Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 14.02.2008, Az.: 7 Sa 650/07

Ablösung; Ablösung; betriebliche Einheitsregelung; betriebsvereinbarungsoffen; Gesamtzusage; Jubiläumsgeld; kollektiver Günstigkeitsvergleich; verschlechternde Betriebsvereinbarung

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
14.02.2008
Aktenzeichen
7 Sa 650/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 55042
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG - 21.02.2007 - AZ: 9 Ca 259/05

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Vertraglich begründete Ansprüche von Arbeitnehmern auf Sozialleistungen, die auf eine vom Arbeitgeber gesetzte Einheitsregelung oder eine Gesamtzusage zurückgehen, können durch eine im Ergebnis auch ungünstigere nachfolgende Betriebsvereinbarung wirksam abgelöst werden.
2. Bei der Anwendung des Günstigkeitsprinzips dürfen nicht die einzelnen Zusagen und individuellen Besitzstände als Maßstab zu Grunde gelegt werden , wenn kollektive Voraussetzungen und der Verteilungsplan das Bild einer vertraglichen Einheitsregelung bestimmen. Es kommt vielmehr nur auf die Vor- oder Nachteile an, welche die neue Regelung für die Belegschaft insgesamt zur Folge hat. Wenn die Leistungen des Arbeitgebers sich insgesamt unternehmensbezogen nicht verringern, sondern erweitert werden, steht das Günstigkeitsprinzip einer Ablösung nicht entgegen, auch wenn einzelne Arbeitnehmer oder einzelne Betriebe dadurch schlechter gestellt werden (kollektiver Günstigkeitsvergleich).

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 21.02.2007, 9 Ca 259/05, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, in welcher Höhe dem Kläger eine Jubiläumszuwendung nach 25-jähriger Dienstzugehörigkeit zusteht.

Der am 0.0.1965 geborene Kläger ist seit dem 01.08.1980 bei der Beklagten als Dreher beschäftigt und bezog zuletzt eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von 2.819,67 €. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge der niedersächsischen Metall- und Elektroindustrie Anwendung.

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Metallindustrie und stellt in 4 Werken in Deutschland mit ca. 1930 Beschäftigten Kabel her. In den Werken in A-Stadt, B-Stadt und C-Stadt wurden in der Vergangenheit Jubiläumszuwendungen in zum Teil unterschiedlicher Höhe gewährt. In dem Werk in A-Stadt, in dem der Kläger beschäftigt ist, zahlte die Beklagte an die Beschäftigten zu ihrem 25-jährigen Dienstjubiläum ein Bruttomonatsgehalt als Zuwendung. Zwischen den Parteien bestehen unterschiedliche Auffassungen dazu, auf welcher Rechtsgrundlage dies geschah.

Das Werk A-Stadt gehörte ursprünglich zu der 1907 gegründeten HDK. Unter dem 21.03.1952 wurde unter dem Betreff „Werkjubilar - Ehrungen“ unter anderem Folgendes ausgeführt (Bl. 61, 62 d.A.):

„Der Betriebsrat hat seit geraumer Zeit Vorstellungen erhoben, daß Geldgeschenke an Arbeiter-Jubilare denjenigen der Angestellten-Jubilare anzupassen bzw. anzunähern.

In heutiger Verhandlung zwischen Vorstand und Betriebsratsvorsitzender M. wurde festgelegt, daß das Geldgeschenk an Jubilare grundsätzlich abgestellt wird auf den Monatslohn bzw. das Monatsgehalt mit der Maßgabe, daß die Jubilare gegenüber der bisherigen Regelung ... nicht schlechter gestellt werden sollen.

Es erhalten mit Wirkung vom 21.03.1952:

Nach 25-jähriger Dienstzeit

Nach 40-jähriger Dienstzeit

Arbeiter und Arbeiterinnen

1 Monatslohn
mindestens jedoch DM 250,--

2 Monatslöhne
mindestens jedoch DM 400,--„

In dem Werk A-Stadt besteht ferner eine schriftliche Arbeitsanweisung zu Dienstjubiläen von Mitarbeitern vom 01.10.1963 (Bl. 63 - 65 d.A.), in der unter anderem geregelt ist:

„Jubiläumsgaben

Der Jubilar erhält:

1. Ein Geldgeschenk nach näherer Bestimmung der Jubilarrichtlinien

a) beim 25. Dienstjubiläum 1 Monatsverdienst brutto,

b) beim 40. Dienstjubiläum 2 Monatsverdienste brutto,

c) beim 50. Dienstjubiläum 3 Monatsverdienste brutto.“

Im Jahr 1967 wurden die HDK, die OKD, die Firma N. in C-Stadt und die Firma E. in E-Stadt unter der Bezeichnung Kabelmetal AG mit Sitz in A-Stadt zusammengeführt. Wegen der Einzelheiten der zu diesem Zeitpunkt in diesen Werken bestehenden Sozialleistungen wird Bezug genommen auf die von dem Kläger überreichte Aufstellung des damaligen Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrates (Bl. 48, 49 d.A.).

In einem Schreiben des Personalleiters für die gesamte Kabelmetal AG vom 21.03.1968 (Bl. 28, 29 d.A.) wurde unter dem Logo „OKD“ u.a. ausgeführt:

 „Der Vorstand hat beschlossen, dass bei Dienstjubiläen bei Kabelmetal einheitlich folgende Geldgeschenke gegeben werden:

25-jähriges Dienstjubiläum - 1 Monatsverdienst,

40-jähriges Dienstjubiläum - 2 Monatsverdienste,

50-jähriges Dienstjubiläum - 3 Monatsverdienste.

Sachleistungen, wie Uhren und Blumen, sind nicht mehr vorgesehen. ...“

1981 wurde die Kabelmetal AG in 2 Unternehmen aufgeteilt, nämlich die Kabelmetal AG für Metallaktivitäten mit Sitz in D-Stadt und die kabelmetal GmbH für die Elektroaktivitäten mit Sitz in A-Stadt.

In der Folgezeit erfolgten verschiedene Umfirmierungen, teilweise verbunden mit Eingliederungen und Ausgliederungen.

Mit Memorandum vom 29.07.2004 teilte die Beklagte mit, dass aufgrund des sehr schwierigen Marktumfeldes und im Zuge der dringend erforderlichen Kosteneinsparungen zur Sicherung ihrer deutschen Standorte die Geschäftsführung nach eingehender Beratung entschieden habe, dass ab 01.08.2004 die Zahlung von Jubiläumsgeldern definitiv eingestellt werde.

Am 22.02.2005 schlossen der Gesamtbetriebsrat der Beklagten und die Beklagte eine Gesamtbetriebsvereinbarung (Bl. 10, 11 d.A.), mit der unternehmensweit „zur Vereinheitlichung ... die Gewährung von Dienstjubiläumszuwendungen neu geregelt“ wurde. Hiernach wird den Beschäftigten im Monat des Dienstjubiläums eine Sonderzahlung in Höhe von 1.500,00 € für 25 Dienstjahre und von 2.500,00 € für 40 Dienstjahre gewährt.

Nach der Berechnung der Beklagten (Bl. 66 - 75 d.A.) führt die Neuregelung dazu, dass die Beklagte in dem Zeitraum von 2005 bis 2010 für alle Mitarbeiter ihrer Betriebe insgesamt einen Betrag in Höhe von 819.199,00 € zzgl. Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung für die Zahlung von Jubiläumsgeldern aufwenden muss. Auf der Grundlage der bis 2004 bestehenden Rechtslage hätte sie demgegenüber 757.114,00 € aufwenden müssen. Nutznießer der Neuregelung sind insbesondere die Beschäftigten des Werkes R., denen in der Vergangenheit ein Jubiläumsgeld nicht gezahlt wurde. Sämtliche Mitarbeiter der Werke in A-Stadt und in B-Stadt werden demgegenüber schlechter gestellt.

Der Kläger war am 01.08.2005 insgesamt 25 Jahre bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte gewährte ihm eine Jubiläumszuwendung auf der Grundlage der neuen Gesamtbetriebsvereinbarung in Höhe von 1.500,00 € brutto.

Mit Schreiben vom 25.08.2005 machte er gegenüber der Beklagten die Zahlung der Differenz zu einem Bruttomonatslohn geltend.

