Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 18.04.2008, Az.: 16 Sa 1249/07
Auflösung eines Arbeitsverhältnisses nach schikanösem Verhalten des Arbeitgebers; Antrag eines Arbeitnehmers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses und zur Verurteilung des Arbeitgebers auf Zahlung einer angemessenen Abfindung; Zumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Klärung der Unwirksamkeit einer Kündigung im Kündigungsschutzprozess; Auswirkungen der Nichtmitteilung der betrieblichen Gründe für die Verweigerung eines beantragten Urlaubs; Anspruch auf Freistellung und Krankengeld wegen der Notwendigkeit der Betreuung eines Kindes
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 18.04.2008
- Aktenzeichen
- 16 Sa 1249/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 18549
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2008:0418.16SA1249.07.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Osnabrück - 18.07.2007 - AZ: 4 Ca 111/07
Rechtsgrundlagen
- § 1 KSchG
- § 23 KSchG
Amtlicher Leitsatz
Orientierungssatz: Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung nach Kündigung, Auflösung des Arbeitsverhältnisses
Amtlicher Leitsatz
Gründe für Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach schikanösem Verhalten des Arbeitgebers.
In dem Rechtsstreit
hat die 16. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 18. April 2008
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Hannes,
den ehrenamtlichen Richter Herrn Engelke,
den ehrenamtlichen Richter Herrn Krawczyk
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 18.07.07, Az. 4 Ca 111/07 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich mit der Klage gegen eine außerordentliche, hilfsweise fristgerechte Kündigung der Beklagten wie auch gegen eine ihm gegenüber erteilte Abmahnung und hat darüber hinaus die Zahlung einer Jubiläumszuwendung begehrt.
Der am 00.00.1970 geborene Kläger war bei der Beklagten seit dem 01.03.1995 als Schlosser zu einer durchschnittlichen Bruttovergütung von zuletzt 2.000,00 EUR beschäftigt. Grundlage der arbeitsvertraglichen Beziehungen ist der Arbeitsvertrag vom 01.03.1995. Wegen des Inhalts wird auf diesen (Bl. 12/13 d.A.) verwiesen.
Der Kläger war aufgrund der Geburt seines Kindes in Elternzeit im Zeitraum vom 29.12.2004 bis 28.12.2006. Aus seiner Tätigkeit vor der Elternzeit stand ihm noch ein Resturlaubsanspruch von 2,5 Arbeitstagen zu.
Der Kläger beantragt Urlaub mit Antrag vom 11.12.2006 für die Zeit vom 29.12.2006 bis einschließlich 03.01.2007 für 2,5 Tage. Dieser Urlaub wurde dem Kläger zunächst genehmigt, später allerdings widerrufen.
Die Ehefrau des Klägers wurde am 05.01.2007 mit Kaiserschnitt vom 2. Kind des Klägers entbunden. Da dieser Geburtstermin bereits längere Zeit feststand, bat der Kläger die Beklagte um Urlaub für den 05.01.2007, der dem Kläger allerdings verweigert wurde. Der Kläger teilte dann unter Hinweis auf § 616 BGB mit, dass er an diesem Tag nicht zur Arbeit erscheinen werde. Daraufhin erteilte die Beklagte unter dem Datum des 08.01.2007 eine Abmahnung mit unter anderem folgenden Wortlaut:
Am Freitag, den 05.01.2007 sind Sie ohne die internen betrieblichen Abläufe einzuhalten von der Arbeit ferngeblieben. Für das Fernbleiben hätten Sie die betrieblichen Gepflogenheiten einhalten, einen Urlaubsschein ausfüllen und genehmigen lassen müssen.
Wegen des Inhalts der Abmahnung im Übrigen wird auf diese (Bl. 15 d.A.) verwiesen.
