Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 18.03.2008, Az.: 5 Sa 553/07

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
18.03.2008
Aktenzeichen
5 Sa 553/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 39324
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2008:0318.5SA553.07.0A

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Oldenburg/Oldenburg - 14.02.2007 - AZ: 2 Ca 140/06

In dem Rechtsstreit

...

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 20. November 2007 durch

den Richter am Arbeitsgericht Kubicki,

den ehrenamtlichen Richter Herrn Hanstedt,

den ehrenamtlichen Richter Herrn Lüer

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 14.02.2007 - Az.: 2 Ca 140/06 - abgeändert:

  2. Die Klage wird abgewiesen.

  3. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

  4. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

  5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers auf leidensgerechte Beschäftigung, den dieser als Schwerbehinderter geltend macht, sowie hilfsweise um Schadensersatzansprüche wegen fehlender Erfüllung dieses Anspruches.

2

Wegen des gesamten unstreitigen Sachverhalts sowie wegen der geltend gemachten erstinstanzlichen Ansprüche und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf den ausführlichen und sorgfältigen Tatbestand des angefochtenen Urteils, Bl. 383-389 der Gerichtsakte verwiesen.

3

Mit Urteil vom 14.02.2007 hat das Arbeitsgericht Oldenburg die Beklagte verurteilt, an den Kläger 501,39 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.03.2006 zu zahlen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Wegen der rechtlichen Würdigung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils, Bl. 389-396 verwiesen.

4

Dieses Urteil ist beiden Parteien am 12.03.2007 zugestellt worden. Der Kläger hat mit einem am 11.04.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 12.06.2007 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem zuvor das Landesarbeitsgericht mit Beschluss vom 11.05.2007 die Berufungsbegründungsfrist bis zum 14.06.2007 verlängert hatte. Mit einem am 27.07.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Beklagte Anschlussberufung eingelegt, nachdem das Landesarbeitsgericht zuvor mit Beschluss vom 29.06.2007 die Frist zur Berufungserwiderung bis zum 20.08.2007 verlängert hatte.

5

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Klageziel in vollem Umfang weiter. Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Er meint, in seiner Position als Souchef sei ein dauerhafter Einsatz als Tischchef aufgrund der tarifvertraglichen Bestimmungen per Direktionsrecht möglich. Dies habe das angefochtene Urteil verkannt. Im Übrigen sei durch die Schutzvorschriften des SGB IX ein Anspruch auf Beförderung nicht ausgeschlossen. Schließlich stehe ihm ein Beschäftigungsanspruch nach dem AGG und der Betriebsvereinbarung zu. Die hilfsweise geltend gemachten Zahlungsanträge dienten dazu, materiell seinen Verdienstausfallschaden aufgrund der unterlassenen Zuweisung der Tätigkeit als Tischchef auszugleichen.

6

Mit seinem am 02.10.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz stützt der Kläger seinen Beschäftigungsanspruch auch auf die zwischenzeitlich zum 01.07.2007 freigewordenen Stellen als Tischchef. Er hält das AGG für anwendbar, da aufgrund der Ereignisse im Jahr 2005 und der erneuten Nichtberücksichtigung bei der Stellenbesetzung zum 01.07.2007 ein Dauertatbestand vorliege.

7

Er beantragt,

    1. 1.

      das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 14.02.2007, Az.: 2 Ca 140/06 abzuändern, soweit es die Klage abgewiesen hat und die Beklagte zu verurteilen, ihn auf der am 01.01.2005 freigewordenen Stelle des Tischchefs in der Spielbank B.... im Übrigen unveränderten Arbeitsbedingungen zu beschäftigen,

  1. hilfsweise,

  2. die Beklagte zu verurteilen, ihn auf einer anderen Stelle als Tischchef zu im Übrigen unveränderten Arbeitsbedingungen zu beschäftigen;

  3. äußerst hilfsweise

    1. 1.

      die Beklagte zu verurteilen, an ihn 835,65 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.03.2006 zu zahlen;

    2. 2.

      die Beklagte zu verurteilen, an ihn für die Monate April bis einschließlich September 2006 insgesamt weitere 1 007,79 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.10.2006 zu zahlen;

    3. 3.

      die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab dem 01.10.2006 Monat für Monat 168,80 € brutto zu zahlen.

