Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 09.05.2003, Az.: 16 Sa 121/03
Verfall von Ansprüchen eines Landes als Arbeitgeber aus einem Arbeitsverhältnis mangels rechtzeitiger schriftlicher Geltendmachung ; Folgen einer Anwendbarkeit des Bundesangestelltentarifvertrags (BAT); Ausschlussfrist des BAT für die Geltendmachung von Ansprüchen aus einem Arbeitsverhältnis; Zweck der tariflichen Ausschlussfristen; Folgen einer Kenntnis des Arbeitgebers von den Umständen und Gründen des Anspruchs aus dem Arbeitsverhältnis; Geltendmachung von Ansprüchen auf Grund einer Unterschlagung des Arbeitgebers; Herausschieben der Fälligkeit wegen eines anhängigen Strafverfahrens; Zulässigkeit der Annahme eines schuldhaften Zögerns angesichts einer langen Zeitspanne
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 09.05.2003
- Aktenzeichen
- 16 Sa 121/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 31894
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2003:0509.16SA121.03.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Celle - 15.10.2002 - AZ: 1 Ca 364/02
Rechtsgrundlage
- § 70 BAT
In dem Rechtsstreit
hat die 16. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 09.05.2003
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Hannes,
den ehrenamtlichen Richter Tönjes und
die ehrenamtliche Richterin Jaeger
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des klagenden Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Celle vom 15.10.2002, Az. 1 Ca 364/02, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Das klagende Land verlangt von der Beklagten Schadensersatz.
Die 1954 geborene Beklagte war bei dem klagenden Land im Niedersächsischen Landgestüt ab 01.04.1996 als Angestellte - Buchhalterin - beschäftigt. Im Rahmen der Buchhaltung war sie zuständig auch für die haushaltstechnische Abwicklung von Zahlungsvorgängen und damit auch zuständig für die Empfangnahme von Bargeldbeträgen.
Grundlage der arbeitsvertraglichen Beziehungen sind die Arbeitsverträge vom 26.03.1996 (Blatt 210/211 d.A.), vom 24.06.1997 (Blatt 170/171 d.A.) sowie vom 18.06.1999 (Blatt 172 d.A.).
Zwischen den Parteien ist vereinbart, dass sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung bestimmt. Das klagende Land kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit Kündigung vom 27.10.2000. Zur Begründung wird aufgeführt, dass das klagende Land es als erwiesen ansehe, dass die Beklagte in ihrem Zuständigkeitsbereich Unterschlagungen von nicht unerheblichem Umfang begangen habe. Für eine Reihe von Barzahlungen in einer Gesamthöhe von 25.215,90 DM könnten nach dem derzeitigen Stand der Prüfungen der Buchhaltung keine Annahmeanordnungen und Einzahlungen gefunden werden. Nach Meinung des klagenden Landes komme in sämtlichen festgestellten Fällen nur die Beklagte in Frage, die genannten Geldbeträge unterschlagen zu haben. Der sich als Gewissheit darstellende dringende Verdacht des Vorliegens einer Straftat berechtige das klagende Land, der Beklagten die außerordentliche Kündigung auszusprechen. In dem Kündigungsschreiben wird weiter mitgeteilt, dass der Gesamtvorgang bei der Staatsanwaltschaft zur Anzeige gebracht werde und die zivilrechtliche Rückforderung der unterschlagenden Geldbeträge vorbehalten bleibe.
Wegen des Inhalts des Kündigungsschreibens insgesamt vom 27.10.2000 wird auf dieses (Blatt 266 bis 268 d.A.) verwiesen.
Im Verfahren vor dem Arbeitsgericht Celle unter dem Aktenzeichen 1 Ca 578/00 wurde in dem Kündigungsschutzprozess im Termin vom 23.11.2000 eine vergleichsweise Regelung dahingehend erzielt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auf Grund fristgerechter Kündigung des Landes vom 27.10.2000 aus betrieblichen Gründen mit dem 31.12.2000 beendet wird. Beide Parteien hielten an den beiderseitigen Rechtsstandpunkten zur Frage der Wirksamkeit der ursprünglich erklärten Kündigung fest.
