Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 15.04.2008, Az.: 11 Sa 1374/07
Zulässigkeit einer Klage auf Zustimmungserteilung zu einer bestimmten Arbeitszeitverteilung und auf Unterlassung einer Beschäftigung zu anderen Zeiten i.R. eines Anspruchs auf Teilzeitbeschäftigung ; Voraussetzungen eines Anspruchs einer Arbeitnehmerin nach ihrer Rückkehr aus der Elternzeit auf Teilzeitbeschäftigung; Vorläufige Vollstreckbarkeit eines Titels auf Unterlassung einer Beschäftigung zu anderen Zeiten i.R. eines titulierten Anspruchs auf Teilzeitbeschäftigung; Gerichtliche Gewährleistung des Interesses eines Elternteils an der Betreuung des Kindes unterhalb der Schwelle des einstweiligen Rechtsschutzes
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 15.04.2008
- Aktenzeichen
- 11 Sa 1374/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 20862
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2008:0415.11SA1374.07.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Hannover - 20.06.2007 - AZ: 9 Ca 95/07
Rechtsgrundlagen
- § 8 Abs. 4 TzBfG
- Art. 6 Abs. 1 GG
- § 62 Abs. 1 S. 1 ArbGG
Fundstellen
- AUR 2008, 404 (amtl. Leitsatz)
- AUR 2009, 58 (Kurzinformation)
- AuR 2008, 404 (amtl. Leitsatz)
- AuR 2009, 58 (Kurzinformation)
Amtlicher Leitsatz
Stellt eine Arbeitnehmerin nach der Rückkehr aus der Elternzeit einen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung, um sich weiter der Betreuung ihres Kindes widmen zu können, kann mit der Klage auf Erteilung der Zustimmung zu einer bestimmten Arbeitszeitverteilung ein Antrag auf Unterlassung einer Beschäftigung zu anderen Zeiten verbunden werden. Unter Berücksichtigung der Wertungen des Art. 6 Abs. 1 GG ist auch unterhalb der Schwelle des einstweiligen Rechtsschutzes das verfassungsrechtlich geschützte Interesse eines Elternteils an der Betreuung des Kindes wirksam zu gewährleisten. Ein derartiger Unterlassungstitel ist nach § 62 Abs. 1 Satz 1 ArbGG vorläufig vollstreckbar.
In dem Rechtsstreit
hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 15. April 2008
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Voigt,
den ehrenamtlichen Richter Herrn Ingelmann,
die ehrenamtliche Richterin Frau Pohl
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Schluss-Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 20.06.2007 - 9 Ca 95/07 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Zu Ziff. 2 des Tenors des Urteils vom 20.06.2007 wird für die Beklagte die Revision zugelassen, zu Ziff. 1 nicht.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Verteilung der nach § 8 Abs. 4 TzBfG verkürzten Wochenarbeitszeit der Klägerin.
Die am 0.0.1975 geborene Klägerin ist bei der Beklagten, die mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt, seit dem 01.07.1996 als Sachbearbeiterin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 37,5 Stunden tätig (Arbeitsvertrag Bl. 5 - 8 d. A.). Zuletzt war sie ab dem 01.04.2002 in der Abteilung Zentrale Lagersteuerung bei einem Bruttomonatsgehalt von 2.028,00 EUR eingesetzt (Bl. 10 d.A.). Am 0.0.2004 wurde ein Kind geboren. Bis zum 25.06.2007 befand sich die Klägerin in Elternzeit. Mit Schreiben vom 20.02. und 05.03.2007 (Bl. 11 - 12 d.A.) beantragte die Klägerin, ihr nach Rückkehr aus der Elternzeit zu ermöglichen, ihre Arbeitszeit auf 20 Stunden wöchentlich, verteilt auf die Arbeitstage Montag bis Freitag jeweils 09:00 Uhr bis 13:00 Uhr zu reduzieren. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 20.03.2007 ab (Bl. 13 d.A.), nachdem Gespräche zwischen den Parteien erfolglos geblieben waren.
In der mündlichen Verhandlung vom 20.06.2007 hat die Beklagte bezüglich der Reduzierung der Arbeitszeit auf 20 Stunden an Anerkenntnis abgegeben und es ist entsprechendes Anerkenntnisurteil ergangen. Offengeblieben ist die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage.
