche Anforderungen an Umfang und Dichte seiner Darlegung zu stellen sind, hängt deshalb auch von der Intensität ab, mit der die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begründet worden ist (Nds. OVG, Beschluss vom 7.4.2011 - 5 LA 28/10 -). Ist das angegriffene Urteil auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, müssen hinsichtlich aller dieser Begründungen Zulassungsgründe dargelegt werden (Nds. OVG, Beschluss vom 24.3.2011 - 5 LA 300/09 -, juris Rn. 6; Beschluss vom 30.8.2011 - 5 LA 214/10 -, juris Rn. 3).

12

Ausgehend von diesen Grundsätzen führt das Vorbringen der Klägerin nicht zur Zulassung der Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

13

Für die Unfallfürsorge ist grundsätzlich das Recht maßgeblich, das im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Unfallereignisses gegolten hat, sofern sich nicht eine Neuregelung ausdrücklich Rückwirkung beimisst (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 26.11.2013 - BVerwG 2 C 9.12 -, juris Rn. 6; Urteil vom 17.11.2016 - BVerwG 2 C 17.16 -, juris Rn. 12). Stellte man auf die jeweiligen Einzelereignisse ab, so wäre in Bezug auf das Ereignis vom 9. März 2009 nach § 88 Abs. 1 NBeamtVG die Vorschrift des § 31 Abs. 1 Satz 1 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) in der am 31. August 2006 geltenden Fassung und in Bezug auf die Ereignisse ab dem 22. November 2014 sowie vom 4. Dezember 2014 die Vorschrift des § 34 Abs. 1 Satz 1 NBeamtVG in der Fassung vom 2. April 2013 (NBeamtVG [a. F.]) maßgeblich; hübe man allein auf das Ereignis am 4. Dezember 2014 als dem Zeitpunkt ab, ab dem die Klägerin mit den geschilderten Symptomen dienstunfähig erkrankt war, wäre ebenfalls § 34 Abs. 1 Satz 1 NBeamtVG (a. F.) einschlägig. Die Beklagte - und ihr folgend das Verwaltungsgericht - hat insoweit nicht differenziert, sondern allein auf § 34 Abs. 1 Satz 1 NBeamtVG (a. F.) abgehoben. Da der Wortlaut des § 34 Abs. 1 Satz 1 NBeamtVG (a. F.) jedoch mit dem Wortlaut des § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG (a. F.) identisch ist und sich der Wortlaut des § 34 Abs. 1 Satz 1 NBeamtVG (a. F.) im Übrigen auch nicht von dem des § 34 Abs. 1 Satz 1 NBeamtVG in der derzeit geltenden Fassung vom 20. Dezember 2016 unterscheidet, begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, § 34 Abs. 1 Satz 1 NBeamtVG (a. F.) als Rechtsgrundlage heranzuziehen.

14

Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 NBeamtVG (a. F.) ist unter einem "Dienstunfall" ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis zu verstehen, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist. Dabei sind unter "Ursache" in diesem Sinne nur solche für den eingetretenen Schaden ursächlichen Bedingungen im naturwissenschaftlich-philosophischen (natürlich-logischen) Sinne zu verstehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg nach natürlicher Betrachtungsweise an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (BVerwG, Urteil vom 22.10.1981 - BVerwG 2 C 17.81 -, juris Rn. 16; Urteil vom 30.6.1988 - BVerwG 2 C 77.86 -, juris Rn. 17; Urteil vom 15.9.1994 - BVerwG 2 C 24.92 -, juris Rn. 17; Nds. OVG, Beschluss vom 20.2.2009 - 5 LA 155/07 -, juris Rn. 8; Beschluss vom 27.3.2015 - 5 LA 78/14 -, juris Rn. 37; Urteil vom 24.10.2017 - 5 LB 124/16 -, juris Rn. 94 [Entscheidung noch nicht rechtskräftig]). Beim Zusammentreffen mehrerer Ursachen ist eine als alleinige Ursache im Rechtssinne anzusehen, wenn sie bei natürlicher Betrachtungsweise überwiegend zum Erfolg mitgewirkt hat, während jede von ihnen als wesentliche (Mit-)Ursache im Rechtssinne anzusehen ist, wenn sie nur annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Erfolges hatte; alle übrigen Bedingungen im natürlich-logischen Sinne scheiden als Ursachen im Rechtssinne aus (BVerwG, Urteil vom 30.6.1988, a. a. O., Rn. 17).