Neben der Klägerin waren zum damaligen Zeitpunkt im Landgestüt jedenfalls noch beschäftigt Herr Dr. Br , der Tierarzt Dr. S , der Landstallmeister Dr. B; , der Büroleiter W , die Sachbearbeiterin für den Zuchtbereich, Frau S' , geborene Sc , die Bürokraft, Frau E , sowie der Kraftfahrer, Herr W.
Wegen der erhobenen Vorwürfe hat die Staatsanwaltschaft Lüneburg Anklage gegen die Beklagte erhoben bei dem Amtsgericht Celle wegen Unterschlagung. Das Strafverfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Das klagende Land trägt vor, die Klägerin habe bei Barzahlungen die erforderlichen Belege nicht gefertigt. Sie sei verpflichtet gewesen, eine Annahmeanordnung zu erstellen, was sie unterlassen habe. Sie habe vielmehr die Barbeträge nicht eingezahlt und auch zu keinem Zeitpunkt ein Fehlen von Geldern gemeldet.
Die Barbeträge habe entweder die Beklagte selbst oder andere Mitarbeiter in Empfang genommen. Soweit andere Mitarbeiter Barbeträge erhalten hätten, seien diese an die Beklagte weitergegeben worden. Quittungen seien hierfür nicht erteilt worden.
Aufgabe der Klägerin sei es auch gewesen, derjenigen Person, die die Rechnung ausgestellt habe, eine Einzelforderungsnummer aufzugeben, auf die das Geld habe eingezahlt werden können. Die Beklagte habe dann die Annahmeanordnung zu erstellen gehabt. Sie sei vollständig für die ordnungsgemäße Abwicklung bei Barzahlungen verantwortlich gewesen.
Bareinzahlungen bei anderen Mitarbeitern hätten nur dann vorgenommen werden können, wenn die Beklagte diesen Mitarbeitern zuvor ein ausgefülltes Bareinzahlungsformular mit einer Einzelforderungsnummer und dem Kassenzeichen gegeben hätte. Dieses habe die Beklagte auch jeweils herausgegeben. Andere Mitarbeiter hätten deshalb Gelder nicht unterschlagen können. Zwar seien Bargelder zwischenzeitlich im Tresor gelagert worden. Auch habe der Büroleiter W' einen Schlüssel für den Tresor gehabt. Dieser sei aber an den Tresor nicht gegangen. Der Beklagten hätte auch auffallen müssen, wenn aus dem Tresor Geld verschwunden gewesen sei und hätte dieses melden müssen.
Prüfungen der Kasse in Verbindung mit den übrigen Unterlagen hätten in der Vergangenheit nicht stattgefunden. Mitarbeiter des Gestüts hätten die Beklagte mehrfach aufgefordert zu überprüfen, ob die Kunden auch bezahlt hätten. Die Beklagte habe dieses stets hinausgezögert. Erst als die neue Mitarbeiterin E zum 02.01.2000 wieder beschäftigt worden sei, hätten Zahlungseingänge geprüft werden können. Frau EJ sei aufgefallen, dass zahlreiche Vorgänge nicht verbucht worden seien. Sie habe nach Rücksprache weiter nachgeforscht. Die Ergebnisse hätten dann zur Entlassung der Klägerin geführt.
Die Klageforderung setzt sich zusammen aus Zahlungen im Zusammenhang mit dem Verkauf von Tiefkühlsperma an verschiedene Kunden, drei weiteren Bareinzahlungsquittungen, die von der Beklagten unterschrieben worden sind sowie aus dem Verkaufserlös eines verletzten Junghengstes beim Schlachter im Februar 2000, den die Beklagte für sich vereinnahmt habe. Insoweit wird auf die Klageschrift vom 31.01.2002 nebst Anlagen verwiesen.
