Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 07.07.2003, Az.: 5 Sa 1551/02
Auswahlverfahren eines öffentlichen Arbeitgebers bezüglich der Besetzung einer Beförderungsstelle; Zulässigkeit einer vorzeitigen Besetzung trotz Verurteilung zur Neubescheidung; Anspruch auf ermessensfehlerfreie Wiederholung der Auswahlentscheidung vor Durchführung eines Einigungsstellenverfahrens; Beurteilung der Qualifikation eines bestbenoteten und freigestellten Personalratsmitglieds im Rahmen eines neuen Bewertungssystems
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 07.07.2003
- Aktenzeichen
- 5 Sa 1551/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 28150
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2003:0707.5SA1551.02.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Lüneburg - 30.08.2002 - AZ: 1 Ca 28/02
Rechtsgrundlagen
- Art. 33 Abs. 2 GG
- § 41a NLVO,NI
- § 8 BPersVG
- § 69 Abs. 4 BPersVG
- § 46 Abs. 3 BPersVG
Fundstelle
- ZTR 2004, 93-94 (amtl. Leitsatz)
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Ist ein öffentlicher Arbeitgerber in einem Auswahlverfahren um die Besetzung einer Beförderungsstelle (hier der eines Schulleiters) zur Wiederholung der Auswahlentscheidung aufgrund der rechtsfehlerhaften Beurteilung eines Bewerbers verurteilt worden, darf er die Stelle nicht vorzeitig mit einem anderen Bewerber besetzen.
- 2.
Haftet dem Verfahren ein grober Bewertungsfehler an, muss der öffentliche Arbeitgeber das Verfahren abbrechen und insgesamt erneut einleiten, und zwar unter Berücksichtigung sämtlicher Bewerber, deren Qualifikation rechtsfehlerfrei beurteilt sein muss. Der Personalrat ist erneut zu beteiligen.
- 3.
Aus dem Umstand der Freistellung dürfen für die Beurteilung eines Personalratsmitglieds weder bevorzugende noch nachteilhafte Schlüsse gezogen werden. Hat ein freigestelltes Personalratsmitglied bei einem siebenstufigen Notensystem die Bestnote erhalten, kann er diese Zensur erst recht bei einem auf fünf Stufen komprimierten System beanspruchen, wenn eine Gegenüberstellung der Beurteilungsgrundsätze keine Verschärfung der Anforderungen ergibt. Die Vorgabe einer prozentualen Begrenzung der Bestnote in dem neuen Bewertungssystem begründet die erhöhten Anforderungen allein nicht.
In dem Rechtsstreit
hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 07.07.2003
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Kiel,
den ehrenamtlichen Richter Meyer und
die ehrenamtliche Richterin Behrensdorf
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 30.08.2003 - 1 Ca 30/02 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Auf den Hilfsantrag des Klägers wird die Beklagte verurteilt, die Auswahlentscheidung um die Besetzung der Stelle des Schulleiters der Zivildienstschule B. im Rahmen des Dienstpostens S 7 (Vergütungsgruppe I b BAT) ermessensfehlerfrei zu wiederholen. Der Hauptantrag wird als zur Zeit unbegründet abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Wege einer so genannten Konkurrentenklage um die Besetzung einer Schulleiterstelle.
Der 1952 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit August 1984 an der Zivildienstschule B. als Dozent beschäftigt.
Im Januar 1996 bewarb er sich - im Ergebnis erfolglos - um die Schulleiterstelle in S.. Bei der aus Anlass dieser Bewerbung unter dem 19.03.1996 erstellten Beurteilung erhielt der Kläger die bestmögliche Beurteilung. Das Benotungssystem erstreckte sich damals über sieben Stufen. Die Note 1 bis 1,35 wurde für folgende Leistungen vergeben:
"Anforderungen werden in außergewöhnlichem Maße übertroffen, leistet mehr als vergleichbare Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter."
Seit Mai 1996 ist der Kläger Vorsitzender des Gesamtpersonalrats beim Bundesamt für den Zivildienst. Seit dem 21.08.1996 ist er in dieser Funktion von der Tätigkeit als Dozent freigestellt.
