Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 12.02.2008, Az.: 1 TaBV 153/07

Betriebsänderung; Betriebsteilübergang; Einigungsstelle

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
12.02.2008
Aktenzeichen
1 TaBV 153/07
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2008, 55039
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG - 28.11.2007 - AZ: 2 BV 5/07

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Als Verhandlungspartner in einer Einigungsstelle kommt nach Betriebsänderung (hier Betriebsaufspaltung mit Betriebsteilübergang) zur Führung von Sozialplanverhandlungen in der Regel nur der Betriebsveräußerer und nicht der Betriebserwerber in Betracht. Abzustellen ist insoweit auf den Veranlasser der Betriebsänderung, der für die wirtschaftlichen Nachteile der betroffenen Arbeitnehmer einzustehen hat.

Tenor:

Die Beschwerde des Betriebsrats und Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Celle vom 28. November 2007 - 2 BV 5/07 - wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im zweiten Rechtszug noch im Wesentlichen darüber, ob an der zum Regelungsgegenstand „Verhandlung und Abschluss eines Sozialplans über die seitens der Beteiligten zu 2) vorgenommene Aufspaltung des Betriebes im Zuge der Veräußerung des S1 an die Beteiligte zu 3)“, neben dem Betriebsrat und Beteiligten zu 1) und der S2 gGmbH (Beteiligte zu2), noch die betriebsübernehmende C. GmbH (Beteiligte zu 3) aufzunehmen und die Zahl der Beisitzer insoweit zu erhöhen ist.

Auf Antrag des Betriebsrats und Beteiligten zu 1) hat das Arbeitsgericht eine Einigungsstelle zum genannten Regelungsgegenstand nur zwischen den Beteiligten zu 1) und 2) eingerichtet und diese unter den Vorsitz des Richters am Arbeitsgericht Braunschweig Dr. R. P. gestellt sowie der Einigungsstelle zwei Beisitzer für jede Seite beigeordnet. Den weitergehenden Antrag des Betriebsrats und Beteiligten zu 1), mit der Erhöhung der Beisitzerzahl auf je drei die Beteiligte zu 3) mit in die Einigungsstelle aufzunehmen, hat das Arbeitsgericht abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es - soweit hier noch von Interesse - ausgeführt, dass die Beteiligte zu 3) zwar als (Teil)Betriebsübernehmerin gem. § 83 Abs. 3 ArbGG am Beschlussverfahren zu beteiligen sei, da der Betriebsrat und Beteiligter zu 1) ihr gegenüber Rechte geltend mache. Die Teilnahme der Beteiligten zu 3) an den Verhandlungen in der Einigungsstelle scheitere aber daran, dass sie weder die Betriebsänderung in Form der Betriebsaufspaltung geplant noch durchgeführt habe. Ein Sozialplan könne zwar nach Durchführung der Betriebsänderung abgeschlossen werden und regele lediglich wie die Folgen der Betriebsänderung für die betroffenen Arbeitnehmer abzumildern sei, aber auch hier sei Verpflichteter nur derjenige, der die Betriebsänderung auch tatsächlich durchgeführt habe. Allein durch den Betriebsübergang entstünden den betroffenen Arbeitnehmern gerade keine Nachteile. Nur derjenige, der nachteilige Maßnahmen durchführe, könne auch verpflichtet werden diese abzumildern. Dies sei auch möglich. So könne beispielsweise der veräußernde Arbeitgeber eine sogenannte Ausfallhaftung für den Fall übernehmen, dass aufgrund der Betriebsänderung den Arbeitnehmern bei den Übernehmern Nachteile entstünden. Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn der Betriebserwerber selbst eine Betriebsänderung herbeiführe. Anhaltspunkte für Änderungen, die der Beteiligte zu 3) im S1 durchgeführt habe oder plane, seien jedoch nicht ersichtlich. Zu den Einzelheiten der Entscheidungsbegründung sowie zum Vorbringen der Beteiligten im ersten Rechtszug wird im Übrigen auf den Beschluss des Arbeitsgerichts Bezug genommen, Bl. 63 – 72 d. A.

Gegen den ihn am 5. Dezember 2007 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts (Bl. 75 d. A.) hat der Betriebsrat beim Landesarbeitsgericht Beschwerde mit Begründung am 18. Dezember 2007 (Bl. 77 d. A.) eingelegt.

Er verfolgt mit seiner Beschwerde weiterhin die Einbindung des Beteiligten zu 3) in das Einigungsstellenverfahren und eine daraus folgende Erhöhung der Beisitzerzahl in der Einigungsstelle. Die Beteiligte zu 3) könne keinen Einfluss auf eine Sozialplanregelung nehmen, da sie von der Verhandlungsführung und Entscheidung der Beteiligten zu 2) abhängig sei. Eine entsprechende Entscheidung der Einigungsstelle über einen Sozialplan könne keine Bindungswirkung für die Beteiligte zu 3) entfalten, wenn sie nicht zusammen mit der Beteiligten zu 2) in der Einigungsstelle vertreten sei, z. B. für eine Abfindungsregelung für personelle Maßnahmen (Kündigung, Änderungskündigung, Umgruppierung u. s. w.), die ihren Grund in der Betriebsaufspaltung haben könnten und die von der Beteiligten zu 3) getroffen würden. Zur Zahl der Einigungsstellenbeisitzer strebe er an, in der Einigungsstelle neben einem externen Beisitzer zwei Betriebsratsmitglieder, hiervon jeweils ein Betriebsratsmitglied aus dem S1 sowie aus dem H., zu entsenden.