Das klagende Land hat vorgetragen, dass von weiteren Unterschlagungen auszugehen sei in einer Größenordnung von ca. 90.000,-- DM. Mit einer Klagerweiterung mit Schriftsatz vom 05.07.2002 wurde insoweit ein weiterer Betrag geltend gemacht, der sich aus einer Unterschlagung der Beklagten herleite bezüglich eines Kaufes von Tiefgefriersperma für 15.000,-- DM, das nur mit 10.000,-- DM verbucht worden sei.
Insoweit wird auf den Schriftsatz vom 05.07.2002 nebst Anlagen (Blatt 77 bis 88 d.A.) verwiesen.
Da die Beklagte die empfangenen Geldbeträge für sich verbraucht und nicht ordnungsgemäß verbucht habe, sei sie zum Ersatz des dadurch entstandenen Schadens verpflichtet.
Das klagende Land hat Klage erhoben mit einem Schriftsatz, der am 31.01.2002 beim Landgericht Lüneburg eingegangen ist. Der Rechtsstreit wurde an das Arbeitsgericht Celle verwiesen.
Das klagende Land hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, dem klagenden Land 12.966,82 6 sowie 2.556,46 6 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ausgeführt, sie habe ordnungsgemäße Buchungen vorgenommen. Für den Verlust des Geldes sei sie nicht verantwortlich.
Ansprüche gegenüber der Beklagten seien im Übrigen gemäß § 70 BAT verfallen, da Schadensersatzansprüche zu keinem Zeitpunkt schriftlich ihr gegenüber geltend gemacht worden seien.
Durch Urteil des Arbeitsgerichts Celle vom 15.10.2002 wurde die Klage abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits dem klagenden Land auferlegt und der Streitwert auf 15.523,28 e festgesetzt. Wegen des Inhalts des Urteils vom 15.10.2002 wird auf dieses (Blatt 192 bis 202 d.A.) verwiesen.
Dieses Urteil wurde dem klagenden Land am 18.12.2002 zugestellt. Hiergegen legte dieses am Montag, den 20.01.2003 Berufung ein und begründete diese mit einem am 14.02.2003 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz.
Zur Begründung führt das klagende Land aus, die Forderungen seien nicht gemäß § 70 BAT erloschen. Die Schadensersatzforderungen seien im Zeitpunkt des Kündigungsschreibens vom 27.10.2000 noch nicht fällig gewesen. Die strafbaren Handlungen der Beklagten seien noch nicht vollkommen aufgeklärt worden. Die Beklagte habe die Straftaten bestritten. Im Sommer 2002 seien weitere Unterschlagungsfälle aufgetaucht, die derzeit geklärt würden. Das klagende Land könne sich durch das Abwarten des Strafverfahrens eine weitere Aufklärung des streitigen Sachverhaltes versprechen. Die Anklage der Staatsanwaltschaft datiere vom 16.10.2001. Eine Hauptverhandlung habe bereits stattgefunden, ein weiterer Termin sei auf Herbst 2003 angesetzt. Eine Geltendmachung vor Ende des Strafverfahrens sei nicht erforderlich gewesen.
Nachdem das klagende Land darauf hingewiesen worden ist, dass bereits mit Schriftsatz vom 25.09.2000 in der ersten Instanz die Klage in Höhe eines Betrages von 1.645,-- DM zurückgenommen wurde, beantragt das klagende Land nunmehr,
das Urteil des Arbeitsgerichts Celle vom 15.10.2002, Az. 1 Ca 364/02, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an das klagende Land 12.125,74 6 sowie 2.556,46 6 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des klagenden Landes zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 18.03.2003. Hierauf wird verwiesen (Blatt 262 bis 265 d.A.).
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des klagenden Landes ist nicht begründet.
