Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 22.05.2003, Az.: L 1 RA 77/03
Höhe der Hinzuverdienstgrenze bei der Altersrente; Beurteilung der materiellen Rechtslage; Statthaftigkeit einer Teil-Anfechtungsklage; Vorliegen der Klagebefugnis durch Rechtsverletzung; Klage gegen Auskunft zur Rechtslage; Voraussetzungen eines formalen Verwaltungsaktes; Lehre vom objektiven Empfängerhorizont; Verpflichtung zum Erlass eines rechtswidrigen/ nichtigen Verwaltungsaktes; Auslegung als Leistungs- oder Feststellungsklage
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 22.05.2003
- Aktenzeichen
- L 1 RA 77/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 19991
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0522.L1RA77.03.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hannover - AZ: S 1 RA 573/02
Rechtsgrundlagen
- § 54 Abs. 1 S. 1 1. Alt. SGG
- § 54 Abs. 1 S. 2 1. Alt. SGG
- § 54 Abs. 1 S. 1 3. Alt. SGG
- § 34 SGB VI
- § 123 SGG
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Eine Teil-Anfechtungsklage ist statthaft, wenn sich der Adressat eines Verwaltungsakts nicht gegen alle in einem VA enthaltenen Regelungen wendet, sondern nur gegen einzelne Regelungen, die einen eigen-ständigen Regelungsgegenstand darstellen.
- 2.
Da es für den Rentenversicherungsträger keine gesetzliche Befugnis gibt, eine andere als die geregelte Hinzuverdienstgrenze zu Grunde zu legen, kann er diese mangels Verwaltungsaktbefugnis auch nicht verändern. Ein solcher Verwaltungsakt wäre von vornherein rechtswidrig bzw. nichtig.
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Höhe der Hinzuverdienstgrenze (HVG) von 325,00 EUR bei der ihm gezahlten Altersrente (AR). Er begehrt für seinen Fall die Heraufsetzung der HVG auf 1.000,00 EUR.
Der im Jahre 1941 geborene Kläger ist Diplom-Ingenieur und hat zuletzt als Betriebsleiter der H. GmbH I. ein Bruttogehalt von ca. 12.500,00 DM nebst Anspruch auf Firmenpension erzielt. Er war verheiratet im Status der Zugewinngemeinschaft und hat 3 Kinder. Seine Ehefrau war zunächst als Bankangestellte berufstätig, später widmete sie sich ausschließlich der Kindererziehung. Die Familie lebte in einem Reihenhaus, das 1989 schuldenfrei wurde.
Im Jahre 1995 wurde die Ehe nach mehr als 25 Ehejahren geschieden. Zu den Scheidungsfolgen gehörte, dass der Kläger den hälftigen Wert des Reihenhauses an seine geschiedene Ehefrau auszahlte, um seinen Kindern den Verbleib im elterlichen Haus zu ermöglichen, in dem er auch selbst wohnen blieb. Zum Zwecke der Auszahlung nahm er einen Kredit auf, den er noch heute zu tilgen hat. Daneben hatte er nachehelichen Unterhalt an die Ehefrau zu leisten, 1/2 der Firmenpension an sie abzutreten und den Versorgungsausgleich durch Übertragung der entsprechenden gesetzlichen Rentenanwartschaften zu leisten. - Die geschiedene Ehefrau erwarb eine Eigentumswohnung und erzielt - neben den Unterhaltsleistungen des Klägers - derzeit wieder eigenes Einkommen.
Ende 1999 wurde der Kläger im Alter von 58 Jahren aus betrieblichen Gründen gekündigt und bezog bis August 2002 Arbeitslosengeld (ALG). Neben dem ALG (und neben der heutigen AR) bezog (und bezieht) er eine Firmenpension der J ... Anteile an einen Immobilienfonds seien mittlerweile zur Schuldentilgung verwendet worden. - Mehrere inzwischen vom Kläger vor dem Amtsgericht/Familiengericht erhobene Abänderungsklagen auf geringere Unterhaltsleistungen an seine geschiedene Ehefrau blieben erfolglos.