Die Beklagte betreibt innerhalb der R.-Firmengruppe mehrere Regionallager, u. a. am Hauptsitz in A-Stadt bei B-Stadt, in L.-Stadt (S.-A.), A.-Stadt, O.-Stadt, O.-Stadt. Von diesen Lagern aus werden bundesweit D.-Filialen, die zu der Unternehmensgruppe gehören, beliefert. In A-Stadt gibt es außerdem noch die Abteilung Zentrale Lagersteuerung, die Schnittstelle zwischen der Zentrale der Unternehmensgruppe mit beispielsweise den Abteilungen Vertrieb oder Einkauf und den Regionallagern ist. Diese Abteilung ist für die Koordination des gesamten Warenflusses zuständig und stellt sicher, dass die Verfügbarkeit der im Sortiment befindlichen Artikel von allen 3 Lagern aus jederzeit gewährleistet ist. Zu den weiteren Aufgaben in der zentrale Lagersteuerung gehören die Artikel- Neu- und -auslistung sowie die Werbeplanung. Dort war die Klägerin vor der Geburt ihre Kindes eingesetzt.
In der Zentralen Lagersteuerung sind grundsätzlich nur Vollzeitarbeitskräfte eingesetzt in der Zeit von 07:00 Uhr bis 15:00 Uhr bzw. 08:00 bis 16:00 Uhr. Lediglich Frau A. war seit etwa 1 1/2 Jahren 16 Stunden pro Woche, 4 Stunden am Tag im Bereich der Artikelauslistung beschäftigt. Hintergrund dafür war eine besondere familiäre Situation der Arbeitnehmerin. In der Zentrale der Unternehmensgruppe selbst wird ebenfalls im Zeitraum zwischen 07:00 Uhr und 16:00 Uhr werktäglich gearbeitet. Die Regionallager werden im 24-Stunden-Schichtbetrieb betrieben.
Die Klägerin hat mit der am 29.03.2007 erhobenen Klage eine Verteilung der Wochenarbeitszeit auf jeweils die Werktage von 09:00 Uhr bis 13:00 Uhr begehrt, da ein Kindergartenplatz für ihr Kind nur vormittags zur Verfügung stehe. Sie ist der Auffassung, betriebliche Gründe stünden ihrem Antrag nicht entgegen. Es gebe kein betriebliches Organisationskonzept, das es erforderlich mache, täglich 8 Stunden den Arbeitsplatz zu besetzen. Dies ergebe sich schon daraus, dass die Lager selbst im 24-Stunden- Betrieb arbeiten, die zentrale Lagersteuerung aber nur 9 Stunden. Nach 16.00 Uhr eingehende Wareneingänge würden ohnehin erst am Folgetag bearbeitet. Da die Bearbeitung eines Wareneingangs je nach Volumen zwischen 0,25 und 1 Stunde dauere, sei auch eine lediglich 4-stündige Beschäftigung pro Tag möglich. Es sei auch nicht ersichtlich, warum nicht eine weitere Teilzeitkraft den Arbeitsplatz der Klägerin am Nachmittag besetzen könne.
Die Klägerin möchte mit dem Unterlassungsantrag zu 2) erreichen, dass sie auch tatsächlich für die Dauer des Rechtsstreits lediglich zu den von ihr gewünschten Arbeitszeiten beschäftigt wird.
Die Klägerin hat beantragt,
- 1.
die Beklagte zu verurteilen, der Verteilung der Wochenarbeitszeit auf die Wochentage Montag bis Freitag zu jeweils 4 Stunden täglich in der Zeit von 09:00 Uhr bis 13:00 Uhr zuzustimmen,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, die Klägerin außerhalb der Arbeitszeit von Montag bis Freitag 09:00 Uhr bis 13:00 Uhr ab dem 26.06.2007 zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, ihr betriebliches Organisationskonzept sehe für die Zentrale Lagersteuerung eine tägliche Arbeitszeit von 8 Stunden zwingend vor. Informationsflüsse während der täglichen Kernarbeitszeit und eine schnellstmögliche Abarbeitung der täglichen neuen Arbeitsprozesse im Zusammenhang mit Warenzu- und -abgang seien nur so sicher zu stellen. Arbeitsprozesse mit Planungsarbeiten, die längerfristig auch über mehrere Tage in Teilzeit abgearbeitet werden könnten, seien nicht vorhanden. In Betracht komme bei der Klägerin etwa ein Arbeitszeitmodell mit anteiligen vollen Arbeitstagen á 8 Stunden.
