Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 30.05.2008, Az.: 16 Sa 1254/07

außerordentliche Kündigung; Schadensersatz; strafbare Handlung

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
30.05.2008
Aktenzeichen
16 Sa 1254/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 55047
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG - 04.05.2007 - AZ: 4 Ca 723/03

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Nachweis des Schadens durch den Arbeitgeber nach Unterschlagung durch die Arbeitnehmerin.

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 04.05.07, Az. 4 Ca 723/03 teilweise abgeändert unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen, soweit die Klägerin im Rahmen der Widerklage verurteilt worden ist.

Insoweit wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 743,68 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.10.2003 zu zahlen. Die darüber hinausgehende Widerklage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 20 %, die Beklagte zu 80 %.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich mit der Klage gegen eine ihr gegenüber ausgesprochene außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit Schreiben vom 25.09.03, das der Klägerin am 29.09.03 zuging. Die Klägerin hat ferner mit der Klage Zahlungsansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend gemacht. Die Beklagte begehrt im Wege der Widerklage Schadensersatz.

Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 01.11.2002, zunächst als Aushilfe, ab 01.04.03 halbtags als kaufmännische Angestellte zu einer Bruttovergütung von zuletzt 1.202,66 € beschäftigt. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder. Die Beklagte betreibt eine Tankstelle wie auch einen Werkstattbetrieb in A-Stadt. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag ist zwischen den Parteien entgegen § 2 Nachweisgesetz nicht geschlossen. Zum Tätigkeitsfeld der Klägerin gehörte auch die Verwaltung der Kasse, die sich im Tankstellenshop befindet. Dort ist auch ein Tresor im Boden eingebracht, der mittels eines Schlüssels geöffnet werden kann. Neben der Klägerin besaß nur der Geschäftsführer der Beklagten einen Schlüssel für diesen Tresor. Zusätzlich zu der Klägerin waren weitere Aushilfen bei der Beklagten beschäftigt. Die Klägerin wie auch die Aushilfen kassierten tagsüber im Tankstellenshop, wobei Einnahmen in die Kasse erfolgten sowohl aufgrund des getankten Kraftstoffes, der Einkäufe im Tankstellenshop selbst wie auch der Barzahlungen aus dem Werkstattbereich.

Die Angestellten hatten die Aufgabe, die von ihnen verwaltete Kasse abends abzurechnen, wobei das eingenommene Hartgeld und die Scheine auf einem Beleg notiert wurden. Die Scheine selber wurden dann mit dem Beleg zusammen eingerollt, in den Tresor gelegt, der eine Öffnung hatte, durch die die gezahlten Scheine gesteckt werden konnte. Eine Entnahme der Scheine aus dem Tresor war jedoch nur durch Öffnung des Tresors mittels eines Schlüssels möglich. Das Hartgeld verblieb als Wechselgeld in der Kasse. Am darauffolgenden Morgen hatte die Klägerin, soweit sie Dienst hatte, das Geld aus dem Tresor zu nehmen und mit Belegen transportfähig zu verpacken. Der Geschäftsführer brachte sodann das Geld zur Bank. Tatsächlich war es so, wie in der letzten mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt, dass die Einnahmen aus dem Agenturgeschäft (Verkauf von Kraftstoffen) sofort fertiggemacht wurden und ein Einzahlungsbeleg für das Geldinstitut fertiggemacht wurde. Bezüglich der übrigen Einnahmen wurde das Geld zunächst gelagert und ein Einzahlungsbeleg nicht sofort ausgestellt. Dies erfolgte erst zu einem Zeitpunkt, zu dem der Transport zum Geldinstitut stattfand, wobei dieses nicht zwangsläufig am selben Tag erfolgen musste. Das Geld wurde in diesen Fällen im Tankshop oder auch im Büro zwischengelagert, und zwar entweder offen oder in einer Geldtasche.

