Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 26.06.2003, Az.: 4 Sa 1306/02
Neufestlegung der Arbeitszeitverteilung durch den Arbeitgeber nach den Wünschen des Arbeitnehmers; Einhaltung des Bestimmtheitserfordernisses bei der Nennung des Zeitpunktes einer Vertragsänderung; Verletzung einer dem Arbeitgeber obliegenden Verhandlungsfrist; Betriebliche Gründe als Hindernis für die Verringerung der Arbeitszeit
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 26.06.2003
- Aktenzeichen
- 4 Sa 1306/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 15138
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2003:0626.4SA1306.02.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Göttingen - 01.08.2002 - AZ: 2 Ca 359/01
- nachfolgend
- BAG - 23.11.2004 - AZ: 9 AZR 644/03
Rechtsgrundlagen
- § 8 Abs. 1 TzBfG
- § 8 Abs. 4 TzBfG
- § 8 Abs. 3 TzBfG
- § 8 Abs. 6 TzBfG
Fundstellen
- MDR 2004, 101-102 (Volltext mit red. LS)
- NZA-RR 2004, 123-125 (Volltext mit amtl. LS)
- schnellbrief 2004, 7
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Begehrt der Kläger die Festlegung der Arbeitszeitverteilung durch den Arbeitgeber nach seinen Wünschen, so ist dieses Begehren nicht auf die Annahme eines Vertragsangebotes, sondern auf die konkrete Ausübung des Direktionsrechts gemäß dem Teilzeitverlangen gerichtet. Die zulässige Klageart ist daher in diesem Fall eine allgemeine Leistungsklage.
- 2.
Dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist auch genügt, wenn der Zeitpunkt, zu dem eine Vertragsänderung eintreten soll, nicht angegeben ist, weil jede Nennung willkürlich wäre und sich der Zeitpunkt durch die Rechtskraft des Urteils ohne weiteres bestimmen lässt.
- 3.
Bei dem Anspruch auf Vertragsänderung handelt es sich nicht um ein einseitiges Gestaltungsrecht, dessen Wirksamkeit zu beurteilen ist, da nicht die Wirksamkeit der Ablehnungsentscheidung des Arbeitgebers überprüft wird, sondern die Frage, ob dem Arbeitnehmer ein Anspruch zusteht. Ob die Ablehnung durch den Arbeitgeber zu dem vorgenommenen Zeitpunkt berechtigt war oder nicht, ist erst für die Sperrfrist des § 8 Abs. 6 TzBfG relevant.
- 4.
Die Verletzung der dem Arbeitgeber obliegenden Verhandlungspflicht führt nicht zur Unwirksamkeit der Ablehnung. § 8 Abs. 3 TzBfG bringt zwar zum Ausdruck, dass vom Gesetzgeber vorrangig eine Verhandlungslösung gewollt ist. Als präzise Stufenfolge ist dieser Vorrang aber nicht ausgestaltet. Eine selbstständig einklagbare Verhandlungspflicht ist nicht anzunehmen, allenfalls eine beiderseitige Verhandlungsobliegenheit. Lehnt der Arbeitgeber den Antrag des Arbeitnehmers ab, ohne verhandelt zu haben, führt dieser Verstoß gegen die Verhandlungsobliegenheit nicht zur Unwirksamkeit der Ablehnung.
- 5.
Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG hat der Arbeitgeber der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Ein betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Hierbei trifft den Arbeitgeber keine besonders hohe Darlegungslast.
- 6.
Der Eingriff in die Vertragsfreiheit durch § 8 TzBfG rechtfertigt sich aus legitimen allgemeinen arbeitsmarkt- und gleichstellungs-politischen Zielsetzungen, was bei der Auslegung des Begriffs der entgegenstehenden betrieblichen Gründe zu beachten ist.
In dem Rechtsstreit
hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 26.06.2003
durch
die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Krönig und
die ehrenamtlichen Richter Hellermann und Schumacher
für Rechterkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des ArbG Göttingen vom 01.08.2002 - 2 Ca 359/01 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob die vollzeitbeschäftigte Klägerin Anspruch auf Reduzierung ihrer Arbeitszeit hat.
