Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 15.09.2003, Az.: L 9 B 273/02 U
Nachträgliche Bewilligung von Prozesskostenhilfe während des Berufungsverfahrens ; Vorliegen der einkommensbezogenen Voraussetzungen ; Rechtfertigung der Bewilligung durch eine Antragstellung nach § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 15.09.2003
- Aktenzeichen
- L 9 B 273/02 U
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 21065
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0915.L9B273.02U.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Stade - AZ: S 7 U 183/01
Rechtsgrundlagen
- § 73a Abs. 1 S. 1 SGG
- § 214 S. 1 ZPO
- § 115 Abs. 3 ZPO
- § 109 Abs. 1 SGG
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die zulässige, insbesondere rechtzeitig eingelegte Beschwerde ist nicht begründet. Der Beschwerdeführer hat keinen Anspruch darauf, dass ihm für das Verfahren erster Instanz Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt C. gewährt wird. Allerdings steht der Bewilligung nicht grundsätzlich entgegen, dass das Verfahren erster Instanz bereits abgeschlossen und nunmehr beim erkennenden Senat eine Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stade anhängig ist (vgl. Meyer - Ladewig, SGG, 7. Aufl. 2002, § 73a Rdnr 11a). Prozesskostenhilfe kann dem Beschwerdeführer jedoch deshalb nicht gewährt werden, weil es an ihren materiellen Voraussetzungen mangelt.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 214 Satz 1 Zivilprozessordnung - ZPO - erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Ob es der Klage vor dem Sozialgericht an den hiernach notwendigen Erfolgsaussichten gefehlt hat, bedarf im vorliegenden Beschwerdeverfahren keiner Beantwortung. Der Senat sieht sich deshalb auch nicht mehr veranlasst, die Entscheidung im vorliegenden Beschwerdeverfahren, wie seinerzeit vom Beschwerdeführer angeregt, von seiner späteren Entscheidung im Berufungsverfahren abhängig zu machen (vgl. Beschwerdeschrift vom 8. Juli 2002). An den Voraussetzungen für die nachträgliche Gewährung von Prozesskostenhilfe fehlt es nämlich jedenfalls deshalb, weil der Beschwerdeführer die Kosten der Rechtsverfolgung erster Instanz aus seinem Einkommen in Raten hat aufbringen können:
Nachdem das Sozialgericht den ursprünglichen Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 9. September 2001 mit Beschluss vom 11. Oktober 2001 aus Gründen fehlender Erfolgsaussicht abgelehnt und der Beschwerdeführer hiergegen eine erste Beschwerde erhoben hat, hat ihn der seinerzeit zuständige 6. Senat des erkennenden Gerichts mit Verfügung seines Vorsitzenden vom 19. Februar 2002 bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass es auch an den einkommensbezogenen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe fehle, weil sich aus dem anzurechnenden Einkommen des Beschwerdeführers in Höhe von 2.313,00 DM unter Abzug der Wohnkosten von 755,00 DM sowie eines Versicherungsbeitrags von 20,00 DM ein anrechenbares Einkommen von 845,00 DM ergebe. Hiervon habe der Beschwerdeführer eine monatliche Rate von bis zu 310,00 DM für die Prozessführung einzusetzen, sodass Prozesskostenhilfe nach § 115 Abs. 3 ZPO nicht bewilligt werden könne, weil die voraussichtlichen Prozesskosten in Höhe einer anwaltlichen Mittelgebühr von 700,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer und Auslagenpauschale (§§ 25, 26 BRAGO) hinter dem vierfachen Betrag der zumutbaren Monatsrate (1.240,00 DM) eindeutig zurückblieben. Daraufhin hat der Beschwerdeführer seine Beschwerde mit Erklärung vom 15. März 2003 zurückgenommen.
Soweit er nunmehr mit Antrag vom 24. April 2002 und Erläuterung vom 7. Mai 2002 begehrt hat, seinem Prozesskostenhilfegesuch vom 7. September 2001 doch noch nachträglich stattzugeben, weil das Sozialgericht die Anhörung eines von ihm benannten Arztes nach § 109 Abs. 1 SGG gemäß Satz 2 der Vorschrift von der Entrichtung eines Kostenvorschusses in Höhe von 2.500,00 DM abhängig gemacht habe und ihm die Tragung der hierdurch um etwa das Vierfache erhöhten Prozesskosten nach seinen bekannten Einkommensverhältnissen auch nicht in Raten zuzumuten sei, und das Sozialgericht diesen erneuten Antrag mit Beschluss vom 5. Juni 2002 ebenfalls wegen fehlender Erfolgsaussichten abgelehnt hat, ergibt sich für die Entscheidung im jetzigen Beschwerdeverfahren keine veränderte Sachlage. Abgesehen davon, dass der Zweck einer im Klageverfahren erfolgten Antragstellung nach § 109 Abs. 1 SGG durch eine nachträgliche Bewilligung von Prozesskostenhilfe während des Berufungsverfahrens nicht mehr erreicht werden könnte, rechtfertigt eine Antragstellung nach § 109 Abs. 1 SGG die Bewilligung von Prozesskostenhilfe - unabhängig vom Stand des Verfahrens - generell deshalb nicht, weil letztere unter keinen Umständen zu einer Entlastung von den auferlegten Kosten der Begutachtung nach § 109 Abs. 1 SGG führt (vgl. hierzu ausdrücklich § 73a Abs. 3 SGG sowie die Kommentierung bei Meyer - Lade-wig, a.a.O., § 73a Rdnr. 3). Die Kosten einer Begutachtung nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG gehören nicht zu den Kosten der Rechtsverfolgung im Sinne von § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 214 Satz 1 ZPO.
Dieser Beschluss ist gem. § 177 SGG unanfechtbar.