Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 28.05.2003, Az.: L 11 KA 18/00
Anspruch auf Neuberechnung eines Arzthonorars und Neubemessung des Praxisbudgets; Fallzahlabhängige Budgetierung ärztlicher Leistungen; Anspruch auf Unterscheidung nach dem Schwerpunkt der Behandlungstätigkeit ; Gerichtliche Überprüfung des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) auf Willkür bei der Festsetzung des Kostensatzes; Zulässigkeit der Korrektur der rückwirkenden Budgetierung
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 28.05.2003
- Aktenzeichen
- L 11 KA 18/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 20028
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0528.L11KA18.00.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Bremen - AZ: S 1 KA 168/98
Rechtsgrundlagen
- § 12 Abs. 3 S. 2 SGG
- § 87 Abs. 2 SGB V
- Art. 12 Abs. 1 GG
- Art. 3 Abs. 1 GG
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Die erfolgte Unterscheidung der Ärzte allein nach den Fachgebietsbezeichnungen erscheint sachgerecht, weil sie den Rechtsanwendern die Ermittlung der jeweiligen Praxisbudgets erleichtert und auch für die betroffenen Ärzte leicht nachvollziehbar ist. Eine Anknüpfung zusätzlich am konkreten Behandlungsverhalten des der Budgetierung unterliegenden Arztes hätte aller Voraussicht nach nicht unerhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten zur Folge.
- 2.
Die Überprüfung des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) erstreckt sich in verfahrensrechtlicher Hinsicht darauf, ob der Bewertungsausschuss bei der Festlegung der Kostensätze für alle Arztgruppen nach denselben Maßstäben verfahren ist, und inhaltlich darauf, ob seine Festsetzung frei von Willkür ist, d. h. ob er sich in sachgerechter Weise an Berechnungen des bundesdurchschnittlichen arztgruppenbezogenen Kostensatzes des Jahres 1994 orientiert hat.
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 5. April 2000 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat der Beklagten auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen einer Klage auf Neuberechnung des Honorars für die Quartale IV/97 und I/98 um die Bemessung des Praxisbudgets für die Klägerin.
Die Klägerin ist als Ärztin für Psychiatrie - Psychotherapie - niedergelassen und nimmt als solche an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten teil.
Mit Honorarbescheid vom 27. April 1998 setzte die Beklagte das vertragsärztliche Honorar der Klägerin für das Quartal IV/97 fest. Gemäß Anlage 2 zur Honorarabrechnung wurden ihr im Rahmen des Praxisbudgets Leistungen in einem Umfang von 558.707,7 Punkten bei einer Anforderung von 595.280,0 Punkten vergütet. Weiterhin teilte die Beklagte der Klägerin mit, die "fallzahlbedingte Budgetveränderungsrate gemäß einheitlichem Bewertungsmaßstab (EBM)" betrage 95,38 %.
Hiergegen legte die Klägerin am 18. Mai 1998 Widerspruch ein.
Mit weiterem Bescheid vom 23. Juli 1998 für das Quartal I/98 vergütete die Beklagte der Klägerin für innerhalb des Praxisbudgets erbrachte Leistungen insgesamt 604.095,4 Punkte (Anforderung 627.550,0 Punkte). Die "fallzahlbedingte Budgetveränderungsrate gemäß EBM" gab sie mit 94,03 % an.
Hiergegen legte die Klägerin am 24. August 1998 ebenfalls Widerspruch ein. Zur Begründung ihrer Widersprüche führte sie aus, ihre Fallzahl habe in den letzten vier Jahren fast konstant zwischen 400 und 450 gelegen. Die Durchschnittsfallzahl ihrer Arztgruppe, der Psychiater, von 248 sei insbesondere durch die vielen fast ausschließlich oder vorwiegend psychotherapeutischen Kollegen bedingt. Dies bedeute im Klartext, dass sie für die schwerpunktmäßige Ausrichtung ihrer Praxis auf psychiatrische anstatt auf psycho-therapeutische Patienten bestraft werde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 1998 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach den Allgemeinen Bestimmungen A 1. Teil B Nr. 2 EBM seien für die Berechnung der Fallpunktzahlen für die Praxisbudgets Fallzahlbereiche zu bilden. Die Grundlagen der Berechnung gebe der EBM vor. Dieser sei auf der Grundlage von § 87 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und den Spitzenverbänden der Krankenkassen im Bewertungsausschuss nach § 87 Abs. 3 SGB V als Abrechnungsgrundlage vereinbart worden. Sie - die Beklagte - sei nach ihrer Satzung an diese Bundesregelung gebunden.
