Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 21.05.2003, Az.: 15 TaBV 2/03
Mitbestimmung und Beteiligungsrechte des Betriebsrats ; Auszubildende als Arbeitnehmer des Betriebs
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 21.05.2003
- Aktenzeichen
- 15 TaBV 2/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 10678
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2003:0521.15TABV2.03.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Braunschweig - 10.12.2002 - AZ: 3 BV 70/02
Rechtsgrundlagen
- § 99 BetrVG
- § 98 BetrVG
Amtlicher Leitsatz
Zu den Beteiligungsrechten des Betriebsrates nach § 98 Abs. 1 BetrVG - Durchführung der Maßnahme der Berufsbildung - und nach § 99 BetrVG - Einstellung - bei der Ausbildung betriebsfremder Auszubildender zusammen mit eigenen Auszubildenden in der Lehrwerkstatt des Arbeitgeber.
Redaktioneller Leitsatz
Arbeitnehmer des Betriebs, dessen Interessen der Betriebsrat im Rahmen seiner Beteiligungsrechte des § 99 BetrVG zu wahren hat, sind grundsätzlich auch die Auszubildenden des Betriebs (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG), auch wenn sie in keinem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen, sondern in einem Berufsausbildungsverhältnis im Sinne des § 1 Abs. 2 BBiG. Voraussetzung ist jedoch, dass die Auszubildenden in vergleichbarer Weise wie die Arbeiter und Angestellten in den Betrieb eingegliedert sind. Das Mitbestimmungsrecht besteht nur bei Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung. Dieser Begriff ist nicht räumlich, sondern funktional zu verstehen. Entscheidend ist nicht der Ort der Bildungsmaßnahme, sondern ob der Arbeitgeber Träger oder Veranstalter der Maßnahme ist und die Maßnahme für seine Arbeitnehmer durchgeführt wird, d.h. ein Mitbestimmungsrecht steht nur dem Betriebsrat desjenigen Betriebes zu, der auch für die Ausbildung verantwortlich und mit dem der Auszubildenden einen Ausbildungsvertrag hat.
In dem Beschlussverfahren
hat die 15. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf Grund der Anhörung am 21.05.2003
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Löber und
die ehrenamtlichen Richter Zinkler und Loos
beschlossen:
Tenor:
Unter Zurückweisung im Übrigen wird auf die Beschwerde des Betriebsrates der Beschluss des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 10.12.2002 - 3 BV 70/02 - abgeändert.
Der Arbeitgeber wird verpflichtet, seinen Betriebsrat gemäß § 99 BetrVG bei der Einstellung von Auszubildenden entsprechend der Vereinbarung zwischen ihm und der F. GmbH vom 05.07.2002 beteiligen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über Beteiligungsrechte des Betriebsrats bei der Ausbildung von Auszubildenden der F. GmbH (F) in der Lehrwerkstatt des Arbeitgeber, der R. GmbH (R).
Die R. beschäftigt in ihrem Betrieb in S. regelmäßig mehr als 20 Arbeitnehmer. Sie bildet im technisch-gewerblichen Bereich pro Jahr ca. 20 bis 24 Auszubildende aus. Die Ausbildung erfolgt überwiegend in ihrer Lehrwerkstatt. Im dritten Ausbildungsjahr werden die Auszubildenden für ca. 40 Wochen in der Produktion ausgebildet.
Die F. unterhält auf dem Betriebsgelände der R. einen eigenen Betrieb mit ca. 200 Arbeitnehmern und bildet seit dem 01.09.2002 in Kooperation mit der R. eigene Auszubildende im technisch-gewerblichen Bereich aus, weswegen beide am 05.07.2002 einen Vertrag abgeschlossen haben (Bl. 3 f. d.A.), der auszugsweise folgenden Wortlaut hat:
"§ 2
Durchführung der Ausbildung von F.-Auszubildenden bei R.(1)
R. übernimmt für bis zu 3 F.-Auszubildende ab dem Ausbildungsjahrgang 2002 die Durchführung der betrieblichen Ausbildung (Vermittlung der Fertigkeiten und Kenntnisse gemäß Ausbildungsverordnung) im 1., 2., 3. und 4. Ausbildungsjahr in dem Ausbildungsberuf Kommunikationselektroniker Fachrichtung Funktechnik.Im 3. Ausbildungsjahr ist die Ausbildung für ca. 40 Wochen innerhalb des Betriebes geplant. Diese führt F. selbst durch.
