Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 30.01.2008, Az.: 17 Sa 386/07

Auslegung AGB; Korrigierende Rückgruppierung

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
30.01.2008
Aktenzeichen
17 Sa 386/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 55048
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG - 21.12.2006 - AZ: 3 Ca 162/06

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Keine Korrigierende Rückgruppierung bei einzelvertraglich vereinbarter höherer tariflicher Vergütungsgruppe (Auslegung eines Formularvertrags)

Tenor:

Die Berufung der Beklagten und die Berufung des Klägers werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu 84 %, die Beklagte zu 16 % zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Höhe des dem Kläger zustehenden Stundenlohns und daraus resultierende Vergütungsansprüche.

Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils Bezug genommen.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

1. festzustellen, dass die von der Beklagten mit Schreiben vom 10.05.2006 angekündigte und gemäß Verdienstabrechnung April 2006 vom 05.05.2006 vollzogene Herabsetzung des Stundenlohnes von 10,87 € auf 8,99 € unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen fortbesteht, sowie die Beklagte verpflichtet ist, auch in den Folgemonaten Stundenlohn in Höhe von 10,87 € zu zahlen.

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu zahlen 921,45 € brutto + 490,69 € + 350,28 € = brutto 1.762,42 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf jeweils 194,10 € (April 2006) ab 05.05.06, 365,32 € (Mai 2006) ab 05.06.2006, 362,03 € (Juni 2006) ab 05.07.2006, 324,89 € (Juli 2006) ab 05.08.2006, 28,67 € (August 2006) ab 05.09.2006, 137,13 € (September 2006) ab 05.09.2006, 350,28 € (Oktober 2006) ab 05.10.2006.

3. die Beklagte zu verpflichten, den Urlaubslohn auf der Basis des ungekürzten Stundenlohnes neu zu berechnen und den Differenzbetrag auszuzahlen, ebenfalls zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 21.12.2006 die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.762,42 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 194,10 € ab 16.05.2006, auf 365,62 € ab 16.06.2006, auf 362,03 € ab 16.07.2006, auf 324,89 € ab 16.08.2006, auf 28,67 € ab 16.09.2006, auf 137,13 € ab 16.10.2006, auf 350,28 € ab 15.11.2006 zu zahlen, im übrigen die Klage abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger zu 84% und der Beklagten zu 16 % auferlegt und den Streitwert auf 11.306,02 € festgesetzt. Wegen der Gründe, die das Arbeitsgericht zu seinem Urteil haben gelangen lassen, wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses ihr am 20.02.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 09.03.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie mit einem am 21.05.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet hat, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis dahin verlängert worden war. Die Kammer nimmt auf den Inhalt dieses Schriftsatzes Bezug.

Die Beklagte rügt an dem angegriffenen Urteil insbesondere, die Vergütung des Klägers als IHK-geprüfte Werkschutzfachkraft sei nicht einzelvertraglich vereinbart worden, sondern habe auf einer unzutreffenden tariflichen Eingruppierung beruht. Auf das Arbeitsverhältnis habe seinerzeit der Lohntarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe im Lande Niedersachsen Anwendung gefunden. Auf der Grundlage dieses Lohntarifvertrags habe die Beklagte den Kläger als IHK-geprüfte Werkschutzfachkraft eingruppiert. Dem stehe nicht entgegen, dass dem Kläger seinerzeit ein Wahlrecht zwischen dem Leistungslohnzulagensystem und der Eingruppierung als IKH-geprüfte Werkschutzfachkraft eingeräumt worden sei. Ebenso stehe außer Frage, dass die Eingruppierung als IHK-geprüfte Werkschutzfachkraft nicht der Tätigkeit des Klägers entspreche. Dies habe darauf beruht, dass es für Luftsicherheitsassistenten in der seinerzeitigen Fassung des LTV vom 22.05.2000 keine passende Lohngruppe gegeben habe, weshalb der Kläger wie seine damaligen Kolleginnen und Kollegen in Vergütungsgruppe 2.4 eingruppiert worden sei. Auf der Grundlage des LTV vom 16.10.2003 sei der Kläger zweifelsfrei in die Vergütungsgruppe 2.9, nämlich als Fluggastkontrolleur einzugruppieren, da dies in diesem Lohn-TV die einzige Lohngruppe sei, die sich auf Sicherheitskräfte im Luftsicherheitsbereich bzw. an Flughäfen beziehe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 21.12.2006, Az. 3 Ca 162/06, abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils dem Klagantrag zu 1) und zu 3) zu entsprechen.