Mit ihrer am 21. November 1998 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, sowohl der EBM als auch der Honorarverteilungsmaßstab der Beklagten (HVM) litten an erheblichen rechtlichen Mängeln, die zu einer Rechtswidrigkeit der Abrechnungsbescheide führten. Die auf der Grundlage des EBM berechneten Sollumsätze gingen von einem prozentualen Kostenanteil an den Umsätzen der einzelnen Arztgruppen aus. Es habe sich jedoch gezeigt, dass diese Kostensätze falsch seien. In einem auf Druck der Berufsverbände von der KBV eingeholten Gutachten der Firma KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft (KPMG) seien Kostensätze ermittelt worden, die von denen im EBM zu Grunde gelegten Zahlen erheblich abwichen. Bedenken ergäben sich weiterhin daraus, dass die prozentualen Umsatzanteile des Jahres 1994 zu Grunde gelegt worden seien, obwohl sich in den Jahren 1995 und 1996 die Umsätze der einzelnen Fachgruppen verändert hätten. Da ein höherer Umsatz nicht zwingend auch höhere Kosten mit sich bringen müsse, profitierten von dieser Regelung diejenigen Fachgruppen, die ihren Umsatz in den Jahren 1995 und 1996 gegenüber 1994 hätten erhöhen können. Gleichzeitig seien die Fachgruppen schlechter gestellt, deren Umsatz zurückgegangen sei. Auch das mit dem EBM verfolgte Ziel, allen Fachgruppen bei durchschnittlichem Verhalten des einzelnen Arztes den gleichen Gewinn vor Steuern zukommen zu lassen, sei rechtswidrig, weil hierdurch eine willkürliche Ungleichbehandlung der einzelnen Fachgruppen zueinander verursacht werde. Die unterschiedlichen Weiterbildungsgänge der einzelnen Fachgruppen und auch die Differenzierung innerhalb dieser blieben vollständig außer Betracht. Auch der HVM sei rechtswidrig. Gemäß dessen §§ 8 Abs. 1, 10 würden die Fachgruppentöpfe auf Grundlage der Honorarbescheide für die Quartale I und II/96 gebildet. Diese seien später vom Bundessozialgericht (BSG) wegen der rückwirkenden Budgetierung der Gesprächsleistungen als rechtswidrig aufgehoben worden. Demgemäß ergäben diese kein realistisches Bild über das tatsächliche Abrechnungsverhalten in den betreffenden Quartalen. Hinzu komme, dass der so ermittelte Verteilerschlüssel auf die Arztzahl per Stichtag 30. Juni 1996 angepasst worden sei, obwohl die Abrechnung die Quartale ab III/97 betreffe. Dementsprechend sei die Fachgruppe, die einen Arztzahlzuwachs zu verzeichnen habe, gegenüber einer rückläufigen Fachgruppe benachteiligt.
Demgegenüber hat die Beklagte vorgetragen, die Bedenken gegen die dem EBM zu Grunde gelegten Kostensätze seien unbegründet. Die KBV habe alle verfügbaren Datenquellen zur Ermittlung der arztgruppenspezifischen durchschnittlichen Praxiskosten herangezogen und daraus einen durchschnittlichen Kostenanteil je Arztgruppe ermittelt. Hiergegen seinerzeit von den Berufsverbänden erhobene Bedenken hätten im Wesentlichen ausgeräumt werden können. Im Übrigen weise die KBV darauf hin, dass diese Kostenanteile in regelmäßigen Zeitabständen überprüft und ggf. korrigiert würden. Soweit sich die Klägerin gegen die Berechnung des Betriebskostensatzes auf der Basis des Jahres 1994 wende, sei zu berücksichtigen, dass zu diesem Zeitpunkt noch ein Konsens zwischen den beteiligten Arztgruppen über die Höhe der Vergütungen bestanden habe, da dieses Jahr noch vor den nachfolgenden EBM-Reformen und deren Auswirkungen gelegen habe. Nicht zutreffend sei, dass der EBM das Ziel verfolgt habe, allen Fachgruppen bei durchschnittlichem Verhalten des einzelnen Arztes den gleichen Gewinn vor Steuern zukommen zu lassen. Eine Gleichbehandlung der vertragsärztlichen Tätigkeit sei gerade durch regionale und arztindividuelle bzw. leistungsbezogene Besonderheiten vermieden worden. Insbesondere trage z.B. die Fallzahl der Praxis zu unterschiedlichen Honorarumsätzen bei. Außerdem erhielten die einzelnen Ärzte der Fachgruppen anknüpfend an ihre Praxisbesonderheiten unterschiedliche qualifikations- oder bedarfs-abhängige Zusatzbudgets. Ebenso sei ihr HVM nicht zu beanstanden. Für dessen Gestaltung stehe ihr ein weites Ermessen zu, das seine Grenzen nur im Rechtsmissbrauch finde. Ein solcher sei hier nicht ersichtlich.