Das Arbeitsgericht hat die auf Zahlung von 1.319,67 € brutto nebst Zinsen gerichtete Klage durch ein dem Kläger am 03.04.2007 zugestelltes Urteil vom 21.02.2007, auf dessen Inhalt zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und dessen Würdigung durch das Arbeitsgericht Bezug genommen wird (Bl. 104 - 113 d.A.), abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die am 02.05.2007 eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 04.07.2007 am 04.07.2007 begründete Berufung des Klägers.

Der Kläger ist der Auffassung, die Regelungsabrede vom 21.03.1952 und die nachfolgende Arbeitsanweisung vom 01.10.1963 seien durch den Betriebsübergang vom 01.07.1967 nicht rechtswirksam abgelöst worden, da zu diesem Zeitpunkt Betriebsvereinbarungen, die die Zahlung einer Jubiläumszuwendung regeln, nicht bestanden hätten.

Bei dem Rechtsvorgänger der Beklagten, der Kabelmetal AG, hätten zu diesem Zeitpunkt ebenfalls Jubiläumsregelungen bestanden. Bei dem Beschluss des Vorstands der Rechtsvorgängerin vom 21.03.1968 handele es sich um eine Gesamtzusage, die im Wege der nachfolgenden Betriebsübergänge Bestandteil des Arbeitsvertrages des Klägers mit der Beklagten geworden sei.

Der Beschluss vom 21.03.1968 sei auch nicht nur an die Arbeitnehmer im Werk D-Stadt gerichtet. Vielmehr sei hierdurch eine einheitliche Zusage für alle Werke gegeben worden. Die bis zum 01.01.2005 bestehende Regelung habe deshalb nicht durch eine verschlechternde Betriebsvereinbarung abgelöst werden können.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 21.02.2007 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, 1.319,67 € brutto nebst 5% Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe des Schriftsatzes ihrer Prozessbevollmächtigten vom 03.08.2007.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig, §§ 519, 520 ZPO, 64, 66 ArbGG.

Sie ist jedoch nicht begründet.

Das Arbeitsgericht ist zu Recht und mit weitgehend zutreffender Begründung zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Kläger kein Anspruch auf eine weitere Jubiläumszuwendung in Höhe von 1.319,67 € brutto zusteht. Das Landesarbeitsgericht macht sich die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils zu Eigen und nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug.

Zutreffend ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass der Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Jubiläumszuwendung auf einer Regelungsabrede zwischen Arbeitgeberin und Betriebsrat beruht und daher durch eine nachfolgende verschlechternde Betriebsvereinbarung abgelöst werden konnte.

Vertraglich begründete Ansprüche von Arbeitnehmern auf Sozialleistungen, die auf eine vom Arbeitgeber gesetzte Einheitsregelung oder eine Gesamtzusage zurückgehen, können nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG vom 10.12.2002, 3 AZR 671/01, AP Nr. 252 zu § 611 BGB Gratifikation) durch eine im Ergebnis auch ungünstigere nachfolgende Betriebsvereinbarung wirksam abgelöst werden, wenn der Arbeitgeber sich bei der Zusage eine Abänderung durch Betriebsvereinbarung vorbehalten hat. Ein derartiger Änderungsvorbehalt kann sich, ohne ausdrücklich formuliert zu sein, auch aus den Gesamtumständen ergeben, z. B. aus der Beteiligung des Betriebsrats in der Vergangenheit (BAG GS vom 16.09.1986, GS 1/82, BAGE 53, 42, 57 [BAG 16.09.1986 - GS 1/82]). So hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass dann, wenn bei der Bekanntgabe einer vertraglichen Einheitsregelung darauf hingewiesen wird, dass diese auf mit dem Konzernbetriebsrat abgestimmten Richtlinien beruht, dies für die Beschäftigten die Folgerung nahe legt, dass die von dem Arbeitgeber zu erbringenden Leistungen durch Mitwirkung des Konzernbetriebsrats wieder umgestaltet werden können (BAG vom 03.11.1987, 8 AZR 316/81, BAGE 56, 289).

Die Zahlung der Jubiläumszuwendung in dem Betrieb der Beklagten in A-Stadt ist zurückzuführen auf die schriftliche Arbeitsaufgabe vom 21.03.1952. Hier ist ausdrücklich ausgeführt, dass in einer Verhandlung zwischen dem Vorstand und dem Betriebsratsvorsitzenden festgelegt worden ist, dass bei Geldgeschenken an Jubilare künftig grundsätzlich auf das Monatsentgelt abgestellt wird. Aus dem Umstand, dass die im Jahre 1952 erfolgte Erhöhung der Jubiläumszuwendung in Absprache mit dem Betriebsrat erfolgte, mussten die hiervon betroffenen Beschäftigten des Werkes A-Stadt nach den vorstehend zitierten Grundsätzen davon ausgehen, dass die Gewährung des Jubiläumsgeldes unter Mitwirkung des Betriebsrats wieder verändert werden können und damit betriebsvereinbarungsoffen sind.

