Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 05.06.2008, Az.: 7 Sa 1500/07

Anhörungsverfahren; betriebsbedingte Kündigung; Betriebsratsanhörung; Gesamtbetriebsrat; Massenentlassung; Massenentlassunganzeige; Zuständigkeit

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
05.06.2008
Aktenzeichen
7 Sa 1500/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 55041
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG - 29.08.2007 - AZ: 3 Ca 88/07

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Es ist grundsätzlich zulässig, das Verfahren gemäß § 17 Abs. 2 KSchG formell einheitlich mit der Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG durchzuführen. Erforderlich ist jedoch, dass der Betriebsrat überhaupt erkennen kann, dass das Anhörungsverfahren zu einer oder mehreren beabsichtigten Kündigungen eingeleitet wird.
2. Das Verfahren nach § 102 BetrVG kann mit den Verhandlungen über den Interessenausgleich verbunden werden (BAG vom 26.04.2007, 8 AZR 695/05, AP Nr. 4 zu § 125 InsO). Dies gilt jedoch in der Regel nicht, wenn die Interessenausgleichsverhandlungen mit dem Gesamtbetriebsrat und nicht mit dem örtlich zuständigen Betriebsrat geführt werden.

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hildesheim vom 29.08.2007, 3 Ca 88/07, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von dem Beklagten ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung wegen Betriebsschließung und dabei insbesondere über die Frage, ob der Betriebsrat vor dieser Kündigung angehört worden ist.

Der am 0.0.1980 geborene, verheiratete und zwei Kindern unterhaltsverpflichtete Kläger war seit dem 01.08.1997 bei der Firma T. bzw. deren Rechtsvorgängerin als Einzelhandelskaufmann in der Filiale in D-Stadt beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis zu Grunde liegt der Arbeitsvertrag vom 03.12.2001 (Bl. 5, 6 d. A.). Der Kläger bezog zuletzt eine monatliche Bruttovergütung von 1.986,00 €.

Über das Vermögen der Arbeitgeberin des Klägers wurde am 01.03.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Beklagte beschloss, den gesamten Betrieb mit 13 Filialen und 160 Arbeitnehmern, davon 33 in der Filiale in D-Stadt, zu schließen. Die Filiale in D-Stadt wurde am 01.03.2007 geschlossen.

Mit Schreiben vom 01.03.2007 (Bl. 12, 13 d. A.), das die Überschrift „Unterrichtung des Betriebsrats gemäß § 17 Abs. 2 KSchG Insolvenzverfahren der Firma T. “ trägt, unterrichtete der Beklagte den in der Filiale D-Stadt gebildeten Betriebsrat über die beabsichtigten Entlassungen aller Arbeitnehmer. Der letzte Satz dieses Schreibens lautet:

„Einer Stellungnahme Ihrerseits sehe ich gerne entgegen.“

Am 19.03.2007 schloss der Beklagte mit dem Gesamtbetriebsrat des Unternehmens einen Interessenausgleich, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 51 - 60 d. A.). Unter § 3 wurde dabei folgendes geregelt:

2. Dem Betriebsrat wurden die Anhörungsunterlagen gemäß § 102 BetrVG ordnungsgemäß zur Verfügung gestellt. Die in den Interessenausgleichsverhandlungen gemachten Ausführungen und gegebenen Unterlagen gelten auch als i.S.d. § 102 BetrVG gemacht bzw. übergeben.

3. Der Interessenausgleich gilt zugleich als Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 KSchG (Massenentlassungsstellungnahme).

Dem Interessenausgleich beigefügt war eine Liste mit den Namen und Sozialdaten sämtlicher Mitarbeiter des Unternehmens, denen gekündigt werden sollte.

Mit Schreiben vom 20.03.2007 (Bl. 28 - 30 d. A.) zeigte der Beklagte gegenüber der Agentur für Arbeit D-Stadt die geplante Entlassung sämtlicher Arbeitnehmer an. Durch Bescheid vom 19.04.2007 (Bl. 61 d. A.) setzte die Bundesagentur für Arbeit die Sperrfrist bis zum 22.04.2007 fest und führte aus, rechtswirksame Entlassungen könnten in dem darauf folgenden Zeitraum bis zum 20.07.2007 vorgenommen werden.

Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Beklagten wurde durch Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 19.06.2007 zurückgewiesen, in dem ausgeführt ist:

„Die am 25.03.2007 ausgesprochenen Kündigungen sind wirksam ausgesprochen worden, die bevorstehende Entlassung liegt außerhalb der bis zum 22.04.2007 verhängten Sperrfrist.“

Mit Schreiben vom 22.03.2007 kündigte der Beklagte die Arbeitsverhältnisse der bei der Insolvenzschuldnerin Beschäftigten, soweit für eine Kündigung nicht die Zustimmung einer dritten Stelle erforderlich war. Eine Kündigung des Klägers, der sich zu diesem Zeitpunkt in Elternzeit befand, erfolgte nicht.