Nach Vollendung des 60. Lebensjahres erhält der Kläger seit dem 1. September 2002 von der Beklagten AR wegen Arbeitslosigkeit als Vollrente (Zahlbetrag ca. 1.500,00 EUR). In dem zu Grunde liegenden Bescheid vom 5. Juli 2002 heißt es u.a.:
"Die Altersrente kann sich bis zum Ablauf des Monats der Vollendung des 65. Lebensjahres mindern oder wegfallen, sofern durch das erzielte Einkommen (Bruttoverdienst aus Beschäftigung bzw. Gewinn aus selbstständiger Tätigkeit) die Hinzuverdienstgrenze überschritten wird. Diese beträgt monatlich 325,00 EUR."
Zur Verbesserung seiner Einkommenssituation nahm der Kläger eine Aushilfstätigkeit im Lagerbereich an, und zwar - nach seinen Angaben - auf Grund des vorstehenden Hinweises im AR-Bescheid lediglich als geringfügige Beschäftigung, weil dadurch die HVG in Höhe von 325,00 EUR monatlich nicht überschritten werde.
Daneben legte er gegen den Bescheid vom 5. Juli 2002 Widerspruch ein und begründete ihn damit, dass die HVG von 325,00 EURO in seinem Fall unverhältnismäßig sei. Zwar erkenne er an, dass das während der Ehe Erwirtschaftete wegen der Kindererziehungsleistung seiner Ehefrau im Verhältnis 50%: 50% zu teilen sei; dafür habe er jedoch bereits die Hälfte des Wertes des Reihenhauses, den Versorgungsausgleich und ein Halb der Firmenpension geleistet. Außerhalb der Ehezeit habe er aber in über 41 Berufsjahren stets deutlich mehr verdient als seine Ehefrau, denn die Einkünfte hätten im Verhältnis von ca. 70%: 30% gestanden. Diese Lebensleistung spiegele sich jedoch wegen der geringen HVG in seinem jetzigen dritten Lebensabschnitt nicht wieder. Stattdessen lebe er wegen der verbliebenen Belastungen am Rande der Sozialhilfebedürftigkeit. In dieser besonderen Lage dürfe seine HVG nicht auf 325,00 EURO begrenzt bleiben. Denn mit seiner Ausbildung und seinem Kenntnisstand könne er wesentlich mehr hinzuverdienen und sich damit mit eigener rechtmäßiger Arbeit einen angemessenen Lebensstandard sichern anstatt "Schwarzarbeit" leisten zu müssen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2002 zurück und führte zur Begründung aus, dass die HVG entgegen dem Begehren des Klägers nicht auf 1.000,00 EUR heraufgesetzt werden könne, weil es sich um einen von dem Gesetzgeber bestimmten festen Grenzbetrag handele und die Beklagte an die gesetzlichen Bestimmungen gebunden sei; sie dürfe hiervon auch nicht in Härtefällen abweichen.
Mit seiner hiergegen am 14. November 2002 vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhobenen Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, dass die in seinem Fall unverhältnismäßige Regelung der HVG im Wege verfassungskonformer Gesetzesauslegung angepasst werden könne. Damit sei auch sicherzustellen, dass er nicht - wie aber derzeit noch - trotz seiner hohen beruflichen Qualifikation auf Arbeiten der einfachsten Art (Aushilfstätigkeit im Lager) angewiesen sei. Im Übrigen hat der Kläger vorgetragen, dass seine geschiedene Ehefrau heute über ein höheres Einkommen verfüge als er; gegen die auf seine Abänderungsklagen ergangenen zivilgerichtlichen Urteile habe er nur deshalb keine Revision eingelegt, weil er sich die Gerichts- und Anwaltskosten nicht leisten könne. - Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 4. März 2003 als unbegründet - nicht als unzulässig - abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die HVG von 325,00 EURO im Gesetz vorgeschrieben und die Beklagte nicht zu einem Abweichen hiervon befugt sei.
Gegen diesen Gerichtsbescheid richtet sich die am 3. April 2003 eingelegte Berufung, mit der der Kläger sein Begehren weiter verfolgt und zur Glaubhaftmachung seiner wirtschaftlichen Situation Unterlagen über seine und die Einkommensverhältnisse seiner geschiedenen Ehefrau vorlegt.
Der Kläger beantragt,
- 1.
