Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 15.05.2003, Az.: L 10 RI 343/00
Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit; Beschäftigung als Bandarbeiterin; Leiden an Rückenbeschwerden und Schulterbeschwerden; Möglichkeit der vollschichtigen Verrichtung körperlich leichter, zeitweilig auch mittelschwerer Arbeiten mit Einschränkungen; Verweisbarkeit auf alle (leidensgerechten) Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 15.05.2003
- Aktenzeichen
- L 10 RI 343/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 21054
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0515.L10RI343.00.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Braunschweig - 13.07.2000 - AZ: S 2 RI 483/98
Rechtsgrundlagen
- § 43 SGB VI a.F.
- § 44 SGB VI a.F.
Redaktioneller Leitsatz
Eine zuletzt in ungelernter Position tätige Arbeitsnehmerin ist auf alle leidensgerechten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es dabei nicht.
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 13. Juli 2000 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um den Anspruch der Klägerin auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die 1950 in I. geborene Klägerin erlernte nach der Schulausbildung keinen Beruf. In I. war sie bis Oktober 1981 u.a. als Botin, Personalsachbearbeiterin, Arbeiterin bzw. Bürogehilfin tätig. Im Februar 1982 übersiedelte sie in das Bundesgebiet, wo sie von August bis Dezember 1984 als Montagehelferin und von Januar 1986 bis Juni 1992 als Bandarbeiterin arbeitete. Seither ist sie - unterbrochen von kurzfristigen Tätigkeiten als Küchenhilfe (November 1992 bis Januar 1993) und als Produktionshelferin in einer Druckerei (März bis September 1995) - im Wesentlichen arbeitslos bzw. arbeitsunfähig erkrankt. Berufsfördernde Maßnahmen zur Rehabilitation, die im Anschluss an eine Bandscheibenoperation im Frühjahr 1996 bewilligt wurden, blieben erfolglos.
Im September 1997 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Rente und begründete dies vor allem mit ihren Rücken- und Schulterbeschwerden. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Begutachtung durch die Ärztin für Anästhesiologie J., K., die in ihrem am 7. Oktober 1997 erstatteten Gutachten zu der Beurteilung gelangte, dass die Klägerin noch über ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung verfüge. Mit Bescheid vom 13. November 1997 lehnte die Beklagte den Rentenantrag daraufhin ab. Auf den Widerspruch holte die Beklagte ein Gutachten der Orthopädin Dr. L., K., ein, die in ihrem am 27. April 1998 erstatteten Gutachten die Auffassung vertrat, dass der Klägerin nur noch körperlich leichte Frauenarbeiten in wechselnder Körperhaltung in halb- bis untervollschichtigem Umfang zumutbar seien. Hebe- und Tragebelastungen über 5 kg, Witterungseinflüsse sowie Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten seien nicht mehr zumutbar. Daraufhin bewilligte die Beklagte ein stationäres medizinisches Heilverfahren, das die Klägerin im Zeitraum vom 14. Juli bis 4. August 1998 in der M.-Klinik, N., absolvierte. Ausweislich des Entlassungsberichtes dieser Klinik vom 12. August 1998 wurde die Klägerin als arbeitsfähig und mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen sowohl für eine Tätigkeit als Buchbindehelferin als auch für andere, körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne besondere Belastungen für den Bewegungs- und Haltungsapparat entlassen. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. September 1998 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und stützte sich dazu auf die eingeholten Gutachten sowie den Entlassungsbericht der M.-Klinik. Die Klägerin sei noch in der Lage, vollschichtig körperlich leichte Arbeiten zu verrichten und müsse sich auf alle leidensgerechten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen.
