Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 18.09.2003, Az.: L 6 U 220/00
Anspruch auf Anerkennung einer Gesundheitsstörung im Bereich der Lendenwirbelsäule als Folgen der Berufskrankheiten (BKen) der Nr. 2108 oder Nr. 2110 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO); Anspruch auf Verletztenrente ; Bandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS durch langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung; Gesundheitsstörung durch langjährige, vorwiegend vertikale Einwirkung von Ganzkörperschwingungen im Sitzen; Kummulative Berücklsichtigung der beruflichen Belastungen aus Hebe- und Tragetätigkeiten einerseits und Ganzkörperschwingungen andererseits
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 18.09.2003
- Aktenzeichen
- L 6 U 220/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 16023
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0918.L6U220.00.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Osnabrück - 06.04.2000 - AZ: S 8 U 185/99 WA
Rechtsgrundlagen
- § 551 Abs. 1 RVO
- § 581 RVO
- § 212 SGB VII
- § 9 Abs. 1 SGB VII
- § 551 Abs. 2 RVO
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule (LWS), die durch langjährige, vorwiegend vertikale Einwirkung von Ganzkörperschwingungen im Sitzen verursacht worden sind, sind als Berufskrankheit (BK) Nr. 2110 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung anerkannt.
- 2.
Die beruflichen Belastungen aus den Hebe- und Tragetätigkeiten einerseits und den Ganzkörperschwingungen andererseits können bei der Prüfung der arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht kumulativ berücksichtigt werden.
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 6. April 2000 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt, seine Gesundheitsstörungen im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) als Folgen der Berufskrankheiten (BKen) der Nr. 2108 oder Nr. 2110 (bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS durch langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung oder durch langjährige, vorwiegend vertikale Einwirkung von Ganzkörperschwingungen im Sitzen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können) der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) anzuerkennen und ihm Verletztenrente zu zahlen.
Der im September 1934 geborene Kläger war zunächst von April 1950 an im Textilgewerbe tätig. Ab Januar 1961 arbeitete er im Hochbau bei der Firma C., von Juli 1963 bis Januar 1967 war er Rohrleger im Tiefbau bei der Firma D., von Januar 1969 an war er als Rohrleger und Baggerfahrer bzw. Baumaschinenführer im Erd- und Tiefbau der Firma E. beschäftigt. Seit 15. Oktober 1990 war er durchgehend arbeitsunfähig erkrankt wegen rezidivierender Lumboischialgien und Bandscheibenprolapse in den Segmenten LWK 3/4, LWK 4/5 und LWK5/S1 (CT-Bericht vom 23. November 1990), seit 1. Juni 1991 bezieht er Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Im Mai 1992 beantragte er bei der Beklagten die Anerkennung seiner LWS-Beschwerden als BK. Die Beklagte zog den Bericht der Ärztin für Arbeitsmedizin Dr. F. vom 9. Juli 1992 und deren medizinische Unterlagen, das Vorerkrankungsverzeichnis der AOK, die Berichte des Dr. G. vom 17. Dezember 1992, des Dr. H. vom 5. Januar 1993, des Arztes I. vom 31. Dezember 1992, das Gutachten des MDKN vom 29. Januar 1991 sowie die Unterlagen der Landesversicherungsanstalt (LVA) Hannover, insbesondere das Gutachten des Dr. J. vom 13. Februar 1992 bei. Dr. J. beschrieb anhand der Röntgenaufnahmen vom Februar 1992 verschmälerte Zwischenwirbelräume in den Segmenten LWK 3/4, LWK 4/5 und LWK5/S1 mit kräftigen ventralen Spondylophyten und diagnostizierte im Übrigen in den LWK 3/4 und LWK 4/5 eine Retrolisthese mit osteochondrotischen Veränderungen. Auch die Zwischenwirbelräume der HWS - C 4 bis 7 - waren verschmälert. Anschließend holte die Beklagte das Gutachten des Orthopäden K. vom 15. Juli 1993 ein. Dieser teilte mit, der Kläger leide an einem anlagebedingt engen Spinalkanal im Bereich der LWS, sowie weiterhin an einer mehrtägigen Instabilität im unteren Abschnitt mit arthrotischen Ausziehungen und Veränderungen der zugehörigen Wirbelgelenke. Er bejahte prinzipiell das Vorliegen der BK Nr. 2110, wenn sich die berufliche Exposition als ausreichend erweise. Der Technische Aufsichtsbeamte (TAB) Dipl.