Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.11.2008, Az.: 11 SaGa 1433/08
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 17.11.2008
- Aktenzeichen
- 11 SaGa 1433/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 39334
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2008:1117.11SAGA1433.08.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Oldenburg/Oldenburg - 02.09.2008 - AZ: 4 Ga 5/08
Fundstellen
- NZA-RR 2009, VI Heft 3 (amtl. Leitsatz)
- NZA-RR 2009, 209-211 (Volltext mit red. LS)
In dem einstweiligen Verfügungsverfahren
...
hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 17. November 2008 durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Voigt,
die ehrenamtliche Richterin Frau Wolters,
den ehrenamtlichen Richter Herrn Ehms
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 2.9.2008 - 4 Ga 5/08 - teilweise abgeändert.
Zur Klarstellung wird der Tenor wie folgt neu gefasst:
Der Verfügungsbeklagten wird aufgegeben, bis zum 31.07.2009 es bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250 000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft zu unterlassen, Mitarbeiter der Verfügungsklägerin im Center P.... T.... an der Arbeitsaufnahme oder Arbeitsdurchführung durch psychische Gewalt zu behindern, insbesondere diese nicht dadurch in ihrer Willensfreiheit zu beeinträchtigen, dass in die Bungalows oder Hotelzimmer entgegen den Willen der sich dort aufhaltenden Mitarbeiter eingedrungen oder eingestiegen wird.
Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird abwiesen.
Von den Kosten des ersten Rechszuges tragen die Klägerin 2/3, die Beklagte 1/3, die Kosten der Berufung werden gegeneinander aufgehoben.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens über einen von der Verfügungsklägerin geltend gemachten Unterlassungsanspruch.
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Zu ergänzen ist, dass sich auf dem Gelände des Center P.... insgesamt über 400 Bungalows befinden und die Verfügungsklägerin über 100 Beschäftigte dort einsetzt.
Das Arbeitsgericht Oldenburg hat mit Urteil vom 02.09.2008 dem Antrag teilweise stattgegeben. Es hat ausgeführt, die Klage sei insoweit unbegründet, als die Unterlassung von physischer Gewaltausübung auf Mitarbeiter der Verfügungsklägerin begehrt werde. Die durchgeführte Beweisaufnahme habe ergeben, dass es zu irgendwelchen körperlichen Übergriffen auf Mitarbeiter nicht gekommen sei. Dem Antrag auf Unterlassung psychischer Gewalt hat das Arbeitsgericht hingegen stattgegeben. Die Verfügungsbeklagte habe durch die von ihrer Untergliederung durchgeführte Aktion vom 22.08.2008 in unzulässiger Weise in dem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Verfügungsklägerin eingegriffen und darüber hinaus die durch Art. 2 Abs. 2 GG geschützten Rechte der Mitarbeiter verletzt. Die Art und Weise der durchgeführten Kundgebung sei durch die in Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Koalitionsfreiheit nicht gedeckt gewesen. Die grundgesetzlich geschützte Betätigungsfreiheit der Gewerkschaften finde ihre Grenze dort, wo grundgesetzlich geschützte Positionen anderer beeinträchtigt würden. Dies gelte namentlich für den Arbeitgeber im Hinblick auf sein Recht auf störungsfreien Betriebsablauf und das Recht arbeitswilliger Arbeitnehmer, den Betrieb unbehindert zu betreten und ihre Arbeit ungehindert durchzuführen. Im konkreten Fall habe die durchgeführte Kundgebung Züge einer Blockadeaktion gehabt, die dazu geführt habe, dass die Verfügungsklägerin am 22.08.2008 ihren Reinigungsauftrag jedenfalls partiell nicht mehr durchführen konnte. Zum einen hätten die Kundgebungsteilnehmer offen zur Arbeitsniederlegung aufgerufen, zum anderen zumindest bei einigen verunsicherten Mitarbeitern einen psychischen Druck hervorgerufen, wie sie sich in dieser Situation verhalten sollten. Dies habe die Zeugin A.... anschaulich und eindringlich geschildert. Die Kammer sei davon überzeugt, dass jedenfalls im Kern sich das Geschehen so abgespielt habe, wie von der Zeugin geschildert. Die für Außenstehende als bedrohlich erscheinende Situation sei dadurch erst untermauert worden, dass die Auseinandersetzung zwischen dem Zeugen C.... und dem Leiter des Center P.... stattgefunden habe, unabhängig davon, wer dies letztlich veranlasst habe. Schließlich bestehe auch ein Verfügungsgrund. Zum Ende der Demonstration sei von einer Wiederholung die Rede gewesen.
