Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 22.10.2008, Az.: 15 Sa 312/08

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
22.10.2008
Aktenzeichen
15 Sa 312/08
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 39332
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2008:1022.15SA312.08.0A

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Braunschweig - 12.02.2008 - AZ: 5 Ca 513/07

In dem Rechtsstreit

...

hat die 15. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 22. Oktober 2008 durch

den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Löber,

die ehrenamtliche Richterin Klauenberg,

die ehrenamtliche Richterin Wojke

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 12.02.2008 - 5 Ca 513/07 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

  2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses.

2

Der am 00.00.1958 geborene Kläger war seit dem 11.09.1989 bei der Beklagten beschäftigt. Zu seinen Aufgaben gehörte das Anpassen von SPS-Steuerungen an die Produktionsanlagen. Mit Einverständnis der Beklagten führte er nebenberuflich Programmiertätigkeiten aus.

3

Im Jahre 2005 schaffte die Beklagte eine Plasmaanlage für die Produktion eines bestimmten Stoßfängers an. Die Anlage wurde mit zwei Programmen gesteuert, einer KUKA-Robotersteuerung und einer SPS-Programmanwahl. Im Jahre 2007 war wegen Änderungen am Produktionsgegenstand die Anpassung der beiden Programme erforderlich. Mit der Aufgabe wurde die Firma R. betraut, wobei die Beauftragung mit der Anpassung der SPS-Programmanwahl zur Erprobung der Firma R. auf diesem Gebiet erfolgte.

4

Nach einer Projektbesprechung mit dem Geschäftsführer der Firma R., an der auch der Kläger beteiligt war, machte der Kläger der Firma R. mit Schreiben vom 18.06.2007 das Angebot, die Anpassung der SPS-Steuerung für sie durchzuführen. Zuvor hatte er bereits am 12.06.2007 zur Vorbereitung einen Datenbaustein der SPS-Steuerung vierfach kopiert, die er nach Auftragserteilung seitens der Firma R. dazu verwendete, die SPS- Steuerung anzupassen. Nachdem er bei Fertigstellung und Inbetriebnahme der Anpassung des KUKA-Programms durch einen Mitarbeiter der Firma R. am 07.09.2007 den letzten Arbeitsschritt für die Inbetriebnahme der angepassten SPS-Steuerung erledigt hatte, stellte er mit Rechnung vom 09.09.2007 der Firma R. für die Arbeit 1 200,00 € zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung, stornierte diese Rechnung jedoch wieder mit Schreiben vom 10.10.2007.

5

In der 37. Kalenderwoche forderte der Mitarbeiter G. der Beklagten von der Firma R. einen Abschlussbericht für die Anpassung der SPS-Steuerung an und erhielt am 18.09.2007 per Email der Firma R. einen Statusbericht des Klägers vom 17.09.2007 an die Firma R. (Bl. 27 d.A.). Dieser Bericht war nicht namens der Beklagten, sondern im eigenen Namen verfasst und mit dem Zusatz "Automationsprogrammierung" und mit der Privatanschrift des Klägers versehen. G. leitete die Email an den technischen Leiter H. weiter, der am Donnerstag, den 20.09.2007 die Post einsah. H., der fünf Monate wegen eines Einsatzes im Werk K. abwesend gewesen war, nahm zur Abklärung zunächst Kontakt mit dem Mitarbeiter G. auf und sprach am 01.10.2007 mit dem Projektleiter W.. Am 02.10.2007 sprach er in Gegenwart von G. mit dem Kläger. Auf Grund der Einlassungen des Klägers wurde das Gespräch bei der kündigungsberechtigten Personalleiterin fortgesetzt. Anschließend wurde in die Programmierungsprotokollierung Einsicht genommen und ein Gespräch mit dem Geschäftsführer der Firma R. für den 08.10.2007 verabredet. Auch nahm die Beklagte Kontakt zu dem früheren Dienstleister auf, der die Plasmaanlage mit Hilfe des Klägers im Jahre 2005 programmiert hatte..