Im August 1996 bewarb sich der Kläger um die Schulleiterstelle in St., die gleichfalls anderweitig besetzt wurde. Neben dem letztlich erfolgreichen Bewerber war er in die engere Auswahl gekommen. Zu den damaligen Konkurrenten gehörte auch der jetzige Mitbewerber des Klägers, Herr P., der auf Grund seiner Beurteilung nicht in die Endauswahl kam.
Im Herbst 1997 bewarb sich der Kläger um die Schulleiterstelle in K.. Die Stelle wurde durch Umsetzung einer anderen Schulleiterin ohne weiteres Auswahlverfahren besetzt. Durch die Umsetzung wurde wiederum die Schulleiterstelle in S. frei, um die sich der Kläger am 11.11.1997 bewarb. Aus Anlass dieser Bewerbung erhielt er am 28.01.1998 wiederum eine "Sonderbeurteilung", die vom Referatsleiter unterzeichnet wurde. Der Kläger erhielt die Bestnote. Zu einer förmlichen Schlusszeichnung kam es nicht mehr. Mit Schreiben vom 02.03.1998 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Ausschreibung zurückgezogen wurde.
Mit Dienstvereinbarung vom 19.10.2000 über die Beurteilung und das Personalführungsgespräch im Bundesamt für den Zivildienst änderte die Beklagte das Beurteilungssystem. Sie ersetzte das siebenstufige durch ein fünfstufiges Notensystem, das wiederum in neun Ziffern unterteilt ist und im Einzelnen folgende Abstufungen (Ziffer 5.3 der Dienstvereinbarung) bereithält:
9 | übertrifft die Anforderungen im besonderen Maße; |
---|---|
8 - 7 | übertrifft die Anforderungen; |
6 - 5 - 4 | entspricht den Anforderungen in jeder Hinsicht; |
3 - 2 | entspricht im Allgemeinen den Anforderungen; |
1 | entspricht nicht den Anforderungen. |
In der Dienstvereinbarung wurde unter Ziffer 5.4.1 ferner festgelegt, dass die Bestnote nur noch in fünfzehn v. H. Fällen vergeben werden soll, wobei dieser Richtwert im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit um bis zu fünf Prozentpunkten überschritten werden darf.
Die Beklagte schrieb im Juli 2001 die Stelle eines Schulleiters an der Zivildienstschule B. aus. Um diese Stelle bewarben sich sieben Dozenten, neben dem Kläger u. a. der stellvertretende Schulleiter P.. Ihm ist die Schulleitung kommissarisch übertragen worden. In den Anlassbeurteilungen erhielten der Kläger und Herr P. jeweils die zweitbeste Note (Ziffer 8).
Die Beklagte unterrichte den Gesamtpersonalrat mit Schreiben vom 10.12.2001 über ihre Absicht, die Stelle mit Herrn P. zu besetzen. Zu Gunsten von Herrn P. spreche die Tatsache, dass er die Schulleitung bereits seit dem 01.04.2000 sehr erfolgreich kommissarisch wahrnehme. Dabei habe er zum einen im Umgang mit den Vertragspartnern großes Geschick bewiesen und die Verwaltungsaufgaben sehr kompetent und zuverlässig erfüllt. Zum anderen habe er bei der Personalführung eine hohe Sozialkompetenz und Integrationsfähigkeit bewiesen.
Mit Schreiben vom 08.01.2002 verweigerte der Personalrat seine Zustimmung zu der beabsichtigten Personalmaßnahme und legte die Angelegenheit mit Schreiben vom 17.01.2002 dem zuständigen Bundesministerium nach § 69 Abs. 3 Satz 1 BPersVG vor. Ein Stufenverfahren wurde bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht betrieben.
Neben dem Kläger und Herrn P. bewirbt sich u. a. der Dozent K. um die Schulleiterstelle. Mit Urteil vom 22.03.2002 - 1 Ca 30/02 - hat das Arbeitsgericht Lüneburg die Beklagte verurteilt, Herrn K. neu zu beurteilen, die Auswahlentscheidung zur Besetzung der Schulleiterposition anhand der neu erstellten Beurteilung zu wiederholen und es zu unterlassen, diese Stelle endgültig zu vergeben, bevor diese Voraussetzungen nicht erfüllt und beachtet sind. Die Berufung wurde zurückgewiesen; auf die Entscheidungsgründe in der Berufungssache 5 Sa 683/02 wird Bezug genommen. Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Mit seiner Konkurrentenklage hat der Kläger die Auffassung vertreten, bei einer fiktiven Nachzeichnung seines beruflichen Werdegangs habe er die Bestnote erhalten müssen und damit die Übertragung der ausgeschriebenen Schulleiterstelle beanspruchen können. Dass Herr P. den Kläger bei einer Fortschreibung seiner Leistungen und bei einer entsprechenden Nachzeichnung seines beruflichen Werdegangs "überholt" haben solle, sei nicht nachvollziehbar und werde bestritten.
