Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 01.11.2011, Az.: 11 OA 324/11

Bemessung des Streitwerts im Hauptsacheverfahren bei Vorliegen einer begrenzten Aufenthaltserlaubnis und Antrag auf Erhalt einer "höherwertigen" Aufenthaltserlaubnis

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
01.11.2011
Aktenzeichen
11 OA 324/11
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2011, 27304
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2011:1101.11OA324.11.0A

Fundstellen

  • DÖV 2012, 80
  • InfAuslR 2012, 20-21
  • JurBüro 2012, 84

Amtlicher Leitsatz

Ist der Ausländer bereits im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis (hier: aus humanitären Gründen) und begehrt er den Erhalt einer anderen, "höherwertigen", so beträgt der Streitwert 2.500,- EUR für das Hauptsacheverfahren.

Gründe

1

Den Klägern kann für das Beschwerdeverfahren keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden.

2

Dabei kann offen bleiben, ob und ggf. unter welchen sachlichen Voraussetzungen in erster Instanz obsiegenden, bereits dort anwaltlich vertretenen Beteiligten für eine Streitwertbeschwerde des allein kostenpflichtigen Beteiligten in der Sache überhaupt Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann (verneinend Zimmermann, in: Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, 2007, § 68, Rn. 15; OLG Bamberg, Beschl. v. 15.2.2005 - 1 W 9/05 -). Jedenfalls bedarf es dazu in entsprechender Anwendung von §§ 114, 117 Abs. 2 ZPO der Vorlage einer Erklärung über die aktuellen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des jeweiligen Antragstellers, die hier trotz gerichtlicher Aufforderung nicht vorgelegt wurde.

3

Die zulässige Beschwerde der Beklagten ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet. Der Senat folgt in ständiger Rechtsprechung der Empfehlung in dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (DVBl. 2004, 1525), wonach gemäß Ziffer 8.1 beim Streit um einen Aufenthaltstitel regelmäßig der Auffangwert pro Person anzusetzen ist. Dabei geht die Streitwertempfehlung vom Regelfall aus, dass der Ausländer, soweit er eine Aufenthaltserlaubnis erstrebt, noch nicht im Besitz einer solchen ist. Ist dem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt und erstrebt er als stärkere Rechtsposition eine Niederlassungserlaubnis, ist gleichfalls der Auffangwert anzusetzen (BVerwG, Beschl. v. 19.4.1988 - 1 B 39.88 -, KostRsp. GKG § 13 Nr. 201). Ist der Ausländer hingegen bereits im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis als befristetem Aufenthaltstitel und will er stattdessen "nur" eine andere, "höherwertige" oder eine weitere Aufenthaltserlaubnis erhalten, ist sein darauf gerichtetes Interesse i.S.d. § 52 Abs. 1 GKG regelmäßig deutlich geringer als beim Streit um einen Aufenthaltstitel überhaupt oder um eine Niederlassungserlaubnis als nach § 9 Abs. 1 AufenthG unbefristetem und grundsätzlich nebenbestimmungsfreiem Aufenthaltstitel zu bemessen, und zwar bei der nach § 52 Abs. 1 GKG gebotenen Praktikabilität und Vorhersehbarkeit der Streitwertbemessung nur mit der Hälfte des Auffangwertes. Dies gilt auch für einen Streit um eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG als ebenfalls befristetem Aufenthaltstitel (vgl. bereits Senatsbeschl. v. 2.9.2011 - 11 LC 256/11 -), dessen Verlängerung sich nach den Voraussetzungen im Zeitpunkt des Ablaufs der bisherigen Aufenthaltserlaubnis richtet und der anders als eine Niederlassungserlaubnis gerade keinen unbefristeten Aufenthaltstitel darstellt. Unerheblich für die Streitwertbemessung ist hingegen die Frage, ob dem Rechtsstreit als Musterverfahren eine grundsätzliche Bedeutung zukam (vgl. BVerwG, Beschl. v. 1.2.1999 - 1 B 5/99 -, [...], Rn. 7).

4

Hieran gemessen ist die Streitwertbemessung des Verwaltungsgerichts von 10.000,- EUR auf 7.500,- EUR zu vermindern.

5

Denn die Klägerin zu 1) war während des gesamten Klageverfahrens bereits im Besitz einer im Oktober 2010 erteilten Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG; die Befristung dieser Erlaubnis bis zum 24. Juli 2011 beruhte darauf, dass an diesem Tag die Gültigkeitsdauer ihres Passes ablief. Die Voraussetzungen, unter denen dieser Titel ab dem 25. Juli 2011 zu verlängern gewesen wäre, waren nicht Streitgegenstand des Klageverfahrens. Für das Begehren der Klägerin zu 1), (wie zuvor bis zum Oktober 2010 weiterhin) eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG zu erhalten, ist deshalb lediglich ein Streitwert in Höhe von 2.500,- EUR festzusetzen.

6

Gemäß § 39 Abs. 1 GKG hinzuzurechnen ist ein Wert von 5.000,- EUR für das ebenfalls auf den (weiteren) Erhalt einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG gerichtete Begehren des Klägers zu 2), der im Gegensatz zu seiner Ehefrau, der Klägerin zu 1., seit Ende August 2008 nicht mehr im Besitz eines Aufenthaltstitels war.