Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 12.09.2003, Az.: 3 Sa 918/02 B

Konkursrechtliche Behandlung der nach einer Konkurseröffnung entstandenen Rentenanwartschaften eines Arbeitnehmers; Haftung des Betriebserwerbers für Versorgungsanwartschaften; Betriebsveräußerung im Rahmen eines Konkursverfahrens

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
12.09.2003
Aktenzeichen
3 Sa 918/02 B
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 32315
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2003:0912.3SA918.02B.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hannover - 17.04.2002 - AZ: 2 Ca 661/00 B
ArbG Hannover - 17.04.2002 - AZ: 2 Ca 661/00 B
nachfolgend
BAG - 19.05.2005 - AZ: 3 AZR 649/03

In dem Rechtsstreit
hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 12. September 2003
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Vogelsang und
die ehrenamtlichen Richter Hoheisel und Prigge
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 17.04.2002 - 2 Ca 661/00 B - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die konkursrechtliche Behandlung der nach Konkurseröffnung entstandenen Rentenanwartschaften des Klägers.

2

Der ... 1941 geborene Kläger war aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 2. Juni 1986 seit dem 1. August 1986 bei der Firma G... (der Gemeinschuldnerin) als Leiter des Qualitätswesens beschäftigt. Der schriftliche Arbeitsvertrag enthält in § 6 folgende Regelung über eine Altersversorgung:

"1.

Herrn S... wird eine Altersrente, vorzeitige Altersrente, Invaliden- und Witwenrente zugesagt, die sich grundsätzlich nach der Versorgungsordnung der G... in der Fassung vom 22. März 1984 bestimmt. Die Altersrente bemisst sich nach dem jeweiligen monatlichen Festgehalt und beträgt für Einkommensteile bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze der Angestelltenversicherung 0,75 % des rentenfähigen Arbeitsverdienstes für jedes abgeschlossene rentenfähige Dienstjahr, höchstens jedoch 15 %; für Einkommensteile oberhalb der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Angestelltenversicherung gelten die doppelten Sätze. Der für die Altersversorgung maßgebliche Dienstantritt wird auf den 1.08.1986 festgesetzt.

Der Anspruch auf Versorgungsleistungen entsteht nach einer Wartezeit von 5 anrechenbaren Dienstjahren.

2

..."

3

Der Kläger erhielt von der Gemeinschuldnerin und ihrer Rechtsvorgängerin seit 1988 jährlich einen Zwischenbescheid zur Höhe der betrieblichen Altersversorgung. Gemäß Zwischenbescheid vom 25. April 1994 erreichten die aufgelaufenen Teilbeträge aus dem versorgungsfähigen Arbeitsverdienst von Februar 1994 einen Wert in Höhe von 480,75 DM.

4

Durch Beschluss vom 1. Oktober 1995 eröffnete das Amtsgericht Elze über das Vermögen der Gemeinschuldnerin das Anschlusskonkursverfahren und ernannte den Beklagten zum Konkursverwalter. Dieser kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger durch Schreiben vom 15. Dezember 1995 zum 31. März 1996. Im Anschluss daran schlössen die Parteien vier befristete Arbeitsverträge, mit denen das Arbeitsverhältnis ohne Unterbrechung bis zum 31. Dezember 1997 fortgesetzt wurde. Die Arbeitsverträge enthalten jeweils unter anderem folgende Formulierung:

"Alle darüber hinaus von der Firma G... gewährten Vergütungen werden weiterhin gezahlt."

5

In einem Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Hannover (Az. 12 Ca 352/98) stritten die Parteien unter anderem über Rentenanwartschaften des Klägers für den Zeitraum vom 1. April 1996 bis zum 31. Dezember 1997. Durch rechtkräftiges Urteil vom 21. Januar 1999 stellte das Arbeitsgericht fest, dass der Kläger aus den mit dem Beklagten geschlossenen befristeten Arbeitsverträgen vom 1. April 1996 bis zum 31. Dezember 1997 Anwartschaften auf Gewährung einer Altersrente, vorzeitige Altersrente, Invaliden- und Witwenrente, die sich nach der Versorgungsordnung der G... in der Fassung vom 22. März 1984 bestimmen, erworben hat.