Mit Urteil vom 5. April 2000 hat das Sozialgericht (SG) Bremen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, der Bewertungsausschuss habe seinen Gestaltungsspielraum bei der Schaffung des EBM nicht überschritten. Die Klägerin gehöre als Ärztin für Psychiatrie zur Gruppe der budgetierten Ärzte. Die bei der Bemessung der Budgets zu berücksichtigenden Betriebskosten seien, soweit bekannt, unter Heranziehung aller vorhandenen Datenquellen und in Diskussion mit den Fachgruppenvertretern ermittelt worden. Weitere Änderungen und Ergänzungen seien möglich, sofern die allgemeine Sachlage dieses erfordere. Für die Annahme einer bewussten und rechtsmissbräuchlichen Benachteiligung der Klägerin gebe es keine Belege. Ob die jeweils ausgewogenste Regelung getroffen worden sei, entziehe sich angesichts des weiten Gestaltungsspielraums der Prüfungskompetenz des Gerichts. Eine Überprüfung des Leistungsspektrums der Klägerin anhand der Honorarbescheide ergebe, dass sie psychiatrische, aber auch psychotherapeutische Leistungen gemäß Abschnitt G IV EBM erbringe. Letztere Leistungen seien von der Anrechnung auf Praxisbudgets gemäß den Allgemeinen Bestimmungen A 1. Teil B Nr. 5 EBM von der Anrechnung auf Praxisbudgets ausgenommen. Von ihrem Leistungsspektrum her unterscheide sich die Klägerin nicht eklatant von ihrer Fachgruppe. Soweit sie ggf. mehr psychiatrische Leistungen erbringe als der Durchschnitt der Arztgruppe und daher konstant höhere Fallzahlen möglich seien, führe dies weder zu der Annahme, sie sei einer unzutreffenden Arztgruppe zugeordnet worden, noch ergebe sich daraus die Verpflichtung, für die psychotherapeutisch tätigen Ärzte eine weitere Gruppe mit eigenen Fallpunktzahlen zu schaffen. Hier handele es sich um die so genannte fallzahldifferenzierte Bewertung der Leistung im Rahmen des Praxisbudgets auf der Grundlage des EBM. Die von der Klägerin beanstandeten Kürzungen beruhten auf der im EBM vorgesehenen Bildung von drei Fallzahlbereichen bei der Berechnung der Fallpunktzahl für das Praxisbudget. Da sie die durchschnittliche Fallzahl ihrer Fachgruppe deutlich überschritten habe, sei bei der Ermittlung des Praxisbudgets im Quartal IV/97 bei 32 Fällen und im Quartal I/98 bei 71 Fällen die Fallpunktzahl um 20 v. H. abgesenkt worden. Hinzu kämen 245 Fälle, die einen Abschlag um 10 v. H. erhalten hätten, und nur 124 Fälle, die mit einem 10%igen Zuschlag versehen worden seien.