Die Berufung des Klägers gegen das ihm am 16.02.2007 zugestellte Urteil ist am 15.03.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Die Berufungsbegründung ging am 16.05.2007 per Fax beim Landesarbeitsgericht ein, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis dahin verlängert worden war.

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil, soweit es der Klage stattgegeben hat nach Maßgabe seiner Berufungserwiderungsschrift vom 30.07.2007, auf die die Kammer Bezug nimmt. Soweit das Arbeitsgericht seine Anträge zu 1) und 3) abgewiesen hat, rügt er die Ablehnung des Feststellungsantrags sowie die Abweisung der Stufenklage auf Neuabrechnung und Auszahlung des Urlaubslohns gemäß seiner Berufungsbegründungschrift vom 16.05.2007, auf die die Kammer ebenfalls Bezug nimmt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil, soweit es die Klage abgewiesen hat gemäß ihrer Berufungserwiderungsschrift vom 22.06.2007, auf die die Kammer Bezug nimmt.

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung der Beklagten und die Berufung des Klägers sind zulässig. Beide Berufungen sind jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die Beklagte verurteilt an den Kläger 1.762,42 € brutto nebst Zinsen zu zahlen und im übrigen die Klage abgewiesen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, denn der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung eines Stundenlohns von 10,87 € brutto für die Monate April bis September 2006. Hinsichtlich der Berechnung der streitbefangenen Ansprüche kann auf die sorgfältigen Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils verwiesen werden. Sie ist zwischen den Parteien auch nicht streitig.

1. Das Arbeitsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass sich der Anspruch des Klägers aus der vertraglichen Vereinbarung der Parteien ergibt, § 611 Abs.1 i. V. m. § 311 Abs. 1 BGB. Nachdem die Parteien zunächst im Arbeitsvertrag vom 18.12.2000 unter § 4 I einen Stundenlohn in Höhe von 14,00 DM brutto pro geleisteter Arbeitsstunde vereinbart hatten, trafen sie in der Ergänzung zum Arbeitsvertrag vom 27.07.2001 (Bl.23 d.A.) die Vereinbarung, dass die Beklagte dem Kläger 6 Monate nach Aufnahme der Tätigkeit bezogen auf diesen Zeitpunkt anbieten würde, zwischen dem System der Leistungszulagenentlohnung gem. Anlage zu dieser Ergänzung oder dem jeweils geltenden Tarifstundenlohn für die IHK-geprüfte Werkschutzfachkraft im Tarifbereich Niedersachsen zu wählen. Dieses Wahlrecht übte der Kläger mit Schreiben vom 27.07.2001 dahingehend aus, dass er in dem von der Beklagten vorgegebenen Formular das Kästchen „Tarif-Stundenlohn für die IHK–geprüfte Werkschutzfachkraft“ ankreuzte.

Bei der Ergänzung zum Arbeitsvertrag sowie dem Schreiben mit dem das Wahlrecht ausgeübt wurde handelt es sich um für eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen verwendete Formularverträge und damit um allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB.

1.1 Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn - ohne Rücksicht auf individuelle Besonderheiten der Vertragspartein – einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (BAG vom 11.04.2006 – 9 AZR 610/05 – AP Nr. 16 zu § 307 BGB; BAG vom 17.01.2006 – 9 AZR 41/05 – AP-Nr. 40 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag; vom 31.08.2005 – 5 AZR 545/04 – AP-Nr. 8 zu § 6 ArbZG zu II 2 b der Gründe; vom 09.11.2005 – 5 AZR 128/05 – BB 2006, 386 zu II 2 a der Gründe sowie BAG vom 07.12.2005 – 5 AZR 535/04 – AP Nr. 4 zu § 12 TzBfG und BGH vom 21.09.2005 - VIII ZR 284/04 – NJW 2005, 3567 zu II 1 a aa) der Gründe m. w. N.).