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 4. März 2003 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 5. Juli 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2002 abzuändern,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, bei dem Kläger die Hinzuverdienstgrenze betreffend die ihm gezahlte Altersrente wegen Arbeitslosigkeit von 325,00 EURO auf 1.000,00 EURO heraufzusetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat im vorbereitenden Verfahren den Beteiligten einen rechtlichen Hinweis zur etwaigen Unzulässigkeit der vor dem SG erhobenen Klage erteilt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Rentenakte der Beklagten Bezug genommen. Sie haben vorgelegen und sind Gegenstand der Verhandlung und Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die gem. §§ 143f. Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist im Ergebnis unbegründet.
Auf Grund einschlägiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 29. Oktober 2002, B 4 RA 22/02 R; Urteil vom 17. Dezember 2002, B 4 RA 23/02 R, Letzteres zu § 43 Abs. 5 SGB VI a.F.) vermag sich der Senat nicht der Einschätzung des SG anzuschließen, wonach die Klage zulässig, aber unbegründet sei. Zwar wäre - so das SG zutreffend - im Falle einer zulässigen Klage diese auf Grund der materiellen Rechtslage unbegründet. Auf die Beurteilung der materiellen Rechtslage kommt es jedoch nach der Rechtsprechung des BSG in Fallkonstellationen wie der vorliegenden nicht an. Die Klage ist vielmehr bereits unzulässig.
Mit dem Klagantrag zu 1. hat der Kläger eine Anfechtungsklage gem. § 54 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative SGG erhoben, und zwar im Sinne einer Teil-Anfechtungsklage. Eine Teil-Anfechtungsklage ist statthaft, wenn sich der Adressat eines Verwaltungsakts (VA) nicht gegen alle in einem VA enthaltenen Regelungen wendet, sondern nur gegen einzelne Regelungen, und wenn diese einzelnen Regelungen einen eigenständigen Regelungsgegenstand darstellen (vgl. nur: Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 7. Aufl. 2002, § 54 Rn. 46 m.w.N.). So liegt es im Fall des Klägers. Sein Begehren ist nicht auf die voll-ständige Aufhebung des AR-Bewilligungsbescheides vom 5. Juli 2002 (in Gänze) gerichtet; insbesondere beanstandet er weder die Zuerkennung der AR als solche noch die Berechnung der originären Rentenhöhe. Sein Aufhebungs-Begehren ist vielmehr allein auf die Erklärungen der Beklagten zur HVG gerichtet. Die HVG betrifft auch einen gegenüber der sonstigen Rentenberechnung eigenständigen Gegenstand. Denn sie setzt die Berechnung des originären Rentenzahlbetrages nach §§ 64ff. Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) voraus und führt erst in einem zweiten Schritt - allerdings nur bei Überschreitung der HVG - zu einer weiteren Berechnung im Sinne einer Kürzung der originären auf die dann endgültige Zahlbetragshöhe oder im Sinne des völligen Wegfalls der Rente (vgl. nur: BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002, B 4 RA 23/02 R, S. 5).
Die vom Kläger gegen diese Erklärung zur HVG erhobene (Teil-)Anfechtungsklage ist aber unzulässig. Denn es fehlt insoweit an seiner Klagebefugnis. Nach § 54 Abs. 1 Satz 2 1. Alternative SGG ist eine Anfechtungsklage nur dann zulässig, wenn der Kläger behaupten kann, durch einen Verwaltungsakt (VA) beschwert zu sein. Für das Vorliegen der Klagbefugnis muss die Möglichkeit gegeben sein, dass der Kläger in eigenen Rechten verletzt ist (vgl. nur: BSG, Urteil vom 29. Oktober 2002, B 4 RA 22/02 R, S. 6; BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002, B 4 RA 23/02 R, S. 5). - Dies ist vorliegend nicht der Fall. Es ist keine Möglichkeit erkennbar, wonach der Kläger durch die genannte Erklärung der Beklagten zur HVG in seinen bestehenden Rechten verletzt sein könnte:
Die Beklagte hat durch die Erklärung nicht in bestehende Rechte des Klägers eingegriffen, insbesondere nicht einen erzielten Hinzuverdienst zum Anlass einer Rentenkürzung genommen. Denn der Kläger hatte zurzeit des Erlasses des Bescheides am 5. Juli 2002 überhaupt keinen Hinzuverdienst erzielt und sich bei seinem späteren Hinzuverdienst auch im Rahmen der HVG gehalten. Die Erklärung der Beklagten zur HVG ist vielmehr allein als Hinweis auf die Gesetzeslage zu verstehen. Gegen eine solche - im Übrigen materiell-rechtlich vorliegend rechtmäßige - Auskunft zur Rechtslage ist eine Anfechtungsklage mangels Klagebefugnis jedoch nicht zulässig (vgl.: BSG, Urteil vom 20. Dezember 2001, B 4 RA 50/01 R).
