Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 18.06.2008, Az.: 17 Sa 1679/07

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
18.06.2008
Aktenzeichen
17 Sa 1679/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 39327
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2008:0618.17SA1679.07.0A

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Hannover - 19.10.2007 - AZ: 8 Ca 364/07

In dem Rechtsstreit

...

hat die 17. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juni 2008 durch

die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Knauß,

den ehrenamtlichen Richter Herrn Gütgemann,

die ehrenamtliche Richterin Frau Kaden

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 19.10.2007 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

  2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Zeugnisberichtigung.

2

Wegen des Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug sowie der dort gestellten Anträge wird auf die sehr gründliche Wiedergabe im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils vom 19.10.2007 zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

3

Mit diesem Urteil hat das Arbeitsgericht Hannover die Klage abgewiesen, der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und den Wert des Streitgegenstandes auf 766,00 € festgesetzt. Wegen der Gründe, die das Arbeitsgericht zu seinem Urteil haben gelangen lassen, wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

4

Gegen dieses ihr am 12.12.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 16.11.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie sogleich begründet hat. Die Kammer nimmt auf den Berufungsbegründungsschriftsatz sowie den weiteren Schriftsatz der Klägerin vom 22.05.2008 Bezug.

5

Die Klägerin wiederholt zweitinstanzlich im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen, wonach die Einfügung "aus betriebsbedingten Gründen" zur Vermeidung misszuverstehender Interpretationsmöglichkeiten, was konkret Anlass für die Beendigung der Zusammenarbeit der Parteien gewesen sei, erforderlich sei, um nicht durch Ungereimtheiten das ansonsten makellose Zeugnis zu verfälschen. Mit der ausdrücklichen Benennung der "betriebsbedingten Gründe", wie von der Klägerin als Kompromiss angestrebt, würde etwaigen Missverständnissen adäquat vorgebeugt. Die zugleich mit der Abwandlung der Aussage des Zeugnisses zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses verfolgte Korrektur der Schreibweise von "MS-Powerpoint" in "MS-PowerPoint" sei dem Beklagten bei Neuerstellung des Zeugnisses ebenfalls aufzuerlegen.

6

Die Klägerin beantragt daher,

  1. das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 19.10.2007, AZ: 8 Ca 364/07, wird angeändert und die Beklagte verurteilt, das der Klägerin unter dem 30.06.2007 erteilte Zeugnis Zug um Zug gegen Herausgabe desselben nach folgender Maßgabe zu korrigieren:

  2. Auf Seite 1 im vierten Absatz, letzte Zeile (beginnend mit den Worten: "mit MS-Powerpoint ...") wird die Schreibweise in "MS-PowerPoint" geändert,

  3. auf Seite 2 im vorletzten Absatz (beginnend mit den Worten: "Ich bedauere, ...") werden zwischen den Worten "mich" und "von Frau A. trennen zu müssen" die Worte "aus betriebsbedingten Gründen" eingefügt.

7

Der Beklagte beantragt,

  1. die Berufung zurückzuweisen.

8

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderungsschrift vom 06.12.2007 sowie seines weiteren Schriftsatzes vom 02.06.2008. Die Kammer nimmt auf diese Schriftsätze Bezug.

Entscheidungsgründe

9

I.

Die Berufung der Klägerin ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 517 ff. ZPO).

10

II.

Die Berufung der Klägerin ist aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Klage zur Kostenlast der Klägerin abgewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt die Kammer vollumfänglich auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug und macht sich diese nach eigener Sachprüfung zu eigen. Das Berufungsvorbringen der Klägerin gibt keinen Anlass, von der angefochtenen Entscheidung abzuweichen. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Klägerin ist gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Folgendes auszuführen:

11

Die Klägerin hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Berichtigung und Ergänzung des erteilten Arbeitszeugnisses.

12

Nach § 109 GewO hat der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis, das mindestens Angaben zur Art und Dauer der Tätigkeit enthalten muss und auf Verlangen des Arbeitnehmers auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis zu erstrecken ist. Nach Absatz 2 dieser Vorschrift muss das Zeugnis klar und verständlich formuliert sein und darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen. Der Arbeitgeber erfüllt den Anspruch mit einem Zeugnis, das nach Form und Inhalt den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Genügt das Zeugnis diesen Erfordernissen nicht, kann der Arbeitnehmer gerichtlich dessen Berichtigung oder Ergänzung verlangen. Mit einer solchen Klage macht der Arbeitnehmer die Erfüllung seines Zeugnisanspruchs geltend. Der gesetzlich geschuldete Inhalt des Zeugnisses bestimmt sich nach den mit ihm verfolgten Zwecken. Dem Arbeitnehmer dient es regelmäßig als Bewerbungsunterlage. Für Dritte, insbesondere künftige Arbeitgeber, ist es Grundlage der Personalauswahl. Dem Arbeitnehmer gibt es zugleich Aufschluss darüber, wie der Arbeitgeber seine Leistungen und sein Sozialverhalten beurteilt. Inhaltlich muss das Zeugnis daher den Geboten der Zeugniswahrheit und Zeugnisklarheit gerecht werden. In diesem Rahmen ist der Arbeitgeber frei in der Wahl seiner Formulierungen (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. zuletzt BAG vom 16.10.2007 - 9 AZR 248/07 -NZA 2008, 298 [BAG 16.10.2007 - 9 AZR 248/07] bis 301 m.z.w.N.).