-Ing. L. verwies auf die Dokumentationen zum Belastungsumfang des Bauhelfers/Bauwerkers im Hochbau (Stand Dezember 1993) und Tiefbau (Stand Dezember 1993) und verneinte für die BK Nr. 2110 die arbeitstechnischen Voraussetzungen. Unter Zugrundelegung der Angaben des Klägers, von Januar 1969 bis April 1992 zu 60 % seiner Arbeitszeit Baumaschinen geführt zu haben, errechneten sich Beurteilungsschwingstärken unterhalb des Grenzwertes Kr ) 16,2. Hinsichtlich der BK Nr. 2108 habe der Kläger 15 bis 20 % seiner Arbeitszeit Lasten über 25 kg gehoben und getragen und 5 % seiner Arbeitszeit in extremer Rumpfbeugehaltung gearbeitet. (Stellungnahmen vom 16. März 1994, 16. August 1995 und 26. Oktober 1995). Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 6. Februar 1996 die Anerkennung der BKen Nr. 2108 bzw. 2110 ab. Der Kläger erfülle weder die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK Nr. 2108, da er nicht zu mindestens 1/3 seiner Arbeitszeit wirbelsäulenbelastend tätig geworden sei, noch die der BK Nr. 2110.
Im Widerspruchsverfahren trug der Kläger vor, schwere Hydranten, Gullydeckel und Gußteile mit einem Gewicht von 40 bis 80 kg gehoben und getragen zu haben. Die Beklagte holte daraufhin eine weitere Stellungnahme des TAB vom 27. August 1996 ein und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 1997 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 25. März 1997 Klage erhoben. Die Beklagte hat unter Berücksichtigung der detaillierten Angaben des Klägers zu den von ihm gefahrenen Baufahrzeugen (Typ MF 50 B, M + F 50 R sowie ein Bagger Liebherr Typ 901) eine Stellungnahme des TAB vom 24. Juni 1997 vorgelegt, der eine bewertete Schwingstärke Keq zwischen 4 bis 15 und damit eine Beurteilungsschwingstärke Kr unter 12 errechnete. Das Sozialgericht (SG) Osnabrück hat ein Gutachten des Orthopäden Dr. M. vom 23. Februar 1998 eingeholt. Anschließend hat das SG Osnabrück mit Urteil vom 6. April 2000 die Klage abgewiesen. Dem Kläger sei nicht der Nachweis gelungen, dass er in ausreichendem Maße schwere Lasten gehoben und getragen habe. Die Ermittlungen des TAB hätten lediglich einen Anteil der i.S.d. der BK Nr. 2108 belastenden Arbeiten von 20 bis 25 % täglich ergeben. Hinsichtlich der BK Nr. 2110 lasse sich lediglich eine Beurteilungsschwingstärke von Kr 7,3 feststellen. Damit sei der Grenzwert von Kr ) 16,2 bzw. ) 12,5 (für stoßhaltige Schwingungen) nicht erreicht. Es sei auch nicht gerechtfertigt, die für die einzelnen BKen zu berücksichtigenden Tätigkeiten zusammenzurechnen. Dies käme nur dann in Betracht, wenn festzustellen sei, dass der Kläger die tatbestandlichen arbeitstechnischen Voraussetzungen der einen oder der anderen BK erfüllt. Da dies hier nicht der Fall sei, käme eine Addition beider Belastungen nicht in Betracht.
Gegen dieses ihm am 18. Mai 2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 31. Mai 2000 Berufung eingelegt. Er trägt vor, dass die bisherigen Grenzwerte für die BK Nr. 2110 überholt seien und deshalb das Merkblatt überarbeitet werde.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,
- 1.
das Urteil des SG Osnabrück vom 6. April 2000 und den Bescheid der Beklagten vom 6. Februar 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 1997 aufzuheben,
- 2.
festzustellen, dass seine Gesundheitsstörungen im Bereich der Lendenwirbelsäule Folgen der Berufskrankheit der Nr. 2108 oder Nr. 2110 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung sind,
- 3.
die Beklagte zu verurteilen, ihm Verletztenrente in Höhe von 20 v.H. der Vollrente zu zahlen.
Der Vertreter der Beklagten beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Osnabrück vom 6. April 2000 zurückzuweisen.
Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass gegenwärtig diskutiert werde, den Schwellenwert der Tagesdosis auf Kr 12,5 herabzusetzen. Abgesehen davon, dass diese Diskussionen noch nicht abgeschlossen seien, erreiche der Kläger aber auch diesen Wert nicht. Im Übrigen sei nach dem Gutachten des Dr. M. davon auszugehen, dass der Kläger auch im Bereich der BWS und HWS an deutlich umformenden Veränderungen leide, was gegen den Kausalzusammenhang zwischen seiner LWS-Beschwerden und der beruflichen Exposition spreche.
Der Senat hat eine Auskunft des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung vom 13. Juli 2001 eingeholt. Die Beklagte hat eine weitere Stellungnahme ihres TAB vom 18. März 2002 vor-gelegt, die der Kläger für zutreffend erachtet.
Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die statthafte Berufung ist zulässig. Sie ist aber unbegründet. Das SG Osnabrück hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Entscheidung der Beklagten ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung, dass seine Gesundheitsstörungen im Bereich der LWS Folgen der BKen Nrn. 2108 und 2110 der Anlage zur BKV sind. Aus diesem Grunde hat er auch keinen Anspruch auf Verletztenrente nach den auf diesen Sachverhalt noch anwendbaren §§ 551, 581 Reichsversicherungsordnung (RVO, vgl. Art. 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, § 212 SGB VII).
Mit der Zweiten Verordnung zur Änderung der BKV vom 18. Dezember 1992 (BGBl.... I S. 2343) hat die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates bandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS durch langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung als BK Nr. 2108 und die durch langjährige, vorwiegend vertikale Einwirkung von Ganzkörperschwingungen im Sitzen als BK Nr. 2110 bezeichnet. Gesetzliche Voraussetzung für die Aufnahme in die Liste der BKen ist, dass bestimmte Personengruppen "nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft" durch ihre versicherte Tätigkeit - hier: durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Vertikalschwingungen - in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung einem bestimmten Erkrankungsrisiko - hier: dem Risiko bandscheibenbedingter Erkrankungen der LWS - ausgesetzt sind (vgl. § 9 Abs. 1 SGB VII).
1.
Der Kläger erfüllt nicht die beruflichen Anforderungen der BK Nr. 2110, d.h. er war nicht beruflich langjähriger, vorwiegend vertikaler Einwirkung von Ganzkörperschwingungen im Sitzen in gesundheitsgefährdendem Ausmaß ausgesetzt. Voraussetzung der BK Nr. 2110 ist, dass Versicherte beruflich langjähriger, vorwiegend vertikaler Einwirkung von Ganzkörperschwingungen im Sitzen ausgesetzt gewesen sind. Eine arbeitstechnische Konkretisierung dieser Exposition ergibt sich aus den Materialien (BR-Drs. 773/92 zu Art. 1 Nr. 4b, S 9 ff) und insbesondere aus dem vom BMA herausgegebenen Merkblatt (BABl 3/1993, 55 ff) zu dieser BK (BSGE 84, 30, 39). Die Merkblätter sind zwar rechtlich unverbindlich, stellen aber eine wichtige, wenn auch nicht unbedingt ausreichende Informationsquelle für die Praxis dar (BSG SozR 3-2200 § 551 Nr. 16, S. 86 = Breithaupt 2001, 791, 795). Das BSG (ebd.) hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass die Merkblätter dann nicht ohne Hinzunahme ärztlicher Sachkunde herangezogen werden können, wenn die medizinischen Erkenntnisse darin nicht ausdrücklich genannt, unklar formuliert oder wenn sie erkennbar nicht auf dem aktuellen Stand sind. Unter Beachtung dieser Einschränkungen sind die Ausführungen im Merkblatt eine "authentische" Interpretationshilfe, weil sie ebenso wie die Gesetzesmaterialien die Regelungsabsicht der Verordnungsgeberin erkennen lassen und - zumal bei allgemein gefassten BKen (z.B. der BK Nr. 1302: "Erkrankungen" durch Halogenkohlenwasserstoffe) - ohne die Merkblätter der Regelungsbereich einer BK oft nicht erschlossen werden kann (LSG Niedersachsen Breithaupt 2002, 111, 113). Ein solches Verständnis der Merkblätter trägt auch der Bedeutung des Ärztlichen Sachverständigenbeirats - Sektion "Berufskrankheiten" - beim BMA Rechnung, dessen Aufgabe die medizinisch-wissenschaftliche Beratung der Verordnungsgeberin ist (BSGE 84, 30, 36).