Das Arbeitsgericht hat mit Schluss-Urteil vom 20.06.2007 der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Verteilungswunsch der Klägerin stünden keine betrieblichen Gründe entgegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts habe sich die Prüfung nach § 8 Abs. 4 Satz TzBfG in drei Stufen zu vollziehen. Es sei festzustellen, ob überhaupt und wenn ja, welches betriebliches Organisationskonzept der vom Arbeitgeber als erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung zu Grunde liege. Dann sei zu prüfen, inwieweit diese Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen des Arbeitnehmers tatsächlich entgegenstehe. In der dritten Stufe sei dann das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Belange des Arbeitgebers zu beurteilen. Es könne im vorliegenden Fall dahinstehen, ob das Konzept der Beklagten eine tägliche Anwesenheitszeit von 8 Stunden erfordere. Jedenfalls werde dieses Organisationskonzept durch die Teilzeitbeschäftigung der Klägerin nicht wesentlich beeinträchtigt. Im Verhältnis zu den Regionallagern würden die von dort eingehenden Anträge schon deswegen nicht unverzüglich abgearbeitet, weil in den Regionallagern im 24-Stunden-Schichtbetrieb gearbeitet wird und in der Zentralen Lagersteuerung Arbeitnehmer lediglich zwischen 07:00 Uhr und 16:00 Uhr anwesend sind. Wieso eine fehlende Bearbeitungsmöglichkeit der Klägerin zwischen 07:00 Uhr und 09:00 Uhr sowie 13:00 Uhr und 16:00 Uhr die Aufgabenerledigung nennenswert beeinträchtige, sei nicht ersichtlich. Ähnliches gelte im Verhältnis zur Konzernzentrale. Die Klägerin habe im Übrigen unwidersprochen erläutert, dass die einzelnen Arbeitsvorgänge nie länger als 1 Stunde in Anspruch nähmen und somit keine Bearbeitung von mehr als 4 Stunden am Stück erforderlich machten.
Die Klage nach § 8 Abs. 4 TzBfG sei eine Klage auf Abgabe einer Willenserklärung, die erst mit Rechtskraft des Urteils als abgegeben gelte, § 894 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Gebots effektiven Rechtsschutzes und der vorläufigen Vollstreckbarkeit arbeitsgerichtlicher Urteile nach § 62 Abs. 1 Satz 1 ArbGG sei der Klägerin daher ein Unterlassungsanspruch zuzubilligen. Der vorliegend aus familiären Gründen geltend gemachte Teilzeitanspruch wäre entwertet, wenn der Anspruchsinhaber bis zur Rechtskraft der Entscheidung im Instanzenzug abwarten müsse.
Gegen dieses ihr am 23.08.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 06.09.2007 Berufung eingelegt und nach Verlängerung der Begründungsfrist diese am 21.11.2007 begründet.
Sie begründet die aus ihrer Sicht entgegenstehenden betriebsorganisatorischen Gründen weiter wie folgt: Bei den Aufgaben in der Zentralen Lagersteuerung gehe es nicht um die konkrete Anforderung von einzelnen Artikeln, sondern um die generelle Verfügbarkeit von Warenmengen. Die Artikelverkäufe würden einmal pro Tag, meist kurz vor Schließung der Verkaufsstellen, elektronisch über das Warenwirtschaftssystem gemeldet. Daraus würden automatisiert die Nachlieferungsmengen generiert. Zu bearbeiten seien täglich rd. 80 bis 100 Anforderungen, die schwerpunktmäßig in den frühen Nachmittagsstunden einträfen und von insgesamt 9 Arbeitskräften bearbeitet würden. Da es Aufgabe der Mitarbeiter dort sei, unterschiedliche Funktionen zu koordinieren, etwa den Einkäufern, Mitarbeitern in den Lägern, Bestandsmanagement, aber auch den Speditionen, sei bei einem Arbeitsende um 13:00 Uhr unvermeidlich, dass zu einzelnen Vorgängen nicht abgeschlossen werden könnten, die dann nachmittags von anderen Mitarbeitern weiter bearbeitet werden müssten. Ferner sei in den letzten 2 Jahren die Zahl der Artikel um insgesamt rd. 30 % auf ca. 24.000 gewachsen.