Der Kläger widersprach der Abmahnung mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.01.2007 und forderte die Beklagte auf, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen (Bl. 16/17 d.A.). Die Beklagte erwiderte daraufhin mit Schreiben vom 18.01.2007 und bat um Fristverlängerung. Der Kläger verlängerte die ursprünglich gesetzte Frist mit Schreiben vom 24.01.2007. Insoweit wird auf die Schreiben (Bl. 18 bis 20 d.A.) verwiesen.
Die Ehefrau des Klägers musste sich am 25. und 26.01.07 in ärztliche Behandlung begeben wegen eines gynäkologischen Eingriffes. Der Kläger entschuldigte sich bei der Beklagten zuvor für den 25. und 26.01.2007 und wies daraufhin, dass er seine Kinder während dieser Zeit betreuen müsse.
Der Kläger blieb dann der Arbeit am 25. und 26.01.07 fern. Daraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos auf unter Bezugnahme auf die bereits am 08.01.07 erteilte Abmahnung (Bl. 21 d.A.).
Der Kläger erhob gegen die Kündigung am 19.02.2007 Kündigungsschutzklage. In der Güteverhandlung vom 13.04.2007 war der Geschäftsführer W. der Beklagten anwesend im Beisein seines Prozessbevollmächtigten. Der Geschäftsführer der Beklagten verteidigte auch persönlich den Ausspruch der Kündigung.
Mit Schriftsatz vom 16.04.07, der auch beim Arbeitsgericht am 16.04.07 einging, wurde der Kündigungsschutzantrag des Klägers anerkannt und der Kläger aufgefordert, seinem Antrag entsprechend die Arbeit wieder aufzunehmen. Bereits am Nachmittags des 13.04.07 war dem Kläger ein Schreiben übergeben worden, dass ihn zur Arbeitsaufnahme am 16.04.07 aufforderte. Diese erfolgte jedoch nicht.
Mit Schriftsatz vom 30.04.07, der am selben Tag beim Arbeitsgericht Osnabrück einging, erweiterte der Kläger seine Anträge um einen Auflösungsantrag bei einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 30.06.2007.
Der Kläger hat vorgetragen, die Kündigung habe jeglicher Begründung entbehrt, da der Kläger sich gesetzeskonform verhalten habe. Eine Begründung für die Verweigerung des Urlaubs bzw. der Freistellung des Klägers seien ihm nicht gegeben worden und seien auch nicht vorhanden. Der Geschäftsführer, dem die Kommentierung zu § 616 BGB übergeben worden sei, habe erklärt, dieses interessiere ihn nicht. Der Geschäftsführer habe dann zudem noch in der Güteverhandlung vehement seinen Standpunkt vertreten, die fristlose Kündigung sei gerechtfertigt.
Nachdem der Kläger nach der Güteverhandlung seine Steuerkarte herausverlangt habe, sei der Kläger am selben Tag noch zur Arbeitsaufnahme für den 16.04.07 aufgefordert worden, was nur als schikanös bezeichnet werden könne. Der Kläger habe, wie im Schreiben vom 16.04.07 ausgedrückt, weder eine Verpflichtung zur Arbeitsleistung gehabt noch sei er zur Arbeit verpflichtet gewesen aufgrund eines geltend gemachten Zurückbehaltungsrechtes.
Dem Kläger sei es deshalb unzumutbar gewesen, das Arbeitsverhältnis zur Beklagten fortzusetzen, so dass das Arbeitsverhältnis aufzulösen sei.
Darüber hinaus hat der Kläger vorgetragen, dass ihm aufgrund 10jähriger Beschäftigungszeit eine Jubiläumszuwendung in Höhe von 500,00 EUR zustehe, die auch allen anderen Mitarbeitern ausgezahlt worden sei.
Der Kläger hat beantragt,
- 1.