Auf die hiergegen von der Klägerin beim Sozialgericht (SG) Braunschweig erhobene Klage hat das SG Befundberichte der Ärztin O. vom 15. März 1999 und des Orthopäden Dr. P. vom 16. März 1999 eingeholt. Sodann hat es Begutachtungen der Klägerin durch den Orthopäden Dr. Q., K., und den Neurologen und Psychiater Dr. R., K., veranlasst. Der Sachverständige Dr. Q. hat in seinem am 14. Juni 1999 erstatteten Gutachten ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung festgestellt, soweit diese Arbeiten ohne häufiges Bücken, Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel sowie ohne Kälte- bzw. Hitzeeinwirkungen oder -schwankungen verrichtet werden. Auch Arbeiten unter Zeitdruck sollten nicht mehr zugemutet werden. Der Sachverständige Dr. R. hat in seinem am 4. Mai 2000 erstatteten Gutachten ebenfalls ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung festgestellt, solange diese Tätigkeiten ohne Überkopfarbeiten sowie unter Schutz vor Witterungseinflüssen verrichtet werden. Mit Urteil vom 13. Juli 2000 hat das SG die Klage sodann als unbegründet abgewiesen. Nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen und den ergänzend eingeholten Sachverständigengutachten sei die Klägerin noch in der Lage, vollschichtig einer leichten bis gelegentlich mittelschweren Erwerbstätigkeit nachzugehen. Insbesondere für die von ihr subjektiv geklagten Schmerzen hätten keine entsprechenden objektiven Befunde festgestellt werden können. Als ungelernte Arbeiterin müsse sie sich zur Beurteilung ihrer Berufsunfähigkeit (BU) auf alle leidensgerechten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen. Aus den gleichen Gründen liege auch Erwerbsunfähigkeit (EU) nicht vor.
Gegen das ihr am 8. September 2000 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 6. Oktober 2000 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Ergänzend hat sie die Auffassung vertreten, dass das vom SG für die Beurteilung maßgeblich herangezogene Gutachten des Sachverständigen Dr. Q. zu falschen Ergebnissen führe. Insbesondere sei die Annahme einer psychogenen Überlagerung ihrer Beschwerden nicht zutreffend. Schmerzbedingt sei für sie eine Arbeitsaufnahme völlig ausgeschlossen. Die Beschwerden hätten sich sogar noch weiter verstärkt.
Die Klägerin beantragt,
- 1.
das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 13. Juli 2000 und den Bescheid der Beklagten vom 13. November 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 1998 aufzuheben,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise Rente wegen Berufsunfähigkeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 13. Juli 2000 zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung und die mit ihr überprüften Bescheide für zutreffend.
Der Senat hat im vorbereitenden Verfahren Befundberichte von Dr. P. vom 14. Februar 2001, von der Ärztin O. vom 24. Februar 2001 und von dem Arzt für Anästhesiologie Dr. S. vom 19. April 2002 eingeholt. Der Senat hat ferner Sachverständigengutachten von der Neurologin und Psychiaterin Dr. T., U., vom 13. August 2001 nebst ergänzenden Stellungnahmen vom 1. Oktober 2001 und 27. Januar 2003, von dem Orthopäden Dr. V., W., vom 27. Mai 2002 und von dem Neurologen und Psychiater Dr. X., W., vom 12. Juni 2002 nebst ergänzender Stellungnahme vom 20. November 2002 eingeholt. Wegen der Einzelheiten der ärztlichen Feststellungen sowie wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozessakte und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind und der Entscheidungsfindung des Senats zu Grunde gelegen haben.
Entscheidungsgründe
Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht auch nach Auffassung des Senats eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht zu. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten erweisen sich als rechtmäßig.
Das SG hat zutreffend die der Beurteilung eines Rentenanspruchs wegen BU zu Grunde zu legende Vorschrift des § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden und gemäß § 300 Abs. 2 SGB VI auf den Fall weiter anwendbaren Fassung (SGB VI a.F.) dargestellt und darauf hingewiesen, dass derjenige, der bereits nicht berufsunfähig ist, auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen EU im Sinne von § 44 SGB VI a.F. geltend machen kann. Zutreffend hat das SG sodann festgestellt, dass BU oder EU bei der Klägerin nicht vorliegen.