Gegen dies ihr am 09.09.2008 zugestellte Urteil hat die Verfügungsbeklagte am 18.09.2008 Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.
Zur Begründung führt die Verfügungsbeklagte aus, die Zeugenaussagen seien teilweise schon inhaltlich verfälscht zu Protokoll genommen worden. So sei als Äußerung der Zeugin A.... wiedergegeben, sie hätte die Tür verschlossen. Die Zimmertüren in den Bungalows seien jedoch nicht abschließbar. Im Ergebnis habe die Vorinstanz den Sachverhalt unzutreffend gewürdigt. Tatsächlich müsse sich die Beklagte eine möglicherweise im Laufe der Aktion eingetretene Verängstigung von Arbeitnehmerinnen nicht zurechnen lassen. Der Zeuge B.... habe ausgesagt, die Reinigungskräfte im Bungalow 411 seien durch die Objektleiterin Frau Sch. aufgefordert worden, sich einzuschließen. Auch die Zeugin A.... habe von einem Anruf von Frau Sch.... gesprochen. Andererseits habe sie die Aussage gemacht, ihre Mutter habe sie aufgefordert normal weiterzuarbeiten. Aus welchem Grund die bloße Annäherung des Demonstrationszuges Frau A.... und andere Reinigungskräfte veranlasst habe, sich in eines der Schlafzimmer zu begeben und die Tür zu blockieren, werde aus der Aussage nicht ersichtlich. Vielmehr habe die Klägerin ihrerseits im Vorfeld der gewerkschaftlichen Aktion zur Verunsicherung und Verängstigung der Arbeitnehmer beigetragen. Sie sei im Vorfeld über die Aktion informiert gewesen. Aus diesem Grund sei bereits die Arbeitszeit der Reinigungskräfte vorverlegt worden. Der Klägerin sei es einzig darum gegangen, den Kontakt zwischen gewerkschaftlichen Vertretern und den Arbeitnehmerinnen zu verhindern. Dieses Ansinnen stehe im Widerspruch zu dem ausdrücklich anzuerkennenden Recht der Beklagten, werbend tätig zu werden und damit auch die Arbeitnehmer unmittelbar an ihrem Arbeitsplatz anzusprechen. Wenn die Klägerin durch Schaffung eines bedrohlich wirkenden Umfeldes auf ihre Arbeitnehmer einwirke, könne sie nicht hinterher die Beklagte der Störung des Arbeitsablaufes oder gar der Ausübung psychischer Gewalt bezichtigen.
Jedenfalls hätte die Aussage der Zeugin A.... nicht in der erfolgten Weise gewürdigt werden dürfen. So habe die Zeugin gar nicht erkennen können, wer sich auf der anderen Seite der Zimmertür befand. Es werde weiterhin ausdrücklich bestritten, dass tatsächlich Mitglieder der Beklagten versucht hätten, die Schlafzimmertür gewaltsam zu öffnen, Gleiches gelte für einen Tritt gegen die Tür. Auch die beschriebene Äußerung "kommt endlich raus", habe Frau A.... keiner bestimmten Person zuschreiben können. Ihrer Bewegungsfreiheit hätten sich einige Reinigungskräfte offenbar selbst beraubt, indem sie sich in einzelne Räume zurückzogen.
Schließlich fordere das Urteil der Vorinstanz ein Unterlassen, welches nicht hinreichend bestimmt sei. Es gelte sowohl für die Begrifflichkeiten "psychische Gewalt" als auch "in ihrer Willens- und Bewegungsfreiheit zu beeinträchtigen". Die bloße Möglichkeit, von Gewerkschaftsvertretern angesprochen zu werden, könne aber nicht als psychische Gewalt beurteilt werden. Auch eine Wiederholungsgefahr sei nicht erkennbar.