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die fristlose Kündigung vom 02.02.2007 noch durch die ordentliche Kündigung vom 02.02.2007 aufgelöst worden sei,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 500,00 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 24.02.2007 zu zahlen,
- 3.
die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 08.01.2007 ersatzlos aus der Personalakte des Klägers zu entfernen,
- 4.
das Arbeitsverhältnis der Parteien gegen Zahlung einer Abfindung gemäß §§ 9, 10 KSchG, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zum 30.06.2007 aufzulösen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe nicht den Anspruch des Klägers auf Freistellung zurückgewiesen, habe vielmehr nur den Weg, den der Kläger zur Urlaubsgewährung gewählt habe, nicht akzeptiert. Insoweit seien im Betrieb der Beklagten Regeln vorhanden, wie ein solcher Urlaub beantragt werden müsse.
Soweit der Geschäftsführer in der Güteverhandlung die Kündigung verteidigt habe, habe er in dieser Verhandlung lediglich seine Auffassung vertreten, was ihm nicht vorgeworfen werden könne.
Durch Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 18.07.2007 wurde festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die fristlose Kündigung noch durch die ordentliche Kündigung vom 02.02.2007 aufgelöst worden ist. Ferner wurde das Arbeitsverhältnis der Parteien gemäß § 9 Abs.1 KSchG zum 30.06.2007 aufgelöst und die Beklagte verurteilt, an den Kläger eine Abfindung in Höhe von 8.000,00 EUR brutto zu zahlen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger zu 30 % und der Beklagten zu 70 % auferlegt und der Streitwert auf 8.500,00 EUR festgesetzt. Wegen des Inhalts des erstinstanzlichen Urteiles wird auf dieses (Bl. 86 bis 96 d.A.) verwiesen.
Dieses Urteil wurde der Beklagten am 19.07.07 zugestellt. Hiergegen legte diese am 14.08.07 Berufung ein und begründete diese gleichzeitig.
Die Beklagte hat im Berufungsverfahren, nachdem zunächst uneingeschränkt Berufung eingelegt worden ist, die Berufung dahingehend beschränkt, dass eine Abänderung des erstinstanzlichen Urteiles insoweit erfolgen solle, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger eine Abfindung in Höhe von 8.000,00 EUR brutto zu zahlen und hat insoweit die Abweisung der Klage begehrt.
Zur Begründung der Berufung trägt die Beklagte vor, die Beklagte habe die Auffassung vertreten, dass die Kündigung deshalb berechtigt sei, weil nicht der ordnungsgemäße Weg für eine Freistellung von der Arbeitsleistung gewählt worden sei. Als das Gericht in der Güteverhandlung die Auffassung vertreten habe, dass dieses nicht als Grund für eine Kündigung angesehen werden könne, sei das Anerkenntnis bezüglich der Kündigungsschutzklage erfolgt.
Der Kläger sei in der Folgezeit ohne Entschuldigung der Arbeit ferngeblieben, ohne Information der Beklagten.
Es handele sich bei dem Verhalten der Beklagten unter keinen Umständen um ein schikanöses Verhalten. Auch sei keine besondere Schärfe in das Verfahren gebracht worden. Die Gründe der geltend gemachten Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses reichten nicht aus, da diese von nicht nur geringem Gewicht sein müssten.
Ergänzend wird auf die Berufungsbegründung der Beklagten vom 13.08.07 (Bl. 100 bis 103 d.A.) verwiesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück abzuändern, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger eine Abfindung in Höhe von 8.000,00 EUR brutto zu zahlen und die Klage insoweit abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe seiner Schriftsätze vom 11.09.2007 (Bl. 108 bis 115 d.A.) sowie vom 25.10.2007 (Bl. 123 bis 125 d.A.).
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
Nachdem die Beklagte zunächst uneingeschränkt Berufung eingelegt hat, hat sie diese im Folgenden darauf beschränkt, dass nur die Verurteilung zur Abfindung angegriffen wird. Insoweit handelt es sich um eine teilweise Berufungsrücknahme, so dass insoweit der Beklagten jedenfalls die Rechtsmittelkosten aufzuerlegen sind (§ 97 ZPO i.V.m. § 516 Abs. 3 ZPO).
Die Berufung ist unbegründet, da das Arbeitsgericht zu Recht das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst hat.