Der Kläger hat beantragt,
- 1.
die Beklagte zu verurteilen, ihm die Stelle des Schulleiters der Zivildienstschule B. im Rahmen des Dienstpostens S 7 (Vergütungsgruppe 1 b BAT) zu übertragen,
- 2.
hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, die Auswahlentscheidung ermessensfehlerfrei zu wiederholen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat gemeint, der Kläger könne die Spitzennoten nicht automatisch auf Grund der vorherigen Beurteilungen beanspruchen. Mit der Änderung des Beurteilungssystems sei auch ein strengerer Beurteilungsmaßstab eingeführt worden. Die Spitzennote sei ganz besonders herausragenden Leistungen vorbehalten. Die Leistungen des Klägers seien auf Grund der vormaligen Beurteilungen mit der zweithöchsten Gesamtnote zu bewerten (Ziffer 8), womit er mit dem kommissarischen Schulleiter und Mitbewerber P. auf einer Stufe stehe. Bei der Auswahl zwischen diesen Bewerbern habe sich das Auswahlgespräch, in dem es maßgeblich auf soziale und Führungskompetenzen angekommen sei, entscheidend zu Gunsten von Herrn P. ausgewirkt. Es sei beispielsweise danach gefragt worden, wie die Bewerber bei einer Auswahlentscheidung zu ihren Gunsten als Schulleiter mit der damit zusammenhängenden Frustration des an der selben Stelle tätigen, ihnen dann unterstellten Konkurrenten umgingen. Bei der Beantwortung dieser Frage habe Herr P. den besseren Eindruck hinterlassen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage durch Urteil vom 30.08.2002 stattgegeben, auf das wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe Bezug genommen wird. Das Arbeitsgericht hat die Klage trotz des noch nicht abgeschlossenen Mitbestimmungsverfahrens als zulässig erachtet. Das Urteil sei nach § 894 ZPO vollstreckbar. Mit dem Leistungsurteil werde lediglich die Willenserklärung des Schuldners ersetzt. Das damit zu begründende Rechtsgeschäft sei bis zur Erteilung etwa erforderlicher Genehmigungen schwebend unwirksam.
Die Klage sei auch begründet, weil der Kläger die Übertragung der ausgeschriebenen Stelle nach den Kriterien des Artikel 33 Abs. 2 GG beanspruchen könne. Auf das Auswahlgespräch als Hilfskriterium komme es nicht an. Denn bei einer rechtsfehlerhaften Nachzeichnung des fiktiven beruflichen Werdegangs des Klägers hätten seine Leistungen mit der Bestnote 9 beurteilt werden müssen. Nach den Kriterien des früheren Beurteilungssystems habe er zweimal die Bestnote erhalten. Seither sei kein übermäßig langer Zeitraum verstrichen. Wenn jemand bei einem siebenstufigen Notensystem die Bestnote erhalte, dann müsse er diese Zensur erst recht bei einem auf fünf Stufen komprimierten System bekommen, zumal eine Gegenüberstellung des Wortlauts der Beurteilungsgrundsätze für keine Verschärfung der Anforderungen spreche. Die Bestnote des neuen Systems, welche mit der Formulierung "übertrifft die Anforderungen in besonderem Maße" umschrieben werde, bleibe "vom normalen Sprachgebrauch her" gegenüber den Anforderungen der Bestnote der älteren Notenskala mit der Formulierung "Anforderungen werden in außergewöhnlichem Maß übertroffen, leistet mehr als vergleichbare Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter" zurück. Dieses Ergebnis werde auch nicht durch die Richtwerte zur Vergabe der Bestnote relativiert. Auf die Behördenpraxis komme es bei derart klaren und logischen Grundsätzen nicht an.