Zwar könnte eine Anfechtungsklage ausnahmsweise zulässig sein, wenn - trotz fehlender Regelung durch die Behörde und damit trotz eines eigentlich nicht vorliegenden VA im Sinne von § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) - der Adressat die Erklärung der Behörde ausnahmsweise als Regelung und damit als VA verstehen durfte (sog. formaler VA, vgl. nochmals: BSG, Urteil vom 20. Dezember 2001, B 4 RA 50/01 R). Ein solcher VA ist vorliegend jedoch nicht gegeben. Zwar mag der Kläger die Erklärung im Bescheid vom 5. Juli 2002 als individuelle Entscheidung der Beklagten zu seinem Fall (Regelung) betrachtet und sich nach ihr gerichtet haben, indem er sein Beschäftigungsverhältnis als Lagerarbeiter auf einen Verdienst bis zu 325,00 EURO beschränkte. Jedoch kommt es bei der Einordnung einer Erklärung einer Behörde als formaler VA nicht auf den subjektiven Eindruck des konkreten Adressaten im jeweiligen Einzelfall, insbesondere nicht auf dessen persönliches Verständnis, sondern allein darauf an, wie ein objektiver und durchschnittlicher Empfänger der Erklärung diese vernünftigerweise verstehen durfte (sog. objektiver Empfängerhorizont; vgl.: Kasseler-Kommentar-Krasney, § 31 SGB X, Rn. 11). Danach durfte aber im vorliegenden Fall die Erklärung der Beklagten bereits deshalb nicht als Regelung verstanden werden, weil es überhaupt keinen Regelungsanlass gab. Denn - wie bereits ausgeführt - der Kläger hatte bis zum Erlass des Bescheides keinerlei Hinzuverdienst erzielt, der Beklagten auch keinen solchen angegeben und noch nicht einmal angekündigt, einen solchen in Zukunft erzielen zu wollen oder auch nur nach der HVG für einen noch vagen zukünftigen Hinzuverdienst gefragt. Es gab deshalb für die Beklagte schlechterdings keinen Anlass, einen Hinzuverdienst - auch nicht die HVG für die Zukunft - im Fall des Klägers mit Regelungsabsicht festzustellen, also konkret zu regeln. Ein objektiver und vernünftiger Empfänger hätte die Erklärung der Beklagten deshalb allein als das verstanden, als was sie gemeint war: als bloßer Hinweis auf die geltende Rechtslage. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus dem Wortlaut der Erklärung, in der es heißt:
"Die Altersrente kann sich bis zum Ablauf des Monats der Vollendung des 65. Lebensjahres mindern oder wegfallen, sofern durch das erzielte Einkommen (Bruttoverdienst aus Beschäftigung bzw. Gewinn aus selbstständiger Tätigkeit) die Hinzuverdienstgrenze überschritten wird. Diese beträgt monatlich 325,00 EUR."
(Der Fall BSG, Urteil vom 20. Dezember 2001, B 4 RA 50/01 R, lag insoweit anders, als dort die Beklagte eine eigene Rechtsauffassung entwickelt und im Bescheid dargestellt hatte, die sich gerade nicht in der Wiedergabe der gesetzlichen Regelung erschöpfte, also über die bloße Wiedergabe der Gesetzeslage hinausgegangen war).
Der Anfechtungsantrag zu 1. ist daher unzulässig.