(2)
Für die Ausbildung im 1., 2., 3. und 4. Ausbildungsjahr stellen R. und F. einvernehmlich einen Ausbildungsplan auf.(3)
Die Ausbildung durch R. findet grundsätzlich im Betrieb von R. statt.(4)
Die Auswahl der F.-Auszubildenden, deren Ausbildung R. übernimmt, führt R. auf der Grundlage der mit F. abgestimmten Auswahlkriterien durch.§ 3
Ausbildungsverhältnis
(1)
F. schließt mit jedem seiner Auszubildenden, der nach Maßgabe von § 2 dieser Vereinbarung einen Teil seiner Ausbildung bei R. absolviert, einen Berufsausbildungsvertrag. Unbeschadet der Ausbildung bei R. besteht das Ausbildungsverhältnis nur zwischen F. und dem Auszubildenden.Die Verpflichtungen des Ausbildenden gegenüber dem Auszubildenden und anderen Stellen trägt ausschließlich F.. R. nimmt während der Ausbildung von F.-Auszubildenden die Rechte des Ausbildenden wahr.
(2)
F. vereinbart mit den betroffenen Auszubildenden im jeweiligen Berufsausbildungsvertrag, dass die Ausbildung - entsprechend § 2 dieser Vereinbarung - bei R. durchgeführt wird. Außerdem ist zu vereinbaren, dass der Auszubildende während seiner Ausbildung bei R. den dort geltenden betrieblichen Ordnungs- und Verhaltensvorschriften unterliegt und R. deren Einhaltung unmittelbar vom Auszubildenden verlangen kann."
Seit dem 01.09.2002 werden in der Werkstatt der R. zwei Auszubildende der F. ausgebildet, ohne dass die R. ihren Betriebsrat beteiligt hätte. R. und F. haben für die Auszubildenden der F. bisher keinen eigenen Ausbildungsplan gemäß § 2 Abs. 2 des Kooperationsvertrags vereinbart. Vielmehr werden die Auszubildenden der F. nach dem für die Auszubildenden der R. geltenden Ausbildungsplan in der Lehrwerkstatt ausgebildet.
Der Betriebsrat der R. reklamiert hinsichtlich der Auszubildenden der F. Beteiligungsrechte nach § 99 und nach § 98 Abs. 1 BetrVG und
hat beantragt,
- 1.
den Arbeitgeber zu verpflichten, ihn gemäß § 99 BetrVG bei der Einstellung von Auszubildenden entsprechend der Vereinbarung zwischen ihm und der F. GmbH zu beteiligen,
- 2.
festzustellen, dass ihm hinsichtlich der Durchführung der Ausbildung der Auszubildenden der F. GmbH das Mitbestimmungsrecht gemäß § 98 BetrVG zusteht.
Der Arbeitgeber hat beantragt,
die Anträge abzuweisen.
Mit Beschluss vom 10.12.2002 hat das Arbeitsgericht die Anträge abgewiesen. Es hat den Antrag zu 1) für unbegründet erachtet, weil die Auszubildenden der F. nicht in den Betrieb der R. eingegliedert seien, da sie nicht im Betrieb, sondern nur in der Lehrwerkstatt unterwiesen würden. Den Feststellungsantrag hat es mangels eines gegenwärtigen Feststellungsinteresses für unzulässig erachtet. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Gründe des Beschlusses Bezug genommen, der dem Betriebsrat am 19.12.2002 zugestellt worden ist, gegen den er am 09.01.2003 Beschwerde eingereicht hat, die er zugleich begründet hat.
Der Betriebsrat greift die Entscheidung des Arbeitsgerichts aus den in seiner Beschwerdeschrift wiedergegebenen Gründen an. Auf die Beschwerdeschrift vom 08.01.2003 wird Bezug genommen.
Der Betriebsrat beantragt,
in Abänderung des angefochtenen Beschlusses
- 1.
den Arbeitgeber zu verpflichten, ihn gemäß § 99 BetrVG bei der Einstellung von Auszubildenden entsprechend der Vereinbarung zwischen ihm und der F. GmbH zu beteiligen,
- 2.
festzustellen, dass ihm hinsichtlich der Durchführung der Ausbildung der Auszubildenden der F. GmbH das Mitbestimmungsrecht gemäß § 98 Abs. 1 BetrVG zusteht.
Der Arbeitgeber beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Auf seine Beschwerdeerwiderung vom 02.04.2003 wird gleichfalls Bezug genommen.