Das Urteil ist der Beklagten am 13.09.2002 zugestellt worden. Mit ihrer am 10.10.2002 eingelegten und innerhalb der bis zum 27.11.2002 verlängerten Frist hat die Beklagte die Berufung am 20.11.2002 begründet. Sie verfolgt den Klageabweisungsantrag nach Maßgabe ihrer Schriftsätze vom 20.11.2002 sowie vom 25.06.2003 weiter, auf die wegen ihres vollständigen Inhalts Bezug genommen wird. Im Wesentlichen vertritt die Beklagte die Auffassung, mit der Auswahlentscheidung habe sie sich innerhalb des Beurteilungsspielraums gehalten, welcher gerichtlich nur beschränkt nachprüfbar sei. Mit der Einschätzung, dass der Kläger die Bestnote habe erhalten müssen, setze das Arbeitsgericht seine Bewertung an die Stelle der nachgezeichneten Beurteilung der Beklagten und überschreite damit die Grenzen der Rechtskontrolle dienstlicher Beurteilungen. Die gerichtliche Überprüfung dürfe freigestellte Personalratsmitglieder weder begünstigen noch benachteiligen, sie könne folglich nicht weiter gehen als gegenüber sonstigen Bediensteten. Deshalb dürften frühere Beurteilungen nicht einfach "eingefroren" und ohne weitere Anhaltspunkte fortgeschrieben werden. Entscheidend komme es bei der fachlichen Qualifikation für die ausgeschriebene Schulleiterstelle auf soziale Kompetenz sowie die Befähigung zur Personalführung und Organisation an. Diese Fähigkeiten seien bei Dozenten nur bei der Vertretung der Schulleitung Bestandteil der Beurteilung. Deshalb sei das Bewerbergespräch auf diese Kompetenzen besonders ausgerichtet gewesen. Es handele sich dabei keineswegs nur um ein "Hilfskriterium". Hinzukomme, dass die Spitzennote 9 nur noch in außergewöhnlichen Fällen vergeben werde, wie in der Dienstvereinbarung ausdrücklich fesgelegt sei. Ungeachtet dieser Auffassung steht die Beklagte weiterhin auf dem Standpunkt, dass die Voraussetzung für den Klageanspruch vor Abschluss des Stufenverfahrens nicht erfüllt sei.
Die Beklagte beantragt,
das am 30.08.2002 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg - 1 Ca 28/02 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 24.01.2003, auf dessen Inhalt das Gericht ebenfalls Bezug nimmt. Der Kläger trägt vor, ungeachtet der ihm zustehenden Bestbeurteilung erscheine es völlig unwahrscheinlich, dass Herr P. seine Qualifikation während des relativ kurzen Zeitraums seit der letzten dienstlichen Beurteilung im Verhältnis zum Kläger deutlich habe steigern können, er - der Kläger - aber seinen Leistungsstand nicht habe verbessern können. Tatsächlich werde er mit dieser Einschätzung wegen seiner Personalratsarbeit in unzulässiger Weise benachteiligt. Denn die gegenüber seiner letzten Beurteilung nunmehr deutlich verbesserten dienstlichen Beurteilung von Herrn P. beruhe auf den Leistungen während der kommissarischen Übertragung der Schulleiterstelle.
Gründe
I.
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung und insgesamt begründete Berufung hat teilweise Erfolg. Sie führt zum Abbruch des bisherigen Auswahlverfahrens und insgesamt zur Neubescheidung.
1.
Dass die Berufung erfolgreich und die Klage zumindest zur Zeit unbegründet ist, soweit das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt hat, dem Kläger die Stelle des Schulleiters der Zivildienstschule B. zu übertragen, ist zwingend die Konsequenz des am 22.03.2002 ergangenen Urteils in der Parallelsache K. ./. Bundesrepublik Deutschland (Arbeitsgericht Lüneburg - 1 Ca 30/02 -). Dort ist die Beklagte zur Neubescheidung verurteilt worden; die Berufung wurde zurückgewiesen (5 Sa 683/02). Das Urteil ist rechtskräftig.