Das Arbeitsgericht Celle hat den Rechtsstreit bezüglich der Forderung aus der Klageschrift zutreffend entschieden. Insoweit kann in vollem Umfange auf die Begründung des erstinstanzlichen Urteils (Blatt 196 bis 201 d.A.) verwiesen werden.
Die Ansprüche des klagenden Landes sind in vollem Umfange mangels rechtzeitiger schriftlicher Geltendmachung gemäß § 70 BAT verfallen.
Nach dieser Vorschrift verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit vom Angestellten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden, soweit tarifvertraglich nichts anderes bestimmt ist.
Der BAT findet kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung.
Grundsätzlich wird ein Anspruch des Arbeitgebers auf Schadensersatz fällig in dem Zeitpunkt, zu dem der Schaden eingetreten ist. Die Fälligkeit tritt mit dem Entstehen des Anspruchs ein.
Dieses ist allerdings nicht der Fall, wenn der Gläubiger keine Kenntnis von der Entstehung des Schadens hat. Es muss ihm tatsächlich möglich sein, seinen Anspruch geltend zu machen und einen Zahlungsanspruch wenigstens annähernd zu beziffern. Des Weiteren muss der Gläubiger jedoch auch ohne schuldhaftes Zögern die Voraussetzungen dafür schaffen, um seinen Anspruch beziffern zu können (vgl. Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 14. September 1994, Az. 5 AZR 407/93, in NZA 95, 897 bis 899 m.w.N.).
Der Zweck der tariflichen Ausschlussfristen besteht darin, nach Ablauf der im Tarifvertrag bestimmten Frist zwischen den Arbeitsvertragsparteien Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zu schaffen. Diesem Zweck wird nur dann genüge getan, wenn der Gläubiger auch die Obliegenheit hat, alles Zumutbare zu tun, um Kenntnis von den Anspruchsgrundlagen zu erhalten. Dieses bedeutet, dass sich einerseits der Arbeitgeber als Gläubiger das Verhalten und Wissen seiner Mitarbeiter zurechnen lassen muss und er den Betriebsablauf so zu organisieren hat, dass Buchungsfehler bzw. -mängel auffallen und er in der Lage ist, seine Mitarbeiter entsprechend zu kontrollieren.
Vorliegend ergibt sich aus der ausgesprochenen Kündigung vom 27.10.2000 im Zusammenhang mit dem Vortrag des klagenden Landes, es hätten Nachforschungen stattgefunden, bei denen sich herausgestellt habe, dass bei bestimmten Barzahlungen keine korrespondierenden Annahmeanordnungen vorhanden seien, dass das klagende Land davon überzeugt gewesen ist, dass Unterschlagungen durch die Beklagte stattgefunden haben. Deutlicher als im Kündigungsschreiben vom 27.10.2000 kann kaum ausgeführt sein, dass einerseits Beweise für das Verhalten der Beklagten vorlägen, nachgewiesen werden könne, dass der Eingang des Geldes im Zuständigkeitsbereich der Beklagten stattgefunden habe, andererseits der weitere Verbleib aber ungeklärt sei und nur die Beklagte für derartige Unterschlagungen in Frage komme. Es ergebe sich Gewissheit für das klagende Land für das Vorliegen einer Straftat durch die Beklagte in Bezug auf diese Geldbeträge.
Damit hatte das klagende Land jeweils Nachforschungen angestellt, nachdem es von entsprechenden Mängeln erfahren hatte und hat positive Feststellungen dazu getroffen, dass die Beklagte für Unterschlagungen verantwortlich ist. Ob insoweit noch ein früherer Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderungen anzunehmen ist, weil offensichtlich die erforderlichen Kontrollen gefehlt haben, kann letztlich dahingestellt bleiben, denn bezüglich der Klageansprüche des klagenden Landes war jedenfalls am 27.10.2000 ausreichende Sicherheit in Bezug auf Grund und Höhe der Forderung gegenüber der Beklagten vorhanden.