Bereits den beiden vom SG eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. Q. und Dr. R. ist auch zur Überzeugung des Senats schlüssig zu entnehmen, dass das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin nicht in einem rentenberechtigendem Ausmaß eingeschränkt ist. Dr. Q. hat bei seiner Untersuchung am 27. Mai 1999 im Wesentlichen die bereits vorbekannten Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) und der Lendenwirbelsäule (LWS) bei nur endgradig eingeschränkter Beweglichkeit feststellen können. Insbesondere die nicht von einer Mitwirkung abhängigen Messwerte für die Entfaltungsfähigkeit der verschiedenen Wirbelsäulensegmente zeigten sich dabei nur mäßiggradig eingeschränkt (Schober-Index 10/14, Ott-Index 30/32,5). Die seitliche Neigungsfähigkeit war in allen Segmenten allenfalls endgradig eingeschränkt. Auch im Bereich der oberen und unteren Extremitäten fanden sich keine funktional relevanten Einschränkungen. Allerdings äußerte die Klägerin nach Darstellung des Sachverständigen bei der Untersuchung wiederholt zum Teil weit überschießende Schmerzangaben, ohne dass sich hierfür adäquate körperliche Befunde finden ließen. Dr. R. fand bei seiner Untersuchung am 28. April 2000 in psychopathologischer Hinsicht allenfalls Anzeichen für eine leichte, reaktiv-depressive Verstimmung ohne Krankheitswert. In neurologischer Hinsicht konnten keine konkreten Nervenwurzelreizerscheinungen oder Ausfallerscheinungen festgestellt werden. Zwar zeigte sich das Nervenwurzelreizungszeichen nach Laségue beidseits ab ca. 40 Grad positiv, andererseits demonstrierte die Klägerin mit einem Finger-Boden-Abstand von 20 cm eine ausreichende Fähigkeit, sich auch im Bereich der LWS vorzubeugen. Vor dem Hintergrund dieser Begutachtungsergebnisse ist die Beurteilung der Sachverständigen und des SG überzeugend, dass der Klägerin körperliche Arbeiten mit besonderen Belastungen für das Stütz- und Bewegungssystem, wie Zwangshaltungen, häufiges Bücken, Heben, Tragen und Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel, Überkopfarbeiten sowie Witterungseinflüsse oder starke Temperaturschwankungen, nicht mehr zuzumuten sind. Gleichwohl ist die Klägerin in der Lage, einer körperlich leichten bis gelegentlich mittelschweren Erwerbstätigkeit in wechselnder Körperhaltung und ohne Zeitdruck in vollschichtigem Umfang nachzugehen. Anhaltspunkte für eine im rentenrechtlich erheblichen Umfang eingeschränkte Wegefähigkeit sind den vom SG eingeholten Gutachten nicht zu entnehmen.