6

Der Beklagte hatte den Betrieb mit Wirkung vom 1. Januar 1998 an die Firma G... T... GmbH (Nebenintervenientin) verkauft, die den Kläger weiterhin beschäftigte. Durch Urteil vom 7. Januar 2001 stellte das Landesarbeitsgericht Niedersachsen fest, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers auf die Nebenintervenientin übergegangen sei. Die Nebenintervenientin erklärte in der Folgezeit die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger zum 31. Dezember 2000. Einen hierüber geführten Rechts streit beendeten der Kläger und die Nebenintervenientin durch einen Vergleich vom 8. Juni 2000, der eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 70.000,00 DM regelt . Weiter heißt es in dem Vergleich unter Ziffer 5.:

"Zwischen den Parteien besteht Einvernehmen darüber, dass weitere Ansprüche zwischen ihnen nur hinsichtlich der monatlichen Gehaltsansprüche bestehen."

7

Die bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens erdienten Rentenanwartschaften meldete der Kläger als Konkursforderung zur Tabelle an.

8

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der Beklagte sei verpflichtet, für die nach Konkurseröffnung bis zum 31. Dezember 1997 erdienten Anwartschaften einzustehen. Die Betriebserwerberin (Nebenintervenientin) hafte nicht für die bereits erworbenen Anwartschaften. Die gemäß § 613 a BGB für bereits entstandene Ansprüche vorgesehene Haftung des Betriebserwerbers gelte insoweit nicht, als der Konkursverwalter den Betrieb veräußere. Der Betriebserwerber trete zwar in die Versorgungsanwartschaften der begünstigten Arbeitnehmer ein, im Versorgungsfall schulde er jedoch nur die bei ihm verdienten Versorgungsleistungen.

9

Wegen der Berechnung seiner Rentenansprüche verweist der Kläger auf ein von ihm eingeholtes versicherungsmathematisches Gutachten des Instituts Dr. W..., das er mit der Klageschrift zu den Akten gereicht hat (Bl. 39 bis 45 d.A.). Hilfsweise begehrt er die Berücksichtigung der Rentenanwartschaften für die Zeit vom 1. April 199S bis zum 31. Dezember 1997 (Zeitraum der vier befristeten Arbeitsverträge).

10

Der Kläger hat der Firma G... T... GmbH den Streit verkündet. Diese ist dem Rechtsstreit auf Seiten des Klägers beigetreten.

11

Der Kläger hat beantragt,

  1. 1.

    es wird festgestellt, dass dem Kläger ein Masseanspruch in Höhe von 20.440,00 DM zusteht,

  2. 2.

    der Beklagte wird verurteilt, die zu Ziffer 1. festgestellte Forderung in Höhe von 20.440,00 DM zu hinterlegen (§ 232 BGB),

  3. 3.

    der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ab dem 01.09.2006 eine monatliche Altersrente in Höhe von 147,74 DM zu bezahlen, bei Inanspruchnahme vorzeitiger Altersrente in Höhe des um 0,003 für jeden Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme geminderten Zugangsfaktors (§ 77 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI),

  4. 4.

    hilfsweise zu 1.:

    Es wird festgestellt, dass dem Kläger ein Masseanspruch in Höhe von 15.895,00 DM zusteht,

  5. 5.

    weiter hilfsweise zu 2.:

    Der Beklagte wird verurteilt, die zu Ziffer 4. festgestellte Forderung in Höhe von 15.895,00 DM zu hinterlegen (§ 232 3GB),

  6. 6.

    weiter hilfsweise zu 3.:

    Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ab dem 01.09.2006 eine monatliche Altersrente in Höhe von 114,89 DM zu bezahlen, bei Inanspruchnahme vorzeitiger Altersrente in Höhe des 0,003 für jeden Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme geminderten Zugangsfaktors (§ 77 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI).

12

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

13

Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, für die ab Konkurseröffnung erdienten Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung hafte allein die Betriebserwerbin (die Nebenintervenientin). Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei einzig und allein zwischen dem Zeitraum bis zur Konkurseröffnung und dem Zeitraum nach Konkurseröffnung zu unterscheiden. Eine weitere Differenzierung zwischen einem Zeitraum ab Konkurseröffnung bis zum Tag der Betriebsübernahme einerseits und einem Zeitraum beginnend mit der Betriebsübernahme andererseits gebe es dagegen nicht. Der Beklagte hat darüber hinaus die Höhe der geltend gemachten Ansprüche bestritten. Das vorgelegte Gutachten sei inhaltlich nicht nachvollziehbar und im Übrigen unverbindlich. Es sei ihm (dem Beklagten) nicht bekannt, welche Unterlagen bei Erstellung des Gutachtens zugrunde gelegen hätten.