13

Zwar war auch für die Kammer nicht recht nachvollziehbar, warum der Beklagte lieber ein arbeitsgerichtliches Verfahren mit diversen Schriftsätzen bis in die zweite Instanz führt, als in dem zuletzt erteilten Zeugnis noch ein Wort zu berichtigen und drei Worte hinzuzufügen, bei Berücksichtigung der o.g. Rechtsgrundsätze hat der Beklagte aber den Zeugnisanspruch der Klägerin mit dem zuletzt erteilten Zeugnis erfüllt.

14

Wie das Arbeitsgericht bereits zutreffend unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des BAG ausgeführt hat, kann der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber grundsätzlich nicht vorschreiben, welche Formulierungen er im Zeugnis im Einzelnen verwendet. Ihre Grenze findet die Wahl bestimmter Ausdrücke darin, dass weder Wortwahl noch Satzstellungen noch Auslassungen dazu führen dürfen, dass bei Dritten der Wahrheit nicht entsprechende Vorstellungen erweckt werden. Die Grenze liegt dort, wo der Arbeitnehmer in seinem beruflichen Fortkommen behindert wird. Im Streitfall liegt aber hinsichtlich des Beendigungsgrundes keine Formulierung vor, die zu einer unzulässigen Behinderung des beruflichen Fortkommens der Klägerin führen könnte. Die vom Beklagten gewählte Formulierung zum Beendigungsgrund des Arbeitsverhältnisses lässt eindeutig erkennen, dass keine personen- oder gar verhaltensbedingten Gründe Anlass für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses waren. Gerade bei einem eher positiv formulierten Zeugnis dürfte die normalerweise im Rahmen gerichtlicher Abfindungsvergleiche als Beendigungsformel von der Klägerin angestrebte Formulierung "aus betriebsbedingten Gründen" viel eher Anlass zu Missdeutungsmöglichkeiten bieten. Die vom Beklagten gewählte und zudem mit einer Bedauernsfloskel verbundene Formulierung lässt entgegen der Auffassung der Klägerin eindeutig erkennen, dass der Beklagte sich einer anderen beruflichen Perspektive zuwenden will und deshalb die Dienste der Klägerin nicht mehr benötigt. Die von der Klägerin ergänzend verlangten "betriebsbedingten Gründe" sind dieser Formulierung bereits immanent. Anhaltspunkte dafür, dass die vom Beklagten gewählte Formulierung nichtssagend oder irreführend sei bzw. Missdeutungsmöglichkeiten eröffne, sieht die Kammer mit dem Arbeitsgericht nicht. Soweit die Klägerin meint, dass nur mit dem Zusatz "aus betriebsbedingten Gründen" zweifelsfrei zum Ausdruck komme, dass keine Gründe in der Person des Arbeitnehmers für die Kündigung maßgeblich gewesen seien und allein ihr Fehlen eine "alarmierende" Wirkung haben könne, kann solches auch bei der von der Klägerin verlangten Formulierung in das Zeugnis hineingelesen werden. Denn wenn einerseits ein vom Arbeitgeber zu vertretender Kündigungsgrund genannt, andererseits zusätzlich die Worte "aus betriebsbedingten Gründen" angefügt werden, könnte dies wegen der Doppelung der Begründung ebenfalls als ein Warnzeichen verstanden werden.

15

Den Ausführungen des Arbeitsgerichts zum nicht gegebenen Berichtigungsanspruch wegen der Schreibweise des Wortes "Powerpoint" ist schließlich ebenfalls nichts hinzuzufügen.

16

III.

Als unterlegene Partei hat die Klägerin auch die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

17

Ein Grund für die Zulassung der Revision ist bei der vorliegenden Einzelfallgestaltung nicht ersichtlich. Gegen diese Entscheidung ist daher ein Rechtsmittel nicht gegeben. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG wird hingewiesen.

Knauß
Herrn Gütgemann
Frau Kaden