Gegen das ihr am 5. Juli 2000 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21. Juli 2000 Berufung eingelegt. Ergänzend zu ihrem erstinstanzlichen Vortrag macht sie geltend, eine weitere gravierende Benachteiligung ergebe sich für sie daraus, dass bei der Bildung der Fachgruppen nicht sachgerechte Differenzierungen vorgenommen worden seien. Der EBM enthalte die Regelung, dass 50 % der Durchschnittsfallzahl der Fachgruppe mit 110 % der Punktzahl des Praxisbudgets versehen würden und der weitere Bereich bis 50 % über dem Fachgruppendurchschnitt mit nur 90 % des Praxisbudgets bewertet würden. Sie betreue etwa doppelt so viele Patienten wie der Durchschnitt ihrer Kollegen, mit dem sie verglichen werde. Dies liege daran, dass sie größtenteils Patienten mit Erkrankungen des psychiatrischen Fachgebiets betreue und nicht so sehr die zeitaufwändigere Psychotherapie betreibe.
Die Klägerin beantragt,
- 1.
das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 5. April 2000 sowie die Abrechnungsbescheide der Beklagten vom 27. April 1998 und 23. Juli 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 1998 aufzuheben,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für die Quartale IV/97 und I/98 neue Abrechnungsbescheide unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Senats zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Dem Senat haben außer der Prozessakte die die Klägerin betreffenden Verwaltungsunterlagen der Beklagten vorgelegen. Alle Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Sachvortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozess- und Beiakten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Ärzte und Psychotherapeuten entschieden, denn die streitige Honorarverteilung betrifft allein die vertragsärztliche Selbstverwaltung und damit eine Angelegenheit der Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Psychotherapeuten (vgl. § 12 Abs. 3 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
Die gemäß §§ 143 f. SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Das Rechtsmittel ist indes nicht begründet. Die Honorarbescheide der Beklagten für die Quartale IV/97 vom 27. April 1998 und I/98 vom 23. Juli 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 21. Oktober 1998 sind nicht zu beanstanden.
Auf Grund der Beschlüsse des Bewertungsausschusses vom 19. November 1996 und 11. März 1997 sehen die Allgemeinen Bestimmungen A I. Teil B des EBM für die Zeit ab 1. Juli 1997 die Einführung von Praxis- und Zusatzbudgets vor (vgl. die Bekanntmachungen im Deutschen Ärzteblatt 1997, S. A-864 ff.). Grundlage hierfür ist § 87 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 2a Sätze 1, 2 und 8 SGB V. Danach unterliegen die im EBM enthaltenen ärztlichen Leistungen nach Maßgabe näherer Bestimmungen je Arztpraxis und Abrechnungsquartal u.a. für die Gruppe der Ärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, der die Klägerin angehört, einer fallzahlabhängigen Budgetierung (vgl. Allgemeine Bestimmungen A I. Teil B Nr. 1 i.V.m. Nr. 1.5 EBM). Im Einzelnen sind die Regelungen des EBM 1997 in der Weise ausgestaltet, dass für die betroffenen Arztgruppen drei verschiedene Leistungsbereiche vorgesehen sind. Es handelt sich dabei um das Praxisbudget ("grüner Bereich"), bestimmte arztgruppenspezifische Zusatzbudgets ("gelber Bereich") sowie einen auch zukünftig unbudgetiert bleibenden weiteren Leistungsbereich ("roter Bereich").
Auch im Fall der Klägerin ist die Festsetzung der Vergütung für die Quartale IV/97 und I/98 auf der Grundlage dieser Vorschriften erfolgt. Ausweislich der in den Bescheiden vom 27. April 1998 und 23. Juli 1998 enthaltenen Honorarabrechnungen betrifft die überwiegende Anzahl der anerkannten Punkte ärztliche Leistungen, die unter das Praxisbudget fallen. Im Quartal IV/97 hat die Klägerin darüber hinaus in geringem Umfang Leistungen aus dem bedarfsabhängigen Zusatzbudget "Betreuung in beschützenden Einrichtungen" (Allgemeine Bestimmungen A I. Teil B Nr. 4.2) erbracht. Ein weiterer Schwerpunkt der Leistungserbringung lag in beiden angefochtenen Quartalen im nichtbudgetierten Bereich Psychotherapie.