14

Durch Urteil vom 17. April 2002 hat das Arbeitsgericht dem Klagebegehren (wegen der Hauptanträge) entsprochen, dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und den Streitwert auf 7.944,84 6 festgesetzt. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 170 bis 173 d.A.) Bezug genommen. Das Urteil ist dem Beklagten am 5. Juni 2002 zugestellt worden. Er hat hiergegen am 28. Juni 2002 Berufung eingelegt und diese am 2. August 2002 begründet.

15

Der Beklagte ist der Ansicht, gemäß § 613 a BGB müsse der Erwerber eines Betriebes in alle Verpflichtungen des Veräußeres eintreten. Dies gelte auch für die zur Zeit der Betriebsveräußerung noch bestehenden Versorgungsanwartschaften. Ausgenommen hiervon seien lediglich die bis zur Konkurseröffnung erdienten Versorgungsanwartschaften. Die Auffassung des Klägers sowie des Arbeitsgerichts müsse dazu führen, dass der Konkursverwalter sich gezwungen sehe, den Betrieb möglichst rasch zu veräußern, damit etwaige Anwartschaften auf den Betriebserwerber übergingen und nicht der Masse zur Last fielen. Unzutreffend sei ferner der Urteilstenor. Dieser bedeute nämlich im Klartext, dass er (der Beklagte) für ein und dieselbe Forderung, nämlich die zukünftig zu zahlende Rente, doppelt eintreten müsse. Zum einen müsse er den kapitalisierten Betrag der Rente hinterlegen und zum anderen - ohne dass nach dem Urteilstenor auf den hinterlegten Betrag zurückgegriffen werden könne - ab einen bestimmten Zeitpunkt die Rente noch einmal an den Kläger auszahlen.

16

Die vom Kläger vorgelegte Berechnung des kapitalisierten Rentenbetrages werde nach wie vor nicht anerkannt. Hierzu sei bereits in erster Instanz umfangreich vorgetragen worden. Insbesondere entspreche der im Gutachten zugrunde gelegte Zinsfuß von 5,3 % nicht tatsächlichen Verhältnissen.

17

Der Beklagte beantragt,

das am 17.04.2002 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Hannover - 2 Ca 661/00 B - aufzuheben und die Klage kostenpflichtig abzuweisen.

18

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

19

Er verteidigt die arbeitgerichtliche Entscheidung nach Maßgabe seiner Schriftsätze vom 5. September 2002 (Bl. 198 bis 201 d.A.) sowie vom 20. Mai 2003 (Bl. 219/220 d.A.) .

Entscheidungsgründe

20

I

Die Berufung des Beklagten ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig (§§ 64, 66 ArbGG, 519, 52 0 ZPO).

21

II

Die Berufung ist jedoch nicht begründet, weil das Arbeitsgericht den Rechtsstreit zutreffend entschieden hat.

22

1.

Dem Antrag zu 1. war zu entsprechen.

23

a)

Insoweit ist die Klage zulässig. Für den Feststellungsantrag ist das gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse gegeben. Der Beklagte bestreitet nämlich die Einstandspflicht der Konkursmasse für die vom Kläger im streitigen Zeitraum erdienten Anwartschaften.

24

b)

Die Feststellungsklage ist auch begründet.

25

aa)

Die in dem Zeitraum von Konkurseröffnung (1. Oktober 1995) bis zum 31. Dezember 1997 erdienten Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung sind Masseansprüche im Sinne von § 59 Abs. 1 KO, für die die Konkursmasse einzutreten hat und nicht die Nebenintervenientin. Es handelt sich hierbei nämlich um Ansprüche, die aus Handlungen des Konkursverwalters entstanden sind. Der Beklagte hat den Kläger in dem streitigen Zeitraum unstreitig. weiterbeschäftigt. Dies gilt auch für die Zeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist und vor den später vereinbarten befristeten Arbeitsverhältnis -seil. Innerhalb dieses Zeitraums hat der Beklagte Erfüllung des Arbeitsvertrages verlangt und die vom Kläger erbrachte Arbeitsleistung als Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten entgegen genommen.