Ist die Beklagte aber zur Neubescheidung - nach einer rechtsfehlerfreien Beurteilung des Konkurrenten K. - verurteilt worden, kann die Stelle nicht zuvor durch einen anderen Bewerber besetzt werden. Einer solchen Stellenbesetzung würde unweigerlich wiederum ein grober Verfahrensfehler anhaften. Ein der Klage stattgebendes Urteil in dieser Sache würde es unmöglich machen, dass die Beklagte den Anspruch des Konkurrenten K. erfüllt, der nicht nur eine erneute Beurteilung verlangen kann. Herr K. hat auch Anspruch auf eine erneute Auswahlentscheidung, und zwar nach einer neu eingeleiteten Beteiligung des Gesamtpersonalrats.
2.
Auch der Kläger hat damit Anspruch auf ermessensfehlerfreie Bescheidung. Denn wenn dem Verfahren insgesamt ein grober Auswahlfehler anhaftet, muss der öffentliche Arbeitgeber das Verfahren abbrechen und insgesamt erneut einleiten, und zwar unter Berücksichtigung sämtlicher Bewerber, deren Qualifikation rechtsfehlerfrei beurteilt sein muss. Dies kann auch der Kläger mit dem Hilfsantrag verlangen, den das Gericht dahin auslegt, dass er die Entscheidung auf einer rechtsfehlerfreien Beurteilung seiner Qualifikation anstrebt.
a)
Die darauf gerichtete Klage ist auch für den Kläger zulässig, obwohl das Einigungsstellenverfahren nach § 69 Abs. 4 BPersVG bisher nicht durchgeführt worden ist und eine dieses Ergebnis einbeziehende Personalentscheidung der Beklagten folglich bisher nicht ergangen ist.
aa)
Ein Bewerber kann die ermessensfehlerfreie "Wiederholung" der Auswahlentscheidung grundsätzlich erst dann verlangen, wenn die Entscheidung bereits getroffen ist. Dies wiederum ist erst nach Abschluss des personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmungsverfahrens der Fall. Zuvor fehlt in der Regel das Rechtsschutzbedürfnis.
Die Übertragung einer Beförderungsposition unterliegt nach § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG der Mitbestimmung. Das Bundesarbeitsgericht hat durch Urteil vom 22.06.1999 (9 AZR 541/98 - NZA 2000, 606 = EzA Artikel 33 GG Nr. 21) entschieden, dass eine den Unterlassungsanspruch begründende drohende Rechtsverletzung erst dann vorliegt, wenn das für Beförderungsangelegenheiten zuständige Organ endgültig die Auswahlentscheidung getroffen habe. Solange noch ein personalvertretungsrechtliches Mitbestimmungsverfahren betrieben werde, könne von einer abschließenden Willensbildung im Auswahlverfahren nicht ausgegangen werden. Der Dienstherr bzw. Arbeitgeber habe die im Mitbestimmungsverfahren vorgebrachten Argumente des Gesamtpersonalrats sowie das Ergebnis des Einigungsstellenbeschlusses bei seiner endgültigen Auswahlentscheidung zu berücksichtigen. Dessen Entscheidung sei abzuwarten, sie könne nicht im Vorfeld unterstellt werden. Das Recht des Bewerbers werde dadurch hinreichend gestützt, dass der Dienstherr bzw. Arbeitgeber nach Abschluss des Auswahlverfahrens keine vollendeten Tatsachen schaffen dürfe, sondern so rechtzeitig den unterlegenen Bewerbern das Ergebnis mitteilen und erläutern müsse, dass sie noch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine vermeintliche Beeinträchtigung ihrer Rechte vorgehen könnten (dazu BVerfG 15.09.1989 - 2 BVR 1576/88 - NJW 1990, 501 [BVerfG 19.09.1989 - 2 BvR 1576/88]). Damit sei gewährleistet, dass das Auswahlverfahren nicht schon zu einer Zeit blockiert werde, in der die letzte Entscheidung noch nicht getroffen sei (BAG 22.06.1999 a. a. O. unter I. 2. b bb der Gründe).
bb)
Im vorliegenden Fall ist die Klage gleichwohl vor Abschluss des Mitbestimmungsverfahrens zulässig, dass u. a. im Hinblick auf den vorliegenden Rechtsstreit ausgesetzt worden ist.