Nach dem im Merkblatt zu der BK Nr. 2110 (a.a.O. 57) referierten medizinisch-wissenschaftlichen Kenntnisstand hängt die gesundheitliche Gefährdung von der gesamten beruflichen Schwingungsbelastung ab. Diese setzt sich aus der Gesamtzahl der Expositionstage mit Beurteilungsschwingstärken von wenigstens Kr 16,2 nach VDI 2057 (Tagesdosis) zusammen. Sofern Belastungen durch stoßhaltige Schwingungen oder solche mit ungünstiger Körperhaltung (verdrehte, stark gebeugte oder seitgeneigte Rumpfhaltung) vorliegen, die zu erhöhter Gefährdung führen, sind auch Expositionstage mit Beurteilungsschwingstärken von wenigstens Kr 12,5 zu berücksichtigen. Die so ermittelten "Tages-Dosiswerte" sind zu einem "Gesamt-Dosiswert" zu addieren. Als "Orientierungswert" wird in der medizinisch-wissenschaftlichen Literatur eine Dosis von Dv = 580 x 10³ genannt, ab der die Erfüllung der beruflichen Voraussetzungen der BK Nr. 2110 angenommen wird (Dupuis, a.a.O., S. 20; Dupuis/Hartung, Arbeitstechnische Voraussetzung der Berufskrankheit Nr. 2110, Die BG 1994, 346, 347 f). Dieses "Dosisverfahren" hat sich nach arbeitsmedizinischer Einschätzung bewährt (Hofmann u.a., ZBl Arbeitsmed. 2002, 78, 99 li Sp). Zwar wird in einer Studie von SCHWARZE u.a. (1999 vgl. Urteil des Senats vom 21. November 2002 in L 6 U 196/00) diskutiert, auch Expositionstage mit einer Tagesdosis von weniger als 16,2 in die Berechnung des "Gesamt-Dosiswerts" einzustellen. Auch der Sachverständigenbeirat befasst sich mit dieser Fragestellung und prüft eine Überarbeitung des Merkblatts (Becker, SGb 2000, 116, 118 re Sp; Auskunft des BMA vom 13. Juli 2001). Eine Neufassung liegt jedoch noch nicht vor. Jedenfalls bei umstrittenen medizinisch-wissenschaftlichen Grundlagen einer BK haben Unfallversicherungsträger und Gerichte das Ergebnis der Prüfung des Sachverständigenbeirats abzuwarten, ob entgegen einer früheren Annahme eine Gefährdung schon ab einer niedrigeren Schwelle besteht. Bis dahin ist von den im Merkblatt genannten Werten auszugehen. Denn es geht um die Frage, ob - abweichend von der früheren Einschätzung der Verordnungsgeberin - die "generelle Geeignetheit" von Ganzkörperschwingungen für die Verursachung bandscheibenbe-dingter Erkrankungen der LWS auch unterhalb einer Tagesdosis von 16,2 nach VDI 2057 medizinisch-wissenschaftlich gesichert ist. Insoweit entspricht die Problemstellung der Prüfung der "generellen Geeignetheit" bei der Erweiterung der BK-Liste durch die Verordnungsgeberin, die eine Entschädigung durch Un-fallversicherungsträger und Gerichte nach § 551 Abs. 2 RVO (§ 9 Abs. 2 SGB VII) "sperrt" (BSG, Urteil vom 31. Januar 1984 - 2 RU 67/82, S 10 f; vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. November 2000 - L 10 U 4773/98). Deshalb geht der erkennende Senat (noch) von den im Merkblatt genannten Beurteilungsschwingstärken aus, zumal der Kläger auch die diskutierte und unter Umständen herabzusetzende unterste Grenze des "Tages-Dosisrichtwertes" von 12,5 nicht erreicht.