Gegen das vom Bewertungsausschuss mit der Änderung des EBM zum 1. Juli 1997 neu geschaffene System der Praxis- und Zusatzbudgets als solches bestehen keine grundsätzlichen rechtlichen Bedenken. Weder hat er hiermit den ihm vom Gesetzgeber in § 87 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 2a Sätze 1, 2 und 8 SGB V eingeräumten Regelungsspielraum überschritten, noch beinhalten die insoweit einschlägigen Vorschriften der Allgemeinen Bestimmungen A I. Teil B EBM einen rechtswidrigen Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) geschützte Berufsausübungsfreiheit. Das BSG hat sich zu dem System der Praxis- und Zusatzbudgets bereits mehrfach geäußert und es nach Prüfung anhand der vorgenannten höherrangigen Rechtsgrundlagen jeweils als rechtmäßig beurteilt (vgl. BSG SozR 3-2500 § 87 Nrn. 23, 30, 31 und 34). Dieser Rechtsprechung folgt auch der Senat (vgl. z.B. bereits Urteile vom 17.10.2001 - L 1 KA 19/99 - und vom 21.02.02 - L 1 KA 36/99 -). Er sieht demgemäß insoweit von eigenen Ausführungen ab und verweist stattdessen auf die Ausführungen in den vorstehend genannten Entscheidungen.
Des Weiteren ist die im Zuge der Ermittlung des Praxisbudgets erfolgte Einordnung der Klägerin in die Arztgruppe der "Psychiater, Ärzte für Psychiatrie und Psychotherapie" (vgl. Allgemeine Bestimmungen A I. Teil B Nr. 1.5 EBM) nicht zu beanstanden. Die Klägerin verfügt über die Gebietsbezeichnung "Ärztin für Psychiatrie" und führt den Zusatz "Psychotherapie". Damit gehört sie zweifellos der o. g. Arztgruppe an. Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt die in den Allgemeinen Bestimmungen A I. Teil B Nr. 1.5 EBM erfolgte Einteilung der der Budgetierung unterliegenden Arztgruppen nicht gegen den aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Gleichheitssatz. Art. 3 Abs. 1 GG, der bestimmt, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, beinhaltet für den Gesetzgeber die allgemeine Weisung, bei steter Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken, Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln (vgl. BVerf-GE 49, 283 m. w. N). Dem relativ knappen Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren ist zu entnehmen, dass sie in ihrer Einordnung in die Arztgruppe der "Psychiater, Ärzte für Psychiatrie und Psychotherapie" eine willkürliche Gleichbehandlung sieht. Indessen vermag der Senat ihrer mit Blick auf die in den Allgemeinen Bestimmungen A I. Teil B Nr. 2 geregelten Fallzahlbereiche vertretene Auffassung, sie könne mit ihren Berufskollegen nicht verglichen werden, weil sie - anders als diese - größtenteils psychiatrische Patienten betreue und nicht so sehr die zeitaufwändigere Psychotherapie durchführe, nicht folgen. Der Bewertungsausschuss als EBM-Geber war nicht gehalten, die der Budgetierung unterliegenden Arztgruppen außer nach den Gebietsbezeichnungen auch nach dem Schwerpunkt ihrer Behandlungstätigkeit zu unterscheiden. Im Hinblick darauf, dass Rechtsnormen wie die hier streitigen Regelungen des EBM für eine unbestimmte Zahl von Personen und Fällen gelten, war der Bewertungsausschuss befugt, typisierende Regelungen zu treffen. Die hier erfolgte Unterscheidung allein nach den Fachgebietsbezeichnungen erscheint sachgerecht, weil sie den Rechtsanwendern die Ermittlung der jeweiligen Praxisbudgets erleichtert und auch für die betroffenen Ärzte leicht nachvollziehbar ist. Eine Anknüpfung zusätzlich am konkreten Behandlungsverhalten des der Budgetierung unterliegenden Arztes hätte aller Voraussicht nach nicht unerhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten zur Folge.