Die Klägerin ist seit dem 01.05,1993 im M. für in G. beschäftigt. Sie ist z. Z. als Vollzeitarbeitnehmerin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden in der Abteilung molekulare Zellbiologie tätig. Innerhalb der Abteilung gibt es eine eigene Arbeitsgruppe Entwicklungsbiologie, in der neben dem Abteilungsleiter regelmäßig zwei wissenschaftliche Mitarbeiter sowie drei Studenten/Doktoranden tätig sind. Dieser Arbeitsgruppe steht nach dem Stellenplan des Instituts eine technische Angestellte zur Verfügung.
Mit Schreiben vom 31.01.2001 verlangte die Klägerin die Verringerung ihrer Arbeitszeit mit Wirkung vom 01.05.2001 auf 25 Stunden. Am 08.02.2001 fand zwischen den Parteien ein Gespräch über das Teilzeitverlangen der Klägerin statt. An diesem Gespräch nahmen neben dem Leiter der Abteilung molekulare Zellbiologie, der Leiter der Arbeitsgruppe Entwicklungsbiologie, der Personalleiter sowie die Klägerin teil. Einzelheiten des Gesprächs sind zwischen den Parteien streitig.
Mit Schreiben vom 27.02.2001 lehnte der Beklagte das Teilzeitbegehren der Klägerin ab. Zur Begründung führte er aus, die Arbeit der Klägerin sei hochgradig spezialisiert und erfordere eine lange Einarbeitungszeit. Der Arbeitsbereich der Klägerin sei mit den Aktivitäten aller Gruppenmitglieder stark vernetzt und könne aus organisatorischen Gründen nicht ersetzt werden. Zudem gehe es nicht allein um die Erledigung eines Arbeitspensums, sondern um die systematische Durchführung von komplexen Versuchen mit ineinander geschachtelten Aufgaben. Solche Arbeitsabläufe könnten nicht beliebig unterbrochen und in die Hände anderer Personen übergeben werden. Es sei erforderlich, dass für diese Aufgaben eine technische Angestellte permanent während der dienstplanmäßigen Arbeitszeit für die Wissenschaftler der Arbeitsgruppe zur Verfügung stehe. Schließlich sei ein der Klägerin gleichwertiger Ersatz für eine Arbeitszeit von 13,5 Stunden nicht zu gewinnen.
Die Klägerin hat behauptet, die von ihr ausgeübte Tätigkeit könne nach bestimmten Arbeitssequenzen unterbrochen und am nächsten Tag weitergeführt bzw. am selben Tag anderen Personen übertragen werden. Die ihr übertragene technische Assistenz könne ohne weiteres auf zwei Teilzeitkräfte verteilt werden.
Die Versuchseinheiten seien in der Regel nach spätestens 5 Stunden abgeschlossen, meistens sogar früher. Eine zweite Teilzeitkraft könne, wenn sie um 13.00 Uhr ihren Arbeitsplatz verlasse, im fliegenden Wechsel an ihren Arbeitsplatz gehen und dort die Herstellung der Kulturen fortführen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, die Zustimmung zur Reduzierung der Arbeitszeit der Klägerin im Institut des Beklagten für in G. von 38,5 Stunden pro Woche auf 25 Stunden pro Woche mit einer Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage Montag bis Freitag von jeweils 8.00 Uhr bis 13.00 Uhr zu erteilen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen, die der Klägerin obliegenden Tätigkeiten könnten nicht beliebig unterbrochen und einer anderen Kraft übertragen werden. Die wichtigste experimentelle Schiene, die die Klägerin zu bearbeiten habe, beginne mit der Inkubation von Bruteiern, die zum vorausberechneten Zeitpunkt geöffnet und auf das Embryonalstadium überprüft werden müssten. Dieses Stadium hänge von vielen Parametern ab und könne nicht schematisiert werden. Eine Verlängerung der Inkubation könne daher je nach Entwicklungsstadium erforderlich werden, so dass sich nachfolgende Arbeiten zeitlich nach hinten verschieben. Dafür sei jedenfalls die Verfügbarkeit eines vollen Arbeitstages erforderlich. Gerade bei der Übergabe der von der Klägerin vorbereiteten Arbeiten an die wissenschaftlichen Mitarbeiter der Abteilung zum Zwecke der weiterführenden Experimente sei es erforderlich, dass die Klägerin den wissenschaftlichen Mitarbeitern den Stand und die Chronologie der angelegten Kulturen erläutere. Die anspruchsvollen wissenschaftlichen Experimente könnten in einer vernünftigen Weise nicht durchgeführt werden, wenn die vielschichtigen und ineinander verzahnten Arbeitsschritte von mehreren technischen Assistenten durchgeführt würden. Zudem sei es im zunehmenden Maße erforderlich, nicht nur neue Mitarbeiter, sondern auch Studenten in der Arbeitsgruppe Entwicklungsbiologie auszubilden. Dafür sei die volle Mitarbeit einer technischen Hilfskraft unabdingbar.
Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Der Sachverständige hat ausgeführt, das Tätigkeitsfeld der Klägerin in der Arbeitsgruppe Entwicklungsbiologie zeige die hohe Komplexität und Spezialisierung der Aufgabe einer technischen Angestellten in einem wissenschaftlichen Labor, die keinesfalls dem üblichen Berufsbild einer medizinisch-technischen Assistentin entspreche. Sie erfordere vielmehr nach der üblichen Ausbildung das Erlernen technischer Fertigkeiten und detaillierte Kenntnisse, die nur durch Training in einem wissenschaftlichen Labor erworben werden könnten. Die spezifische Expertise der Klägerin dürfte eher selten zu finden sein, da etwa in Niedersachsen nur zwei bis drei weitere Institute mit ähnlicher Arbeitsausrichtung existierten. Nach seiner Erfahrung seien einschlägig trainierte technische Angestellte auf dem Arbeitsmarkt nur durch Zufall zu finden. Selbstverständlich sei es für jede technische Angestellte möglich, im geeigneten Umfeld die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben. Nach seiner Erfahrung nehme die Einarbeitung bei einer Vollzeitbeschäftigung mindestens 6 Monate in Anspruch.
Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 01.08.2002 abgewiesen. Gegen das ihr am 15.08.2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 30.08.2002 Berufung eingelegt und sie nach Verlängerung der Begründungsfrist am 15.11.2002 begründet.
Die Klägerin hält an ihrer Rechtsauffassung fest, dass eine Verringerung der Arbeitszeit weder die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb beeinträchtige noch unverhältnismäßige Kosten verursache. Das Arbeitsgericht wiederhole in seiner Entscheidung im Wesentlichen die im Sachverständigengutachten sehr allgemein gehaltenen Angaben. So stelle das Arbeitsgericht darauf ab, dass die Praxis zeige, dass komplexe biologische Experimente nur dann in der notwendigen Qualität gelingen, wenn sie in einer Hand liegen und nicht "beliebig" an andere Personen weitergegeben werden. Darum gehe es im Streitfall jedoch nicht. Es gehe lediglich darum, dass die Tätigkeiten, mit denen sie betraut sei, auch von zwei Personen ausgeübt werden könnten. Die Teilung eines Arbeitsplatzes setze stets voraus, dass es hinreichend konkrete Absprachen zwischen den beteiligten Arbeitnehmern gäbe.
Die weitere Argumentation des Arbeitsgerichts, die Anwerbung einer zweiten technischen Angestellten führe zu erheblichen Schwierigkeiten, sei lediglich Spekulation. Selbst wenn man unterstelle, dass der Erwerb der notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten einige Monate in Anspruch nehme, müsse das keineswegs zu Beeinträchtigungen der Arbeitsfähigkeit der Arbeitsgruppe führen. Die Frage sei vielmehr, mit wem man in einem solchen Zeitraum Übergangsregelungen bzw. Vereinbarungen und Absprachen treffe. Die Einarbeitung einer weiteren Mitarbeiterin nehme maximal drei bis vier Monate, und nicht - wie vom Gutachter dargelegt - 6 Monate in Anspruch.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, die Zustimmung zur Reduzierung der Arbeitszeit der Klägerin im Institut des Beklagten für in G. von 38,5 Std. pro Woche auf 25 Std. pro Woche mit einer Verteilung der Arbeitszeit auf drei aufeinander folgende Wochentage mit jeweils 8,333 Std. zu erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte macht geltend, er habe für die verbleibenden 13,5 Stunden keine zweite Teilzeitkraft gewinnen können. Auf Grund des von der Klägerin in der Berufungsinstanz gestellten geänderten Antrages habe er die Stelle eines technischen Assistenten mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 13,5 Stunden an zwei Arbeitstagen am 10.12.2002 in der M. ausgeschrieben. Auf diese interne Stellenausschreibung seien keine Bewerbungen eingegangen. Er habe neben der internen Ausschreibung auch eine entsprechende Anfrage an das Arbeitsamt G. gerichtet. Das Arbeitsamt habe ihm mitgeteilt, dass keine geeigneten Bewerber gefunden werden konnten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der zu den Akten gereichten Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
A.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64, 66 ArbGG, 519, 520 Abs. 3 ZPO).