6

Nach dem Gespräch mit dem Geschäftsführer der Firma R. unterrichtete die Beklagte mit Schreiben vom 10.10.2007 den Betriebsrat von ihrer Absicht, den Kläger fristlos hilfsweise fristgemäß zu kündigen (Bl. 40 ff.d.A.), der am 11.10.2007 beschloss, keinen Widerspruch zu erheben. Sodann sprach die Beklagte mit Schreiben vom 12.10.2007, das dem Kläger am 13.10.2007 zuging, die fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung zum 30.04.2008 aus.

7

Mit seiner am 19.10.2007 eingereichten Klage hat der Kläger in Abrede gestellt, dass ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung oder ein Grund in seinem Verhalten gegeben sei, die die fristgemäße Kündigung bedinge. Schließlich hat er bestritten, dass die Stellungnahme des Betriebsrates vor dem Absenden des Kündigungsschreibens zur Personalleiterin gelangt sei.

8

Der Kläger hat beantragt,

  1. 1.

    festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche noch durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 12. Oktober 2007 beendet wird,

  2. 2.

    im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1) die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Elektriker weiterzubeschäftigen.

9

Die Beklagte hat beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

10

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des Urteils vom 12.02.2008 Bezug genommen, mit dem das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen hat. Es hat einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung für gegeben erachtet, weil der Kläger versucht habe, sich auf Kosten der Beklagten einen Vermögensvorteil zu verschaffen, indem er sich seine Arbeit im Zusammenhang mit der Anpassung SPS-Steuerung von der Beklagten einmal unmittelbar im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses und zum zweiten mittelbar über die in Rechnungsstellung durch die Firma R. habe bezahlen lassen wollen. Damit sei das notwendige Vertrauen aufs gröbste verletzt und bei Abwägung der beiderseitigen Interessen ein Festhalten am Arbeitsverhältnis unzumutbar gewesen. Weiter hat es ausgeführt, die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei gewahrt, da diese frühestens mit dem Gespräch am 02.10.2007 in Lauf gesetzt worden sei. Weiter sei der Betriebsrat ordnungsgemäß unterrichtet worden. Auch sei auf Grund der Aussage der Zeugin T. bewiesen, dass die Stellungnahme des Betriebsrats noch am 11.10.2007 zur Personalleitung gelangt sei, also vor Ausspruch der Kündigung vom 12.10.2007.

11

Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen, das dem Kläger am 15.02.2008 zugestellt worden ist und gegen das er am 27.02.2008 Berufung eingelegt hat, die er am 21.04.2008 begründet hat, nachdem auf seinen Antrag die Berufungsbegründungsfrist bis zum 15.05.2008 verlängert worden war.

12

Der Kläger rügt die Versäumung der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB und verweist darauf, dass der technische Leiter nach Kenntnisnahme der Email am 20.09.2008 den Kläger erst nach 12 Tagen angehört habe. In der Sache macht er geltend, dass er im Zusammenhang mit der Anpassung der SPS-Steuerung zunächst im Rahmen des Arbeitsverhältnisses tätig geworden sei. Erst nach Auftragserteilung seitens der Firma R. mit Mail vom 22.08.2007 habe er in seinem bis zum 24.08.2007 andauernden Urlaubs die Lösung für die Steuerungsanpassung erdacht, die er sodann nach Wiederaufnahme der Arbeit umgesetzt habe. In Anbetracht der Nebentätigkeitsgenehmigung und der Umstände, unter denen die Anpassung der SPS-Steuerung habe erfolgen müssen, sei eine Abmahnung angemessen und ausreichend gewesen.

13

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 15.04.2008 und den ergänzenden Schriftsatz vom 07.07.2008 Bezug genommen.

14

Der Kläger beantragt,

  1. in Abänderung des angefochtenen Urteils nach seinen Klageanträgen zu erkennen.

15

Die Beklagte beantragt,

  1. die Berufung zurückzuweisen.