15

Ein Dienstunfall im Sinne dieser Vorschrift liegt hier nicht vor, weil der Körperschaden, den die Klägerin erlitten hat, jedenfalls nicht auf einem "plötzlichen" Ereignis im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 NBeamtVG (a. F.) beruht. Dies hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend festgestellt.

16

Das Begriffsmerkmal "plötzlich" dient dazu, ein Einzelgeschehen gegenüber dauernden Einwirkungen abzugrenzen (BVerwG, Urteil vom 4.2.1966 - BVerwG 2 C 65.63 -, juris Rn. 40; Beschluss vom 19.1.2006 - BVerwG 2 B 46.05 -, juris Rn. 6; Nds. OVG, Urteil vom 24.10.2017, a. a. O., Rn. 101). Es kommen nur einmalige, kurzfristige Begebenheiten in Betracht, die sich allerdings häufen können (VG Karlsruhe, Urteil vom 13.11.2014 - 4 K 1600712 -, juris Rn. 20; Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BBG, Stand: November 2017, Bd. 2, § 31 BeamtVG Rn. 36); maßgeblich ist, dass das Ereignis unvermittelt eintritt und auf einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum beschränkt ist (OVG NRW, Urteil vom 21.12.1994 - 6 A 1079/94 -, Schütz BeamtR ES/C II 3.1 Nr. 60; Groepper/Tegethoff, a. a. O., § 31 BeamtVG Rn. 36). Schädliche Dauereinwirkungen im dienstlichen Bereich sind grundsätzlich kein "plötzliches Ereignis" im Sinne des Dienstunfallrechts (vgl. OVG NRW, Urteil vom 21.12.1994, a. a. O.; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 16.2.1996 - 2 A 11573/95 -, NVwZ-RR 1997, 45 [Leitsatz 1.]; Bay. VGH, Beschluss vom 2.12.2015 - 14 ZB 15.2160 -, juris Rn. 7). Allerdings hat jedes Ereignis eine zeitliche Dimension, so dass eine Abgrenzung von der Dauersituation nur aufgrund einer wertenden Betrachtung möglich ist (Groepper/Tegethoff, a. a. O, § 31 BeamtVG Rn. 37). Deshalb können noch Ereignisse mit einer Dauer von mehreren Stunden "kurzfristige" Ereignisse sein; Geschehnisse, die über mehrere Dienstschichten oder Tage dauern, stellen hingegen keine "plötzlichen" Ereignisse (mehr) dar (Groepper/Tegethoff, a. a. O., § 31 BeamtVG Rn. 37). Dementsprechend hat die Rechtsprechung etwa die Einwirkung dioxinhaltiger Stoffe auf eine Beamtin bei deren Begehung eines Gebäudes nach einem Brand an drei Tagen (am 2. Januar sowie 3. Januar 1991 sowie bei zwei weiteren Begehungen am 6. Januar 1991), wobei jeder einzelne Aufenthalt etwa zwei Stunden gedauert hatte, nicht als "plötzliches Ereignis" im Sinne des Dienstunfallrechts angesehen (OVG NRW, Urteil vom 21.12.1994, a. a. O.).

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Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte im Streitfall das Tatbestandsmerkmal der "Plötzlichkeit" verneint hat.