1.2 Bei Anwendung dieses gebotenen vom Einzelfall losgelösten Auslegungsmaßstabs ist festzustellen, dass die Parteien bewusst eine bestimmte Vergütungsgruppe, nämlich die der IHK-geprüften Werkschutzfachkraft nach dem Lohntarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe vereinbart haben.

1.2.1 Die Nennung einer bestimmten Vergütungsgruppe bei Vertragsschluss ist im allgemeinen so zu verstehen, dass in dieser Höhe vergütet werden soll. Auch aus der Sicht des Arbeitgebers ist das so, er will ein Angebot eben dieses Inhalts abgeben. Im Streitfall fand zudem zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der allgemeinverbindliche Lohntarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe vom 16.12.2000 auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung, weil die Tätigkeit des Klägers von diesem Lohntarifvertrag gar nicht erfasst wurde. Der Lohntarifvertrag kannte keine Lohngruppe für Sicherheitskräfte an Verkehrsflughäfen. Er kannte nur Revierwachleute (§ 2 Punkt 1), Separat-Wachleute (§ 2 Punkt 7), Wachleute für militärische Bewachung (§ 2 Punkt 6), Arbeitnehmer im Sicherheitstransport und Rollierdienst (§ 2 Punkt 5), Aufsichtspersonal bei Sport- und ähnlichen Veranstaltungen (§ 2 Punkt 8) und Wachleute im Werkschutz (§ 2 Punkt 2 und 2 Punkt 4). Der zum Zeitpunkt des Arbeitsvertragsschlusses bzw. der Ergänzungsvereinbarung geltende Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe im Lande Niedersachsen vom 06.03.1997 (AVE vom 30.09.1997 bis 31.10.2003) definiert in seinem § 5 die Begriffe des Revierwachmannes, des Separatwachmanns, der Werkschutzfachkraft, der Arbeitnehmer im Sicherheitstransport und Rollierdienst sowie der Wachmänner für militärische Bewachung. Die Tätigkeit des Klägers als Flugsicherheitskraft oder Fluggastkontrolleur ist keiner dieser Tarifgruppen zuzuordnen und mithin vom persönlichen Geltungsbereich nicht erfasst. Auch die Tarifgruppe der Werkschutzfachkraft nach § 2.2 oder 2.4 des Lohntarifvertrages erfasste diese Tätigkeit nicht. Werkschutzfachkraft ist nach § 5 Ziffer 3 des Manteltarifvertrages Wach- und Sicherheitsgewerbe, wer die Prüfung nach der Prüfungsordnung für die geprüfte Werkschutzfachkraft bei einer IHK abgelegt hat. § 22 des Lohntarifvertrages differenziert darüber hinaus zwischen Werkschutzleuten vor Ablegung einer Prüfung gemäß Prüfungsordnung einer IHK (§ 2.2.1) und solchen nach Ablegung einer Prüfung gemäß Prüfungsordnung einer IHK (§ 2.2.2) sowie Werkschutzkräften mit IHK Prüfung, die als solche eingestellt sind (§ 2.4). Der Kläger war und ist keine geprüfte Werkschutzfachkraft und weder er noch die Beklagte beabsichtigten, ihn an einer Prüfung nach der Prüfungsordnung einer IHK teilnehmen zu lassen. Die Tätigkeit des Klägers entsprach mithin nie der Vergütungsgruppe für die IHK-geprüfte Werkschutzfachkraft. Dies war beiden Parteien auch zum Zeitpunkt des Änderungsvertrags und der Wahlrechtsausübung bewusst. Trotzdem wählten die Vertragsparteien nicht die niedrigere Lohngruppe für Werkschutzleute vor Ablegung einer IHK- Prüfung (mit einem Stundenlohn von damals 18,41 DM bzw. 18,78 DM), die bei der gegebenen Konstellation eher gepasst hätte, sondern bewusst die höhere Vergütungsgruppe einer IHK-geprüften Werkschutzfachkraft.