Nachdem bei der Beklagten Unstimmigkeiten zwischen den Einzahlungsbelegen und den Einnahmen festgestellt wurden, überprüfte der Zeuge T. im September 2003 sämtliche Buchhaltungsunterlagen ab Januar 2003 bis einschließlich Juli 2003.

Am 08.05.2003 wurde gegenüber dem Zeugen B. eine Rechnung mit einem Endbetrag in Höhe von 324,28 € erstellt, die dieser am 27.06.03 bei der Klägerin bar bezahlte, was diese auch quittierte. Der Betrag in Höhe von 324,28 € in der von der Klägerin erstellten Tagesabrechnung war jedoch nicht aufgeführt. Ein entsprechender Überschuss war in der Kasse nicht vorhanden.

Unter dem Datum des 20.02.2003 wurde gegenüber dem Zeugen R. eine Rechnung in Höhe von 419,40 € erstellt, die dieser gleich am 20.02.2003 bei der Klägerin bar bezahlte, was die Klägerin wiederum quittierte. Dieser Betrag findet sich jedoch nicht in der von der Klägerin erstellten Tagesabrechnung vom 20.02.2003, ein Überschuss in der Kasse war nicht vorhanden.

Mit Schreiben vom 25.09.2003, das der Klägerin am 29.09.2003 zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin außerordentlich auf. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 02.10.2003 bei Gericht eingegangenen Klage.

Die Klägerin hat bestritten, dass ein Grund für eine außerordentliche Kündigung gegeben sei.

Darüber hinaus habe sie noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt für den Monat September 2006 in Höhe von 1.202,66 €. Als Abgeltung für 19 Urlaubstage stünden ihr darüber hinaus Zahlung von 1.002,22 € brutto zu.

Ferner habe sie 33 Überstunden geleistet, die mit einem Stundenlohn von 11,11 € abzurechnen und auszuzahlen sei, so dass ihr ein weiterer Betrag in Höhe von 366,63 € brutto zustehe.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 25.09.2003, zugestellt am 29.09.2003, weder zum 29.09.2003 noch zu einem anderen Zeitpunkt geendet hat,

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.571,51 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der der EZB seit dem 05.05.2004 zu zahlen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, die Überprüfung durch den Zeugen T. habe ergeben, dass es die Klägerin zu verantworten habe, dass Gelder im Zeitraum von Januar bis Juli 2003 verschwunden seien. Sowohl Rechnungen wie die dazugehörigen Beträge seien nicht mehr auffindbar. Auch die Rechnungen für den Zeugen B. und den Zeugen R. vom 08.05.2003 bzw. 20.02.2003 seien in den Buchhaltungsunterlagen nicht mehr vorhanden. Die Klägerin habe deshalb die Gelder für diese Rechnungen bar kassiert, diese nicht in die Kasse eingegeben, nicht auf der Tagesabrechnung aufgeführt und die Rechnungen verschwinden lassen. Die Klägerin habe damit die entsprechenden Gelder unterschlagen.

Darüber hinaus habe die Klägerin Unterschlagungen dadurch vorgenommen, dass sie die Geldscheine aus dem Tresor genommen und diese gezählt habe, jedoch die Bankeinzahlungsbelege mit weniger hohen Beträgen ausgefüllt habe als sich anhand der Abrechnungsbelege und der vorhandenen Scheine ergeben musste. Diesen Differenzbetrag habe sie für sich vereinnahmt. Auf diese Weise habe die Klägerin systematisch Gelder veruntreut. Wegen der insoweit vorgetragenen Einzelheiten und der veruntreuten Beträge wird auf den Tatbrstand des erstinstanzlichen Urteils, Blatt 4 bis 11 (Bl. 203 bis 210 d.A.) Bezug genommen.

Hieraus ergebe sich ein Gesamtfehlbetrag in Höhe von 18.636,50 €, der mit der Widerklage geltend gemacht werde.

Hierin sei ein ausreichender Grund zur außerordentlichen Kündigung zu sehen.