Die Verfügungsbeklagte und Berufungsklägerin beantragt,
- 1.
das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 02.09.2008, Az. 4 Ga 5/08, abzuändern,
- 2.
den Antrag der Verfügungsklägerin abzuweisen.
Die Verfügungsklägerin und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Ferner konkretisiert sie ihren Antrag wie folgt:
Der Verfügungsbeklagten wird aufgegeben, es bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250 000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft zu unterlassen, Mitarbeiter der Verfügungsklägerin im Center P.... T.... an der Arbeitsaufnahme oder Arbeitsdurchführung durch psychische Gewalt zu behindern, insbesondere diese nicht dadurch in ihrer Willens- und Bewegungsfreiheit zu beeinträchtigen, dass
in die Bungalows oder Hotelzimmer entgegen den Willen der sich dort aufhaltenden Mitarbeiter eingedrungen, eingebrochen oder eingestiegen wird,
die Mitarbeiter bedroht werden, um eine Teilnahme der Mitarbeiter an Kundgebungen oder Aktionen der Verfügungsbeklagten zu erreichen,
die Mitarbeiter in den Bungalows oder im Hotelgebäude zur Arbeitsniederlegung aufgerufen werden.
Die Berufungsklägerin beantragt,
auch den Antrag in der modifizierten Form abzuweisen.
Die Verfügungsklägerin und Berufungsbeklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung. Das Arbeitsgericht habe die von der Verfügungsklägerin beigebrachten eidesstattlichen Versicherungen sowie Zeugenaussagen zutreffend gewürdigt. Der Vortrag, die Verfügungsklägerin würde im Krankheitsfall keine Entgeltfortzahlung leisten und den Mitarbeitern keinen Urlaub gewähren, sei nicht zutreffend. Unzutreffend sei auch der Vortrag, die Verfügungsklägerin habe ihre Mitarbeiter einschließen lassen. Hintergrund der Äußerung der Frau Sch. sei, dass die Zeugin A.... vorher um Hilfe und Rat gefragt habe. Nach der Aussage der Zeugin A.... könne kein Zweifel daran bestehen, dass Gewerkschaftsmitglieder von außen versucht hätten, die Tür gewaltsam zu öffnen. Auch der Gewerkschaftssekretär C.... habe ausgesagt, als er den Bungalow betreten habe, hätten sich bereits Gewerkschaftsmitglieder in dem Haus befunden. Dies werde auch durch die eidesstattliche Versicherung des Technischen Leiters des Center P.... Herrn N.... bestätigt.
Vollkommen unerheblich sei in diesem Zusammenhang, ob sich die Verfügungsklägerin auf die Aktion vorbereitet habe.
Nach §§ 162, 165 ZPO könne die Verfügungsbeklagte nicht mit Erfolg einwenden, die Zeugenaussagen seien falsch protokolliert worden.
Im Ergebnis sei das Recht der Verfügungsklägerin auf einen störungsfreien Betriebsablauf und das Recht der Mitarbeiter, ihre Arbeit ungehindert durchzuführen, durch die Gewerkschaftsmitglieder verletzt worden.
Der Tenor des Urteils sei auch hinreichend bestimmt gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Protokollerklärungen der Parteien Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig.
Sie ist in dem Umfang der Abänderungen, die sich aus dem neu gefassten Verfügungstenor ergeben, auch teilweise begründet, im Übrigen unbegründet.
Die Verfügungsbeklagte hat jedenfalls durch das gewaltsame Eindringen einzelner ihrer Mitglieder in die Bungalows die Grenzen der zulässigen gewerkschaftlichen Betätigung überschritten und damit in dem eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb der Verfügungsklägerin unzulässig eingegriffen. Mündliche Äußerungen von Teilnehmern der Aktion lassen auf eine Wiederholungsgefahr schließen. Verbindliche Erklärungen, die eine Wiederholungsgefahr ausschließen könnten, hat die Verfügungsbeklagte auch im Verlauf des Rechtsstreits nicht abgegeben.