Unschädlich ist, dass der Kläger im Zeitpunkt der ersten Bekanntgabe dieser Gesamtzusage noch nicht Arbeitnehmer der Beklagten war. Denn er erhält eine Jubiläumszuwendung nicht aufgrund einer einzelvertraglichen Zusage oder tarifvertraglichen Regelung, sondern weil die Beklagte bereits vor Begründung des Arbeitsverhältnisses eine entsprechende Gesamtzusage oder Einheitsregelung für ihre Beschäftigten getroffen hat. Daher wurde auch der Vorbehalt einer Änderung durch Betriebsvereinbarung Vertragsinhalt (BAG vom 10.12.2002, a.a.O.).

Die Einheitsregelung bzw. Gesamtzusage vom 21.03.1952 ist in der Folgezeit nicht abgeändert worden.

Eine Änderung kann nicht in der Arbeitsanweisung zu Dienstjubiläen vom 01.10.1963 gesehen werden. Zu Recht hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass mit der Bezugnahme auf die Jubilarrichtlinien in dieser Arbeitsanweisung deutlich gemacht wird, dass die Festlegung der Höhe der Zuwendung variieren kann je nach dem Inhalt dieser Richtlinien. Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte mit dieser Arbeitsanweisung zu erkennen gegeben hat, dass sie nunmehr auf Dauer vorbehaltlos die dort aufgeführten Zuwendungen gewähren will.

Eine Änderung der bestehenden Regelung erfolgte auch nicht durch das Schreiben des Personalleiters der Beklagten vom 21.03.1968. Auch diesem Schreiben kann nicht entnommen werden, dass die Beklagte die Gewährung von Jubiläumszuwendung künftig auf eine andere Rechtsgrundlage stellen wollte.

Zudem ist das Schreiben offensichtlich nur gerichtet an die Mitarbeiter des Werkes D-Stadt.

Dies folgt zum einen aus dem Hinweis in dem Schreiben, dass Sachleistungen wie Uhren und Blumen nicht mehr vorgesehen sind. Denn derartige Sachleistungen waren ausweislich der Aufstellung des damaligen Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrates über die in allen 4 Werken der Firma Kabelmetal bestehenden Sozialleistungen aus dem Jahr 1967 lediglich in dem Werk in D-Stadt vorgesehen, nicht jedoch in den anderen Werken.

Zum anderen wird in dem Schreiben Bezug genommen auf 4500 Mitarbeiter. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hatte allerdings 1968 deutschlandweit insgesamt über 11.000 Mitarbeiter, von denen ca. 4.600 Arbeitnehmer in dem Werk in D-Stadt beschäftigt waren.

Durch die weiteren Umfirmierungen und Eingliederungen sowie Ausgliederungen ist schließlich ebenfalls keine Änderung der ursprünglichen Zusage eines Jubiläumsgeldes erfolgt. Dies bedeutet, dass die bei der Beklagten bestehende Handhabung zur Gewährung einer Jubiläumszuwendung grundsätzlich betriebsvereinbarungsoffen war und deshalb durch die Gesamtbetriebsvereinbarung vom 22.02.2005, gegen deren Wirksamkeit keine Bedenken bestehen (rechtskräftiger Beschluss des Arbeitsgerichts Hannover vom 07.12.2005, 8 BV 6/05), abgelöst werden konnte.

Die Klage ist auch unbegründet, wenn entgegen vorstehender Ausführungen die bei der Beklagten existierende Regelung nicht unter dem Vorbehalt der Abänderung durch die nachfolgende Betriebsvereinbarung stand.