8

Die Beklagte beantragt,

  1. 1.

    die Berufung des Klägers zurückzuweisen sowie

  2. 2.

    auf ihre Anschlussberufung hin das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 14.02.2007 abzuändern und die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,

  1. die Anschlussberufung zurückzuweisen.

10

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil, soweit dieses die Klage abgewiesen hat. Im Übrigen hält sie es für rechtsfehlerhaft, da keine Diskriminierung des Klägers aufgrund seiner Schwerbehinderteneigenschaft vorgelegen habe.

11

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufung wird Bezug genommen auf ihre Schriftsätze vom 12.06., 25.07. und 28.09.2007 verwiesen.

Entscheidungsgründe

12

Die Berufung des Klägers musste erfolglos bleiben, wohingegen die Anschlussberufung der Beklagten erfolgreich war.

13

A.

Die Berufungen beider Parteien sind zulässig, statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64, 66 ArbGG, 511, 519, 520 ZPO). Insbesondere ist auch die Anschlussberufung der Beklagten innerhalb der mit Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 29.06.2007 verlängerten Berufungserwiderungsfrist begründet worden.

14

B.

I.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht Oldenburg - soweit sich der Kläger mit seiner Berufung gegen dieses Urteil wendet - die Klage abgewiesen.

15

1.

Der Hauptantrag des Klägers ist unbegründet. Er hat keinen Anspruch auf Übertragung der zum 01.01.2005 freigewordenen Stelle als Tischchefs in der Spielbank B.... schenahn. Unabhängig davon, ob sich für das Begehren des Klägers überhaupt eine Anspruchsgrundlage finden lässt, steht jedweder möglichen Anspruchsgrundlage die auf § 275 BGB beruhende Einwendung der Unmöglichkeit entgegen.

16

a)

Nach dem Wortlaut dieser Norm (Abs. 1) ist der Anspruch auf Leistung ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist. Aufgrund der im Jahr 2002 durchgeführten Schuldrechtsreform wird im Einzelnen nicht mehr auf die Art der Unmöglichkeit differenziert, es werden die nachträgliche und die anfängliche, die vom Schuldner zu vertretende und die vom Schuldner nicht zu vertretende sowie die objektive, das heißt für jedermann geltende und die subjektive, die nämlich nur die den Schuldner betreffende Unmöglichkeit gleichgestellt und von der Reichweite der Vorschrift des § 275 BGB erfasst. Liegt der Tatbestand dieser Norm vor, dann wird der Schuldner von der Erbringung der Primärleistung befreit. Ein Sonderfall der Unmöglichkeit ist die sogenannte rechtliche Unmöglichkeit. Danach ist eine Leistung unmöglich, wenn sie aus Rechtsgründen nicht erbracht werden kann. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der begehrten Leistung ein dauerndes Rechtshindernis entgegensteht.

17

b)

Die zuletzt erwähnte sogenannte rechtliche Unmöglichkeit ist im konkreten Streitfall gegeben. Sie wird durch den Umstand der Stellenübertragung der vom Kläger mit dem Hauptantrag begehrten Stelle auf den Mitarbeiter K.... begründet. Bezogen auf das Rechtsverhältnis der Beklagten zu diesem Mitarbeiter hat dieser die Position des Tischchefs im Wege einer Beförderung und unter Veränderung seiner arbeitsvertraglichen Aufgaben erhalten. Der Beklagten ist es aus Rechtsgründen verwehrt, Herrn K.... die Stelle im Wege des einfachen Direktionsrechtes gemäß § 106 GewO zu entziehen und auf diese Weise den Weg frei zu machen für eine Vergabe an den Kläger. Gegenüber jenem Mitarbeiter müsste die Beklagte eine Kündigung oder aber eine Änderungskündigung aussprechen, welche an den Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes (§§ 1, 2 KSchG) zu messen ist. Für eine solche Kündigung gibt es keine Kündigungsgründe. Es ist der Beklagten rechtlich unmöglich, die vom Mitarbeiter K.... besetzte Stelle frei zu machen und dem Kläger zu übertragen.

18

2.