Mit Schreiben vom 27.03.2007 (Bl. 62, 63 d. A.) wandte sich der Beklagte an die Betriebsratsvorsitzende der Filiale D-Stadt M. und führte unter anderem aus:

„Ich informiere Sie deshalb nochmals darüber, dass das Schreiben vom 01.03.2007 zugleich die Anhörung des Betriebsrats gewesen ist. Sie können gerne zu meinem jetzigen Schreiben und der Frage der Berechtigung der Kündigungen Stellung nehmen.“

Unter dem 11.04.2007 richtete der Beklagte folgendes Schreiben an die Betriebsratsvorsitzende M.:

Wir haben sie im Schreiben vom 01.03.2007 bereits darüber informiert, dass der Rechtsanwalt A. aus unserer Kanzlei zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Fa. T. bestellt wurde. Der Geschäftsbetrieb der Fa. T. kann nicht mehr weitergeführt werden. Der Mietvertrag ist abgelaufen. Die Geschäftsräume stehen nicht mehr zur Verfügung. Ich bin gezwungen, allen Arbeitnehmern zu kündigen. Eine Auswahl nach Kriterien ist entbehrlich.

Ich bitte Sie, mir mitzuteilen, ob Sie Bedenken gegen die Kündigung haben. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate.

Der Betriebsrat teilte mit einem am 16.04.2007 (Bl. 14 d. A.) bei dem Beklagten eingegangenen Schreiben mit, dass er keine Bedenken gegen die Kündigungen habe.

Am 04.04.2007 stimmte das staatliche Gewerbeaufsichtsamt D-Stadt der beabsichtigten Kündigung des Klägers zu. Der Beklagte kündigte daraufhin mit Schreiben vom 11.04.2007 (Bl. 3, 4 d. A.), das dem Kläger am 12.04.2007 zugegangen ist, das Arbeitsverhältnis zum 31.07.2007.

Hiergegen richtet sich die am 25.04.2007 erhobene Kündigungsschutzklage des Klägers.

Der Beklagten zeigte am 24.05.2007 (Bl. 71, 72 d. A.) Masseunzulänglichkeit nach § 208 Abs. 1 Satz 2 InsO an.

Das Arbeitsgericht hat zunächst durch Versäumnisurteil vom 10.05.2007 (Bl. 18, 19 d. A.) festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht durch Kündigung des Beklagten vom 11.04.2007 zum 31.07.2007 beendet werden wird.

Es hat dann durch ein dem Beklagten am 03.09.2007 zugestelltes Urteil vom 29.08.2007, auf dessen Inhalt zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und dessen Würdigung durch das Arbeitsgericht Bezug genommen wird (Bl. 86 - 93 d. A.), das Versäumnisurteil vom 10.05.2007 aufrechterhalten.

Hiergegen richtet sich die am 02.10.2007 eingelegte und am 15.10.2007 begründete Berufung des Beklagten.

Der Beklagte ist der Auffassung, die Betriebsratsanhörung sei im Rahmen der Interessenausgleichsverhandlungen ordnungsgemäß erfolgt. In der Betriebsvereinbarung über den Interessenausgleich sei ausdrücklich geregelt, dass der Gesamtbetriebsrat ermächtigt sei, die Umstände der Kündigung, des Interessenausgleichs und des Sozialplans mit dem Beklagten zu verhandeln. Gespräche mit dem Gesamtbetriebsrat und dessen anwaltlichen Vertreter hätten seit dem 22.01.2007 stattgefunden.

Entgegen der Meinung des Arbeitsgerichts sei auch die 1-wöchige Anhörungsfrist gewahrt. Der Betriebsrat sei rechtzeitig im Rahmen der Interessenausgleichsverhandlungen über die Schließung der Filialen und die Entlassung sämtlicher Mitarbeiter informiert worden.

Im Übrigen seien die Parteien nach Unterzeichnung der Vereinbarung vom 19.03.2007 so auseinander gegangen, dass damit alle Arbeitsverhältnisse beendet werden konnten, die Anhörung ausreichend erfolgt sei und der Gesamtbetriebsrat im Gegenzug hierfür Zugeständnisse beim Interessenausgleich und beim Sozialplan erhalten habe.