26

bb)

Unerheblich ist, dass bei Konkurseröffnung für den Kläger noch keine un-verfallbare Versorgungsanwartschaft bestand. Die Unverfallbarkeit ist, vielmehr mit dem 1. August 1996 eingetreten, also zu einem Zeitpunkt, als der Kläger nach Konkurseröffnung aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrages für den Beklagten beschäftigt war. Für die konkursrechtliche Behandlung von Anwartschaften kommt es nämlich nicht darauf an, ob die Anwartschaft bei Konkurseröffnung noch verfallbar war oder nicht. Diese Frage ist nur von Bedeutung für das Eingreifen des gesetzlichen Insolvenz -Schutzes gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG. Sie hat aber keinen Einfluss auf die Verteilungsgrundsätze des Konkurses (BAG, Urt. v. 29.10.1985 - 3 AZR 485/83 - AP 4 zu § 1 BetrAVG Betriebsveräußerung; BAG, Urt. v. 15.12.1987 - 3 AZR 420/87 - AP 18 zu § 1 BetrAVG).

27

cc)

Der Haftung des Beklagten steht auch nicht die Bestimmung des § 613 a BGB entgegen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob im vorliegenden Fall tatsächlich ein Betriebsübergang auf die Nebenintervenientin stattgefunden hat. Denn soweit der haftungsrechtliche Teil des § 613 a BGB mit den Grundsätzen des Konkursverfahrens nicht vereinbar ist, ist eine teleologische Reduktion geboten. Für die Abwicklung der Ansprüche, die zur Zeit der Konkurseröffnung bereits entstanden sind, sieht die Konkursverordnung ein Verfahren vor, das von dem Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung beherrscht ist. Dieses Prinzip wäre aber in einem vom Gesetzgeber nicht gewollten Maße durchbrochen, wenn langjährige Versorgungsbesitzstände bei der Betriebsveräußerung im Rahmen der Kaufpreisberechnung realisiert würden. Die Aufrechterhaltung der Ansprüche der betrieblichen Versorgung aus einer Altersversorgung ginge letztlich wirtschaftlich zu Lasten der übrigen Konkursgläubiger, denen aufgrund des mit Blick auf die Anwartschaften reduzierten Kaufpreises eine geringere Haftungssumme für die Befriedigung ihrer Ansprüche zur Verfügung stünde. § 613 a BGB ist daher bei der Betriebsveräußerung im Rahmen eines Konkursverfahrens insoweit nicht anwendbar, als bei Konkurseröffnung bereits entstandene Ansprüche abzuwickeln sind (BAG, Urt. v. 17.01.1980 - 3 AZR 160/79 - AP 18 zu § 613 a BGB; BAG, Urt. v. 20.11.19S4 - 3 AZR 584/83 - AP 38 zu § 613 a BGB) . Damit steht allerdings nur fest, dass der Betriebsübernehmer nicht für bis zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung erworbenen Anwartschaften haftet. Gleichzeitig folgt aus § 613 a BGB, dass der Betriebserwerber für diejenigen Anwartschaften einzustehen hat, die ab Übernahme des Betriebes entstehen.