Eine durch eine Gesamtzusage begründete und deshalb auf einzelvertraglicher Grundlage beruhende betriebliche Ordnung ist zwar gegen Verschlechterungen grundsätzlich durch das Günstigkeitsprinzip geschützt (BAG vom 17.06.2003, 3 ABR 43/02, AP Nr. 44 zu § 1 BetrAVG Ablösung). Hiervon gibt es jedoch seit der Entscheidung des Großen Senats vom 16.09.1986 (a.a.O.) folgende Ausnahmen: Eine Verschlechterung der durch die Gesamtzusage begründeten Rechte durch Betriebsvereinbarung kommt in Betracht, wenn die Geschäftsgrundlage der Gesamtzusage gestört ist, der Arbeitgeber sich den Widerruf der Gesamtzusage vorbehalten oder sie unter dem Vorbehalt einer ändernden Neuregelung durch Betriebsvereinbarung gestellt hat, oder wenn die Neuregelung durch Betriebsvereinbarung zumindest bei kollektiver Betrachtung insgesamt nicht ungünstiger als die abgelöste Gesamtzusage ist.

Dabei ist das Günstigkeitsprinzip bei vertraglichen Einheitsregelungen und Gesamtzusagen über freiwillige soziale Leistungen in besonderer Weise anzuwenden. Denn in einem solchen Fall werden Ansprüche für alle Arbeitnehmer begründet, die individuelle Lage eines einzelnen Arbeitnehmers spielte bei der Zusage demgegenüber keine Rolle. Es geht deshalb um generelle Maßstäbe, nach denen freiwillige soziale Leistungen des Arbeitgebers verteilt werden sollen.

Daraus folgt, dass bei der Anwendung des Günstigkeitsprinzips nicht die einzelnen Zusagen und individuellen Besitzstände als Maßstab zu Grunde gelegt werden dürfen, wenn kollektive Voraussetzungen und der Verteilungsplan das Bild einer vertraglichen Einheitsregelung bestimmen. Es kommt deshalb nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur auf die Vor- oder Nachteile an, welche die neue Regelung für die Belegschaft insgesamt zur Folge hat. Wenn die Leistungen des Arbeitgebers sich insgesamt nicht verringern oder sogar erweitert werden, steht das Günstigkeitsprinzip einer Ablösung nicht entgegen, auch wenn einzelne Arbeitnehmer dadurch schlechter gestellt werden (kollektiver Günstigkeitsvergleich). Es kann deshalb nicht nur auf einen Vergleich des Aufwandes ankommen, der von der Arbeitgeberseite für die bisher Begünstigten nach der Alt- und nach der Neuregelung aufzubringen ist. Vielmehr muss der einzelne von einer Gesamtzusage Begünstigte damit rechnen, dass aufgrund veränderter Gerechtigkeitsvorstellungen im Gesamtpaket Umschichtungen stattfinden, die auch zu seinen Lasten gehen können (BAG vom 17.06.2003, a.a.O.).

Vorliegend sind in den Günstigkeitsvergleich sämtliche von der Gesamtbetriebsvereinbarung betroffenen Werke der Beklagten einzubeziehen. Denn nach der Präambel der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 22.02.2005 war es das Ziel der Neuordnung der Dienstjubiläumszuwendungen, diese in sämtlichen Werken zu vereinheitlichen. Die Beklagte wollte damit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG Rechnung tragen. Dieser ist seinem Wesen nach kompetenzbezogen und bezieht sich auf den Bereich, auf den sich die gebundene Regelungskompetenz erstreckt. Das spricht für den Unternehmensbezug des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes, denn dieser richtet sich an den Arbeitgeber, der mit dem Unternehmensträger identisch ist. Als Normadressat ist er für das Unternehmen in seiner Gesamtheit verantwortlich (BAG vom 17.11.1998, 1 AZR 147/98, AP Nr. 162 zu § 142 BGB Gleichbehandlung). Eine Beschränkung dieser Verpflichtung auf den Rahmen einzelner Betriebe ist vorliegend nicht erkennbar.

Bei einem so vorgenommenen Günstigkeitsvergleich ergibt sich, dass die Beklagte für die von der Neuregelung betroffenen Werke in den Jahren 2005 bis 2010 insgesamt mehr Geld aufwenden muss als nach den bisher bestehenden Regelungen. Die Neuregelung ist deshalb bei kollektiver Betrachtung nicht ungünstiger als die abgelöste Gesamtzusage.

Die Berufung des Klägers war mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Gegen dieses Urteil ist deshalb ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 a ArbGG wird hingewiesen.