Das Vorbringen der Klägerin und das Ergebnis der Beweisaufnahme im Berufungsverfahren führen nicht zu einem anderen Ergebnis. Der Senat stützt seine Beurteilung dabei insbesondere auf die ergänzend eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. V. vom 27. Mai 2002 und Dr. X. vom 12. Juni 2002 nebst ergänzender Stellungnahme vom 20. November 2002. Dr. V. fand bei seiner Untersuchung am 27. Mai 2002 vor allem erneut die bereits bekannte Verformung und Instabilität im Bereich der LWS. Nach zunächst von der Klägerin nur eingeschränkt demonstrierter Vorneigefähigkeit fand sich auf der Untersuchungsliege mit der Einnahme des Langsitzes eine nahezu uneingeschränkte Inklinationsfähigkeit der LWS sowie eine lediglich endgradige Bewegungseinschränkung bei der Seitneigung und Rotation. Nervenreizungszeichen nach Laségue bzw. Bragard zeigten sich hier ebenso wenig wie sonstige Sensibilitätsstörungen. Auch im Bereich der HWS fand sich ein altersentsprechender Befund ohne Funktionseinschränkungen oder relevante neurologische Ausfälle. Hier wie auch im Bereich der LWS zeigten sich lediglich vermehrte Muskelverspannungen. Der Untersuchungsbefund im Bereich der oberen und unteren Extremitäten war weit gehend unauffällig, insbesondere ohne relevante Funktionseinschränkungen oder wesentliche neurologische Ausfälle. Bei der neurologisch-psychiatrischen Untersuchung am 27. Mai 2002 durch den Sachverständigen Dr. X. fand sich ein in psychopathologischer Hinsicht normaler Befund bei lediglich etwas erhöhter Bereitschaft der Klägerin zum Weinen. Einschränkungen der Wahrnehmungs-, Denk-, Kontakt- und Schwingungsfähigkeit konnten nicht festgestellt werden. Der Antrieb der Klägerin wurde von Dr. X. als regelrecht festgestellt. Im neurologischen Befund fanden sich lediglich Anzeichen einer eingeschränkten Sensibilität im Bereich der rechten Fußaußenkante und ein beiderseitig nur schwach auslösbarer Achillessehnenreflex. Zusätzlich fanden sich Anhaltspunkte für ein beiderseitiges Carpaltunnelsyndrom. Nach übereinstimmender Beurteilung der Sachverständigen sind der Klägerin damit insgesamt nur noch leichte bis allenfalls gelegentlich mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung zumutbar, bei denen vermehrte Beanspruchungen des Stütz- und Bewegungsapparates, wie z.B. durch Zwangshaltungen, häufiges Bücken, Überkopfarbeiten, Heben und Tragen von Lasten über 10 kg sowie Hitze und Kälteeinwirkungen vermieden werden sollten. Auch besondere psychische Belastungen, wie sie mit Arbeiten unter Zeitdruck sowie in Nacht- oder Wechselschicht einhergehen können, sind nicht mehr zumutbar. Anhaltspunkte für eine im rentenrechtlich erheblichen Umfang eingeschränkte Wegefähigkeiten lassen sich beiden Gutachten nicht entnehmen.
Das Gutachten der im Berufungsverfahren vom Senat zunächst gehörten Sach-verständigen Dr. T. vom 13. August 2001 nebst der ergänzenden Stellungnahmen vom 1. Oktober 2001 und 27. Januar 2003 vermag den Senat demgegenüber in Diagnose und sozialmedizinischer Leistungsbeurteilung nicht von einem anderen Ergebnis zu überzeugen. Die Sachverständige hat ihre Beurteilung, dass das Leistungsvermögen der Klägerin auf körperlich leichte Arbeiten in unterhalbschichtigem Umfang eingeschränkt sei und dabei weitere, zum Teil erhebliche Einschränkungen zu berücksichtigen seien, maßgeblich auf die Annahme einer ausgeprägten Depression gestützt. Der von der Sachverständigen Dr. T. im Gutachten vom 13. August 