Der erste Hilfsantrag des Klägers ist unbegründet. Er hat keinen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung auf einer anderen Stelle als Tischchef zu im übrigen unveränderten Arbeitsbedingungen. Ein solcher Anspruch rechtfertigt sich insbesondere auch nicht gemäß § 81 Abs. 4 Nr. 1 SGB IX. Denn diese Anspruchsgrundlage begründet keinen Anspruch auf Übertragung einer Beförderungsstelle. Die Beschäftigung des Klägers mit Aufgaben eines Tischchefs stellt jedoch eine solche, von den Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes nicht geschuldete Beförderung dar. Zunächst einmal macht sich das Berufungsgericht insoweit vollständig die zutreffenden und ausführlichen Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts Oldenburg (Bl. 14, 3. Abs. bis Bl. 20, 2. Absatz) zu eigen, verweist auf diese und stellt dies fest. Dort ist im Einzelnen zutreffend, umfassend und sorgfältig begründet worden, aus welchen Gründen dem Kläger als schwerbehinderten Menschen kein Anspruch auf Übertragung einer Beförderungsstelle zukommt und entgegen seiner Rechtsauffassung die Beschäftigung mit Tätigkeiten eines Tischchefs eine Beförderungsstelle darstellt.

19

Die weitergehenden Ausführungen des Klägers in der Berufung veranlassen zu folgenden Feststellungen:

20

a)

§ 81 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 SGB IX erkennt einem schwerbehinderten Menschen einen Anspruch auf leidensgerechte Beschäftigung zu. Ein Anspruch auf Beförderung ist hiermit nicht verbunden ( BAG, Urteil vom 10.05.2005, Az: 9 AZR 230/04 - AP Nr. 8 zu § 81 SGB IX, BAG, Urteil vom 19.09.1979, Az.: 4 AZR 877/77 - BAGE 32/105). Wenn auch das Bundesarbeitsgericht in den zuvor zitierten Entscheidungen hervorhebt, das Schwerbehindertenrecht schließe eine Beförderung der Schwerbehinderten nicht aus, dann folgt hieraus, dass schwerbehinderte Menschen mit anderen Bewerbern um eine Beförderungsstelle konkurrieren und im Grundsatz das Prinzip der Bestenauslese gilt. Allenfalls kann in Erwägung gezogen werden, dem schwerbehinderten Menschen einen Beförderungsanspruch bei Gleichwertigkeit mit anderen Bewerbern zuzuerkennen (GK-Großmann, § 81 RdNr. 336).

21

b)

Die streitgegenständlich vom Kläger erstrebte Beschäftigung als Tischchef entspricht einer Beförderung. Die Systematik des einschlägigen Tronc- und Gehaltstarifvertrages lässt eine klare Hierarchie beginnend mit dem stellvertretenden Spielbankleiter bis hin zum Reinigungspersonal erkennen. Diese Hierarchie wird auch durch unterschiedliche Vergütungsgruppe dokumentiert. In dieser Rangfolge steht der Tischchef eindeutig über dem Souchef. Entsprechend dem Wortlaut und der Systematik des § 4 A des Tarifvertrages des Tronc- und Gehaltstarifvertrages der Spielbanken Niedersachsen GmbH ist ein dauerhafter Einsatz eines Souchefs als Tischchef nicht zulässig. Dies folgt aus der Auslegung des Tarifvertrages.

22

aa)

Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den Regeln, die für die Auslegung von Gesetzen gelten. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Dabei ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien wie Tarifgeschichte praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt ( BAG Urteil vom 15.11.2006, Az.: 10 AZR 637/05 - juris; BAG, Urteil vom 08.03.2006, Az.: 10 AZR 129/05 - AP Nr. 3 zu § 1 TVG Tarifverträge; Telekom).

23

bb)

Der Wortlaut der Ziffer 8 des § 4 dieses Tarifvertrages bestimmt eindeutig und in erster Linie die Arbeitsaufgabe eines Souchefs als Drehcroupier. Wenn es in dieser Norm weiter heißt "kann aber auch als Tischchef eingesetzt werden", ist hiermit nur ein subsidiärer Einsatz neben der Hauptaufgabe eines Drehcroupiers gemeint, keinesfalls kann der Souchef dauerhaft als Tischchef im Wege des Direktionsrechtes eingesetzt werden.