Mit einer Typisierung sind allerdings zwangsläufig Benachteiligungen Einzelner verbunden. Diese sind verfassungsrechtlich jedoch nicht relevant, wenn die entstehenden Ungerechtigkeiten nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und nicht sehr groß sind. Das Gleiche gilt für unbeabsichtigte Nebenfolgen einer im Grundsatz mit Art. 3 GG vereinbaren Regelung (vgl. BVerfGE 26, 265, 276) [BVerfG 02.07.1969 - 1 BvR 669/64]. Hiervon ist auch im Falle der Klägerin auszugehen. Unabhängig von ihrem Vortrag zeigen die streitigen Honorarabrechnungsbescheide für die Quartale IV/97 und I/98, dass die Klägerin mit ihrem Behandlungsverhalten zu einer Minderheit innerhalb der Arztgruppe der Psychiater/Psychotherapeuten zählt. Dass die meisten Angehörigen dieser Arztgruppe erheblich weniger budgetrelevante Behandlungsfälle abrechnen, lässt sich an der relativ geringen durchschnittlichen Fallzahl von 248 gegenüber den deutlich höheren Fallzahlen der Klägerin (403 bzw. 442) ablesen. Ihr ist zuzugeben, dass die abweichende Schwerpunktsetzung ihrer Fachkollegen, die offenbar in deutlich größerem Umfang als sie die nichtbudgetierten psychotherapeutischen Leistungen erbringen, für sie zu Nachteilen bei der Berechnung der vertragsärztlichen Vergütung führen. Nach der Regelung der Nr. 2 der Allgemeinen Bestimmungen A I. Teil B EBM wird bei der Berechnung des Praxisbudgets die Fallpunktzahl für alle Fälle bis zu 50 % des regionalen Fallzahldurchschnitts des Jahres 1995 der Arztgruppe um 10 v. H. angehoben (Fallzahlbereich A), für alle Fälle von mehr als 50 % bis 150 % des genannten regionalen Fallzahldurchschnitts um 10 v. H. (Fallzahlbereich B) und darüber hinaus um 20 v. H. (Fallzahlbereich C) abgesenkt. Dies führt bei der deutlich höheren budgetrelevanten Fallzahl der Klägerin dazu, dass nur ein vergleichsweise geringer Anteil ihrer Behandlungsfälle mit einer erhöhten Fallpunktzahl berechnet wird und dementsprechend die Mehrzahl ihrer Behandlungsfälle insoweit eine Absenkung erfährt. Dieser Nachteil ist im Ergebnis indessen nicht so gravierend, als dass die Zuordnung der Klägerin zu der genannten Arztgruppe als willkürliche Gleichbehandlung anzusehen wäre. Denn ausweislich der bereits erwähnten Honorarabrechnungsbescheide belief sich die nach Anwendung der Nr. 2 der Allgemeinen Bestimmungen A I. Teil B EBM tatsächlich anerkannte Fallpunktzahl für die Praxis der Klägerin noch auf 95,38 % bzw. 94,03 % der zunächst zu Grunde gelegten regionalen Fallpunktzahl (vgl. Anlage 1 zum HVM der Beklagten). Damit hat die Klägerin im Ergebnis jedenfalls keinen schwer wiegenden Honorarverlust hinnehmen müssen.
Des Weiteren greifen die von der Klägerin gegen die Festsetzung des Kostensatzes erhobenen Einwendungen für die hier streitigen Quartale IV/97 und I/98 nicht durch. Bei den Bestimmungen des EBM handelt es sich um - den Partnern der gemeinsamen Selbstverwaltung zuzurechnende - Normsetzung durch Vertrag. Das gilt auch für die Festsetzung der bundesdurchschnittlichen Kostensätze 1994 für die jeweiligen Arztgruppen, wie sie gemäß der Tabelle in der Anlage 3 zu den Allgemeinen Bestimmungen A I. Teil B EBM vorgenommen worden ist. Wie jedem anderen Normsetzer steht auch dem Bewertungsausschuss bei der ihm überantworteten Rechtsetzung Gestaltungsfreiheit zu, die grundsätzlich auch von der Rechtsprechung zu respektieren ist und von dieser nur in Ausnahmefällen korrigiert werden darf. Die Überprüfung erstreckt sich in verfahrensrechtlicher Hinsicht darauf, ob der Bewertungsausschuss bei der Festlegung der Kostensätze für alle Arztgruppen nach denselben Maßstäben verfahren ist, und inhaltlich darauf, ob seine Festsetzung frei von Willkür ist, d. h. ob er sich in sachgerechter Weise an Berechnungen des bundesdurchschnittlichen arztgruppenbezogenen Kostensatzes des Jahres 1994 orientiert hat (vgl. BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 34, S. 191 ff. m.w.N.). Im vorliegenden