2001 mitgeteilte psychopathologische Befund stützt diese Beurteilung nach Auffassung des Senats jedoch nicht. Zutreffend hat der Sach-verständige Dr. X. bereits im Gutachten vom 12. Juli 2002 darauf hingewiesen, dass die Befundmitteilung der Sachverständigen Dr. T. insoweit unvollständig ist und sich im Wesentlichen auf die subjektiven Angaben der Klägerin stützt. Eine psychopathologische Exploration der Kontakt-, Schwingungs- und Umstellungsfähigkeit sowie des Antriebes der Klägerin ist dem Gutachten von Dr. T. nicht zu entnehmen. Auch eine vergleichende Betrachtung der Beschwerdeschilderung der Klägerin mit dem von ihr im Übrigen geschilderten Alltags- und Freizeitverhalten ist nicht ersichtlich. Demgegenüber hat der Sachverständige Dr. X. in seinem Gutachten darauf hingewiesen, dass gerade auch die von der Klägerin geschilderte Gestaltung ihres Alltags und ihrer Freizeitaktivitäten (regelmäßige soziale Kontakte, lebhafter Austausch mit den Nachbarn einschließlich gemeinsamer Aktivitäten, Spaziergänge mit den Hunden) gegen die Annahme einer ausgeprägten depressiven Symptomatik sprechen. Die Diagnose einer ausgeprägten Depression und hieran geknüpfte Leistungsbeurteilung sind daher auch für den Senat nicht schlüssig und nachvollziehbar. Dies wird auch nicht durch die Ausführungen der Sachverständigen Dr. T. in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 27. Januar 2003 relativiert, dass die Klägerin zu einem früheren Zeitpunkt mit einem Antidepressivum (Amitriptyllin) behandelt wurde. Wie die Sachverständige damit selbst festgestellt hat, ist die Medikation zwischenzeitlich beendet worden, ohne dass von dem Sachverständigen Dr. X. nach Absetzung des Präparates Anhaltspunkte für eine Zuspitzung der psychischen Situation festgestellt werden konnten. Soweit die Sachverständige Dr. T. darüber hinaus auf eine mögliche euphorisierende Wirkung der bestehenden Opioid-Medikation (Oxygesic) hinweist, die zu einer Verfälschung des Eindrucks in der Untersuchungssituation bei Dr. X. geführt haben könnte, ist dies ebenfalls nicht überzeugend. Anhaltspunkte für diese hypothetische Möglichkeit sind aus der von Dr. X. geschilderten Untersuchungssituation ebenso wenig erkennbar, wie dafür, dass das Präparat offen-sichtlich auch zu einer Vertiefung depressiver Aspekte führen kann. Ausweislich Seite 11 des Gutachtens von Dr. X. ist die insoweit bestehende Medikation bei der dortigen Exploration bekannt gewesen. Darüber hinaus sind auch dem Gutachten der Sachverständigen Dr. T. keine Hinweise auf eine insoweit bestehende Veränderung des psychischen Aspekts bei der Klägerin zu entnehmen. Schließlich war zu berücksichtigen, dass die Klägerin psychische Beschwerden bisher weder zur Begründung ihres Rentenantrages angegeben noch im Rahmen ihres Klage- bzw. Berufungsvorbringens in den Vordergrund gestellt hat. Auch nimmt die Klägerin eine fachärztliche bzw. fachpsychologische Behandlung offensichtlich nicht in Anspruch.
Das Ergebnis der Begutachtung durch die bereits von der Beklagten im Rahmen des Widerspruchsverfahrens hinzugezogenen Orthopädin Dr. L. vom 27. April 1998 vermag den Senat ebenfalls nicht von einem anderen Ergebnis zu überzeugen. Nachvollziehbare Anhaltspunkte für ein nur noch untervollschichtiges Leistungsvermögen sind den von Frau Dr. L. bei der Klägerin festgestellten Gesundheitsbeschwerden - worauf auch die Sachverständigen Dr. Q. und Dr. V. bereits hingewiesen haben - nicht zu entnehmen.