Der Betriebsrat und Beteiligte zu 1) stellt den Antrag,

auf seine Beschwerde hin unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Beschlusses festzustellen, dass von Seiten des Antragstellers drei Beisitzer, von Seiten der Beteiligten zu 2) und 3) zusammen drei Beisitzer in die Einigungsstelle zu entsenden sind.

Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 2) stellt keinen Antrag.

Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 3) stellt den Antrag,

die Beschwerde zurückzuweisen. Vorsorglich für den Fall, dass die Beschwerde Erfolg hat, stellt er den Antrag, die Zahl der Beisitzer jeder Seite auf zwei, insgesamt also auf sechs festzusetzen.

Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten wird auf die Schriftsätze vom 17. Dezember 2007 und vom 11. und 14. Januar 2008 sowie auf die Anhörungsniederschrift vom 12. Februar 2008 verwiesen.

II.

1. Die zulässige Beschwerde des Betriebsrats und Beteiligten zu 1) war vollumfänglich zurückzuweisen. Das Arbeitsgericht Celle hat zutreffend entschieden und die Einigungsstelle auf die Beteiligten zu 1) und 2) beschränkt.

2. Das Beschwerdegericht macht sich die zutreffenden Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts Celle zu Eigen und stellt dies hiermit fest.

In Blick auf das Beschwerdevorbringen des Betriebsrats und Beteiligten zu 1) wird noch folgendes angeführt:

Dem Vortrag der Beteiligten können keine Tatsachen entnommen werden, nach denen die Beteiligte zu 3) eine Betriebsänderung durchgeführt hat oder plant. Die Beteiligte zu 3) war ebensowenig an der hier im Verfahren nach § 98 ArbGG anzunehmenden Betriebsaufspaltung beteiligt. Die Frage, mit wem über ein Interessenausgleich und/oder Sozialplan zu verhandeln ist, hängt indessen allein davon ab, wer die Betriebsänderung (hier Betriebsaufspaltung) veranlasst und wer vor oder nach dem Betriebsübergang als Veräußerer oder Erwerber welche Maßnahmen plant. Verhandlungspartner für die Folgen, die sich aus der Ausgliederung und Spaltung ergeben, ist grundsätzlich der Inhaber des ungeteilten Betriebes, d. h. der Betriebsveräußerer (vgl. BAG v. 16. Januar 1987 - 1 ABR 41/85 = AP Nr. 19 zu § 111 BetrVG 1972 = EzA § 111 BetrVG 1972 Nr. 20, LAG Baden-Württemberg v. 4. Dezember 2003 - 10 TABV 2/03 = zit. nach juris; Fitting BetrVG 23. Aufl. § 111 Rn. 54; Neef NZA 1994, S. 97, 100).

Dabei ist noch einmal zu unterstreichen, dass die Übernahme des Betriebsteils durch den Erwerber selbst keine Betriebsänderung ist, worauf auch das Arbeitsgericht mehrfach zu Recht hingewiesen hat. Der Teilbetriebserwerber tritt in die Rechte und Pflichten aus den Arbeitsverhältnissen der Arbeitnehmer ein, die zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestanden und die auf den Betriebserwerber übergegangen sind. Diese Übernahme des Betriebsteils im Wege eines Betriebsübergangs ist keine Betriebsänderung, begründet daher keinen Verhandlungsanspruch des Betriebsrats mit dem Erwerber, d.h. hier mit den Beteiligten zu 3) über einen Sozialplan. Eine andere Frage ist, inwieweit Betriebsveräußerer und Betriebserwerber in Zusammenhang mit dem Betriebsübergang untereinander einen Lastenausgleich vereinbaren, der die Folgen des Sozialplans mitberücksichtigt.

3. Die vom Betriebsrat und Beteiligten zu 1) gewünschte Vertretung der Beteiligten zu 3) in der Einigungsstelle wäre nur dann denkbar, wenn Veräußerer und Erwerber gemeinsam Maßnahmen geplant hätten oder planen würden, die den Tatbestand einer Betriebsänderung erfüllen könnten (LAG Baden-Württemberg v. 4. Dezember 2003 aaO; DKK-Däubler BetrVG 9. Aufl. § 111 Rn. 103). Hierfür gibt es keine tatsächlichen Anhaltspunkte . Es spricht auch keine Vermutung dafür, dass bei einer Betriebsspaltung in Verbindung mit einem Betriebsteilübergang von einer gemeinsamen Planung oder Betriebsänderung vom Veräußerer und Erwerber auszugehen ist (LAG Baden-Württemberg vom 4.Dezember 2003 aaO). Kommt es nach Betriebsübergang zu einer weiteren Betriebsänderung bei der betriebsteilerwerbenden Beteiligten zu 3), z. B. in Form einer Einschränkung oder Stilllegung des Betriebes oder von wesentlichen Betriebsteilen, so wären für diese Betriebsänderung und deren Folgen zu einem Interessenausgleich und zu Sozialplanverhandlungen in einer Einigungsstelle der dann zuständige Betriebsrat und allein die Beteiligte zu 3) berufen. Die ursächliche Verknüpfung, die der Betriebsrat und Beteiligter zu 1) in einem solchen Fall noch zu der früheren Betriebsaufspaltung herstellen will, wäre dann nicht mehr gegeben. Der Betriebsänderung läge ein neuer unternehmerischer Entschluss zugrunde.

4. Eine Kostenentscheidung ist nach § 2 Abs. 2 GKG nicht zu treffen, da das Beschlussverfahren gerichtskostenfrei ist.

5. Gegen diese Entscheidung ist nach § 98 Abs. 2 ArbGG ein Rechtsmittel nicht gegeben.