Auffällig sei, dass Fehler nur dann vorgekommen seien, wenn die Klägerin die Scheine aus dem Tresor genommen habe. Bei einem Fehlen der Klägerin seien die Kassenbestände jeweils in Ordnung gewesen. Zudem habe die Klägerin entsprechende Fehler niemals moniert.

Ein weiterer Geldbetrag stehe der Klägerin nicht zu, da mit den Gegenforderungen die Aufrechnung erklärt werde. Urlaubsansprüche seien nicht mehr vorhanden. Überstunden habe die Klägerin zu keinem Zeitpunkt geleistet.

Die Beklagte beantragt im Wege der Widerklage,

die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 19.380,18 € nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.10.2003 zu zahlen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Sie bestreitet, Geldbeträge aus der Kasse der Beklagten entnommen und für sich selbst verwandt zu haben. Nach Entnahme der Geldscheine aus dem Tresor und Zählung sowie einem Vergleich mit den dazugehörigen Kassenbelegen hätten verschiedene andere Personen Zugriffsmöglichkeiten auf die sich in den Betriebsräumen befindlichen Geldbeträge gehabt, insbesondere auch der Geschäftsführer der Beklagten. Sofern Geld aus der Kasse verschwunden sei, sei dieses nicht auf die Klägerin zurückzuführen. Aus dem Geschehensablauf selbst ergebe sich, dass kein eindeutiger Schluss gerechtfertigt sei, dass die Klägerin aus den jeweiligen Vortageseinnahmen Gelder entnommen und für sich verwandt habe.

Bezüglich der Vorfälle B. und R. liege eine Veruntreuung nicht vor. Zwar habe sie die entsprechenden Beträge der Rechnungen kassiert. Diese seien auch nicht in der Kasse registriert worden. Dieses bedeute jedoch nicht gleichzeitig, dass die Klägerin die Beträge veruntreut habe.

Der Verurteilung im Strafverfahren sei sie nur deswegen nicht entgegengetreten, weil insoweit die Kasseneinzahlungsbelege gefehlt hätten.

Durch Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 04.05.2007 wurde die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 2.204,88 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit dem 05.05.2004 zu zahlen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen und die Klägerin auf die Widerklage verurteilt, an die Beklagte 19.380,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.10.2003 zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits wurden der Klägerin zu 91 % und der Beklagten zu 9 % auferlegt und der Streitwert auf 25.551,69 € festgesetzt. Wegen der Begründung des erstinstanzlichen Urteiles wird auf dieses (Bl. 200 bis 218 d.A.) verwiesen. Dieses Urteil wurde der Klägerin am 24.07.2007 zugestellt. Hiergegen legte diese am 15.08.2007 Berufung ein und begründete diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 24.10.2007 am 27.09.2007.

Zur Begründung der Berufung trägt die Klägerin vor, die Kündigungsschutzklage sei begründet. Soweit Durchschriften der Rechnungen der Kunden B. und R. in den Unterlagen der Beklagten nicht vorhanden seien, gehe dieses nicht auf ein Verhalten der Klägerin zurück. Zutreffend sei zwar, dass sich die Klägerin die Nichtweiterleitung der eingenommenen Beträge in die Kasse zurechnen lassen müsse. Es habe jedoch weder im Strafverfahren vor dem Amtsgericht noch im Rahmen des Verfahrens 1. Instanz geklärt werden können, inwieweit die Klägerin insoweit bewusst Beträge für sich behalten und verwendet habe. Die Beklagte wäre allenfalls gehalten gewesen, im Wege der Abmahnung gegen die Klägerin vorzugehen.

Im Hinblick auf den Zahlungsanspruch der Klägerin sei die Darlegung hinsichtlich der 33 geleisteten und nicht vergüteten Überstunden ausreichend.