Die Werbeplanung sei ein Stoßgeschäft und umfasse die logistische Vorbereitung der Verkaufsstellenbelieferung mit Artikeln aus den 14-tätig neu erscheinenden Werbebeilagen. Die effektive Bearbeitung nehme 6 - 8 Stunden in Anspruch und müsse nach interner Vorgabe innerhalb von 24 Stunden abgearbeitet sein.
Frau A. sei aufgrund organisatorischer Veränderung seit dem 01.07.2007 auf einen anderen Arbeitsplatz versetzt, so dass ein Zusammenlegen dieser beiden halben Stellen nicht mehr möglich sei. Auch etwa ein Einsatz der Klägerin im Bereich der Werbeplanung, den sie zu einem früheren Zeitpunkt bereits einmal bearbeitet hatte, nehme je Projekt ca. 6 bis 8 Stunden in Anspruch und sei daher an einem halben Tag nicht zu bearbeiten.
Hinsichtlich einer vorläufigen Regelung sei die Klägerin darauf verwiesen, ggf. bei anderer Zuweisung von Arbeitszeiten ein Leistungsverweigerungsrecht geltend zu machen. Ein Unterlassungsanspruch bestehe hingegen nicht.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach dem Schlussantrag der Beklagten in erster Instanz zu erkennen.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Beklagte habe auch in der Berufung nicht ausreichend darlegen können, warum eine Übergabe bei einem Ende der Arbeitszeit um 13:00 Uhr erforderlich sein solle. Die Klägerin könne vielmehr die jeweiligen Vorgänge bis 13:00 Uhr abarbeiten und abschließen. Ferner habe die Beklagte nicht substantiiert dargelegt, dass der Arbeitsplatz nicht nachmittags mit einer anderen Arbeitskraft besetzt werden könne. Der Vortrag der Beklagten zu einem Übergabebedarf sei unsubstantiiert und werde bestritten.
Zu den Aufgaben in der Zentralen Lagersteuerung gehörten weiter:
Einlistung sowie Auslistung von Waren
Änderung der Logistikdaten
Bearbeitung der Reklamationen der Endverbraucher
Abholung von Lagerware
Datenabfrage
Bearbeitung der Sonderwerbung
Bearbeitung der Werbeplanung
Kontrolle der nicht ausgelieferten Werbeartikel mit Analyse
Warenbestände kontrollieren und korrigieren
Stammdatenpflege
Verteilung von Promotions- sowie Restantenartikeln
Bearbeitung Posteingang im Outlook Express
Kommunikation und Koordination mit den Außenlägern
Ablage
Die Grundsätze des Großen Senats des BAG vom 17.2.1985 zur Weiterbeschäftigung nach Kündigung seien auch auf den Prozess zur Abgabe einer Zustimmungserklärung nach § 8 TzBfG zu übertragbar.
Tatsächlich hat die Beklagte die Klägerin für die Vormittagsstunden auf einen anderen Arbeitsplatz in der Logistik versetzt. Mit Urteil vom 05.03.2008 (Bl. 153 ff. d.A.) hat das Arbeitsgericht diese Versetzung für unwirksam erachtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Protokollerklärungen der Parteien Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist gemäß §§ 519, 520 ZPO, §§ 64, 66 ArbGG zulässig.
Sie ist aber unbegründet. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung den Klageanträgen stattgegeben.
1.
Nachdem die Beklagte den Anspruch der Klägerin auf Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 20 Stunden anerkannt hat, kann die Klägerin verlangen, dass die Arbeitszeit von Monat bis Freitag auf die Zeit von 09:00 Uhr bis 13:00 Uhr verteilt wird. Aus dem Sachvortrag der Beklagten ergeben sich keine ausreichenden betrieblichen Gründe, die einer derartigen Verteilung entgegenstehen.
Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 18.2.03 (9 AZR 164/02, AP § 8 TzBfG Nr. 2) die Grundsätze einer Rechtsprüfung in 3 Stufen entwickelt, die auch das Arbeitsgericht zugrunde gelegt hat.