Die Parteien streiten in diesem Verfahren um die Rechtsfrage, ob die Qualifikation des Klägers nach der Umstellung des Beurteilungssystems von der siebenstufigen auf die fünfstufige Benotung zutreffend erfolgt ist. Der Kläger ist der Auffassung, er könne eine Anlassbeurteilung mit der Spitzennote (Ziffer 9) beanspruchen anstelle der zweitbesten Bewertung (Ziffer 8). Es liegt auf der Hand, dass er mit der besten Benotung im Vergleich zu dem Konkurrenten P. beträchtlich bessere Chancen hätte, und zwar selbst dann, wenn - mit der Auffassung der Beklagten - das Bewerbergespräch nicht nur als "Hilfskriterium bei einer formalen Pattsituation zu berücksichtigen ist. Für das Rechtsschutzbedürfnis der vorliegenden Klage genügt es, dass er die Auffassung vertritt, er werde durch die Freistellung für sein Amt als Vorsitzender des Gesamtpersonalrats benachteiligt, wenn seine Bestbeurteilung nicht fortgeschrieben werde, während die Beklagte an ihrer gegenteiligen Beurteilung festhält, die Spitzennote aus den Vorbeurteilungen bedinge nicht automatisch eine erneute Benotung im Rahmen des neuen Beurteilungssystems, vielmehr würde eine Fortschreibung der Bestnote eine Bevorzugung des freigestellten Personalrats bedeuten.
2.
Der Antrag auf ermessensfehlerfreie Bescheidung ist auch begründet. Der Kläger kann zwar nicht beanspruchen, auch nach dem neuen Beurteilungssystems auf Grund der Dienstvereinbarung vom 19.10.2000 automatisch mit der Bestbeurteilung bewertet zu werden. Allerdings ist entgegen der Auffassung der Beklagten davon auszugehen, dass die Spitzennote nach dem früheren siebenstufigen System für die in der Vergangenheit festgestellte Qualifikation auch der Bestnote in dem modifizierten Zensurengefüge entspricht. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsauffassung wird die Beklagte die Auswahlentscheidung wiederholen müssen.
a)
Artikel 33 Abs. 2 GG eröffnet jedem Deutschen nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Daraus ergeben sich subjektive Rechte jeder Bewerberin bzw. jeden Bewerbers. Jeder kann verlangen, bei seiner Bewerbung nach den in Artikel 33 Abs. 2 GG genannten Kriterien beurteilt zu werden. Das gilt nicht nur für Einstellungen, sondern auch für Beförderungen des öffentlichen Dienstes. Bei der Feststellung der Qualifikation eines Bewerbers nach seiner Eignung steht dem öffentlichen Arbeitgeber wie auch bei der Feststellung der Befähigung und fachlichen Leistung ein weiter Beurteilungsspielraum zu, dessen gerichtliche Überprüfung sich darauf beschränkt, ob der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung alle wesentlichen Umstände berücksichtigt, allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe beachtet und ein fehlerfreies Verfahren eingehalten hat. Ist dies der Fall, können die Gerichte die angegriffene Entscheidung nicht durch eine eigene ersetzen (BAG 05.03.1996 - 1 AZR 590/90 (a) NZA 1996, 751 = EzA Artikel 3 GG Nr. 52 unter A II. der Gründe; 27.06.2001 - 7 AZR 496/99 - NZA 2002, 106 = EzA § 46 BPersVG Nr. 1 unter B II 1 b aa der Gründe).
Diese Grundsätze gelten auch, wenn sich ein freigestelltes Personalratsmitglied um einen freien, höher dotierten Arbeitsplatz bewirbt. Allerdings muss den besonderen Umständen im Arbeitsverhältnis eines von der Arbeitsleistung freigestellten Mitarbeiters bei der Entscheidung über die Besetzung einer freien Stelle nach den Merkmalen des Artikel 33 Abs. 2 GG Rechnung getragen werden (BAG 29.10.1998 - 7 AZR 676/96 - AP BPersVG § 46 Nr. 22 unter II. 3. der Gründe). Scheitert eine Bewerbung des freigestellten Personalratsmitglieds an fehlenden aktuellen Fachkenntnissen oder daran, dass der Arbeitgeber sich zur Beurteilung der fachlichen und beruflichen Qualifikation infolge der Freistellung außer Stande gesehen hat, so ist zwar die Entscheidung des Arbeitgebers für den als qualifizierter erachteten Bewerber nach Artikel 33 Abs. 2 GG nicht zu beanstanden (BAG 27.06.2001 - 7 AZR 496/99 ebenda).