Die Fälligkeit ist auch nicht durch das anhängige Strafverfahren herausgeschoben. In der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 26.05.1981 (3 AZR 259/78, in AP Nr. 71 zu § 4 TVG, Ausschlussfristen) ist ausgeführt, dass einem Arbeitgeber, der durch strafbare Handlungen seines Schuldners geschädigt wird, nicht schuldhaftes Zögern vorgeworfen werden kann, wenn er bei dem Entstehen eines Verdachts oder bei der Aufdeckung einer Straftat nicht sofort mit Ersatzansprüchen gegen verdächtige oder mitschuldige Arbeitnehmer hervorgetreten ist, sondern zunächst den Ausgang eines Strafverfahrens abwartet. Das Bundesarbeitsgericht führt jedoch weiter aus, dass Voraussetzung insoweit sei, dass sich der Arbeitgeber durch das Strafverfahren auch weitere Aufklärung über Umfang und Grenzen seines Schadensersatzanspruchs versprechen kann. Bei fortgesetzten Vermögensdelikten, in denen umfangreiche Ermittlungen über den Tathergang anzustellen seien, könnte die Fälligkeit insoweit herausgeschoben sein.
Vorliegend ist in keiner Weise erkennbar, inwieweit durch das Strafverfahren weitere Erkenntnisse über den insoweit eingetretenen Schaden, wie er in der Kündigung zum Ausdruck kommt, erworben werden konnten. Aus dem eigenen Vortrag des klagenden Landes in der Klageschrift sowie im Kündigungsschreiben ist ersichtlich, dass sämtliche notwendigen Kenntnisse vorhanden waren. Das klagende Land hätte insoweit darlegen müssen, welche Erkenntnisse noch fehlten, weil bestimmte Kenntnisse in Bezug auf diese Forderungen nicht vorhanden waren oder welche weiteren Aufklärungen notwendig gewesen sind. Das klagende Land hat nicht vorgetragen, dass durch die Ermittlung der Staatsanwaltschaft weitere Erkenntnisse erworben wurden. Es ist nicht dargelegt, dass Einsicht in die Ermittlungsakten genommen wurde, um hieraus zu erkennen, welche neuen Tatsachen sich hieraus ergaben. Vielmehr ist die Klage eingereicht worden am 31.01.2002 vor Abschluss des Strafverfahrens, so dass auch hieraus ersichtlich ist, dass offensichtlich selbst aus Sicht des klagenden Landes ein Abwarten des Strafverfahrens nicht erforderlich gewesen ist.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass weitere Schäden bei dem klagenden Land durch das Strafverfahren möglicherweise hätten ermittelt werden können. Sofern Schadensersatzforderungen feststehen, sind diese gegenüber der gegnerischen Vertragspartei geltend zu machen, wobei weitere Forderungen vorbehalten bleiben können. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass das klagende Land die Ausschlussfristen des Tarifvertrages nicht beachtet hat und davon ausgegangen ist, dass diese keine Bedeutung haben, wie sich auch aus der Einreichung der Klage beim Landgericht ergibt trotz eindeutiger Rechtslage, dass es sich um einen arbeitsrechtlichen Anspruch handelt. Eine Geltendmachung der Ansprüche gegenüber der Beklagten liegt aber erstmalig mit Zustellung der Klage vom 31.01.2002 vor, also lange nach Ablauf der sechsmonatigen Ausschlussfrist.
Die Formulierung in der Kündigung, die zivilrechtliche Rückforderung der unterschlagenen Geldbeträge werde vorbehalten, stellt keine Geltendmachung dar, da es sich nur um einen Hinweis des Gläubigers handelt, mit dem er zu erkennen gibt, dass eine gesonderte Geltendmachung ggf. erfolge (so BAG, Urteil vom 10.12.1997, Az. 4 AZR 228/96, in AP Nr. 234 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.).