Es ist schon problematisch, ob überhaupt ein betriebliches Organisationskonzept festzustellen ist, das eine besondere Verteilung der Arbeitszeit bedingt. Das von der Beklagten geltend gemachte betriebsorganisatorische Konzept sieht vor, die Arbeitsplätze ausschließlich vollschichtig zu besetzen, um eventuelle Übergaben im Verlaufe eines Arbeitstages zu vermeiden. Wie sich aus den unstrittigen jeweiligen Betriebszeiten ergibt, nimmt die Beklagte jedenfalls selbst hin, dass im Bereich der Warensteuerung eine Erreichbarkeit von Mitarbeitern für max. 9 Stunden des Tages gewährleistet ist, während die Läger selbst im 24-Stunden-Schichtbetrieb betrieben werden. Evtl. sich daraus ergebende Verzögerungen der Bearbeitung im Verlaufe des 24-Stunden-Rhythmus ergeben sich insofern aus dem eigenen Konzept der Beklagten. Ebenso wenig ist deutlich geworden, wie eine Abarbeitung der Aufträge regelmäßig noch am gleichen Tag erfolgen kann, wenn andererseits nach dem Vortrag der Beklagten der ganz überwiegende Teil der Meldungen erst in den Nachmittagsstunden eingeht, die Arbeitszeit in der zentralen Lagersteuerung aber um 7:00 bis 8:00 Uhr morgens beginnt.
Dem Organisationskonzept entgegenstehende Gründe können sich allein daraus ergeben, dass die Klägerin nicht 8 Stunden, sondern nur 4 Stunden täglich anwesend ist. Die eingehenden E-mails werden von allen Mitarbeitern gleichmäßig abgearbeitet, eine systematische Zuteilung auf die Mitarbeiter nach bestimmten Kriterien findet nicht statt. Die einzelnen abzuarbeitenden Eingänge nehmen nach der unbestrittenen Darstellung der Klägerin eine Bearbeitungszeit von höchstens 1 Stunde in Anspruch. Damit wäre die Klägerin in der Lage, sämtliche vormittags begonnenen Arbeitsvorgänge auch bis mittags 13:00 Uhr im Grundsatz vollständig abzuschließen. Beeinträchtigungen des betrieblichen Organisationskonzeptes ergeben sich insoweit noch nicht. Die Beklagte macht in der Berufung auch nicht geltend, dass die gesamte Arbeitsmenge infolge der fehlenden Arbeitsstunden der Klägerin nicht bewältigt werden könnte, so dass der Frage nach einer Ersatzeinstellung für die Nachmittagsstunden in diesem Zusammenhang ebenfalls keine Bedeutung zukommt. Im Übrigen hat die Beklagte auch Bemühungen um den Einsatz einer Ersatzkraft nicht substantiiert vorgetragen. Vielmehr hat die Beklagte in der mündlichen Berufungsverhandlung noch einmal erläutert, es könnten sich aus diversen organisatorischen Gründen, etwa im Zusammenwirken mit den jeweiligen Speditionen, im Laufe des weiteren Arbeitstages Rückfragen zu einzelnen Vorgängen ergeben, die ein anderer Mitarbeiter, der damit nicht befasst war, dann nicht ohne weiteres beantworten könne. Daraus ergebe sich ein zusätzlicher Übergabeaufwand bei Arbeitsende der Klägerin. Da eine derartige Situation nach der bisherigen Arbeitsorganisation, nämlich einer ausschließlichen Besetzung mit Vollzeitkräften, nicht eintreten kann, konnte die Beklagte insoweit keine konkreten einzelnen Beispielsfälle nennen. Es ist ihr aber auch nicht gelungen, anhand abstrakter Überlegungen darzustellen, wie oft im Verlaufe etwa eines Arbeitstages derartige Situationen auftreten könnten. Insofern lässt sich in keiner Weise objektivierbar bemessen, in welchem Umfang das Organisationskonzept der Beklagten überhaupt beeinträchtigt werden würde.