II.
Die statthafte Beschwerde (§ 87 Abs. 1 ArbGG) ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 Sätze 1 und 2, 87 Abs. 2, 89 Abs. 2 ArbGG).
Sie ist jedoch nur hinsichtlich des Antrags zu 1) begründet, hinsichtlich des Antrags zu 2) ist ihr dagegen kein Erfolg beschieden.
1.
In Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG zu unterrichten, um dem Betriebsrat die Prüfung zu eröffnen, ob er ihr zustimmt oder ihr aus den Gründen des § 99 Abs. 2 BetrVG die Zustimmung verweigert.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zum Beispiel Beschluss vom 22.04.1997 - 1 ABR 74/99, AP Nr. 18 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung) liegt eine mitbestimmungspflichtige Einstellung im Sinne des § 99 BetrVG vor, wenn Personen in den Betrieb eingegliedert werden, um zusammen mit den dort schon beschäftigten Arbeitnehmern den arbeitstechnischen Zweck des Betriebs durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen. Auf das Rechtsverhältnis, in dem diese Personen zum Arbeitgeber als dem Betriebsinhaber stehen, kommt es nicht an. Maßgeblich ist vielmehr die Eingliederung, also die Frage, ob die zu verrichtende Tätigkeit ihrer Art nach eine weisungsgebundene Tätigkeit ist, die der Verwirklichung des arbeitstechnischen Zweckes des Betriebes dient und daher vom Arbeitgeber organisiert werden muss. Die beschäftigten Personen müssen selbst so in die Arbeitsorganisation eingegliedert sein, dass der Arbeitgeber die für ein Arbeitsverhältnis typischen Entscheidungen über ihren Arbeitseinsatz auch nach Art, Zeit und Ort zu treffen hat und damit wenigstens einen Teil der Arbeitgeberstellung auch für sie einnimmt. Das Beteiligungsrecht des Betriebsrates auch bei der Eingliederung von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zu dem Arbeitgeber stehen, rechtfertigt sich auch Sinn und Zweck dieses Beteiligungsrechts. Es dient der Wahrnehmung der Interessen der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer. Werden Personen, die keine Arbeitnehmer sind, in den Betrieb eingegliedert und wirken diese mit den Arbeitnehmern des Betriebs unmittelbar zusammen, so können durch diese Maßnahme die Interessen der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer berührt werden, was zum Beispiel der Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 6 BetrVG deutlich macht.
Arbeitnehmer des Betriebs, dessen Interessen der Betriebsrat im Rahmen seiner Beteiligungsrechte des § 99 BetrVG zu wahren hat, sind grundsätzlich auch die Auszubildenden des Betriebs (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG), auch wenn sie in keinem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen, sondern in einem Berufsausbildungsverhältnis im Sinne des § 1 Abs. 2 BBiG. Voraussetzung ist jedoch, dass die Auszubildenden in vergleichbarer Weise wie die Arbeiter und Angestellten in den Betrieb eingegliedert sind. Das ist dann der Fall, wenn sich die berufspraktische Ausbildung im Rahmen des arbeitstechnischen Betriebszweckes vollzieht, zu dessen Erreichung die Arbeiter und Angestellten des Betriebes zusammenwirken. Die Berufsausbildung muss mit dem laufenden Produktions- oder Dienstleistungsprozess dergestalt verknüpft sein, dass die Auszubildenden mit solchen Tätigkeiten beschäftigt werden, wie sie auch zu den betrieblichen Aufgaben von Arbeitern und Angestellten des Betriebes gehören. Bei dieser Art der Berufsausbildung sind die Auszubildenden ebenfalls in den Betrieb eingegliedert. Sie unterscheiden sich von den ihm Betrieb eingegliederten Arbeitern und Angestellten im Wesentlichen nur dadurch, dass sie durch ihre Einbindung in das Betriebsgeschehen erste Kenntnisse und Fertigkeiten erwerben sollen, wie bei den Arbeitern und Angestellten bereits vorhanden sind und zur Förderung des Betriebszweckes eingesetzt werden (BAG, Beschluss vom 21.07.1993 - 7 ABR 35/92, AP Nr. 8 zu § 5 BetrVG 1972 Ausbildung).