24

Soweit der Kläger das vom Arbeitsgericht Oldenburg insoweit zutreffend angenommene Auslegungsergebnis unter Hinweis auf die Rechtsgrundsätze des Bundesarbeitsgerichts ( BAG, Urteil vom 15.11.2006, Az.: 10 AZR 736/05 - AP Nr. 7 zu § 1 TVG Tarifverträge) angreift, verkennt er die unterschiedliche Formulierung des Tarifvertrages, dem die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zu Grunde gelegen hat und den im vorliegenden Streitfall maßgeblichen tariflichen Vorschriften.

25

Dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Streitfall lag maßgeblich folgende tarifliche Bestimmung zu Grunde:

26

§ 4 Arbeitnehmergruppen

  1. (1.)

    Arbeitnehmer im Sinne dieses Tarifvertrages sind:

    A. spieltechnische Arbeitnehmer

    ...

    Ziffer 6 Souchef

    Er arbeitet am Baccara, als Zylindercroupier und am Black Jack und kann als Tischchef eingesetzt werden ...

27

Vor dem Hintergrund des konkreten Wortlautes dieser Vergütungsgruppen hat das Bundesarbeitsgericht angenommen, die zeitlich nicht begrenzte Übernahme der Tätigkeit eines Tischchefs gehöre zu den Aufgaben eines Souchefs. Denn weder Wortlaut, noch Systematik lassen irgendeinen Vorrang der einen durch Ziffer 6 ermöglichten Beschäftigung gegenüber der anderen erkennen, auch sei eine zeitliche Begrenzung nicht erkennbar.

28

Dem entspricht der Wortlaut der Ziffer 8 des niedersächsischen Tarifvertrages nicht. Wortlaut und Systematik lassen eine klare Rangfolge erkennen, wonach in erster Linie als Souchef als Drehcroupier arbeitet und in zweiter Linie (hilfsweise eventuell auch zusätzlich) als Tischchef eingesetzt werden kann aber eben nicht dauerhaft.

29

c)

Die unter a) und b) dargestellten Rechtsgrundsätze verhindern einen Anspruch des Klägers auf dauerhafte Beschäftigung als Tischchef, ohne zuvor erfolgreich das innerbetriebliche Bewerbungsverfahren durchlaufen zu haben. Die tatsächlichen Verhältnisse bei der Beklagten zeigen, dass bei ihr die vorstehend aufgezeigten Rechtsgrundsätze umgesetzt werden. Soweit sie in einem rollierenden Verfahren Souchefs auch als Tischchefs einsetzt, geschieht dies ausschließlich vertretungsweise und nicht dauerhaft.

30

d)

Der Kläger kann seinen Beschäftigungsanspruch auch nicht auf das AGG in Verbindung mit der Betriebsvereinbarung stützen. Denn das AGG, welches erst im August 2006 in Kraft getreten ist, findet auf den Streitfall deswegen keine Anwendung, weil der vom Berufungsgericht zu untersuchende Sachverhalt zeitlich vor in Kraft treten dieses Gesetzes lag. Soweit er mit seinem Schriftsatz vom 28.09.2007 konkret Verstöße gegen das Diskriminierungsverbot aufzeigt, aus denen seine Rechte aus dem AGG herzuleiten seien, ist dies gemäß § 533 ZPO unzulässig. Denn sein ursprünglicher, auf konkrete Vorfälle aus dem Jahr 2005 gestützter Beschäftigungsanspruch wird nunmehr auf einen neuen Lebenssachverhalt gestützt. Hierin liegt eine unzulässige Klageerweiterung, welche weder sachdienlich ist, noch auf Tatsachen gestützt wird, die das Berufungsgericht ohnehin seiner Entscheidung zu Grunde legen muss. Insbesondere sind diese neuen Tatsachen (Vergabe zweier Positionen als Tischchef zum 01.07.2007) weder in der Berufungsbegründung vorgetragen worden, noch sind die näheren Einzelheiten dieser Stellenvergabe unstreitig.