16

Auf ihre Berufungserwiderung vom 04.06.2008 und den ergänzenden Schriftsatz vom 15.07.2008 wird gleichfalls Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

17

Die statthafte Berufung (§ 64 Abs. 2c ArbGG) ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6 Satz 1, 66 Abs. 1 Sätze 1 und 5 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO).

18

Die mithin zulässige Berufung ist jedoch unbegründet.

19

Das Arbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die angegriffene Kündigung fristlos beendet worden ist.

20

I.

Die Beklagte hat den Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß unterrichtet (§ 102 Abs. 1 BetrVG).

21

Mit ihrem Schreiben vom 10.10.2007 ist die Beklagte ihrer Unterrichtungspflicht gegenüber dem Betriebsrat ausführlich und sorgfältig nachgekommen. Auf Grund der Beweisaufnahme hat das Arbeitsgericht zudem festgestellt, dass der Beschluss des Betriebsrats vom 11.10.2007 noch am Nachmittag desselben Tags zur Personalleiterin gelangt ist und die Kündigung vom 12.10.2007 folglich erst nach Abschluss des Anhörungsverfahrens ausgesprochen worden ist. Der Kläger hat gegen diese Feststellung keine Rügen erhoben mit der Rechtsfolge des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

22

II.

Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB gegeben ist.

23

1.

Es sind Tatsachen gegeben, die als wichtiger Grund geeignet sind.

24

a)

Der Kläger hat versucht, sich seine Arbeit im Zusammenhang mit der Anpassung der SPS-Steuerung an der Plasmaanlage von der Beklagten mittelbar ein zweites Mal bezahlen zu lassen, da seine der Firma R. gestellte Rechnung in deren Rechnung an die Beklagte eingeflossen wäre.

25

Auch wenn der Kläger einen Teil der Arbeit nicht während der Arbeitszeit bei der Beklagen erbracht haben sollte, sondern während seines Urlaubs, verbleibt es dabei, dass er Arbeiten im Zusammenhang mit der Anpassung der SPS-Steuerung während seiner Arbeitszeit erledigt hat, zum einen indem er bereits im Juni 2007 mit dem Kopieren eines Programmsatzes Vorbereitungsarbeiten ausführte und zum zweiten, dass er die Programmierungsarbeiten nach seinem Urlaub während der Arbeitszeit durchführte.

26

Soweit der Kläger darauf verweist, dass bei der Beklagten bekannt gewesen sei, dass er während der Arbeitszeit Arbeiten im Zusammenhang mit der Anpassung der SPS- Steuerung an der Plasmaanlage erledigte, ändert das nichts an dem ihm zu machenden Vorwurf. Der Kläger behauptet selbst nicht, dass der Beklagten bekannt gewesen sei, dass es sich dabei nicht nur um die Unterstützung des Mitarbeiters der Firma R. handelte, sondern um Arbeiten, die er als Nebentätigkeit der Firma R. in Rechnung stellen wollte, da er, wie erstinstanzlich im Schriftsatz vom 20.12.2007 auf Seite 3 (Bl. 97 d.A.) selbst eingeräumt hat, bereits im Juni 2007 erkannt hatte, dass die Firma R. die geforderten Arbeiten nicht bewältigen konnte, so dass er sich ihnen mit Schreiben vom 18.06.2007 erbot, die Arbeiten für sie zu übernehmen.

27

b)

Der Kläger hat zudem versucht, die Beklagte darüber zu täuschen, dass die Firma R. bewiesen habe, dass sie die Anpassung von SPS-Steuerungen beherrsche. Ihre Beauftragung war zur Erprobung erfolgt, um sich Gewissheit darüber zu verschaffen, ob solche Arbeiten zukünftig bei Bedarf an sie vergeben werden konnten. Das war dem Kläger bekannt. Er selbst hatte aber, so seine oben angeführte Einlassung, erkannt, dass die Firma R. solches nicht bewältigen konnte. Bei seiner Befragung am 02.10.2007 hat er demgegenüber erklärt, die Firma R. habe sich bewährt und könne zukünftig mit gleichartigen Arbeiten betraut werden. Gleichzeitig hatte er der Firma R. ausweislich seines Schreibens vom 03.09.2007 (Bl. 127 d.A.) eine weitere Zusammenarbeit angeboten, um sich zukünftig weitere Zusatzverdienste auf Kosten der Beklagten zu erschließen.