Das bedeutet vorliegend, dass die Auszubildenden, die mit dem Arbeitgeber RE einen Berufsausbildungsvertrag geschlossen haben, Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG sind. Sie werden für den Betriebszweck des Arbeitgebers ausgebildet, sowohl in der Lehrwerkstatt, als auch ca. 40 Wochen in der Produktion. Sie sind in den Betrieb eingegliedert, denn sie werden von Arbeitnehmern des Arbeitgebers unterwiesen, sowohl in der Lehrwerkstatt als auch in der Produktion. Zwischen den Beteiligten besteht deshalb auch kein Streit darüber, dass dem Betriebsrat bei der Einstellung der eigenen Auszubildenden das Beteiligungsrecht des § 99 BetrVG und bei der Durchführung dieser betrieblichen Ausbildung das Mitbestimmungsrecht des § 98 Abs. 1 BetrVG zusteht.
Streit besteht lediglich darüber, ob dem Betriebsrat des Arbeitgebers R. Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechte bei der Ausbildung der Auszubildenden der F. in der Lehrwerkstatt der R. zustehen, obwohl sie in keinem Berufsausbildungsverhältnis zum Arbeitgeber R., sondern in einem Berufsausbildungsverhältnis mit ihrem Arbeitgeber F. stehen. Das ist entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts hinsichtlich des Beteiligungsrechtes des § 99 BetrVG nach dessen Sinn und Zweck zu bejahen.
Die Auszubildenden des Arbeitgebers R. sind, wie oben dargelegt, Arbeitnehmer des Betriebs. Die Auszubildenden der F. sind während ihrer Ausbildung in der Lehrwerkstatt in gleicher Weise in die betriebliche Organisation des Arbeitgebers R. eingegliedert, wie dessen eigene Auszubildende.
R. übt wesentliche Arbeitgeberfunktionen ihnen gegenüber aus. Es gelten die betrieblichen Ordnungs- und Verhaltensvorschriften der R., deren Einhaltung R. unmittelbar vom Auszubildenden verlangen kann (§ 3 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 2 des Kooperationsvertrags). R. nimmt während der Ausbildung die Rechte des Ausbildenden wahr (§ 3 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 2 des Kooperationsvertrags). R. nimmt sogar die Auswahlentscheidung vor (§ 2 Abs. 4 des Kooperationsvertrags). Die Auszubildenden der R. und der F. werden gemeinsam von Arbeitnehmern der R. unterwiesen. Das bedeutet jedoch, dass die Auszubildenden der F. in der Lehrwerkstatt der R. mit Arbeitnehmern der R. zusammenwirken, nämlich mit den Ausbildern und mit den Auszubildenden der R. und dem Direktionsrecht des Arbeitgebers R. unterstehen.
Diese Eingliederung in die betriebliche Ausbildung ist nach Sinn und Zweck des Beteiligungsrechts des § 99 BetrVG eine Einstellung im Sinne der Norm.
Durch diese Maßnahme können die Interessen der Belegschaft des Arbeitgebers R. berührt werden, nämlich die Interessen der Ausbilder und der Auszubildenden der R.. Die Wahrung ihrer Interessen, beispielsweise das nach § 99 Abs. 2 Nr. 6 BetrVG geschützte Interesse, ist Aufgabe des Betriebsrats.
Dem steht die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 21.07.1993 (a.a.O.) nicht entgegen. Die dort aufgestellten Merkmale für die Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft von Auszubildenden im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dienen der Unterscheidung zwischen Auszubildenden, die im Betrieb für einen dem Betriebszweck dienlichen Beruf ausgebildet werden und solchen Auszubildenden, die in reinen Ausbildungsbetrieben ausgebildet werden, also für nicht dem Betriebszweck dienliche Berufe. Letztere sind keine Arbeitnehmer des Ausbildungsbetriebes im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, erstere sind Arbeitnehmer des Betriebs im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, wie hier die Auszubildenden, die mit dem Arbeitgeber R. einen Berufsausbildungsvertrag geschlossen haben. Vorliegend ist aber nicht die Frage zu entscheiden, ob die Auszubildenden der F. Arbeitnehmer der R. im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG sind. Vielmehr ist die Frage zu entscheiden, ob ihre Eingliederung in die Lehrwerkstatt der R. eine Einstellung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG ist, obwohl sie kein Arbeitnehmer der R. im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG sind sondern solche der F.. Nach Sinn und Zweck des § 99 Abs. 1 BetrVG stellt ihre Eingliederung in die Lehrwerkstatt der R. aber eine Einstellung im Sinne der Norm dar, weil sie dort unmittelbar mit Arbeitnehmern der R. zusammenwirken und dem Direktionsrecht der R. unterstehen.