31

Auf diese im Berufungsrechtszug unzulässige Erweiterung des Streitgegenstandes kann der Kläger sein Klagebegehren nicht stützen.

32

3.

Der Kläger hat keinen Schadensersatzanspruch entsprechend den von ihm hilfsweise geltend gemachten Schadensersatzansprüchen, welche materiell seinen Schaden in Höhe der Differenz zwischen der aus seiner Sicht möglichen Beschäftigung als Tischchef und der tatsächlichen Vergütung als Souchef abdecken. Zur Begründung im Einzelnen wird wiederum auf die insoweit zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Urteils (Bl. 20 3. Absatz, Bl. 21 1. und 2. Absatz) verwiesen. Denn ein solcher materieller Schadensersatzanspruch besteht nur dann, wenn es der Arbeitgeber schuldhaft versäumt, die behinderungsgerechte Beschäftigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers nach § 81 Abs. 4 Nr. 1 bis 5 SGB IX zu ermöglichen. Eventuelle Verfahrensverstöße müssen ursächlich dafür gewesen sein, dass der Schwerbehinderte ohne diese Verfahrensverstöße die begehrte Beförderungsstelle nicht bekommen hätte. Keineswegs begründen sie für sich genommen einen materiellen Schadensersatzanspruch.

33

Da weder die Fehlerhaftigkeit der Personalentscheidung zu Gunsten des Mitarbeiters K.... erkennbar sind, noch der Kläger generell einen Anspruch auf Zuweisung der dauerhaften Tätigkeit als Tischchef hat, scheidet ein auf § 280 Abs. 1 BGB gestützter Schadensersatzanspruch eindeutig und nach jeder Betrachtungsweise aus.

34

II.

Die zulässige Anschlussberufung hat in vollem Umfang Erfolg. Sie führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils und zur Klageabweisung.

35

Dem Kläger steht kein Entschädigungsanspruch gemäß § 81 Abs. 2 Nr. 3 in Verbindung mit Nr. 5 SGB IX zu. Denn ein solcher Entschädigungsanspruch ist vom Kläger weder erst-, noch zweitinstanzlich geltend gemacht worden. Er ist vom geltend gemachten Schadensersatzanspruch zu unterscheiden, seine erstinstanzliche Zuerkennung verstößt gegen § 308 ZPO. Allein aus diesem Grund war insoweit das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen. Insbesondere hat der Kläger diesen Anspruch trotz Erörterung der Problematik in der Kammerverhandlung am 20.11.2007 nicht wenigstens hilfsweise geltend gemacht.

36

1.

Gemäß § 308 Abs. 1 ZPO ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Es Gericht darf einen Anspruch, den es für unbegründet hält, nicht durch einen anderen ersetzen, den es für begründet hält, der aber einen anderen Streitgegenstand hat und damit nicht Gegenstand der Klage ist ( BGH, Urteil vom 03.04.2003, Az.: I ZR 1/01 - BGHZ 154, 342, 347 ). Auch ein Ersatz einer anderen Schadensart verbietet sich ( BGH, Urteil vom 11.11.1993, Az.: IX ZR 229/92 - NJW 94, 442).

37

2.

Der vom Kläger erst- und zweitinstanzlich geltend gemachte Schadensersatz zum Ausgleich materieller Schäden ist prozessual ein anderer Streitgegenstand als der zuerkannte Entschädigungsanspruch wegen Diskriminierung aufgrund einer Schwerbehinderteneigenschaft. Denn der in § 81 SGB IX zuzuerkennende Entschädigungsanspruch ist nicht an die konkrete Bezifferung eines materiellen Nachteiles gebunden. Durch ihn sollen pauschal materielle, wie auch immaterielle Nachteile ausgeglichen werden. Dies ist Ziel des Gesetzes (ErfK-Rolfs, 8. Aufl., SGB IX § 81 RdNr. 10). Dem gegenüber ist der konkret bezifferte materielle Schadensersatzanspruch ein streitgegenständlich anderer, der nicht hätte zuerkannt werden dürfen.

38

C.

Der Kläger hat als unterlegene Partei vollständig gemäß § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Gründe, die Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen, sind nicht gegeben.

Kubicki
Herrn Hanstedt
Herrn Lüer