B.
Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zustimmung des Beklagten zu der von ihr gewünschten Verringerung der Arbeitszeit von bislang wöchentlich 38,5 Stunden auf 25 Stunden gem. § 8 Abs. 1, 4 Satz 1 TzBfG. Da die Klägerin keinen Anspruch auf die beantragte Arbeitszeitverringerung hat, konnte ihre Klage auch hinsichtlich der gewünschten Verteilung der verkürzten Arbeitszeit keinen Erfolg haben.
I.
Die Klage ist hinsichtlich beider Anträge zulässig.
Das Begehren der Klägerin richtet sich zunächst auf die Zustimmung des Beklagten zu der von ihr gewünschten Wochenstundenzahl. Die Klägerin verlangt insoweit die Abgabe einer Willenserklärung, nämlich die Annahme ihres Angebotes auf Reduzierung der vertraglichen Arbeitszeit. Die auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtete Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig.
Hinsichtlich der Arbeitszeitlage begehrt die Klägerin ebenfalls die Vornahme einer Handlung, nämlich die Festlegung der Arbeitszeitverteilung durch den Arbeitgeber nach ihren Wünschen. Der Gesetzeswortlaut in § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG (... ihre Verteilung... entsprechend festzulegen) macht deutlich, dass dieses Begehren nicht auf die Annahme eines Vertragsangebotes, sondern auf die konkrete Ausübung des Direktionsrechts gemäß dem Teilzeitverlangen gerichtet ist (Grobys/Bram, NZA 2001, 1175). Zulässige Klageart ist daher auch in diesem Fall eine allgemeine Leistungsklage. Da Arbeitszeitreduzierung und -verteilung getrennte Wege gehen können, liegen zwei verschiedene Streitgegenstände vor, die der Arbeitnehmer gem. § 260 ZPO kumulativ oder im Wege einer eventuellen Klagehäufung (uneigentliche Eventualhäufung) verfolgen kann.
Die Angabe eines konkreten Zeitpunktes, ab wann die begehrten Änderungen eintreten sollen, ist im Hinblick auf § 894 Abs. 1 ZPO entbehrlich. Dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist auch genügt, wenn der Zeitpunkt, zu dem die Vertragsänderung eintreten soll, nicht angegeben ist, weil jede Nennung willkürlich wäre und sich der Zeitpunkt durch die Rechtskraft des Urteils ohne weiteres bestimmen lässt (LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 20.07.2000 - 3 Sa 60/99 - n. v.; ArbG Essen, Urt. v. 19.06.2001 - 5 Ca 1373/01 - NZA-RR 2002, 398; Meinel/Heyn/Herms, § TzBfG, Rn. 119; ErfK/Preis, TzBfG, Rn. 51).
II.
Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch aus § 8 Abs. 1, 4 TzBfG auf Zustimmung zu der von ihr gewünschten Verringerung der Arbeitszeit von bislang 38,5 Stunden auf künftig wöchentlich 25 Stunden.
1.
Die Grundvoraussetzungen der Anwendbarkeit dieser Bestimmung sind gegeben: Die Klägerin ist Arbeitnehmerin, deren Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat. Der Beklagte beschäftigt mehr als 15 Arbeitnehmer. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 31.01.2001 die Verringerung der Arbeitszeit ab 01.05.2001 begehrt, somit mehr als drei Monate vor dem Beginn der geltend gemachten Reduzierung. Der Beklagte hat der Klägerin seine Ablehnungsentscheidung mit Schreiben vom 27.02.2001 auch spätestens einen Monat vor dem Beginn schriftlich mitgeteilt.
2.
Der Verringerung der Arbeitszeit stehen betriebliche Gründe i.S.v. § 8 Abs. 4 Satz 1, 2 TzBfG entgegen.
a.
Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist nach allgemeinen Grundsätzen grundsätzlich die letzte mündliche Verhandlung (ArbG Mönchengladbach, Urt. v. 30.05.2001 - 5 Ca 1157/01 - NZA 2001, 970; Diller, NZA 2001, 589; Grobys/Bram, NZA 2001, 1175; Rolfs, RdA 2001, 129; ErfK/ Preis, TzBfG Rn. 43; Schmidt, AuR 202, 245; Straub, NZA 2001, 925; differenzierend: Meinel/Heyn/Herms, § 8 Rn. 123; Hanau, NZA 2001, 1168; a. A. LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 20.07.2000 - 3 Sa 60/99 - n. v.; ArbG Arnsberg, Urt. v. 22.01.2002 - 1 Ca 804/01 - NZA 2002, 563; Beckschulze, DB 2000, 2606). Denn es handelt sich bei dem Anspruch auf Vertragsänderung nicht um ein einseitiges Gestaltungsrecht, dessen Wirksamkeit zu beurteilen ist. Nicht die Wirksamkeit der Ablehnungsentscheidung des Arbeitgebers wird überprüft, sondern die Frage, ob dem Arbeitnehmer ein Anspruch zusteht. Ob die Ablehnung durch den Arbeitgeber zu dem vorgenommenen Zeitpunkt berechtigt war oder nicht, ist erst für die Sperrfrist des § 8 Abs. 6 TzBfG relevant (ErfK/Preis, a. a. 0.).
b.
Entgegen der Auffassung der Klägerin führt die Verletzung der dem Arbeitgeber nach § 8 Abs. 3 TzBfG obliegenden Verhandlungspflicht nicht zur Unwirksamkeit der Ablehnung. § 8 Abs. 3 TzBfG bringt zwar zum Ausdruck, dass vom Gesetzgeber vorrangig eine Verhandlungslösung gewollt ist. Als präzise Stufenfolge ist dieser Vorrang aber nicht ausgestaltet. Eine selbstständig einklagbare Verhandlungspflicht ist nicht anzunehmen, allenfalls eine (beiderseitige) Verhandlungsobliegenheit (ErfK/Preis, TzBfG Rn. 15; Rolfs, RdA 2001, 129). Lehnt der Arbeitgeber den Antrag des Arbeitnehmers ab, ohne verhandelt zu haben, führt dieser Verstoß gegen die Verhandlungsobliegenheit nicht zur Unwirksamkeit der Ablehnung (BAG Urt. v. 18.02.2003 - 9 AZR 356/02).
c.
§ 8 Abs. 1 TzBfG bestimmt, dass ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate bestanden hat, verlangen kann, dass seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit verringert wird. Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG hat der Arbeitgeber der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Ein betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht.
Aus der Beifügung "insbesondere" ergibt sich, dass die in § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG aufgeführten Konstellationen lediglich Beispiele zur Veranschaulichung betrieblicher Gründe sind (BT-Drucks. 14/4374, 17). Streitig ist hingegen, ob die genannten Umstände, bei denen jedenfalls ein betrieblicher Grund vorliegt, in ihrer Intensität die Anforderungen des allgemeinen Tatbestandsmerkmals "betriebliche Gründe" bestimmen (vgl. dazu ErfK/ Preis, TzBfG Rn. 24; Rolfs, RdA 2001, 129). Die Systematik des TzBfG liefert einen ersten Hinweis darauf, welche inhaltlichen Anforderungen an "betriebliche Gründe" i.S.v. § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG zu stellen sind. §§ 9, 10 TzBfG stellen - im Gegensatz zu § 8 Abs. 4 TzBfG - auf "dringende betriebliche Gründe" ab. Hieraus folgt, dass an eine Einwendung des Arbeitgebers nach § 8 Abs.» TzBfG geringere Anforderungen zu stellen sind als an eine Einwendung des Arbeitgebers i.S.v. §§ 9, 10 TzBfG. Ordnet man die Norm zudem in das bestehende Begriffsgefüge ein, ergibt sich, dass vom Arbeitgeber kein strenger Maßstab gewollt ist. Das zeigt bereits die Entstehungsgeschichte. Der Referentenentwurf hatte eine berechtigte Ablehnung noch vom Vorliegen "dringender betrieblicher Gründe" abhängig gemacht(Referentenentwurf v. 05.09.2000, 30). In der Begründung hierzu hieß es, dringende betriebliche Gründe könnten beispielsweise gegeben sein, "wenn die Verkürzung der Arbeitszeit die Organisation, Planung oder Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt." Im Kabinettsentwurf wurde das Attribut "dringend" gestrichen und zur Erläuterung angeführt, "rationale., nachvollziehbare Gründe" genügten (BT-Drucks. 14/4374, 17). Dies spricht dafür, dass der Gesetzgeber die inhaltlichen Anforderungen, unter denen ein Anspruch auf Teilzeitarbeit ausgeschlossen ist, herabsetzen wollte.