Fall gibt es weder Anhaltspunkte für die Verletzung verfahrensrechtlicher Maßstäbe noch für eine rechtsmissbräuchliche Ausübung der Bewertungskompetenz seitens des genannten Gremiums. Soweit der Bewertungsausschuss Ergebnisse der von der KBV durchgeführten vorbereitenden Prüfung, in deren Rahmen diese sich auch mit von den Berufsverbänden der Ärzte vorgetragenen Bedenken auseinander gesetzt hat (vgl. dazu erneut Mitteilungen zur Einführung von Praxisbudgets zum 01.07.1997 in: Deutsches Ärzteblatt 94 (1997), S. A-861 f.), gebilligt und seiner Entscheidung über die Änderung des EBM zu Grunde gelegt hat, ist dies angesichts der genannten Prüfungsmaßstäbe nicht zu beanstanden. Soweit der Bewertungsausschuss bei der Ermittlung des durchschnittlichen Kostensatzes auf die Verhältnisse des Jahres 1994 zurückgegriffen hat, führt dies - jedenfalls hinsichtlich der hier streitigen Abrechnungszeiträume - ebenfalls nicht zur Rechtswidrigkeit des EBM. Die Heranziehung des genannten Kalenderjahres ist nicht zu beanstanden, da es von Verwerfungen durch Umstrukturierungen im ärztlichen Gebührenrecht noch frei war. Allerdings hat das BSG (vgl. SozR 3 a.a.O.) für die Fachgruppe der Hautärzte nunmehr vom Bewertungsausschuss eine Überprüfung der Kostensätze gefordert. Für die ggf. erforderliche Neufestsetzung hat es ihm eine Frist bis zum Beginn des Quartals III/03 eingeräumt. Erst von diesem Zeitpunkt an wird es demgemäß voraussichtlich die Regelung des EBMüber die Praxisbudgets und die auf sie gegründeten Honorarbescheide als rechtswidrig ansehen. Ob die o. g. BSG-Entscheidung auch für die Ärzte für Psychiatrie und Psychotherapie wie die Klägerin Bedeutung erlangt, ist vorliegend nicht zu prüfen, denn die hier streitigen Abrechnungszeiträume sind davon noch nicht betroffen.
Ebenso bestehen keine Bedenken gegen den für die Berechnung des Budgets zu Grunde gelegten Ausgangspunkt, dass im Durchschnitt dem Arzt jeder Arztgruppe nach Abzug der Kosten ein gleiches Honorar zukommen soll. Zu Recht hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass eine Gleichbehandlung der individuell unterschiedlichen vertragsärztlichen Tätigkeit durch regionale bzw. leistungsbezogene Besonderheiten vermieden wird. Insbesondere die abweichenden Fallzahlen, aber auch die Besonderheiten der jeweiligen Praxis, die zur Zuerkennung verschiedener qualifikations- und/oder bedarfsabhängiger Zusatzbudgets führen können, verhindern - selbst innerhalb einer Arztgruppe - die Entwicklung unterschiedsloser Honorarumsätze.
Eine Rechtswidrigkeit des HVM der Beklagten ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die Aufteilung der Gesamtvergütung auf der Basis der Honorarabrechnungen für das Quartal I und II/96 ohne Berücksichtigung der - bei Erlass des HVM noch nicht entschiedenen - Korrektur der rückwirkenden Budgetierung führt nicht zur Rechtswidrigkeit dieser Regelung. Diese ist vom BSG (vgl. SozR 3-2500 § 87 Nr. 18) damals lediglich aus formalen Gründen - wegen ihrer Rückwirkung - für rechtswidrig erachtet worden, gegen den Inhalt der Regelung selbst aber sind rechtliche Bedenken nicht erhoben worden. Vielmehr sind die damaligen Teilbudgets als sachgerechte - wenn auch letztlich nicht ausreichende - Regelung ab 1. Juli 1996 wirksam geworden. Die Abrechnungen ohne Korrektur der rückwirkenden Budgetierungen sind daher nicht als derart ungeeigneter Anknüpfungspunkt für die Berechnung des Honoraranteils anzusehen, dass die Regelung deshalb rechtswidrig wäre. Auch das BSG hat für die Entscheidungen des Bewertungsausschusses eine Anknüpfung an die Abrechnungsergebnisse der Quartale I und II/96 als sachlich vertretbar gebilligt (vgl. BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 30). Entsprechendes muss dann auch für den HVM der Beklagten gelten.
Nach alledem hat die Berufung der Klägerin keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Es hat kein Anlass bestanden, die Revision zuzulassen.