18

Was die von der Klägerin benannten Einzelereignisse betrifft, so ist bereits deshalb fraglich, ob die am .... 2009 von Schülern auf die Wand des Schulhofs geschriebene Aussage als "unvermitteltes und auf einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum beschränktes Ereignis" im oben dargestellten Sinne qualifiziert werden kann, weil diese Aussage über einen Zeitraum von drei Tagen hinweg zu lesen war, ehe es gelang, sie zu entfernen. Ebenso ist bereits fraglich, ob das Einzelereignis "Organisation der Trauerarbeit an der Grundschule C." aufgrund des am .... 2014 erfolgten tödlichen Verkehrsunfalls als eine "einmalige, kurzfristige Begebenheit" in Betracht kommt, denn eine derartige Aufgabe erstreckt sich naturgemäß über einen längeren Zeitraum (bis zur Beerdigung, die hier offenbar am .... 2014 stattgefunden hat, und darüber hinaus). Jedenfalls aber haben die jeweiligen Einzelereignisse - also die Vorfälle am .... 2009 und danach, am .... 2014 und danach sowie am .... 2014 - nach dem von der Klägerin im Rahmen ihres Zulassungsantrages nicht angegriffenen amtsärztlichen Gutachten vom 5. Oktober 2015 jeweils für sich genommen nicht zu dem von ihr geltend gemachten Körperschaden in Form der Anpassungsstörung geführt. Dies unterscheidet den Streitfall von der Fallkonstellation, die dem - von der Klägerin in ihrer Zulassungsbegründung in Bezug genommenen (Zulassungsbegründung - ZB -, S. 8 [Bl. 111/Gerichtsakte - GA -]) - Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 13. November 2014 (a. a. O.) zugrunde lag. Der dortige Kläger hatte im Juni 2010 sowie im September 2010 zwei Drohungen gegen ihn und seine Familie erhalten, die nach Einschätzung des dort hinzugezogenen fachpsychiatrischen Sachverständigen jeweils als wesentliche Mitursache für die festgestellte psychische Erkrankung des dortigen Klägers anzusehen war (a. a. O., Rn. 31 [Hervorhebung durch den beschließenden Senat]). Die weitere, von der Klägerin zitierte (ZB, S. 8 [Bl. 111/GA]) Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln vom 15. April 2009 (- 3 K 1524/08 -) ist ihrem Zulassungsantrag weder beigefügt noch ist ersichtlich, dass sie in juristischen Fachzeitschriften, Datenbanken oder Entscheidungssammlungen veröffentlich worden ist. Das hierauf bezogene Zulassungsvorbringen genügt daher nicht den gesetzlichen Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.

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Nach dem - im Zulassungsverfahren nicht angegriffenen (vgl. ZB, S. 3, 7f. [Bl. 106, 110f./GA]) - amtsärztlichen Gutachten vom 5. Oktober 2015 war im Fall der Klägerin (lediglich) die Summationswirkung aller drei Ereignisse wesentlich mitursächlich dafür, dass sie zeitlich nach dem dritten Ereignis am 4. Dezember 2014 eine Anpassungsstörung entwickelt hat (Gutachten - GA -, S. 3 [Bl. 56/Beiakte 001]). Das "den Körperschaden verursachende Ereignis" im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 NBeamtVG war also die Summationswirkung dreier Einzelereignisse, die einen Zeitraum von über 6 1/2 Jahren (9. März 2009 bis 4. Dezember 2015) umfasst. Dass es sich hierbei nicht um eine "unvermittelt eintretende, auf einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum beschränkte Begebenheit" im Sinne der oben dargestellten Grundsätze handelt, liegt auf der Hand. Wenn die Klägerin in ihrer Zulassungsbegründung geltend macht (ZB, S. 5 [Bl. 108/GA]), es gehe hier

20

"keineswegs um eine Dauerwirkung, um die Geltendmachung dessen, dass die dienstliche Tätigkeit als solche, dass die Belastungen der Tätigkeit als solche zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt hätten,"

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lässt dieser Einwand unberücksichtigt, dass die Beklagte gerade nicht davon ausgegangen ist, die psychische Erkrankung der Klägerin resultiere aus den Belastungen ihrer (Rektorin-)Tätigkeit als solche. Die Beklagte ist vielmehr - gestützt auf die amtsärztliche Stellungnahme, die ihrerseits die fachpsychiatrische Zusatzbegutachtung zugrunde gelegt hat - zu der Auffassung gelangt, dass die von der Klägerin beklagten Beschwerden durchaus in ursächlichem Zusammenhang mit den von ihr geschilderten Einzelereignissen stünden, allerdings als Summationswirkung, wobei die Summationswirkung als mindestens gleichwertiger kausaler Faktor neben eine mögliche psychische Prädisposition trete, die beklagten Beschwerden aber nicht als Folge eines der Einzelereignisse nachvollziehbar seien (GA, S. 3 [Bl. 56/GA]).