Auf das Arbeitsverhältnis findet das Kündigungsschutzgesetz gemäß §§ 1, 23 KSchG Anwendung.
Es ist davon auszugehen, dass die Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht beendet hat, wie das Arbeitsgericht festgestellt hat, was auch von der Beklagten nicht mehr angegriffen wird. Gemäß § 9 KSchG hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen, wenn das Gericht feststellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten ist. Für diesen Fall hat das Gericht die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu dem Zeitpunkt vorzunehmen, zu dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte. Dieses gilt für die außerordentliche Kündigung gemäß § 13 KSchG ebenfalls. Nach dieser Vorschrift hat das Gericht für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzulegen, zu dem die außerordentliche Kündigung ausgesprochen wurde.
Da die Beklagte eine außerordentliche wie hilfsweise fristgerechte Kündigung ausgesprochen hat, ist der Kläger in der Lage auszuwählen, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis beendet werden soll, wenn sich sowohl die außerordentliche wie die ordentliche Kündigung als unwirksam erweisen.
Nach der nach § 9 KSchG erforderlichen Vorausschau, ob entsprechende Gründe vorliegen, kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Kündigung an, vielmehr auf den Zeitpunkt der Entscheidung über den Auflösungsantrag, vorliegend also auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht. Zur Schlüssigkeit des Auflösungsantrages des Arbeitnehmers gehört deshalb der Vortrag von greifbaren Tatsachen, aus denen folgt, dass eine solche Unzumutbarkeit vorliegt.
Bei der Prüfung der Auflösungsgründe kommen nicht nur solche in Betracht, die zur Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 626 Abs. 1 Satz 1 BGB führen, vielmehr ist der Grundgedanke des § 9 KSchG, dass es insbesondere während des Kündigungsschutzprozesses zu zusätzlichen Spannungen zwischen den Parteien kommen kann, die eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses als nicht zumutbar erscheinen lassen. Dabei ist der Unzumutbarkeitsbegriff des § 9 KSchG nicht der des § 626 Abs. 1 BGB, weil es nach der dortigen Vorschrift darauf ankommt, ob es zumutbar ist, die Kündigungsfrist einzuhalten. Bei der Prüfung des § 9 KSchG kommt es demgegenüber darauf an, ob das Arbeitsverhältnis auf Dauer fortgesetzt werden kann. Auflösungsgründe sind deshalb auch solche, die ein geringeres Gewicht haben als ein wichtiger Grund gemäß § 626 Abs. 1 BGB.
Die Abwägung der wechselseitigen Interessen im Rahmen des § 9 KSchG führt vorliegend dazu, dass es für den Kläger tatsächlich unzumutbar war, das Arbeitsverhältnis zur Beklagten fortzusetzen.
Vorliegend liegen Gründe für die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses einmal in den Gründen für die Kündigung, zum anderen im Verhalten des Arbeitgebers, das in einem inneren Zusammenhang mit der unwirksam erklärten Kündigung steht und im Laufe des Kündigungsrechtsstreites entstanden ist. Während dem Kläger im Zusammenhang mit den Gründen, die zur Kündigung geführt haben, kein Vorwurf gemacht werden kann, hat sich die Beklagte gegenüber dem Kläger grob fehlerhaft und schikanös verhalten.
1.
Der Kläger beantragt Urlaub entsprechend der Mitteilung der Beklagten im Zusammenhang mit der Bestätigung der Elternzeit von 2,5 Tagen. Dieser Urlaub wird ihm am 11.12.2006 genehmigt, ein Widerruf erfolgt zwei Tage später, am 13.12.2006. Eine Begründung wird hierfür nicht gegeben, weder im Zeitpunkt des Widerrufs noch im Laufe des vorliegenden Verfahrens. Dringende betriebliche Gründe sind für den Widerruf nicht erkennbar, so dass der Kläger den Widerruf als missbräuchlich ansehen muss.
2.