Soweit sich die Beklagte in der Berufung auf den nunmehr veränderten Arbeitseinsatz der Frau A. sowie eine deutliche Steigerung der zu verwaltenden Artikelzahlen bezieht, bleiben diese beiden Aspekte außer Betracht. Im gerichtlichen Verfahren ist für die Beurteilung des Teilzeitverlangens regelmäßig der Zeitpunkt maßgeblich, an dem der Arbeitgeber das Verlangen abgelehnt hat (BAG vom 18.02.03, 9 AZR 356/02, AP § 8 TzBfG Nr. 1). Das Bundesarbeitsgericht leitet diese Überlegung u. a. aus der Sperrwirkung eines wirksam abgelehnten Antrages für eine erneute Antragstellung auf Arbeitnehmerseite (§ 8 Abs. 6 TzBfG) her.
Selbst wenn man mit der obigen Begründung eine geringfügige Beeinträchtigung des organisatorischen Konzeptes durch eine reine Vormittagstätigkeit der Klägerin annehmen wollte, so überschreitet diese jedenfalls nicht das dem Arbeitgeber zumutbare Maß. Der Gesetzgeber geht, wie sich aus § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG ergibt, davon aus, dass die Einrichtung einer Teilzeittätigkeit in aller Regel dem Arbeitgeber gewisse betriebsorganisatorische oder auch finanzielle Nachteile bringt. Sie berechtigen den Arbeitgeber aber erst dann zu einer Versagung der Zustimmung, wenn das Maß der Beeinträchtigungen eine gewisse Erheblichkeit erreicht. Welche Anforderungen daran zu stellen sind, ist anhand der im Gesetz genannte Beispiele zu beurteilen (BAG vom 18.1.03, 9 AZR 164/02, AP § 8 TzBfG Nr. 8; krit. Laux/Schlachter TzBfG § 8 Rn. 122 ff.). Die Gründe müssen hinreichend gewichtig sein (BAG vom 13.11.07, 9 AZR 36/07, NZA 08, 314). Eine Abwägung mit den Interessen des Arbeitnehmers findet dabei nicht statt (BAG vom 9.12.03, 9 AZR 16/03, AP § 8 TzBfG Nr. 8). Auch insoweit ist der Sachvortrag der Beklagten sehr abstrakt geblieben. Mangels anderer Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass alle in der Abteilung berechtigten Mitarbeiter auf die in der EDV abgelegten Arbeitsvorgänge nach Auftragsnummern oder ähnlichen Ordnungskriterien Zugriff haben. Rein technisch dürften daher keine Hindernisse bestehen, dass nachmittags eingehende Anfragen zu Vorgängen, die die Klägerin bearbeitet hat, mit nur geringem zeitlichen Zusatzaufwand beantwortet werden können. Soweit ein Arbeitsvorgang untypischerweise von der Klägerin während ihrer Arbeitszeit noch nicht abschließend bearbeitet werden konnte, kann eine Übergabeinformation an einen anderen Mitarbeiter mit geringem Aufwand erfolgen. Sowohl Telefon als auch E-Mail-Eingang können ohne Schwierigkeiten auf jeweils einen konkreten Vertreter umgeleitet werden. Dass die Erfüllung der Arbeitsaufgabe insgesamt in erheblichem Maß leiden würde, wird aus dem Sachvortrag der Beklagten nicht deutlich.
2.
Die Klägerin kann auch die tatsächliche Umsetzung der Arbeitszeiten von 09:00 Uhr bis 13:00 Uhr schon vor Rechtskraft der Entscheidung im Wege eines vorläufig vollstreckbaren Unterlassungsanspruchs durchsetzen. Das gilt auch bei der Berufungsentscheidung im Hinblick auf die Möglichkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde. Dabei ist zu beachten, dass die Zustimmung zu der Vertragsänderung in Form der Arbeitszeitreduzierung durch das rechtskräftige Anerkenntnisurteil bereits erteilt ist und es vorliegend ausschließlich um die Ausübung des Direktionsrechts bei der Verteilung der Arbeitszeit geht.