I.
Der gestellte Antrag ist jedenfalls in der in der mündlichen Verhandlung vom 17.11.2008 gestellten Fassung hinreichend bestimmt und damit zulässig. Bereits das Arbeitsgericht hat die maßgeblichen Kriterien benannt: Einerseits darf die Beurteilung der Frage, wann ein Verstoß gegen den Unterlassungstitel vorliegt, nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden, andererseits dürfen an die Bestimmtheit des Titels keine so hohen Anforderungen gestellt werden, dass dies faktisch einer Verweigerung des Rechtsschutzes für den Antragsteller gleichkäme (etwa BAG vom 28.02.2006 - 1 AZR 460/04 - AP Art. 9 GG Nr. 127). Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 08.11.1988 - 1 AZR 417/86 - AP Art. 9 Abs. 3 GG Arbeitskampf Nr. 111 einen Unterlassungsantrag, der auf die Aufwendung psychischer Gewalt abstellt, für genügend bestimmt erachtet jedenfalls unter der Voraussetzung, dass durch zusätzlich beispielhaft aufgenommene Handlungen deutlich gemacht wird, unter welchen Voraussetzungen die Klägerin eine psychische Gewaltanwendung für gegeben hält. Eine abschließende Aufzählung aller denkbaren Formen sei nicht möglich und deshalb auch nicht erforderlich. Der von der Verfügungsklägerin zuletzt gestellte Antrag entspricht inhaltlich diesen Erfordernissen. Inwieweit die beispielhaft angegebenen Konkretisierungen anhand der Tatsachenfeststellungen letztlich zu bejahen waren, bleibt für die Zulässigkeit des Antrages unerheblich.
II.
Jedenfalls einzelne Vorgänge im Verlauf des Vormittages des 22.08.2008, die der Verfügungsbeklagten zuzurechnen sind, haben das den Gewerkschaften garantierte Betätigungsrecht überschritten. Das den Gewerkschaften in den Betrieben zustehende Betätigungsrecht ist unmittelbar aus Art. 9 Abs. 3 GG herzuleiten und gesetzlich, mit Ausnahme des hier nicht einschlägigen § 2 Abs. 2 BetrVG, nicht geregelt. Die in der Rechtsprechung über einen langen Zeitraum vertretene Beschränkung auf einen unerlässlichen Kernbereich ist in der neueren Rechtsprechung weiterentwickelt worden ( BVerfG vom 14.11.1995 - 1 BvR 601/92 -BVerfGE 93, 352 [BVerfG 14.11.1995 - 1 BvR 601/92]; BAG vom 25.1.1995 - 1 AZR 657/03 - AP Art. 9 GG Nr. 127). Der Grundrechtsschutz erstreckt sich auf alle Verhaltensweisen der Gewerkschaft, die koalitionsspezifisch sind. Die Betätigungsfreiheit geht über Aktionen, die der Mitgliederwerbung dienen oder auf den Abschluss eines Tarifvertrages gerichtet sind, hinaus (BAG vom 25.1.95 a.a.O.). Auch nicht organisierte Arbeitnehmer über bestehende gesetzliche und tarifvertraglich geregelte Arbeitsbedingungen zu informieren und auf deren Einhaltung durch den Arbeitgeber hinzuwirken, fällt darunter. Den Gewerkschaften ist grundsätzlich ein Zutrittsrecht zum Betrieb zu Werbezwecken einzuräumen. Dazu gehört auch die Befugnis selbst zu bestimmen, welche Personen sie damit betrauen; dies können auch Betriebsfremde sein (schon BAG vom 14.2.78 - 1 AZR 280/77 - AP Art. 9 GG Nr. 26; BAG vom 28.2.2006 a.a.O., unter II. 1a der Gründe auch mit Hinweisen auf die strittigen Auffassungen in der Literatur). Dies gewerkschaftliche Zutrittsrecht gilt jedoch nicht unbeschränkt. Die gewerkschaftliche Betätigungsfreiheit ist auf der anderen Seite gegen die ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Belange des Arbeitgebers abzuwägen. Hierzu gehören dessen Haus- und Eigentumsrecht sowie sein Interesse an einem störungsfreien Arbeitsablauf und der Wahrung des Betriebsfriedens. Maßgeblich sind insoweit jeweils die Umstände des Einzelfalles (vgl. BAG vom 28.02.2006 a.a.O.). Im Ausgangspunkt ist somit festzustellen, dass die am 22.08.2008 im Center P.... T.... durchgeführte Aktion im Grundsatz der rechtlich geschützten Betätigungsfreiheit der Gewerkschaft zuzuordnen ist.