Der Kläger erfüllt die im Merkblatt genannten Werte nicht. Denn er war in der Zeit seiner Tätigkeit als Baumaschinenführer seit 1969 während 60 % seiner Arbeitszeit Schwingungsstärken ausgesetzt, die unter dem Wert der Beurteilungsschwingstärken von Kr 16,2 bzw. 12,5 (für stoßhaltige Schwingungen) lagen. Die Fahrzeuge erreichten eine bewertete Schwingstärke von Keq 4 bis maximal 15 und damit hinsichtlich eines achtstündigen Arbeitseinsatzes auf diesen Fahrzeugen eine Beurteilungsschwingstärke von unter Kr 16,2. Bei Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger nicht ganztägig, sondern 60 % seiner Arbeitszeit die Maschinen gefahren hat, errechnen sich letztendlich Beurteilungsschwingstärken von unter Kr 12,5 (Stellungnahme des TAB L. vom 26. Juni 1997), sodass der Kläger auch den in der Diskussion befindlichen niedrigeren Wert von 12,5 nicht erreicht.
2.
Weiterhin erfüllt der Kläger - ausweislich der von ihm als zutreffend erachteten Berechnung des Dipl.-Ing. Ebermann vom 18. März 2002 (Schriftsatz vom 25. Juni 2003) - auch nicht die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK Nr. 2108. Diese sind nach dem vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung auch zu dieser BK herausgegebenen Merkblatt wie auch nach dem hieran anknüpfenden Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) nur bei Vorliegen bestimmter Kriterien erfüllt. Das MDD ist ein im Wesentlichen von der Verwaltung unter Heranziehung von Arbeitsmedizinern entwickeltes Modell zur Konkretisierung der arbeitstechnischen Voraussetzungen dieser BK Nr. 2108, insbesondere der unbestimmten Rechtsbegriffe "langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten" (vgl. dazu Jäger, Luttmann, Bolm-Audorff, Schäfer, Hartung, Kuhn, Paul, Francks in ASUMed 1999 S. 101 ff, 112 ff und 143 ff; vgl. hierzu auch BSG Urteil vom 18. März 2003, - B 2 U 13/02 R -). Danach kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger in einem nach dem o.g. Merkblatt erforderlichen Zeitraum von wenigstens zehn Berufsjahren mit einer gewissen Regelmäßigkeit und Häufigkeit in der überwiegenden Anzahl der Arbeitsschichten schwer hob oder trug. Auch den nach dem MDD maßgebenden Richtwert von 25 MNh erreicht der Kläger bei einem Wert von insgesamt ungefähr 2 MNh bei weitem nicht. Dieses ist vor dem Hintergrund, dass der Kläger seit 1969 zu 60 % seiner Arbeitszeit Baumaschinen gefahren und damit lediglich in der nicht überwiegenden Arbeitszeit andere Arbeiten verrichtet hat, wozu auch das Heben und Tragen von Lasten zählte, plausibel.
3.
Entgegen der Einschätzung des Dr. M. können die beruflichen Belastungen aus den Hebe- und Tragetätigkeiten einerseits und den Ganzkörperschwingungen aus den Fahrtätigkeiten andererseits bei der Prüfung der arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht kumulativ berücksichtigt werden. Eine Berücksichtigung beider Belastungen wird rechnerisch zwar durch das MDD ermöglicht, wobei die direkte Addition der unterschiedlich berechneten Dosiswerte nicht in Betracht kommt. In die Berechnung einbezogen werden aber nur die Teiltätigkeiten, in denen der Versicherte Druckkräften von mindestens 3,2 x 10 ³ Nh (für die BK Nr. 2108) ausgesetzt war oder eine bewertete Schwingstärke von mindestens Keq ) 16,2 (BK Nr. 2110) vorlag (Schäfer und Hartung, ASUMed 1999, S. 143 (145)). Da schon die vom Kläger gefahrenen Baumaschinen diese bewertete Schwingstärke - wie bereits ausgeführt - nicht erreichten, kommt eine kumulative Berücksichtigung beider Belastungsarten nicht in Betracht.
Angesichts dessen konnte dahingestellt bleiben, ob der Kläger die medizinischen Voraussetzungen beider BKen erfüllt. Zweifel hieran bestehen angesichts der beim Kläger anlagebedingt bestehenden Faktoren - enger Spinalkanal der LWS und die Retrolisthese bei L 3/4 und L 4/5 (Gutachten Dr. N.) - die die Entstehung des Beschwerdebildes hinreichend erklären und gegen den Kausalzusammenhang zwischen der bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS und der beruflichen Exposition sprechen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Es liegt kein Grund vor, die Revision zuzulassen ( § 160 Abs. 2 SGG).