28

2.

Diese Tatsachen machten es der Beklagten unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles und der beiderseitigen Interessen unzumutbar an dem Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist festzuhalten.

29

Der Kläger hat sich grob pflichtwidrig und unredlich verhalten. Er hat damit das für das Arbeitsverhältnis notwendige Vertrauen unwiderbringlich zerstört, so dass eine Abmahnung weder angemessen noch ausreichend gewesen wäre, das Arbeitsverhältnis zukünftig störungsfrei zu gestalten.

30

Soweit der Kläger den Unwertgehalt seines Verhaltens damit zu relativieren versucht, dass die Beklagte ihn bei Offenlegung des Unvermögens der Firma R. mit der nebenberuflichen Ausführung der Arbeiten gegen ein Zusatzentgelt betraut hätte, überzeugt das nicht. Wenn der Kläger redlicherweise das Unvermögen der Firma R. offen gelegt hätte, hätte er redlicherweise auch offen legen müssen, dass ihm bekannt war, dass die notwendige Anpassung im Programm bereits vorgesehen war und es nur einer geringen Mühe bedurfte, diese vorzunehmen. Das ergibt sich aus der eingeholten Auskunft des früheren Dienstleisters, der die SPS-Steuerung bei Anschaffung der Plasmaanlage erstellt hat in Zusammenarbeit mit dem Kläger. Diese Arbeit hätte er aber ohne weiteres während seiner Arbeit bewältigen können. Dieses hat er aber gerade verschwiegen. Statt dessen hat er versucht, sich für die Anpassung der SPS-Steuerung einen Nebenverdienst auf Kosten der Beklagten zu erschließen. Schließlich hat er auch versucht, die Beklagte über die Leistungsfähigkeit der Firma R. im Bereich der SPS-Steuerung zu täuschen, um sich auch für die Zukunft die Möglichkeit zu eröffnen, sich auf Kosten der Beklagten weitere Vermögensvorteile zu verschaffen.

31

In Anbetracht der schwerwiegenden Verfehlung überwiegt das Interesse der Beklagten an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem auf Grund seines Alters, seiner Betriebszugehörigkeit und seiner Unterhaltspflichten erhöhten Bestandsschutzinteresses des Klägers, zumal dieser, worauf das Arbeitsgericht hingewiesen hat, im Bereich seiner nur nebenberuflich ausgeübten Tätigkeit eine Erwerbsmöglichkeit hat.

32

3.

Die Beklagte hat schließlich die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt.

33

Für den Beginn der Frist kommt es grundsätzlich auf die Kenntnis des Kündigungsberechtigten an. Das war nicht der technische Leiter H., sondern die Personalleiterin der Beklagten. Diese hat von dem Sachverhalt aber erstmals am 02.10.2007 erfahren. Die Kündigung ist dem Kläger aber schon am 13.10.2007 zugestellt worden, also innerhalb der zweiwöchigen Ausschlussfrist.

34

Eine etwaige zögerliche Aufklärung durch den technischen Leiter H. vor Information der Personalleiterin ist unschädlich.