Jedenfalls durch das eigenmächtige Betreten der Bungalows gegen den Willen der darin sich aufhaltenden Beschäftigten sind die rechtlichen Grenzen zulässiger Betätigungsfreiheit überschritten worden.
Hinsichtlich der geschützten rechtlichen Interessen des Arbeitgebers ist zunächst abzugrenzen, dass die Verfügungsklägerin nicht selbst die Betreiberin des Ferienparks ist, so dass sie selbst eine Verletzung des Haus- oder Eigentumsrechtes nicht geltend machen kann. Für den vorliegenden Rechtsstreit maßgeblich ist der Aspekt der Wahrung eines störungsfreien Arbeitsablaufes. Im Arbeitskampf stellen Störungen des Arbeitsablaufes gerade ein typisches Kampfmittel dar. Bei Maßnahmen der Mitgliederwerbung oder sonstigen Informationen stehen den Gewerkschaften aber zahlreiche andere Möglichkeiten zur Verfügung, um ihre Zwecke effektiv zu erreichen. Nach älterer Rechtsprechung waren Werbemaßnahmen vollständig auf Zeiten außerhalb der eigentlichen Arbeitszeiten zu beschränken, etwa vor Arbeitsbeginn, nach Arbeitsende oder während der Pausenzeiten (BAG vom 14.2.78 - a.a.O.). Es mag dahinstehen, ob nach der stärker einzelfallbezogenen neueren Rechtsprechung geringfügige zeitliche Unterbrechungen, die sich nicht störend auf den sonstigen Betriebsablauf auswirken, zulässig sein mögen, etwa wenn einem Arbeitnehmer am Arbeitsplatz eine Informationsbroschüre ausgehändigt wird. Denn dieses Maß eventuell hinzunehmender geringfügiger Beeinträchtigungen ist durch den Geschehensablauf in mehreren der Bungalows jedenfalls ganz erheblich überschritten worden.
Für die Bestimmung der Grenzen gewerkschaftlicher Mitgliederwerbung im Betrieb können im allgemeinen mehrere Kriterien von Bedeutung sein. So muss die Zahl der Gewerkschaftsbeauftragten in einem angemessenen Verhältnis zur Belegschaftsgröße stehen und der zeitliche Umfang kann eine Rolle spielen. Ferner ist in der Regel geboten, den Arbeitgeber zuvor über den Zeitpunkt des Besuchs und über die Person des Beauftragten zu unterrichten (BAG vom 28.02.2006 a.a.O.). Diese allgemeinen Voraussetzungen brauchen vorliegend jedoch nicht beurteilt zu werden, da sich der Antrag ausschließlich auf die Unterlassung der Einwirkung auf die Willens- und Bewegungsfreiheit der Arbeitnehmer richtet.