Der Kläger bittet um Urlaub für den 05.01.2007, der ihm aus betrieblichen Gründen verweigert wird. Erneut werden die betrieblichen Gründe weder dem Kläger mitgeteilt, noch sind diese für ihn erkennbar, noch wird im Laufe des Kündigungsrechtsstreites hierzu vorgetragen, so dass der Kläger die Verweigerung wiederum als rechtsmissbräuchlich empfinden muss.
Der Kläger war zudem an diesem Tage vorübergehend verhindert, da wegen der Geburt seines Kindes ein in seiner Person liegender Grund vorlag, dass er seine Dienstleistung gegenüber dem Arbeitgeber nicht erbringen konnte. Es ist heutzutage Standard, dass auch der Vater bei der Geburt anwesend ist. Dieses Recht kann dem Kläger ohne wichtigem Grund nicht genommen werden, so dass der Arbeitgeber zur Freizeitgewährung verpflichtet gewesen ist. Hierauf ist der Geschäftsführer zudem noch gesondert hingewiesen worden, was diesen aber nicht interessiert hat.
3.
Der Kläger erhält wegen des Verhaltens am 05.01. eine Abmahnung unter dem Datum des 08.01.07, die aus den oben genannten Gründen unberechtigt ist. Trotz des Hinweises des Klägers über seinen Prozessbevollmächtigten wird hierüber seitens der Beklagten nicht entschieden und damit der Kläger im Ungewissen darüber gelassen, ob sein Arbeitsverhältnis aufgrund dieses Verhaltens noch gefährdet ist oder nicht. Trotz der Mitteilung vom 18.01.2007 wird auf das Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 16.01.2007 nicht eingegangen, vielmehr die Abmahnung sogar noch zur Grundlage der außerordentlichen Kündigung gemacht, wie sich aus dem Kündigungsschreiben selbst ergibt. Da die Beklagte nicht nur vom Geschäftsführer W., sondern auch von einem weiteren Geschäftsführer vertreten wird, wäre zu erwarten gewesen, dass eine Entscheidung tatsächlich ergehen konnte.
4.
Der Kläger begehrt sodann eine Freistellung für den 25. und 26.01.07 aufgrund familiärer Pflichten, da die Ehefrau sich in ärztliche Behandlung begeben muss. Gemäß § 45 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, 5. Buch (SGB 5) haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn es nach ärztlichem Zeugnis erforderlich ist, dass sie zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege ihres erkrankten und versicherten Kindes der Arbeit fernbleiben, eine andere in ihrem Haushalt lebenden Person das Kind nicht beaufsichtigen, betreuen oder pflegen kann und das Kind das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Nach § 45 Abs. 3 SGB 5 haben Versicherte mit Anspruch auf Krankengeld nach Absatz 1 für die Dauer dieses Anspruches gegenüber ihrem Arbeitgeber Anspruch auf unbezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung, soweit nicht aus dem gleichen Grund Anspruch auf bezahlte Freistellung besteht.
Der Kläger hatte deshalb Anspruch auf Befreiung von der Arbeitsleistung für diese Tage. Sofern der Kläger selbst keine Bescheinigung vorlegt hatte, wie nach § 45 Abs. 1 SGB 5 erforderlich, so hätte die Beklagte auf diesen Mangel hinweisen müssen. Aufgrund des unstreitig vorliegenden ärztlichen Eingriffes bei der Ehefrau und dem Vorhandensein von zwei Kindern konnte die Beklagte davon ausgehen, dass ein solcher Anspruch auf jeden Fall bestehen würde und dass eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung nicht vorliegt, wenn der Kläger an diesen beiden Tagen der Arbeit fernbleibt. Gegebenenfalls hätte eine solche Bescheinigung nachgereicht werden können. Für den Fall, dass dieses nicht der Fall war, hätte die Beklagte die Entgeltzahlung für diese beiden Tage verweigern können. Ein Grund, für diese beiden Tage die Freistellung zu verweigern, bestand deshalb für die Beklagte unter keinen Umständen.