28

Bisher nicht entschieden ist jedoch die Frage, wer für Anwartschaften einzustehen hat, die während einer Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters durch den Konkursverwalter begründet werden. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausführt, differenzieren die bisher ergangenen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts wegen der Haftung lediglich, zwischen dem Zeitraum vor und nach Konkurseröffnung und enthalten keine Ausführungen zu der Frage, was für die Zeit zwischen Sicherungsfall und Betriebsübergang gilt. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht mehrfach ausgeführt, der Betriebserwerber müsse für den Teil der Rente einstehen, der nach Konkurseröffnung (bis zum Eintritt in den Ruhestand) erdient sei (vgl. BAG, Urt. v. 17.01.1980 - 3 AZR 160/79 - AP 18 zu § S13 a BGB, unter III. der Gründe, BAG, Urt. v. 29.10.1985 - 3 AZR 485/83 - AP 4 zu § 1 BetrAVG Betriebsveräußerung, unter B. 2. III. c) der Gründe). In anderen Entscheidungen weist das Bundesarbeitsgericht demgegenüber ausdrücklich darauf hin, dass der Betriebserwerber nur den Teil der Leistungen schuldet, den der Arbeitnehmer bei ihm erdient hat (vgl. BAG, Urt. v. 4.07.1989 - 3 AZR 756/87 - AP 10 zu § 1 BetrAVG Betriebsveräußerung, unter III. 2. a) der Gründe; BAG, Urt. v. 11.02.1992 - 3 AZR 117/91 - AP 13 zu § 1 BetrAVG Betriebsveräußerung, unter III. 2. b) der Gründe; BAG, Urt. v. 16.02.1993 - 3 AZR 347/92 - AP 15 zu § 1 BetrAVG Betriebsveräußerung, unter 1. b) der Gründe). In der Literatur wird wegen der Haftung teilweise eine Dreiteilung angenommen: Für die bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens bzw. des Insolvenzverfahrens erdienten Anwartschaften tritt der Pensionssicherungsverein ein, sofern die Anwartschaften zu diesem Zeitpunkt unverfallbar sind. Dem Betriebserwerber fallen die ab Betriebsübergang erdienten Versorgungsteile zur Last, während die Konkursmasse das zu tragen hat, was zwischen Eröffnung des Konkursverfahrens und Betriebsübergang erdient wird (Moll, Anm. zu BAG AP 148 zu § 613 a BGB; Blomeyer, Otto § 7 BetrAVG Rn. 204). Dieser Ansicht schließt sich die Kammer an. Denn die nach Konkurseröffnung bis zum Betriebsübergang zeitanteilig erdienten Betriebsrentenansprüche sind grundsätzlich Masseschulden (vgl. auch BAG, Urt. v. 15.12.1987 - 3 AZR 420/87 -AP 18 zu § 1 BetrAVG). Dieser Masseschuldcharakter kann durch einen nachträglichen Betriebsübergang nicht rückwirkend beseitigt werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 613 a BGB. Anderenfalls müsste nämlich der Betriebserwerber einstehen. Dies würde jedoch zu einer Bevorzugung von Mitarbeitern mit Versorgungsbesitzständen gegenüber den übrigen Konkursgläubigern führen, was dem im Konkursrecht geltenden Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung widerspräche. Der Betriebserwerber müsste den zu zahlenden Kaufpreis von vornherein wegen der von ihm zu erfüllenden Betriebsrentenanwartschaften mindern, mit der Folge einer entsprechend geringeren Haftungsmasse für die übrigen Konkursgläubiger.

29

Der Qualifizierung als Masseschuld steht entgegen der Ansicht des Beklagten auch nicht die Bestimmung des § 613 a Abs. 2 BGB- entgegen. Insoweit handelt es sich nämlich gerade um den haftungsrechtlichen Teil der gesetzlichen Regelung des Betriebsübergangs, der mit den Grundsätzen des Konkursverfahrens nicht vereinbar ist. Die gebotene teleologische Reduktion (s. hierzu II. 1. b) cc)) schließt gerade auch die Anwendung des § S13 a Abs. 2 BGB aus.

30

dd)

Unerheblich ist die Rüge des Beklagten wegen der Berechnung des kapitalisierten Rentenwertes. Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass die Einwendung des Beklagten insoweit nicht substanziiert ist. Es hätte schon angegeben werden müssen, aufgrund welcher Umstände ein niedriger Zinsfuß als der in dem Gutachten von Dr. W... zugrunde gelegte in Ansatz zu bringen wäre.

31

Im Übrigen wird wegen der Berechnung des Betrages auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen, denen sich die Kammer anschließt.

32

2.

Das Arbeitsgericht hat dem Beklagten ferner zu Recht verurteilt, den festgestellten Masseanspruch zu hinterlegen. Diese Verpflichtung ergibt sich aus der vom Arbeitsgericht genannten Bestimmung des § 191 Abs. 1 KO in Verbindung mit § 232 BGB. Entgegen der Rechtsansicht des Beklagten bedeutet der Tenor des arbeitsgerichtlichen Urteils auch nicht, dass er für ein und dieselbe Forderung doppelt zahlen muss. Die Hinterlegung dient dazu, eine Sicherheit für die künftigen monatlichen Rentenansprüche des Klägers zu gewährleisten. Einer Sicherung bedarf es so lange, als das Entstehen weiterer monatlicher Rentenzahlungen möglich erscheint, also zeitlebens des Klägers.

33

3.

Auch dem Antrag zu 3. des Klägers war zu entsprechen. Wie das Arbeitsgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausführt, sind die Voraussetzungen gemäß § 258 ZPO für eine Klage auf künftig fällig werdende wiederkehrende Leistungen gegeben. Wegen der Berechnung der monatlich zu zahlenden Beträge wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts in der angefochtenen Entscheidung verwiesen, denen sich die Kammer ausdrücklich anschließt.

34

III

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

35

Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Mr. 1 ArbGG zuzulassen.

Vogelsang,
Hoheisel,
Prigge