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2. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

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Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat eine Rechtssache dann, wenn sie eine grundsätzliche, fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, die im allgemeinen Interesse der Klärung bedarf. Das ist nur dann zu bejahen, wenn die Klärung der Frage durch die im erstrebten Berufungsverfahren zu erwartende Entscheidung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder für eine bedeutsame Fortentwicklung des Rechts geboten erscheint (Nds. OVG, Beschluss vom 1.10.2008 - 5 LA 64/06 -, juris Rn. 14). An der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage fehlt es, wenn sie sich unschwer aus dem Gesetz oder auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung beantworten lässt (Nds. OVG, Beschluss vom 1.10.2008, a. a. O., Rn. 14). Um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO darzulegen, hat der Zulassungsantragsteller die für fallübergreifend gehaltene Frage zu formulieren (Nds. OVG, Beschluss vom 29.2.2008 - 5 LA 167/04 -juris Rn. 12) sowie näher zu begründen, weshalb sie eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat und ein allgemeines Interesse an ihrer Klärung besteht. Darzustellen ist weiter, dass sie entscheidungserheblich ist und ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten steht (Nds. OVG, Beschluss vom 29.2.2008, a. a. O.; Beschluss vom 3.11.2011 - 10 LA 72/10 -, juris Rn. 24).

24

Ausgehend von diesen Maßstäben hat die Klägerin eine grundsätzliche Bedeutung der Sache nicht dargelegt.

25

Mit der von ihr als grundsätzlich bedeutsam bezeichneten Frage (ZB, S. 10 [Bl. 113/GA]),

26

"Ist eine Erkrankung einer Beamtin auch dann als Dienstunfall zu bewerten [...], wenn diese Erkrankung nicht durch ein einziges, sondern durch mehrere örtlich und zeitlich ausreichend bestimmbare Ereignisse (vorliegend insgesamt drei Ereignisse) herbeigeführt worden ist?",

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hat sie keine abstrakte, fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert, deren Klärung im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder für eine bedeutsame Fortentwicklung des Rechts geboten erscheint, sondern der Sache nach auf den Einzelfall bezogene ernstliche Richtigkeitszweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend gemacht. Diese sind indes - wie ausgeführt - nicht gegeben bzw. nicht dargelegt.

28

Die von der Klägerin weiterhin bezeichnete Frage (ZB, S. 10 [Bl. 113/GA]),

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"Ist eine Erkrankung einer Beamtin, die durch nicht nur ein einziges, sondern durch mehrere örtlich und zeitlich ausreichend bestimmbare Ereignisse herbeigeführt worden ist, nur dann als Dienstunfall zu bewerten, wenn diese mehreren örtlich und zeitlich ausreichend bestimmbaren Ereignisse ihrerseits in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen?",

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würde sich aus den unter II. 1. dargestellten Gründen in einem Berufungsverfahren so nicht stellen. Die Anforderungen an das Begriffsmerkmal der "Plötzlichkeit" im Sinne des Dienstunfallrechts sind auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung geklärt. Die einzelfallbezogene Anwendung dieser Grundsätze, also die Bewertung eines Ereignisses als "plötzlich" im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 NBeamtVG (a. F.) oder nicht, ist einer abstrakten, fallübergreifenden Klärung nicht zugänglich, weil es nicht um eine weitere Klärung des Maßstabs geht, sondern um die Subsumtion im Einzelfall (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.8.2010 - BVerwG 5 B 28.10 -, juris Rn. 10).

31

3. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

32

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

33

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1, Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes - GKG -.

34

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).