Erst recht war der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung durch die Beklagte aufgrund dieses Sachverhaltes unter keinen Umständen gegeben.
5.
In der Güteverhandlung vom 13.04.07 verteidigt der Geschäftsführer der Beklagten in Anwesenheit seines Prozessbevollmächtigten die ausgesprochene Kündigung, obwohl ihm, inzwischen anwaltlich beraten, deutlich sein musste, dass weder die Abmahnung berechtigt war noch der Vorwurf im Zusammenhang mit der außerordentlichen Kündigung.
6.
Die Beklagte fordert den Kläger noch am Tag der Güteverhandlung zur weiteren Tätigkeit auf, obwohl die Kündigung zu diesem Zeitpunkt nicht zurückgenommen war und eine Verpflichtung zur Arbeitsleistung des Klägers deshalb unter keinen Umständen bestanden hat.
Bei diesem Verhalten des Arbeitgebers handelt es sich um fortgesetztes schikanöses Verhalten gegenüber dem Kläger, das aus Sicht des Klägers eine Unzumutbarkeit begründen konnte.
Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kläger auch nach Anerkenntnis des Klagantrages bezüglich der Kündigung nicht zum Arbeiten bei der Beklagten erschienen ist. Die Rücknahme der Kündigung durch den Arbeitgeber nimmt dem Arbeitnehmer jedenfalls nicht das Recht, nach § 9 KSchG die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu verlangen. Eine sog. Rücknahme der Kündigung ist als empfangsbedürftige Willenserklärung rechtlich nicht möglich, allenfalls können sich die Parteien darauf einigen, dass die Rechtswirkungen der Kündigung künftig keine Bedeutung mehr haben sollen. Der Kläger hatte nach wie vor das Recht, bei dem Ausspruch insbesondere der außerordentlichen Kündigung, in der ein Unwerturteil enthalten ist, das Verfahren fortzuführen und eine Entscheidung des Gerichtes zu verlangen. Da der Auflösungsantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden kann, konnte der Kläger im Verlaufe des Verfahrens diesen Auflösungsantrag noch stellen. Der Kläger ging lediglich das Risiko, dass im Falle der Unbegründetheit des Auflösungsantrages ein Vergütungsanspruch nicht bestand. Ein Vorwurf gegenüber dem Kläger in Bezug auf die Nichtvornahme der Arbeitsleistung kann ihm aus diesem Grunde nicht gemacht werden.
Da die Zahlung durch die Beklagte erst am 07.05.2007 erfolgte, der Auflösungsantrag jedoch schon am 30.04.2007 gestellt war, kann eine spätere Zahlung des Arbeitgebers für die Frage der Auflösung des Arbeitsverhältnisses keine entscheidende Rolle spielen.
Da auch die Beklagte nicht vorgetragen hat, welches Verfahren der Kläger im Falle eines Freistellungsanspruchs hätte einhalten müssen und welcher Vorwurf ihm gegenüber deshalb gemacht werden kann, entlastet der behauptete Vorwurf der Beklagten, der Kläger habe sich nicht vertragsgemäß verhalten, diese nicht.
Es ist deshalb festzustellen, dass dem Kläger im Zusammenhang mit dem Ausspruch der Kündigung bzw. im weiteren Verlauf des Verfahrens ein weiterer Vorwurf nicht gemacht werden kann, so dass ausschließlich die Arbeitgeberseite das Arbeitsverhältnis erheblich belastet hat. Dieses rechtfertigt es, zu einer Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auszugehen.
Bezüglich der Höhe der Abfindung hat der Kläger diese akzeptiert, die Beklagte keine weiteren Einwendungen erhoben. Wegen der Höhe kann auf die erstinstanzlichen Ausführungen verwiesen werden, die aus Sicht der Kammer zutreffen.
Nach alledem ist die Berufung der Beklagten nicht begründet.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 ArbGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Gegen diese Entscheidung ist deshalb ein Rechtsmittel nicht gegeben. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach Maßgabe des § 72 a ArbGG wird hingewiesen.