Scheitert die Bewerbung aber daran, dass der Arbeitgeber nicht von den zutreffenden Beurteilungsgrundsätzen ausgegangen ist bzw. eine unzutreffende Subsumtion der Leistungen unter das Notensystem vorgenommen hat, handelt es sich nicht um eine Frage der Beurteilung, sondern um eine Rechtsfrage, die uneingeschränkter gerichtliche Überprüfung unterliegt.
b)
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze beruht die Anlassbeurteilung der Beklagten mit Ziffer 8 auf der rechtsfehlerhaften Annahme, die früheren Leistungen des Klägers entsprächen lediglich der zweitbesten Beurteilung nach Ziffer 8 der Dienstvereinbarung vom 19.10.2000. Das Gericht folgt insoweit den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts, dass nach Wortlaut und Systematik die Spitzenbenotung im fünfstufigen Beurteilungssystem mit der Spitzenbenotung nach dem neuen Beurteilungssystem gleichzusetzen ist. Die diesbezüglichen Ausführungen des Arbeitsgerichts macht sich das Berufungsgericht zu Eigen (§ 543 Abs. 1 ZPO) und beschränkt die Gründe im Hinblick auf das Berufungsvorbringen auf folgende ergänzende Überlegung:
Soweit unter Ziffer 5.4.1 der Dienstvereinbarung erstmals eine Quote vereinbart wurde, dass Spitzenbenotungen nur in 15 % bis maximal 20 % der Fälle vergeben werden dürfen, trägt dies dem Umstand Rechnung, dass eine großzügige Praxis bei der Vergabe von Spitzennoten nicht erfolgen darf, weil deren Inflation letztlich kaum noch Raum lässt für eine durch Beurteilung verobjektivierte und nach Artikel 33 Abs. 2 GG sachgerechte Personalauswahl. Diese Regelung geht auf die Änderung in § 41 a Laufbahnverordnung zurück. Daraus folgt aber nicht unmittelbar, dass die bisherige Bestnote 1 bis 1,35 der zweitbesten Beurteilung der Dienstvereinbarung vom 19.10.2000 (Ziffer 8) entpsricht. Denn dieser Umrechnungsschlüssel ist in der Dienstvereinbarung nicht enthalten. Die an die Änderung der Handhabung anknüpfende Argumentation der Beklagten, die Behördenpraxis sehe nur noch eine restriktive Vergabe der besten Beurteilung vor, so dass der Kläger generell nur die zweitbeste Note beanspruchen könne, würde zwingend zu einer Benachteiligung freigestellter Personalratsmitglieder führen und damit gegen § 8 BPersVG verstoßen. Eine Herabsetzung in der Vergangenheit nachgewiesener Bestleistungen kann nicht nachvollzogen werden, wenn die Dienstvereinbarung weder einen Umrechnungsschlüssel beinhaltet noch sich eine Verschärfung der Anforderungen einwandfrei aus dem Wortlaut der Dienstvereinbarung ergibt. Es besteht im Übrigen kein tatsächlicher Anhaltspunkt für die Annahme, dass die vom Kläger tatsächlich erbrachten Leistungen in der Vergangenheit zu gut beurteilt worden wären, oder dass entgegen der damaligen Beurteilungsvoraussetzungen nicht nur wirkliche Spitzenleistungen mit der Bestnote beurteilt worden wären.