Die Widerklage sei unbegründet. Zwar mag die Klägerin zivilrechtlich haften, wenn sie hinsichtlich der Vorfälle B. und R. Abrechnungen und Einnahmen nicht ordnungsgemäß durchgeführt habe. Über den Betrag von 743,68 € hinausgehende Schadensersatzansprüche seien jedoch objektiv nicht begründet. Es sei zu keinem Zeitpunkt Sache der Klägerin gewesen, den Istbestand der Einnahmen aus dem Vortag mit dem Sollbestand zu vergleichen. Die Durchführung des Zählvorganges, wie er von der Klägerin dargestellt worden sei, sei von dem Geschäftsführer der Beklagten gebilligt und in der durchgeführten Art und Weise bestätigt worden. Damit sei ein fehlerhaftes Verhalten der Klägerin nicht vorhanden.

Nachdem die Einnahmen des Vortages aus dem Tresor entnommen worden seien, seien diese längere Zeit unbeaufsichtigt im Ladenlokal oder im Büro liegengeblieben, so dass diese dem Zugriff Dritter ungehindert preisgegeben gewesen seien. In den Zeiträumen zwischen Entnahme aus dem Tresor und Ausfüllen der Einzahlungsscheine für die jeweiligen Banken sei aufgrund der unbeaufsichtigten Lagerung der Geldscheine in Kenntnis des Geschäftsführers der Beklagten jeder dritten Person, die sich im Kassenraum oder dem Büro befunden habe, die Möglichkeit gegeben gewesen, Teilbeträge aus den Vortagseinnahmen an sich zu nehmen, da die Klägerin aufgrund anderweitiger Tätigkeiten regelmäßig die gestapelten Geldscheine habe unbeaufsichtigt lassen müssen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 04.05.2007, Az. 4 Ca 723/03

abzuändern und

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis

durch die Kündigung der Beklagten vom 25.09.2003, zugestellt am 29.09.2003,

weder zum 29.09.2003 noch zu einem anderen Zeitpunkt geendet hat,

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin über die in Ziffer 1) des erstinstanzlichen Urteiles ausgeurteilten Beträge weitergehend an die Klägerin 366,63 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit dem 05.05.2004 zu zahlen,

3. die Widerklage der Beklagten abzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 18.10.2007. Hierauf wird verwiesen (Bl. 239 bis 241 d.A.).

Ergänzend wird auf die Erklärungen der Parteien in der Sitzung vom 30.05.2008 Bezug genommen (Bl. 259 bis 261 d.A.).

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist teilweise unzulässig. Soweit sie zulässig ist, ist sie nur teilweise begründet.

Die Berufung ist insoweit unzulässig, als die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von weiteren 366,63 € begehrt.

Die 1. Instanz hatte dieses Vorbringen der Klägerin, sie habe 33 Überstunden geleistet, als zu pauschal gewürdigt und erklärt, dass dieses Vorbringen nicht genüge, nachdem die Beklagte bestritten habe, dass Überstunden geleistet worden seien. Eine Berufungsbegründung entsprechend der Vorschrift des § 519 ZPO muss erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht der Berufungsklägerin unrichtig ist und muss zum Anderen im Einzelnen angeben, aus welchen Gründen sie die tatsächliche und rechtliche Würdigung des vorinstanzlichen Urteiles in den angegebenen Punkten für unrichtig hält. Es reicht insoweit nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch den Erstrichter mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das Vorbringen 1. Instanz zu verweisen (vgl. BGH, Urteil vom 24.01.2000, Az. II ZR 172/98 in NJW 2000, 1576, BAG, Urteil vom 10.02.2005, 6 AZR 183/04 in NZA 2005, 597/598).

Die Begründung dieses Zahlungsanspruches durch die Klägerin genügt diesen Ansprüchen nicht, da nur Bezug genommen wird auf die Ausführungen in 1. Instanz und die allgemeine Auffassung vertreten wird, der Sachvortrag sei ausreichend.

Im Übrigen ist die Berufung zulässig, im Hinblick auf den Feststellungsantrag der Klägerin ist die Berufung jedoch unbegründet. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des erstinstanzlichen Urteiles verwiesen.