Der Sachverhalt ist damit in medizinischer Hinsicht nach dem Gesamtergebnis aller Gutachten hinreichend geklärt. Anhaltspunkte für relevante Gesundheitsbeschwerden auf anderen Fachgebieten sind für den Senat nicht erkennbar. Insbesondere ergeben sich nach dem bereits von der Beklagten eingeholten Gutachten der Ärztin J. vom 7. Oktober 1997 auch keine Anhaltspunkte für eine Erkrankung auf rheumatologischem Gebiet. Die kardiologische Situation war nach den Feststellung derselben Ärztin unauffällig. Soweit bei der Klägerin Beschwerden auf urologischem Fachgebiet bestehen, sind diese nach den vorliegenden Berichten des Urologen Y. vom 10. Oktober 1997 sowie des Städtischen Klinikums K. vom 11. März 1997 ohne weiteres einer Behandlung zugänglich und haben auch im weiteren Verlauf keine Rolle mehr gespielt. Der Senat hat daher keinen Anlass, der im Wesentlichen übereinstimmenden Leistungsbeurteilung der Sach-verständigen Dr. Q., Dr. R., Dr. V. und Dr. X. nicht zu folgen. Für die Klägerin sind daher Tätigkeiten mit besonderen Belastungen des Stütz- und Bewegungsapparates durch Zwangshaltungen, Überkopfarbeiten, häufiges Bücken, schweren Hebe- und Tragebelastungen sowie Witterungs- bzw. Hitze-/Kälteeinwirkungen nicht zumutbar. Außerdem können Tätigkeiten unter Zeitdruck oder in Nacht- bzw. Wechselschicht nicht verrichtet werden. In dem dargestellten Rahmen verfügt die Klägerin indes über ein vollsichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte, zeitweilig auch mittelschwere Arbeiten, die einen Wechsel der Körperhaltung zwischen Gehen, Stehen und Sitzen erlauben. Anhaltspunkte für eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung sind nicht ersichtlich. Der Klägerin ist es nach den gutachtlichen Feststellungen auch möglich, werktäglich einen geeigneten Arbeitsplatz mit zumutbarem Aufwand aufzusuchen. Bei seiner Beurteilung hatte der Senat schließlich auch zu berücksichtigen, dass nach den vorliegenden Unterlagen von verschiedenen Ärzten Beschwerdeakzentuierungen oder bewusst-seinsnahe Aggravationen durch die Klägerin beschrieben werden. Dies wurde bereits in den Gutachten von Dr. Q. und Dr. R. übereinstimmend festgestellt. Auch der Orthopäde Dr. Z. berichtet in seinem Arztbrief vom 25. Januar 2000 von teilweise inadäquaten Schmerzreaktionen der Klägerin bei der Untersuchung am 20. Januar 2000. Der Orthopäde Dr. P. berichtet in seinem Befundbericht vom 14. Februar 2001 von einer durch Gegenspannen erschwerten Untersuchung. Auch nach dem Arztbrief der AB. - Neurochirurgische Klinik - vom 28. Februar 2001 konnte der klinisch-neurologische Befund auf Grund des algophoben Verhaltens der Klägerin nur eingeschränkt beurteilt werden. Der Sachverständige Dr. V. konnte schließlich feststellen, dass die Klägerin bei der Untersuchung der Wirbelsäule auch bei leichtem Druck auf anatomisch nicht relevante Strukturen Schmerzreaktionen äußerte.
Mit dem festgestellten Leistungsvermögen ist die Klägerin - wie das SG zutreffend ausgeführt hat - nicht berufsunfähig, da sie sich als zuletzt in ungelernter Position tätige Arbeitsnehmerin nach dem in ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) entwickelten Berufsgruppenschema für die Arbeiterberufe (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 16. November 2000 - B 13 RI 17/00 R) auf alle leidensgerechten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen muss. Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es dabei nicht (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 23. März 2000 - B 13 RI 65/99 R = SozSich 2001, 207). Zutreffend hat das SG aus den selben Gründen ferner auch einen Anspruch auf eine Rente wegen EU verneint.
Mit dem festgestellten Leistungsvermögen hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach dem seit dem 1. Januar 2001 geltenden Recht (SGB VI n.F.). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI n.F. ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Da die Klägerin nach den medizinischen Feststellungen einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachgehen kann, fehlen bereits aus diesem Grunde die Voraussetzungen für die Annahme einer relevanten Erwerbsminderung.
Die Kostenentscheidung beruht auf den Vorschriften der §§ 183, 193 SGG
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).