Nach der Würdigung des Tatsachenstoffes war dem zuletzt von der Arbeitgeberin gestellten Antrag nur eingeschränkt stattzugeben. Die Würdigung durch das Arbeitsgericht, dass die Aktion Züge einer Betriebsblockade gehabt habe, kann in rein quantitativer Hinsicht nicht bestätigt werden. Wie die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, befinden sich in dem Ferienpark über 400 Bungalows, insgesamt waren deutlich über 100 Reinigungskräfte im Einsatz. Nach dem eigenen Vortrag der Verfügungsklägerin ist es in 2 oder 3 Bungalows sowie im Hotel selbst zu den beanstandeten Zwischenfällen gekommen. Betroffen waren davon nach Schilderung der Antragstellerin jedenfalls kaum mehr als 10 Arbeitnehmer. Es muss deshalb davon ausgegangen werden, dass die Reinigungsarbeiten im Übrigen auf dem ganz überwiegenden Teil des Geländes ohne Beeinträchtigungen abgelaufen sind. Ob die Beauftragten der Verfügungsbeklagten berechtigt waren, die Arbeitnehmerinnen zur Arbeitsniederlegung aufzufordern, ist rechtlich zweifelhaft. Soweit dies aber der freien Entscheidung der Arbeitnehmerinnen selbst überlassen blieb, ist jedenfalls eine Beeinträchtigung der Willensfreiheit durch Ausübung psychischer Gewalt nicht festzustellen. Auch das Durchführen einer Kundgebung auf dem Gelände unter Einsatz von Megafonen allein erfüllt diesen Tatbestand nicht. Die eventuell relevante Frage des Hausrechts bleibt aus den o.g. Gründen für die vorliegende Entscheidung ohne Bedeutung.
Eine ernstliche psychische Zwangssituation ist jedoch eingetreten, als Gewerkschaftsbeauftragte gegen den nach außen erkennbaren Willen von Beschäftigten zu ihnen in die Bungalows eindringen wollten und dabei auch unter Einsatz körperlicher Gewalt versucht haben, versperrte Türen zu öffnen. Die Situation stellt sich insofern qualitativ in ganz erheblichem Maße anders dar, als wenn etwa einzelne Personen von Bungalow zu Bungalow gegangen und ein freiwilliges Gespräch gesucht hätten. Nach den Schilderungen der Beweisaufnahme, die auch teilweise durch den Zeugen C.... so abgegeben wurden, wurden einzelne der Ferienbungalows jedoch von einer größeren Zahl von Gewerkschaftsbeauftragten gleichzeitig betreten. Es liegt nahe, dass die weiblichen Beschäftigten der Verfügungsklägerin alleine durch eine zahlenmäßige Übermacht von überwiegend männlichen Personen, die sich zudem auch lärmend verhielten, sich einer Drucksituation ausgesetzt sahen. Die Arbeitnehmerinnen, die sich in den Bungalows befanden, waren auch nicht in der Lage, sich dieser Situation durch ein schlichtes Weggehen zu entziehen, wie es etwa bei einem Ansprechen auf dem Freigelände selbst der Fall gewesen wäre. Es kann an dieser Stelle dahinstehen, mit welchem Maß an Verbindlichkeit eventuell Vertreter der Verfügungsklägerin angeordnet haben, dass die Mitarbeiterinnen sich in die Bungalows begeben sollten. Jedenfalls hatten rein faktisch die Mitarbeiterinnen selbst die Wahl, ob sie dies taten oder nicht. Es haben keine Vertreter der Antragstellerin oder des Ferienparks selbst eingegriffen, um die Mitarbeiterinnen in den Bungalows zu "verstecken". Die Kammer folgt auch in der Beweiswürdigung im Ergebnis dem erstinstanzlichen Gericht darin, dass die Situation weiter dadurch verschärft wurde, dass jedenfalls einzelne der Gewerkschaftsbeauftragten sowohl gegen die Türen getreten als auch unter Einsatz körperlicher Gewalt versucht haben diese zu öffnen. Nach § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO wird in der Regel die Aussage des Zeugen nicht vollständig wörtlich, sondern insbesondere bei längeren Schilderungen durch den Vorsitzenden zusammenfassend wiedergegeben. Dies geschieht jedoch in Anwesenheit aller Prozessbeteiligten, insbesondere des Zeugen bzw. der Zeugin selbst. Alle Prozessbeteiligten haben die Möglichkeit, auf eine andere sprachliche Fassung des Protokolls an Ort und Stelle hinzuwirken (§ 160 Abs. 4 ZPO). Es ist ferner bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen, dass in der Situation eines hektischen Durcheinanders Zeugen einerseits Vorfälle nur bruchstückhaft und dadurch möglicherweise überspitzt zur Kenntnis nehmen. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass Einschätzungen wie die Bedrohlichkeit einer Situation, Angstgefühle und Ähnliches maßgeblich subjektiv bestimmt und nur begrenzt objektiviert darstellbar sind. Unter Berücksichtigung aller dieser Aspekte bestehen letztlich aber keine ernstlichen Anhaltspunkte, der Aussage der Zeugin A.... im Kern keinen Glauben zu schenken. Der Einwand der Berufung, die Zeugin habe durch die Tür überhaupt nicht erkennen können, wer sich auf der anderen Seite befinde, ist von geringer Überzeugungskraft. Schließlich zogen die Mitglieder der Beklagten mit Transparenten und Megafonen gezielt die Aufmerksamkeit auf sich, so dass die Beschäftigten der Klägerin sie bemerkt hatten. Es gäbe auch keine sonstigen plausiblen Erklärungen dafür, welche anderen Personen sich zu diesem Zeitpunkt hätten Zugang zu den Bungalows verschaffen wollen. Schließlich bestätigt auch der im Kern ebenfalls unstrittige Vorgang zwischen dem Zeugen C.... und dem Geschäftsführer M.... des Ferienparks, dass jedenfalls eine Atmosphäre bestand, in der auch vor körperlichen Auseinandersetzungen nicht Halt gemacht wurde. Jedenfalls diese Aktionen in den Bungalows selbst haben auf die dort anwesenden Mitarbeiterinnen eine unmittelbare psychische Zwangswirkung ausgewirkt und die tatsächliche Durchführung der Arbeit in diesen Bereichen für einen ganz erheblichen Zeitraum lahmgelegt. Dies braucht die Verfügungsklägerin nicht zu dulden.
Zwar hat sich aus der Einschränkung der Willensfreiheit der betroffenen Mitarbeiterinnen mittelbar auch eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit ergeben. Um jedoch deutlich zu machen, dass der qualitativ weitergehende Vorwurf eines "Festhaltens" nicht festzustellen war, ist diese Formulierung in den Tenor nicht mit aufgenommen worden.
Gleiches gilt für das im Antrag als weiteres Beispiel aufgeführte Bedrohen der Mitarbeiterinnen. Für den ursprünglichen Sachvortrag, Mitarbeiterinnen der Verfügungsklägerin seien auch mit Stöcken bedroht worden, haben sich in der Beweisaufnahme keine tatsächlichen Anhaltspunkte ergeben. Eventuell stattgefundene derartige Vorfälle gegenüber leitenden Mitarbeitern der Verfügungsklägerin oder des Ferienparks selbst betreffen nicht die mit dem Antrag geltend gemachte Unterlassung gegenüber den Reinigungskräften. Soweit einzelne Mitarbeiterinnen, wie sich etwa aus der Aussage der Zeugin A.... ergibt, auch das Versuchte gewaltsame Eindringen in die Räumlichkeiten als "bedrohlich" empfunden haben, ist dieser Aspekt in dem tenorierten Wortlaut bereits enthalten. Anlass dafür, sprachlich darüber hinausgehend noch den Fall einer Bedrohung aufzunehmen, bestand danach nicht.
Ebenso war es nach dem festgestellten Sachverhalt nicht geboten, neben dem Verbot des Eindringens in Räume gegen den Willen von darin befindlichen Personen das Merkmal des Einbrechens gesondert aufzunehmen.
Unabhängig von § 926 ZPO ist die Kammer zu der Auffassung gelangt, dass der zwischen den Parteien entstandene Konflikt sich durch Ablauf einer längeren Zeit entspannen wird, so dass jedenfalls zur Wahrung der berechtigten Interessen der Klägerin in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eine Begrenzung der gerichtlichen Anordnung auf ein Jahr ausreichend ist.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 92 ZPO. Sie war auch für den ersten Rechtszug entsprechend anzupassen.
Das Rechtsmittel der Revision ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht gegeben (§ 72 Abs. 4 ArbGG).