Die von der Klägerin vorgetragenen Gründe, dass nicht ersichtlich sei, inwieweit sie bewusst Beträge für sich behalten und verwendet habe, ist angesichts des Sachverhaltes, wie er sich unstreitig darstellt, nicht nachvollziehbar. Die Klägerin quittiert zunächst die in den Rechnungen aufgeführten Beträge, nimmt sie des Weiteren nicht in die Tagesabrechnung auf und führt diese Gelder sodann nicht der Kasse zu. Die letzteren zwei Versäumnisse können nur den Schluss rechtfertigen, dass die Klägerin bewusst und gewollt die vereinnahmten Beträge nicht einer Abrechnung zuführen wollte, vielmehr diese für sich behalten wollte. Von einem unbewussten Verhalten könne nur ausgegangen werden, wenn die Klägerin versehentlich die Beträge nicht in die Kasse gelegt hätte, wohl aber in die Tagesabrechnung aufgenommen hat oder die Aufnahmen in die Tagesabrechnungen vergessen hätte, jedoch die Beträge in die Kasse gelegt hätte, was zu einem Überschuss der Kasse hätte führen müssen. Die Summierung dieser beiden Fehler lässt den berechtigten Schluss zu, dass die Klägerin die vereinnahmten Beträge nicht dem Vermögen der Beklagten zuführen wollte, vielmehr für sich behalten wollte.

Entsprechend ist die Klägerin auch im Strafverfahren verurteilt worden.

Dieses Vermögensdelikt zu Lasten des Arbeitgebers rechtfertigt, wie das Arbeitsgericht zu Recht festgestellt hat, eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 626 BGB, da es dem Arbeitgeber unzumutbar ist, eine Mitarbeiterin, die mit Kassenaufgaben betraut ist und damit eine Vertrauensstellung im Betrieb hat, auch nur vorübergehend in seinem Betrieb weiterzubeschäftigen.

Soweit sich die Klägerin gegen die Verurteilung im Wege der Widerklage richtet, so ist zunächst festzustellen, dass die Klägerin, wie sich aus dem Obigen ergibt, der Beklagten die vereinnahmten Beträge für die Rechnungen des Kunden B. sowie des Kunden R. zurückzuerstatten hat. Die Klägerin hat diese Beträge für sich behalten, die ihr nicht zustanden, so dass sie aufgrund der Verletzung ihres Arbeitsvertrages zur Rückgewähr dieser Ansprüche verpflichtet ist.

Soweit sich die Klägerin allerdings gegen die darüber hinausgehende Verurteilung in Höhe von 18.636,50 € richtet, ist die Berufung begründet, da nach dem nunmehr vorliegenden Sachverhalt nicht nachgewiesen ist, dass die Klägerin Gelder veruntreut hat, indem sie die im Tresor befindlichen Scheine entnommen und falsche Eintragungen in die Einzahlungsbelege gemacht hat.

Als die Klägerin am Morgen die Vortageseinnahmen zählte und diese mit den handschriftlichen Abrechnungen der Kassiererin verglichen hat, waren, wie beide Parteien übereinstimmend behaupten, die Gelder noch vollzählig vorhanden.

Die Klägerin hat dann aber nicht, wie nach dem normalen Verlauf der Dinge anzunehmen war, Einzahlungsbelege für die verschiedenen Geldinstitute ausgefüllt und dieses Geld an einem sicheren Ort, der Dritten nicht zugänglich war, verwahrt, bis der Geschäftsführer kam, vielmehr hat sie lediglich den Einzahlungsbeleg für das Agenturgeschäft fertiggemacht, da dieses unverzüglich abzurechnen und abzuführen war. Die restlichen Gelder sind sodann mit dem Wissen des Geschäftsführers im Bereich des Betriebes der Beklagten verblieben, ohne dass die Klägerin die Möglichkeit hatte, den Geldbestand weiterhin uneingeschränkt zu überwachen. Diese Gelder sind dann entweder offen hinter dem Tresen deponiert worden oder in eine Geldtasche gesteckt worden oder im Büro aufbewahrt worden, wie sich in der letzten mündlichen Verhandlung ergeben hat. Wie lange diese Gelder dort gelegen haben, kann nicht im Einzelnen rekonstruiert werden, es können dies aber durchaus mehrere Stunden oder sogar über eine Nacht hinaus gewesen sein.