Dass vom Gesetzgeber kein strenger Maßstab gewollt ist, zeigt zudem ein Blick auf die Vorschrift des § 15 BErzGG. Wenn § 8 Abs. 4 TzBfG ausdrücklich davon absieht, das Tatbestandsmerkmal "dringend" zu verwenden, folgt daraus zwingend, dass - im Unterschied zu § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BErzGG - geringere Anforderungen zu stellen sind. Dies ist auch deshalb gerechtfertigt und konsequent, weil der Teilzeitanspruch aus § 15 BErzGG - im Unterschied zu § 8 TzBfG - auf der Tatbestandsseite für den Arbeitnehmer von verfassungsrechtlich besonders geschützten Positionen, nämlich der Kindererziehung, ausgeht. Tatbestand und entgegenstehende betriebliche Gründe wird man angesichts des Eingriffs in die Berufsausübungs- und Vertragsfreiheit des Arbeitgebers im Sinne einer Wechselwirkung verstehen müssen: Je präziser die Tatbestandsvoraussetzungen für den Teilzeitanspruch gefasst sind, umso gewichtiger müssen die entgegenstehenden betrieblichen Gründe sein. Bei einem praktisch voraussetzungslosen, allgemeinen Teilzeitanspruch müssen dagegen die Anforderungen an die betrieblichen Gründe geringer sein. Denn der Arbeitgeber hat verfassungsrechtlich schutzwürdige Positionen (Art. 2, 12 Abs. 1 GG) auf seiner Seite, grundsätzlich die einmal vereinbarte Arbeitszeit beizubehalten. Dem Arbeitnehmer steht dagegen bei dem Teilzeitanspruch aus § 8 TzBfG kein besonders geschütztes verfassungsrechtliches Gut zur Seite. Der Eingriff in die Vertragsfreiheit durch § 8 TzBfG rechtfertigt sich aus legitimen allgemeinen arbeitsmarkt- und gleichstellungs-politischen Zielsetzungen des Gesetzgebers, was bei der Auslegung des Begriffs der entgegenstehenden betrieblichen Gründe zu beachten ist (Preis/Gotthardt, DB 2001, 145). Dieses Verständnis wird von der Gesetzesbegründung bestärkt, wonach keine unzumutbaren Anforderungen an den Arbeitgeber gestellt werden sollen. Ausreichend sollen rationale und nachvollziehbare Gründe sein (vgl. BAG Urt. v. 18.02.2003 - 9 AZR 164/02).
d.
Rational nachvollziehbare Gründe für die Ablehnung des Verringerungswunsches der Klägerin hat der Beklagte dargetan.
aa.
Der Beklagte hat das Teilzeitbegehren der Klägerin u.a. mit der Begründung abgelehnt, er könne keine geeignete Ersatzkraft finden.