Unzulässig ist auch der Klagantrag zu 2., mit dem der Kläger eine "Heraufsetzung" der HVG begehrt. Dieses Begehren wird vom Senat als Verpflichtungsklage gem. § 54 Abs. 1 Satz 1 3. Alternative SGG ausgelegt. Jedoch kann der Kläger insoweit nicht geltend machen, dadurch beschwert und klagebefugt zu sein, dass ein von ihm begehrter VA abgelehnt oder unterlassen wurde, § 54 Abs. 1 Satz 1 2. und 3. Alternative SGG. Denn auch insoweit fehlt ihm die Klagebefugnis. Dem Kläger stand und steht nach keinem tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkt der Erlass eines solchen VA zu (zur Klagebefugnis bei Verpflichtungsklagen: Meyer-Ladewig, a.a.O., § 54, Rn. 22a). Zwar mag es dem Kläger darauf ankommen, einen VA des Inhalts von der Beklagten zu erhalten, dass die HVG in seinem Fall nicht 325,00 EUR, sondern 1.000,00 EUR betrage. Einen solchen VA dürfte die Beklagte jedoch unter keinen denkbaren Umständen erlassen. Er wäre von vornherein und stets rechtswidrig bzw. nichtig. Denn die gesetzliche Regelung zur HVG, der § 34 SGB VI, insbesondere Abs. 3 Nr. 1, enthält keine Befugnis für die Rentenversicherungsträger, eine andere als die dort geregelte HVG zu Grunde zu legen (fehlende sog. VA-Befugnis). Die HVG ist vielmehr ausschließlich und endgültig durch den Gesetzgeber selbst im Wege eines formellen Gesetzes festgelegt worden und ist von den Rentenversicherungsträgern bei der Rentenberechnung schlicht anzuwenden. Insbesondere auch eine "Ermessensentscheidung" unter Berücksichtigung einer "sozialen Härte" ist der Beklagten daher von Gesetzes wegen untersagt (vgl. nochmals: BSG, Urteil vom 20. Dezember 2001, B 4 RA 50/01 R).
Damit ist auch der Klagantrag zu 2. unzulässig.
Der Senat hat schließlich zu Gunsten des Klägers erwogen, die Anträge des Klägers gem. § 123 SGG als Leistungs- oder Feststellungsklage auszulegen. Doch zum einen steht einer solchen Auslegung der ausdrückliche Wortlaut der vom Kläger gestellten Anträge entgegen, die expressis verbis auf "Aufhebung" (=Anfechtung) bzw. "Heraufsetzung" (=Verpflichtung) gerichtet sind. Zum Zweiten aber würde eine solche Auslegung auch nichts am Ergebnis der Unzulässigkeit der Klage ändern. Denn eine "Leistung" auf "Heraufsetzung" der HVG von 325,00 EUR auf 1.000,00 EUR kann der Kläger ebenso wenig verlangen wie einen entsprechenden VA (siehe oben), weil die HVG gesetzlich geregelt und einer abweichenden Entscheidung nicht zugänglich ist. Und für eine Feststellung ( § 55 SGG) fehlt es neben der Abänderbarkeit der HVG an sich (siehe nochmals soeben) zusätzlich an einem die Feststellung veranlassenden konkreten Rechtsverhältnis, da der Kläger bislang unterhalb der HVG hinzuverdient hat und das "Ob" und "Wie" eines etwaigen künftigen, die HVG überschreitenden Hinzuverdienstes, insbesondere seine konkrete Höhe, noch gar nicht absehbar ist und vom Kläger folgerichtig auch nicht vorgetragen wurde oder auch nur werden konnte (vgl. nochmals: BSG, Urteil vom 20.12.2001, B 4 RA 50/01 R; BSG, Urteil vom 17.12.2002, B 4 RA 23/02 R, S. 5).
Fehlt es damit an der Zulässigkeit der Klage, kommt es auf ihre Begründetheit (Prüfung des materiellen Rechts) nicht mehr an. Allerdings wäre bei einer Prüfung des materiellen Rechts der Gerichtsbescheid nicht zu beanstanden. Insbesondere ist § 34 SGB VI mit den darin vorgesehenen HVG nicht verfassungswidrig (vgl. nur: Hauck/Haines/Klattenhoff, Kommentar zum Sozialgesetzbuch, § 34 SGB VI, Rn. 5; ebenso: BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002, B 4 RA 23/02 R, S. 12ff. zu § 43 Abs. 5 in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.
Es hat kein gesetzlicher Grund gem. § 160 Abs. 2 SGG vorgelegen, die Revision zuzulassen.