2.
Mit seinem Antrag zu 2) will der Betriebsrat festgestellt wissen, dass ihm bei der Durchführung der Ausbildung der Auszubildenden der F. in der Lehrwerkstatt der R. ein Mitbestimmungsrecht nach § 98 Abs. 1 BetrVG zusteht.
Das Arbeitsgericht hat insoweit ein berechtigtes Interesse an der alsbaldigen Feststellung dieses Mitbestimmungsrechts verneint, weil nicht erkennbar sei, dass bisher Mitbestimmungsrechte nach § 98 Abs. 1 BetrVG streitig seien. Dem begegnen auf Grund der Erklärung des Arbeitgebers R. in der mündlichen Anhörung vor der Beschwerdekammer Bedenken.
Bisher ist zwar kein Streitfall im Sinne des § 98 Abs. 1 BetrVG aufgetreten, weil für die Auszubildenden der F. noch kein eigener, mit der F. abgestimmter Ausbildungsplan im Sinne des § 2 Abs. 2 des Kooperationsvertrags abgeschlossen worden ist, sondern die Auszubildenden der F. nach dem mitbestimmten Ausbildungsplan der R. Auszubildenden ausgebildet werden. F. kann nach dem Kooperationsvertrag (§ 2 Abs. 2) jedoch jederzeit einen mit ihr abgestimmten Ausbildungsplan für ihre Auszubildenden verlangen. Für diesen Fall hat der Arbeitgeber R. ein Mitbestimmungsrecht des antragstellenden Betriebsrats aber ausdrücklich in Abrede gestellt.
Aber selbst wenn man weiterhin ein Feststellungsinteresse verneinen wollte, stände das einer Sachentscheidung nicht entgegen, da diese abschlägig zu erfolgen hat (streitig vgl. Thomas-Putzo, ZPO, 23. Auflage, § 256, Rdnr. 4).
Dem Betriebsrat der R. steht für die Durchführung der Ausbildung der Auszubildende der F. in der Lehrwerkstatt kein Mitbestimmungsrecht nach § 98 Abs. 1 BetrVG zu, denn diese werden nicht für den Betrieb der R. ausgebildet, sondern für den Betrieb der F.. Das Mitbestimmungsrecht besteht nur bei Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung. Dieser Begriff ist nicht räumlich, sondern funktional zu verstehen. Entscheidend ist nicht der Ort der Bildungsmaßnahme, sondern ob der Arbeitgeber Träger oder Veranstalter der Maßnahme ist und die Maßnahme für seine Arbeitnehmer durchgeführt wird (BAG, Beschluss vom 18.04.2000 - 1 ABR 28/99, AP Nr. 9 zu § 98 BetrVG 1992; Fitting, u.a., BetrVG, 21. Auflage, § 98, Rdnr. 9). Der Betriebsrat vertritt im Rahmen des § 98 Abs. 1 BetrVG die Interessen der Arbeitnehmer des Betriebs, hier als die Interessen der Auszubildenden, die Arbeitnehmer der R. sind, nicht aber die Interessen der Arbeitnehmer der F., hier der Auszubildenden, die Arbeitnehmer der F. sind.
Der vom Betriebsrat angezogene Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 18.04.2000 (a.a.O.) steht dem nicht entgegen. In jenem Fall der gemeinsamen Durchführung einer Maßnahme der Berufsbildung ist das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats des Arbeitgebers verneint worden, weil der Arbeitgeber auf die Durchführung der Maßnahme der Berufsbildung seiner Arbeitnehmer nach dem Kooperationsvertrag keinen bestimmenden Einfluss hatte, sodass eine Mitbestimmung des Betriebsrats entfiel. Hier haben R. und F. nach § 2 Abs. 2 des Kooperationsvertrags zum Einen einen gleich großen Einfluss bei der Gestaltung des Ausbildungsplans, also keiner von beiden einen bestimmenden Einfluss. Zum Zweiten ist zu beachten, dass ein solcher Ausbildungsplan nicht die Auszubildenden des Arbeitgebers R. betrifft, sondern die Auszubildenden des Arbeitgebers F., für die der Betriebsrat des Arbeitgeber F. funktional nicht zuständig ist.
3.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei (§ 12 Abs. 5 a ArbGG).
4.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf § 92 Abs. 1 Sätze 1 und 2 ArbGG i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.