35

Zu den kündigungsberechtigten Personen gehören neben den gesetzlichen Vertretern des Arbeitgebers auch die Personen, denen der Arbeitgeber das Recht zur außerordentlichen Kündigung übertragen hat. Darüber hinaus muss sich der Arbeitgeber nur die Kenntnis solcher Personen zurechnen lassen, die eine ähnlich selbstständige Stellung wie ein gesetzlicher oder rechtsgeschäftlicher Vertreter haben. Diese Personen müssen tatsächlich und rechtlich in der Lage seien, einen Sachverhalt, der Ansatzpunkt für eine außerordentliche Kündigung bietet, so umfassend zu klären, dass mit seiner Meldung der Kündigungsberechtigte ohne weitere Erhebung seine Entscheidung treffen kann. Ein solcher Ausnahmefall ist nur gegeben, wenn die Stellung des Dritten im Betrieb erwarten lässt, er werde den Kündigungsberechtigten vom Kündigungssachverhalt unterrichten. Zum anderen darf sich der Kündigungsberechtigte nur dann nicht auf seine erst später erlangte Kenntnis berufen, wenn dies darauf beruht, dass die Organisation des Betriebs beziehungsweise der Verwaltung zu einer Verzögerung des Fristbeginns führt, obwohl eine andere Organisation sachgemäß und zumutbar wäre ( BAG, Urteile vom 07.09.1983 - 7 AZR 196/82, NZA 1984, 228 und vom 26.11.1987 - 2 AZR 312/82, RzK I 6g Nr. 13).

36

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann sich die Beklagte auf die Kenntniserlangung ihrer kündigungsberechtigten Personalleiterin erst am 02.10.2007 berufen, selbst wenn der technische Leiter eine ähnlich selbstständige Stellung wie die Personalleiterin hätte und er die Aufklärung nicht mit der gebotenen Zügigkeit durchgeführt hätte, denn in diesem Falle handelte es sich nicht um ein Organisationsverschulden der Beklagten, sondern lediglich um eine Fehlleistung des technischen Leiters.

37

Aber auch wenn man entgegen der dargelegten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts der Beklagten eine etwaige Fehlleistung ihres technischen Leiters entsprechend § 278 BGB zurechnen müsste (vgl. KR-Fischermeier, 8. Auflage, § 626, Rdnr. 355), wäre vorliegend die Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt. Zu berücksichtigen ist, dass der technische Leiter wegen längerer Betriebsabwesenheit mit dem Vorgang nicht ausreichend vertraut gewesen ist, so dass sich für ihn die Erkennbarkeit eines möglicherweise für eine außerordentliche Kündigung relevanten Fehlverhaltens des Klägers nicht ohne weiteres aus dem Anhang der Email vom 18.09.2007 ergab. Auch muss berücksichtigt werden, dass die heutigen Flut von elektronischen Nachrichten im betrieblichen Alltag eine Sichtung nach Wichtigkeit und Unwichtigkeit erforderte. Auch war die Kontaktaufnahme mit mit dem Vorgang vertrauten Mitarbeitern notwendig. Aber auch wenn mit dem Kläger davon ausgegangen wird, dass der technische Leiter es hätte bewerkstelligen können, den Kläger spätestens nach einer Woche anzuhören, muss berücksichtigt werden, dass dessen Anhörung nicht den Abschluss der Ermittlungen darstellte. Einmal war es anschließend notwendig, die technischen Umstände der Programmierarbeit des Klägers aufzuklären. Dazu bedurfte es des Einblicks in die Protokolle der Programmierung der SPS-Steuerung der Plasmaanlage. Weiter bedurfte es der Rücksprache mit dem Dienstleister, der im Jahre 2005 die Programmierung in Zusammenarbeit mit dem Kläger vorgenommen hatte. Schließlich bedurfte es noch eines abschließenden Gesprächs mit dem Geschäftsführer der Firma R., so dass frühestens mit Ablauf des Monats September 2007 ein entscheidungsfähiger Abschlussbericht des technischen Leiters gegenüber der kündigungsbefugten Personalleiterin möglich war. Bei dieser Bewertung des Sachverhalts wäre die Frist des § 626 Abs. 2 BGB jedoch gleichfalls gewahrt, da die Kündigung bereits am 13.10.2007 zugestellt worden ist.

38

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO.

39

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 72 Abs. 2 ArbGG), sind nicht ersichtlich. Mangels Zulassung findet gegen dieses Urteil keine Revision statt. Auf den Rechtsbehelf der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 72a ArbGG) wird hingewiesen.

Löber
Klauenberg
Wojke