c)
Die Beklagte hat folglich bei der Neubescheidung davon auszugehen, dass die in der Vergangenheit nachgewiesenen Bestleistungen des Klägers nach Ziffer 9 der Dienstvereinbarung vom 19.10.2000 zu bewerten sind. Dies heißt allerdings nicht zwangsläufig, dass die für die Vergangenheit zu Grunde zu legende Gesamtnote Ziffer 9 auch das Ergebnis der neu zu erstellenden Andersbeurteilung sein muss. Allerdings bestehen nach dem derzeitigen Tatsachenvortrag keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der Qualifikationsstand des Klägers nachteilhaft verändert hätte. Entsprechende Anhaltspunkte könnten sich zwar aus sonstigen Gründen (z. B. auf Grund gesundheitlicher Veränderungen) ergeben, die sich im Leistungsbereich (z. B. bezüglich der Belastbarkeit) auswirken, aber auch aus dem dienstlichen Verhalten. Sie sind im vorliegenden Fall indes weder vorgetragen noch festzustellen. Aus der Freistellung des Klägers dürfen für ihn weder nachteilhafte, noch bevorzugende Schlüsse gezogen werden, § 8 BPersVG. Beispielsweise muss unbeachtlich bleiben, ob und inwieweit der Kläger als Vorsitzender des Gesamtpersonalrats Eigenschaften der Personalführung und Organisation stärker ausgeprägt hat, die ihn für die ausgeschriebene Stelle zusätzlich qualifizieren dürften.
Andererseits darf der Kläger durch den Umstand der Freistellung in seinem beruflichen Werdegang nicht benachteiligt werden, § 46 Abs. 3 letzter Satz BPersVG. Diese Bestimmung enthält ein an den Arbeitgeber gerichtetes Gebot, dem Personalratsmitglied eine berufliche Entwicklung zukommen zu lassen, wie sie ohne Freistellung verlaufen wäre. Deshalb regelt die Verordnung des Bundesministers des Inneren vom 09.06.1987 ausdrücklich, dass ein freigestelltes Personalratsmitglied, dass sich um einen höherwertigen Dienstposten bewirbt, bei der Besetzung nach den von der Dienststelle erstellten Auswahlkriterien auch dann zu berücksichtigen und gegebenenfalls zu befördern ist, wenn von vornherein feststeht, dass dieser Bedienstete wegen seiner Freistellung auf den in Betracht kommenden Dienstposten nicht eingesetzt werden kann.
Die Beklagte hat bei einer erneuten Entscheidung über die Besetzung der Stelle den Beurteilungen in der Vergangenheit maßgebliches Gewicht beizumessen. Soweit es um die Eignung des Bewerbers für die ausgeschriebene Stelle geht, können sich Anhaltspunkte aus den dienstlichen Beurteilungen, aber auch aus Vorkenntnissen und Erfahrungen ergeben, aus der Leistungsentwicklung sowie aus dem Eindruck im Vorstellungsgespräch. Hierbei handelt es sich um die notwendig heranzuziehenden, leistungsrelevanten Hilfkriterien, die im Gegensatz zu den sonstigen Hilfskriterien (Beförderungsdienstalter, allgemeines Dienstalter und Lebensalter) nach der Dienstvereinbarung stets zu beachten sind. Beispielweise steht es der Beklagten frei, zur Feststellung der Eignung für die ausgeschriebene Stelle neben den bisherigen dienstlichen Beurteilungen eine Auswahl unter den Bewerbern auf Grund eines qualifizierten und schematisierten Auswahlverfahrens (Assessmentcenter) durchzuführen. Dies kann insbesondere in Fällen angezeigt sein, in denen die Leistungsnachweise einzelner Bewerber aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen (z. B. auch wegen Freistellung für Personalratsarbeit) nur eine unvollkommene Aussage über deren Eignung für die ausgeschriebene Stelle beinhalten.
d)
Kommt die Beklagte nach einer rechtsfehlerfreien Beurteilung und erneuten Auswahlentscheidung zu dem Ergebnis, dass der Kläger durch seinen früheren und jetzigen Konkurrenten um die Stelle des Schulleiters P. "überholt" worden ist, weil dieser sich in der ihm kommissarisch übertragenen Stelle bewähren konnte, während dem Kläger auf Grund der Personalratsarbeit fachliche Fähigkeiten verloren gegangen sind, kommt für den Kläger ach §§ 8, 46 BPersVG ein erhöhter Vergütungsanspruch in Betracht. Dann uss allerdings feststehen, dass das Fehlen von feststellbarem, aktuellem Fachwissen gerade auf Grund der Freistellung eingetreten ist (zu den Vorassetzungen BAG 27.06.2001 - 7 AZR 496/99 unter B II. 1. b) der Gründe).
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, Abs. 1, 97 ZPO.
Es besteht kein Grund zur Zulassung der Revision.
Meyer
Behrensdorf