Nach der Gesetzesbegründung ist der Einwand des Arbeitgebers, keine geeignete zusätzliche Arbeitskraft finden zu können, beachtlich, wenn er nachweist, dass eine dem Berufsbild des Arbeitnehmers, der seine Arbeitszeit reduziert, entsprechende zusätzliche Arbeitskraft auf dem für ihn maßgeblichen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung steht. Diesen Nachweis hat der Beklagte erbracht. Der Beklagte hat dargelegt und bewiesen, dass innerbetrieblich eine Ersatzkraft nicht zu finden ist. Er hat die Stelle eines technischen Assistenten mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 13,5 Stunden bundesweit am 10.12.2002 in der M. ausgeschrieben. Auf diese interne Stellenausschreibung sind unstreitig keine Bewerbungen eingegangen. Die Klägerin selbst hat in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts bestätigt, dass in der Zeit seit Stellung ihres Antrages vom 31.01.2001 bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung kein Arbeitnehmer des Betriebes G. Interesse an einer Teilzeittätigkeit in ihrer Abteilung gezeigt hat. Der Beklagte hat ferner neben der Ausschreibung eine entsprechende Anfrage an das Arbeitsamt G. gerichtet. Das Arbeitsamt hat dem Beklagten mitgeteilt, dass z. Z. keine geeigneten Bewerber zur Verfügung stehen. Das Schalten von Anzeigen in betriebsfremden Tageszeitungen konnte von dem Arbeitgeber im Streitfall nicht verlangt werden. Denn letztlich handelt es sich bei den geforderten Anstrengungen nur um die Ausfüllung des Nachweises des Fehlens einer Ersatzkraft (ErfK/Preis, TzBfG, Rn. 35). Steht dies unabhängig davon fest, ist es dem Arbeitgeber nicht verwehrt, sich auf das Fehlen einer Ersatzkraft zu berufen, auch wenn er keine Anzeige in betriebsfremden Tageszeitungen geschaltet hat (ErfK/Preis, a. a. 0.; Kittner/Däubler/Zwanziger, § 8 TzBfG, Rn. 28). Dass eine Ersatzkraft nicht zur Verfügung steht, steht zur Überzeugung der Kammer auf Grund des vom Arbeitsgericht eingeholten Sachverständigengutachtens fest. Der Sachverständige hat ausgeführt, die spezifische Expertise der Klägerin dürfte eher selten zu finden sein. In Niedersachsen existierten nur 2 bis 3 weitere Institute mit ähnlicher Arbeitsausrichtung. Nach seiner Erfahrung seien einschlägig trainierte technische Angestellte auf dem Arbeitsmarkt nur durch Zufall zu finden.
bb.
Dem Anspruch der Klägerin auf Teilzeitarbeit stehen zudem unverhältnismäßige Kosten entgegen.
Der Gesetzgeber hat den Begriff der Unverhältnismäßigkeit nicht näher definiert. Aus der Konzeption des Gesetzes folgt aber, dass die allgemein mit jeder Teilzeitarbeit einhergehenden finanziellen Belastungen dem Anspruch nicht entgegenstehen (Beckschulze, DB 2000, 2598; Meinel/Heyn/Herms, § 8 Rn. 71). Denn durch den beschäftigungspolitischen Hintergrund des Gesetzes ist gerade die Schaffung zusätzlicher (Teilzeit-) Arbeitsplätze Intention des Gesetzes. Lange Einarbeitungszeiten neu einzustellender Mitarbeiter können indes unverhältnismäßige Kosten und zugleich eine wesentliche Beeinträchtigung des Arbeitsablaufs verursachen (Beckschulze, a. a. 0.; Schiefer, Teilzeitarbeit, S. 43; ErfK/Preis, TzBfG Rn. 31). Welcher Einarbeitungsaufwand noch zumutbar ist, hängt von den betrieblichen und persönlichen Umständen im Einzelfall ab. Die Einarbeitung einer Teilzeitkraft erfordert grundsätzlich denselben Stundenaufwand wie die Einarbeitung einer Vollzeitkraft. Sie ist indes unwirtschaftlicher, da sie insgesamt länger dauert. Je geringer die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitszeit der Ersatzkraft ist, umso höher sind die Einarbeitungskosten. Obgleich eine starre Grenze nicht festgelegt werden kann, bietet sich eine Parallele zum Kündigungsschutzrecht an. Das Bundesarbeitsgericht hat bei der Frage der Vergleichbarkeit von Arbeitnehmern bezüglich der Sozialauswahl entschieden, dass im Hinblick auf eine Einarbeitungszeit von 3 Monaten eine Vergleichbarkeit nicht gegeben ist, wenn dem Arbeitnehmer die erforderlichen Kenntnisse noch fehlen (Urt. v. 05.05.1994 - 5 AZR 917/93 - AP Nr. 23 zu § 1 KSchG 1969). Die Dreimonatsfrist kann daher eine erste Orientierung dafür geben, was für einen Arbeitgeber als Einarbeitungszeit noch zumutbar ist. Bei einer längeren Einarbeitungszeit als 3 Monate dürfte auch der Arbeitsablauf wesentlich beeinträchtigt werden.
Vorliegend hat die Klägerin in der Berufungsbegründung eingeräumt, dass die Einarbeitungszeit einer weiteren Ersatzkraft etwa 3 bis 4 Monate beanspruchen würde.
III.
Da der Klägerin ein Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit nicht zusteht, kam es auf die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit nicht mehr an.
IV.
Die Berufung war daher mit der sich aus § 97 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.