1.2.2 Dafür, dass im Streitfall der Kläger nicht lediglich (irrtümlich) in eine auf ihn nicht zutreffenden Tarifgruppe eingruppiert wurde, spricht schließlich auch, dass die Parteien ausdrücklich im Arbeitsvertrag zunächst einen bestimmten Stundenlohn und anschließend über die Ergänzungsvereinbarung eine vertragliche Vereinbarung zur Vergütung getroffen haben. Den Mitarbeitern wurde auch nicht lediglich die Wahl zwischen einer Leistungszulagenregelung und dem Tariflohn eingeräumt, vielmehr wurde sowohl in der Ergänzung zum Arbeitsvertrag als auch in dem Wahlrechtsausübungs-Formularschreiben ausdrücklich eine bestimmte Tarifgruppe, nämlich die für die IHK-geprüfte Werkschutzfachkraft im Tarifbereich Niedersachsen genannt. Nach dem objektiven Inhalt und typischen Sinn kann dies – ausgehend von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise - nur dahingehend verstanden werden, dass die Beklagte sich unabhängig von den tariflichen Bestimmungen arbeitsvertraglich im Bezug auf diese bestimmte Vergütungsgruppe binden und nicht nur lediglich den Tarifvertrag anwenden wollte. Die Beklagte konnte auch erkennen, dass die von ihr vorgelegten Formularverträge als Willenserklärung im Hinblick auf die Bindung an eine bestimmte Tarifgruppe aufgefasst werden konnten. Hätte sie dies vermeiden wollen, hätte sie klarstellen müssen, dass sie in Ermangelung einer entsprechenden Tarifgruppe die Arbeitnehmer bis auf Weiteres in die Tarifgruppe 2.4 bzw. 2.2 eingruppiere. Damit hätte sie deutlich gemacht, dass sie lediglich einen Tariflohn zahlen und sich gerade nicht arbeitsvertraglich hinsichtlich einer bestimmten Entgeltgruppe binden wollte.

Die Arbeitsvertragsparteien haben mithin Vergütung nach einer bestimmten Tarifgruppe nämlich der IHK-geprüften Werkschutzfachkraft vereinbart und nicht lediglich eine Abrede dahingehend getroffen, dass sich die Ansprüche des Arbeitnehmers nach den jeweiligen Tarifverträgen richten sollen.

1.2.3 Da der Kläger somit aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung Anspruch auf Vergütung nach der tariflichen Vergütungsgruppe für die geprüfte Werkschutzfachkraft hat, steht ihm dieser Lohn auch für die Zeit nach der Änderung des Lohntarifvertrags im Wach- und Sicherheitsgewerbe und Einführung der neuen Tarifgruppe für die Fluggastkontrolleure in Ziffer 2.9 des Lohntarifvertrages vom 16.10.2003 (AVE Anfang 01.09.2003) gültig bis zum 31.10.2005 bzw. § 2.8 des Tarifvertrages vom 10.10.2005, gültig ab 01.11.2005 (nicht AVE) bzw. des Anhangs zum Lohntarifvertrag Sicherheitskräfte an Verkehrsflughäfen für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Niedersachsen vom 10.10.2005 (AVE Anfang 02.08.2006) zu.