Die Ausschlussfrist umfasst aber auch die Forderung des klagenden Landes gemäß Schriftsatz vom 05.07.2002. Zwar trägt das klagende Land erstinstanzlich insoweit vor, erst im Sommer 2002 habe man von dem Gestüt W in den Niederlanden die entsprechenden Unterlagen erhalten und erst zu diesem Zeitpunkt den Sachverhalt feststellen können, jedoch ist insoweit nicht ersichtlich, inwieweit in diesem Zusammenhang die Voraussetzungen für die Geltendmachung ohne schuldhaftes Zögern geschaffen worden sind. Immerhin sind zwischen der Kündigung vom 27.10.2000, nach der man nach Angaben des klagenden Landes wusste, dass Unterschlagungen stattgefunden haben, bis zur Aufklärung fast zwei Jahre verstrichen. Das klagende Land hatte die Obliegenheit, nach Kenntnis von den behaupteten strafbaren Handlungen alles Zumutbare zu tun, um Kenntnis von den Anspruchsgrundlagen zu erhalten. Sofern ein schuldhaftes Zögern vorliegt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Fälligkeit weiter herausgeschoben ist.
Insoweit fehlt es aber vollständig an einem Vortrag des klagenden Landes darüber, welche Aufklärungen nach Oktober 2000 durchgeführt worden sind. Es wäre zu erwarten gewesen, dass nunmehr kurzfristig Revisoren in das Gestüt geholt werden, um die Buchungsunterlagen zu überprüfen. Immerhin handelt es sich bei dem Gestüt um ein solches des Landes Niedersachsen und damit um öffentliche Gelder, so dass unverzügliche Aufklärung geboten war.
Das Gericht kann mangels Vortrag des klagenden Landes nicht nachvollziehen, wann welche Überprüfungen durch welche Person erfolgt sind und warum erst im Sommer 2002 die Unterlagen vom Gestüt W vorhanden waren. Dieses kann nicht alleine damit erklärt werden, dass es sich um ein Gestüt aus den Niederlanden handelt, vielmehr müsste insoweit dargelegt werden, wann die Buchungsunterlagen überprüft wurden und wann daraufhin das Gestüt angeschrieben wurde, um Unterlagen zur Prüfung einzureichen.
Mangels Sachvortrages muss das Gericht deshalb angesichts der langen Zeitspanne von einem schuldhaften Zögern des klagenden Landes ausgehen, was bedeutet, dass die Fälligkeit auch dieser Forderung nicht bis zum Sommer 2 002 herausgeschoben war.
Auch hierbei bleibt unberücksichtigt, inwieweit auf dem Gestüt die vorhandenen Kassenanweisungen tatsächlich eingehalten wurden und damit auch die notwendigen Kontrollen stattgefunden haben. Zwar liegt dem Gericht nur eine Kassenanweisung vom 10.07.2002 vor, die verlangt, dass Monatsabrechnungen regelmäßig abzuzeichnen sind und jährliche Kontrollen stattzufinden haben. Dem Gericht ist nicht bekannt, ob auch in den Jahren zuvor eine entsprechende Anweisung bestanden hat, wovon jedoch angesichts der Tatsache, dass mit öffentlichen Geldern umgegangen wird, auszugehen ist. Fehlte es auch in der Vergangenheit an den notwendigen Kontrollen, so wäre auch insoweit die Frage zu stellen, ob die Fälligkeit nicht sogar bereits zu einem früheren Zeitpunkt als dem des Ausspruchs der Kündigung eingetreten ist.
Auf Grund der Nichteinhaltung der Ausschlussfristen durch das klagende Land hat das Gericht nicht mehr zu überprüfen, ob tatsächlich Unterschlagungen durch die Beklagte stattgefunden haben.
Nach alledem ist die Berufung des klagenden Landes zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Gegen dieses Urteil ist damit ein Rechtsmittel nicht gegeben.
Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach Maßgabe des § 72 a ArbGG wird hingewiesen.
Jaeger
Tönjes