Die gesetzlichen Regelungen im TzBfG selbst sehen Möglichkeiten einer vorläufigen Regelung nicht vor. In der Literatur wird daher weitgehend auf die Möglichkeiten und Voraussetzungen des einstweiligen Rechtsschutzes verwiesen (etwa Laux/Schlachter TzBfG § 8 Rn. 237 ff.; Arnold/Gräfl u.a. Teilzeit- und Befristungsgesetz 2. Aufl. § 8 Rn. 189 ff.); dies entspricht auch der verbreiteten gerichtlichen Praxis. Die von der Beklagten zitierten Entscheidungen des LAG München vom 1.12.04, 5 Sa 913/04 (Bl. 91 ff. d.A.) und des LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 29.6.06, 1 Sa 51/06, (Bl. 95 ff. d.A.) betreffen allerdings nicht die spezielle Thematik des Teilzeitanspruchs. Einstweiliger Rechtsschutz setzt allerdings voraus, dass im jeweiligen Einzelfall eine erheblich überwiegende Dringlichkeit in der persönlichen Lebenssituation des Antragstellers glaubhaft gemacht werden kann. Angesichts der tatsächlichen Situation, dass derartige Rechtsstreitigkeiten typischerweise Frauen betreffen, die nach der Geburt eines Kindes aus der Elternzeit zurückkehren, erweist sich die Beschränkung auf vorläufigen Rechtsschutz im Bereich des § 8 TzBfG als unbefriedigend. Jedenfalls in den Fällen des Teilzeitbegehrens einer Frau nach Rückkehr aus der Elternzeit sind auch die verfassungsrechtlichen Wertungen des Art. 6 Abs. 1 GG (Schutz der Familie) zu beachten. Dieser verfassungsrechtliche Hintergrund erlaubt und gebietet es, ähnlich wie bei der Entwicklung des allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruchs nach unwirksamer Kündigung (BAG Großer Senat vom 27.2.85, GS 1/84, AP § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 14), aus dem grundrechtlich gewährleisteten Schutz eine Pflicht der Gerichte zur tatsächlichen Gewährleistung dieser Rechtspositionen herzuleiten (etwa ArbG Nürnberg 5.8.03, 9 Ca 5096/03, Bl. 111 ff. d.A.; ArbG Stuttgart 31.7.03. 28 Ca 1041/03, Bl. 134 ff. d.A.; anders etwa Sievers TzBfG 2. Aufl. § 8 Rn. 130). Denn wie der vorliegende Fall zeigt, wäre für eine Mutter, die die eigene Betreuung ihres Kindes jedenfalls zeitanteilig übernehmen möchte oder muss, für einen ganz erheblichen Zeitraum die tatsächliche Realisierung dieser Möglichkeit erheblich erschwert oder sogar ganz abgeschnitten. Aus den Wertungen der Grundrechte ergeben sich Schutzpflichten des Staates, eine Verwirklichung dieser Wertungen auch in den Rechtsbeziehungen zwischen Privaten sicherzustellen (vgl. etwa ErfK/Dieterich 8. Aufl. Einl.GG Rn. 33 ff.). Dieser Schutzauftrag ist in Art. 6 Abs. 1 GG auch wörtlich enthalten. Das BVerfG hat dazu in der Entscheidung vom 7.7.1992 ausgeführt (1 BvL 51/86 u.a., BVerfGE 87, 1, 35), Art. 6 Abs. 1 GG sei eine wertentscheidende Grundsatznorm, die für den Staat die Pflicht begründe, - im Gleichgewicht mit weiteren Gemeinwohlbelangen - Ehe und Familie zu schützen und zu fördern. Es ist daher in einer Konstellation wie im vorliegenden Fall anzunehmen, dass das arbeitgeberseitige Weisungsrecht schon für den weiteren Verlauf des Rechtsstreits dahingehend begrenzt ist, dass nach billigem Ermessen der Arbeitgeber vorläufig verpflichtet ist, die von der Antragstellerin begehrten Arbeitszeiten einzuhalten. Die Antragstellerin in dieser Situation auf ein bloßes Leistungsverweigerungsrecht mit den Risiken weiterer rechtlicher Auseinandersetzungen zu verweisen, wie dies die Beklagte möchte, wird dem verfassungsrechtlichen Gebot des Schutzes der Familie nicht gerecht. Die prozessuale Fassung in Form eines Unterlassungsanspruches ist dabei sachgerechter als die Form eines Beschäftigungsanspruches (Küttner/Reinecke Personalbuch 2007 Teilzeitbeschäftigung Rn. 50).
3.
Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Wegen des Anspruchs auf Unterlassung zu Ziff. 2 des Tenors der angefochtenen Entscheidung war die Revision zuzulassen gem. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.