Wegen des weiteren Vortrags des Beklagten im Berufungsverfahren wird Bezug genommen auf den Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 11.10.2007.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Hildesheim abzuändern und die Klage unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 10.05.2007 abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe des Schriftsatzes seiner Prozessbevollmächtigten vom 14.11.2007.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Beklagten ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig, §§ 519, 520 ZPO, 64, 66 ArbGG.

Sie ist jedoch nicht begründet.

Das Arbeitsgericht ist zu Recht und mit weitgehend zutreffender Begründung zu dem Ergebnis gelangt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die im Streit stehende Kündigung nicht beendet worden ist. Das Landesarbeitsgericht macht sich die Entscheidungsgründe in dem arbeitsgerichtlichen Urteil gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG zu Eigen und nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

Die Berufung gibt Anlass zu folgenden ergänzenden und zusammenfassenden Ausführungen:

Die im Streit stehende Kündigung vom 11.04.2007 ist gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Der Beklagte hat nämlich vor Ausspruch der Kündigung nicht den für die Filiale in D-Stadt gebildeten Betriebsrat angehört.

Nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, von der abzuweichen kein Anlass besteht, ist ein Arbeitgeber auch bei Vorliegen eines Interessenausgleichs mit Namensliste nicht von der Pflicht zur Anhörung des Betriebsrats entbunden, die Anhörung unterliegt dabei auch keinen erleichterten Anforderungen (BAG vom 26.04.2007, 8 AZR 695/05, AP Nr. 4 zu § 125 InsO).

Vorliegend ist der zuständige Betriebsrat in D-Stadt nicht mit Schreiben des Beklagten vom 01.03.2007 zu der beabsichtigten Kündigung des Klägers angehört worden im Sinne von § 102 Abs. 1 BetrVG. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist es zwar grundsätzlich zulässig, das Verfahren gemäß § 17 Abs. 2 KSchG formell einheitlich mit der Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG durchzuführen. Erforderlich ist jedoch, dass der Betriebsrat überhaupt erkennen kann, dass das Anhörungsverfahren zu einer oder mehreren beabsichtigten Kündigungen eingeleitet wird. Denn die ordnungsgemäße Einleitung des Anhörungsverfahrens setzt die Wochenfrist des § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG in Gang. Äußert sich der Betriebsrat nicht innerhalb dieser Frist, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt, § 102 Abs. 2 Satz 2 BetrVG. Es ist deshalb zwingend erforderlich, dass es für den Betriebsrat erkennbar ist, dass der Arbeitgeber das Anhörungsverfahren einleiten will, damit er sein Mitbestimmungsrecht überhaupt wahrnehmen kann.

Dem Schreiben vom 01.03.2007 konnte der Betriebsrat in D-Stadt nicht entnehmen, dass damit das Anhörungsverfahren zu einer beabsichtigten Kündigung unter anderem des Klägers eingeleitet werden sollte. Dieses Schreiben trägt die Überschrift „Unterrichtung des Betriebsrats gemäß § 17 Abs. 2 KSchG“. Auch in dem nachfolgenden Text wird nicht erkennbar, dass der Beklagte tatsächlich nicht nur, wie die Überschrift nahe legt, über die beabsichtigte Massenentlassung unterrichten, sondern gleichzeitig auch das Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG einleiten wollte. Vielmehr wird auch hier ausdrücklich ausgeführt, dass der Beklagte die Betriebsratsvorsitzende „als Betriebsrat deshalb gemäß § 17 Abs. 2 KSchG“ unterrichte. Der Schlusssatz, einer Stellungnahme werde gerne entgegengesehen, kann unter diesen Umständen objektiv nicht als Bitte um Zustimmung oder Stellungnahme zu einer beabsichtigten Kündigung angesehen werden. Der Betriebsrat hat dies offensichtlich auch nicht so verstanden, eine Stellungnahme zu einer beabsichtigten Kündigung wurde nicht abgegeben.

Eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung erfolgte auch nicht im Rahmen der Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan. Das Verfahren nach § 102 BetrVG kann zwar mit den Verhandlungen über den Interessenausgleich verbunden werden (BAG vom 26.04.2007, a.a.O.). Dies gilt jedoch in der Regel nicht, wenn die Interessenausgleichsverhandlungen mit dem Gesamtbetriebsrat und nicht mit dem örtlich zuständigen Betriebsrat geführt werden. Denn bei personellen Einzelmaßnahmen wie einer Kündigung geht das Gesetz von dem einzelnen Betrieb, dem einzelnen Betriebsrat und dem einzelnen Arbeitgeber aus. Nur der Betriebsrat im Betrieb des Arbeitgebers kann den Schutzzweck des § 102 BetrVG angemessen realisieren (BAG vom 25.05.2000, 8 AZR 416/99, AP Nr. 209 zu § 613 a BGB). Eine originäre Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats ist deshalb grundsätzlich abzulehnen, sie kommt lediglich dann in Betracht, wenn ein Arbeitsverhältnis mehreren Betrieben des Unternehmens gleichzeitig zuzuordnen ist (BAG vom 21.03.1996, 2 AZR 559/95, AP Nr. 81 zu § 102 BetrVG 1972). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall.

Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der örtliche Betriebsrat den Gesamtbetriebsrat wirksam bevollmächtigt hat, seine Rechte nach § 102 BetrVG wahrzunehmen. Entgegen der von dem Beklagten vertretenen Auffassung ergibt sich aus Ziffer 3 der Präambel des Interessenausgleichs lediglich, dass der Gesamtbetriebsrat „beauftragt und bevollmächtigt“ worden ist, „die Betriebsvereinbarung über diesen Interessenausgleich zu verhandeln und abzuschließen“. Von einer Bevollmächtigung, für den Betriebsrat in D-Stadt auch die Anhörung nach § 102 BetrVG durchzuführen, ist demgegenüber nicht die Rede. Es musste deshalb auch nicht entschieden werden, ob dieses Mitbestimmungsrecht überhaupt wirksam auf den Gesamtbetriebsrat delegiert werden konnte.

Die Mitglieder des Gesamtbetriebsrats können allenfalls als Boten des Beklagten das Anhörungsverfahren gegenüber dem örtlichen Betriebsrat eingeleitet haben. Erforderlich ist dann aber auch hier, dass für den örtlichen Betriebsrat zweifelsfrei erkennbar war, dass nunmehr das Mitbestimmungsverfahren durchgeführt werden sollte. Hiervon kann nicht ausgegangen werden.

Mit dem Schreiben des Beklagten vom 27.03.2007 ist ebenfalls keine Anhörung nach § 102 BetrVG für die vorliegend im Streit stehende Kündigung erfolgt. Auch diesem Schreiben konnte der Betriebsrat nicht entnehmen, dass nunmehr das Mitbestimmungsverfahren eingeleitet wird. Der Beklagte hat vielmehr lediglich darüber informiert, dass er das Schreiben vom 01.03.2007 als Anhörung des Betriebsrats angesehen hat. Auch wenn der Beklagte ausführte, die Betriebsratsvorsitzende könne gerne zu diesem Schreiben und der Frage der Berechtigung der Kündigungen Stellung nehmen, folgt daraus nicht die Einleitung eines erneuten Betriebsratsanhörungsverfahrens. Denn zu diesem Zeitpunkt waren die meisten Kündigungen bereits ausgesprochen worden. Der Betriebsrat in D-Stadt konnte dem Schreiben nicht entnehmen, dass überhaupt noch der Ausspruch weiterer Kündigungen beabsichtigt war. Er hatte deshalb keinen Anlass, sein Mitbestimmungsrecht wahrzunehmen.

Dahinstehen bleiben konnte, ob mit dem Schreiben vom 11.04.2007 das Anhörungsverfahren zu einer beabsichtigten Kündigung des Klägers ordnungsgemäß eingeleitet worden ist, obwohl dem Schreiben weder objektiv noch aus Sicht des Betriebsrats zu entnehmen war, dass der Beklagte noch die Kündigung des Klägers beabsichtigte. Denn der Beklagte hat am gleichen Tag die vorliegend im Streit stehende Kündigung des Klägers verfasst. Diese Kündigung ist dem Kläger nach seinem unwidersprochen gebliebenen Vortrag in der mündlichen Verhandlung vom 05.06.2008 bereits am 12.04.2007 zugegangen. Die Stellungnahme des Betriebsrats ist demgegenüber erst am 16.04.2007 bei den Beklagten eingegangen. Die Kündigung erfolgte somit vor Zugang der Stellungnahme des Betriebsrats und vor Ablauf der 1-Wochenfrist des § 102 Abs. 2 BetrVG. Damit wird den Erfordernissen des § 102 BetrVG nicht Genüge getan.

Da die Kündigung bereits gemäß § 102 BetrVG unwirksam ist, musste nicht entschieden werden, ob der Umstand, dass die Bundesagentur für Arbeit eine Sperrfrist bis zum 22.04.2007 verhängt hat, ebenfalls zur Unwirksamkeit der Kündigung führt (vgl. hierzu LAG Berlin-Brandenburg vom 23.02.2007, 6 Sa 2152/06, BB 2007, 2296 - 2298).

Die Berufung der Beklagten war mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Gegen dieses Urteil ist deshalb ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 a ArbGG wird hingewiesen.