Ist die Klägerin aber nach der betrieblichen Organisation der Beklagten nicht mehr in der Lage, den Geldbestand jederzeit zu überwachen, so ist der Schluss nicht mehr zwingend, dass die Klägerin aus diesem Bestand Scheine entnommen hat, bevor sie den Einzahlungsbeleg ausfüllte. Die Zählung des Geldes ist nach dem Vortrag der Klägerin vielmehr dies erst dann erfolgt, als der Einzahlungsbeleg tatsächlich ausgefüllt wurde. Es kann der Klägerin nicht unterstellt werden, dass ihr zu diesem Zeitpunkt noch der genaue Geldbetrag bekannt war, der unter Abzug des Agenturgeschäftes noch vorhanden sein musste.

Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass entweder der Geschäftsführer oder weitere Personen, die im Betrieb der Beklagten tätig waren, Gelder entnommen haben, bevor die Scheine neu gezählt wurden.

Dass dort Ungereimtheiten vorhanden waren, ergibt sich bereits daraus, dass sich für verschiedene Tage Überzahlungen ergeben haben, so für den 20.03.2003, den 02.04.2003, den 10.04.2003, den 23.04.2003 und den 14.05.2003. Tatsächlich kann sich ein höherer Betrag als Einzahlungsbetrag unter keinen Umständen ergeben, es sei denn, in der Zwischenzeit sind dem Bestand Gelder zugefügt worden. Wenn aber an dem Bestand Veränderungen vorhanden sind, kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass Entnahmen erfolgt sind.

Insoweit kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass der Geschäftsführer selbst Gelder entnommen hat aufgrund der Tatsache, dass er für sich oder den Betrieb Verpflichtungen zu erfüllen hatte, nachdem ihm persönlich weniger Geld aufgrund seiner Geschäftsführertätigkeit zugestanden hat als der Klägerin mit ihrer Halbtagstätigkeit. Es befanden sich zudem, wie vorgetragen ist, mehrere sogenannte 400-Eurokräfte im Betrieb, die ein derartiges Abrechnungssystem durchschaut haben können, um dann in jeweils unbeobachteten Momenten Gelder zu entnehmen.

Es ist auch insoweit nicht verständlich, weshalb bei der Beklagten letztlich ein Tresor vorhanden ist, gleichwohl Gelder aber über einen längeren Zeitraum unbeobachtet im Betrieb offen liegen bleiben.

Der Klägerin kann auch nicht entgegengehalten werden, dass Fehler nur für die Zeitpunkte festgestellt worden sind, als sie die Abrechnungen vorgenommen hat. Zwar lässt dieses einen Verdacht gegenüber der Klägerin begründen, jedoch ist nicht ausgeschlossen, dass andere Personen gerade dieses ausgenutzt haben, um den Verdacht auf die Klägerin zu lenken.

Ist ein verlässlicher Rückschluss auf ein entsprechendes vertragswidriges und strafbares Verhalten der Klägerin nicht möglich, so kann ein Anspruch der Beklagten gegenüber der Klägerin aufgrund dieser Handlungen nicht begründet sein. Es fehlt insoweit bereits an der festzustellenden Pflichtverletzung der Klägerin, die insoweit nicht nachgewiesen ist

.

Nach alledem ist die Berufung der Klägerin insoweit begründet, so dass das erstinstanzliche Urteil insgesamt insoweit abzuändern war, als die Widerklage mit Ausnahme des Betrages in Höhe von 743,68 € abzuweisen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91, 92, 97 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 ArbGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Gegen diese Entscheidung ist deshalb ein Rechtsmittel nicht gegeben. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach Maßgabe des § 72 a ArbGG wird hingewiesen.