Zwar können die Tarifvertragsparteien tarifvertragliche Ansprüche sogar während der Laufzeit des Tarifvertrages und sogar für bereits entstandene und fällig gewordene, noch nicht abgewickelte Ansprüche – unter Beachtung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes der Normunterworfenen – verschlechtern, weil insoweit tarifvertragliche Regelungen auch während der Laufzeit des Tarifvertrags den immanenten Vorbehalt ihrer rückwirkenden Abänderbarkeit in sich tragen (BAG vom 22.10.2003 –10 AZR 152/03 – AP Nr. 21 zu § 1 TVG Rückwirkung m.w.N.), der Tarifvertrag kann jedoch nicht vertragliche Ansprüche verschlechtern. Insoweit gilt das Günstigkeitsprinzip gemäß § 4 Abs. 3 TVG auch für vortarifliche Vertragsabreden (allgemeine Ansicht vgl. nur Wiedemann, TVG, 7. Auflage, RZ 421 zu § 4; vgl. auch BAG GS vom 07.11.1989 – GS 3/85 – AP Nr. 4 zu § 77 BetrVG 1972; BAG vom 15.12.1960 – 5 AZR 418/58 – AP Nr. 3 zu § 4 TVG Angleichungsrecht und vom 26.02.1986 – 4 AZR 535/84 – AP Nr. 12 zu § 4 TVG Ordnungsprinzip).

2. Wegen des Anspruchs auf Verzinsung der ausgeurteilten Beträge wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts Bezug genommen.

III.

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.

1. Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BAG den Feststellungsantrag als unzulässig zurückgewiesen.

Das erstinstanzliche Gericht hat insbesondere zutreffend darauf hingewiesen, dass im Streitfall eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar ist. Dies ist nicht zuletzt auch wegen der tariflichen Ausschlussfristen im Interesse des Klägers geboten. Auch ist nicht ersichtlich, dass ausnahmsweise mit einer endgültigen Streitbeilegung auf das Feststellungsurteil hin zu rechnen wäre, zumal die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 05.12.2007 nicht erklären wollte, dass sie auf ein Feststellungsurteil hin den erhöhten Stundenlohn zahlen werde. Mit einer endgültigen Streitbeilegung ist schließlich auch schon deshalb nicht zu rechnen, weil zwischenzeitlich der tarifliche Stundenlohn auf 10,94 € angehoben wurde, somit die Feststellungsklage schon deshalb unzulässig ist, weil sie sich nur auf die Vergangenheit bezieht.

2. Zu Recht hat das Arbeitsgericht auch die Stufenklage auf Neuabrechnung und Auszahlung des Urlaubslohnes als unzulässig zurückgewiesen. Das Arbeitsgericht hat ausgeführt, dass die Stufenklage gemäß § 254 ZPO und damit die einstweilige Befreiung von der Bezifferungspflicht des § 253 Abs. 2 Satz 2 ZPO nur zulässig ist, wo die Auskunft für die Bemessung des Leistungsanspruches erforderlich ist. Kann der Kläger die begehrten Ansprüche selbst berechnen und beziffern fehlt diese Voraussetzung. Dies ist vorliegend der Fall. Anhand der erteilten Abrechnungen sowie der eigenen Kenntnis des Klägers über Urlaubstage und gearbeitete Stunden und Dienstplaneinteilungen während der Urlaubszeiten verfügt der Kläger über die notwendigen Informationen für eine eigenständige Berechnung des Urlaubsentgelts. Diesen Ausführungen des Arbeitsgerichts ist nichts hinzuzufügen. Der Kläger sei lediglich noch darauf hingewiesen, dass die Erhebung der Stufenklage gemäß § 254 ZPO die tariflichen Ausschlussfristen nur wahren kann, wenn der streitige Anspruch erst nach einer Auskunft des Schuldners beziffert werden kann (BAG vom 23.02.1977 – 3 AZR 764/75 – AP Nr. 58 zu § 4 TVG Ausschlussfristen).

IV.

Die Kosten des Rechtsstreits waren den Parteien im Verhältnis ihres gegenseitigen Obsiegens bzw. Unterliegens aufzuerlegen und sind vom Kläger in Höhe von 84 %, von der Beklagten in Höhe von 16 % zu tragen.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Gegen dieses Urteil ist daher ein Rechtsmittel nicht gegeben. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde gem. § 72a ArbGG wird hingewiesen.