Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 28.05.2003, Az.: L 4 KR 132/01

Erstattung von Kosten einer stationären Behandlung; Anspruch auf Zahlung von Krankengeld; Wirtschaftlichkeitsgrundsatz in der gesetzlichen Krankenversicherung; Gewährung von ambulanten/stationären Rehabilitationsmaßnahmen; Ärztliche Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung für die Gewährung von Krankengeld

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
28.05.2003
Aktenzeichen
L 4 KR 132/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 20368
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0528.L4KR132.01.0A

Redaktioneller Leitsatz

Hinsichtlich der Erstattung von Kosten einer stationären Behandlung ist es anspruchsschädlich, wenn eine ambulante Krankenbehandlung ausreicht, weil dann nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB V schon eine ambulante Reha-Kur nicht gewährt werden darf.

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für eine stationäre Behandlung und die Zahlung von Krankengeld für den Zeitraum vom 2. Juni bis 7. Juli 1999.

2

Der Kläger war zum streitigen Zeitpunkt als selbstständiger Makler freiwilliges Mitglied der Beklagten mit Anspruch auf Krankengeld. Er beantragte zunächst am 22. April 1999 die Kostenübernahme für eine stationäre Krankenhausbehandlung in der C. in Bad Salzschlirf. Der Kläger legte eine entsprechende Verordnung des Dr. D., Praktischer Arzt, vor, der die Notwendigkeit von Krankenhausbehandlung wegen "breitflächiger Psoriasis mit rezidivierendem akuten Schub" bescheinigte. Daraufhin teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 22. April 1999 mit, es handele sich bei der C. um eine Rehabilitationsklinik. Deshalb sei von dem behandelnden Arzt der beigelegte Kurantrag zu bestätigen. Sie wies den Kläger darauf hin, dass grundsätzlich eine Belegung der Barmer-Vertragskliniken vorrangig vor der Belegung von Fremdeinrichtungen sei. Für die Erkrankung des Klägers wäre die E. F. spezialisiert. Sollte der behandelnde Arzt der Ansicht sein, dass die Behandlung zwingend in der G. erfolgen müsse, so sei dies von ihm in dem Antrag zu begründen. Der förmliche Antrag auf Gewährung einer Rehabilitationsmaßnahme des Klägers ging am 4. Mai 1999 bei der Beklagten ein. Der Kläger gab an, bereits in den Jahren 1995, 1996 und 1998 eine Rehabilitationsmaßnahme in der C., Bad Salzschlirf, durchgeführt zu haben. Kostenträger sei die Beklagte gewesen. Seinem Antrag war der Bericht des Dr. D. zur Befürwortung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Tomesa-Fachklinik beigefügt. Nach Einholung von Stellungnahmen beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung - MDK - (Stellungnahmen vom 11. Mai und vom 28. Mai 1999) lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 31. Mai 1999 ab, da eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme vor Ablauf der 4-jährigen Wartefrist nicht medizinisch indiziert sei. Vorrangig vor einer durchzuführenden Rehabilitationsmaßnahme seien die ambulanten Maßnahmen am Wohnort auszuschöpfen. Erst wenn diese Therapiemöglichkeiten erfolglos geblieben seien, könne die Möglichkeit der stationären Rehabilitation geprüft werden. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein. Zur Begründung führte er u.a. aus, frühere Konsultationen bei ortsansässigen Hautärzten hätten nur unzureichenden Erfolg gebracht; die vom Hautarzt verschriebenen Cortison-Salben seien für ihn unzumutbar, denn sie seien auf Dauer gesundheitsschädlich. Aus beruflichen Gründen und auf Grund privater Stresssituationen sei für ihn eine zufrieden stellende Therapie am Wohnort nicht durchführbar.

3

Vom 2. Juni bis 7. Juli 1999 ließ der Kläger auf eigene Kosten die Behandlung in der G. durchführen, die im Wesentlichen aus zwei Mal täglicher Balneo-Fototherapie unter gleichzeitiger UV-Bestrahlung, zwei Mal täglicher SUP-Ganzkörperbestrahlung und Hautbehandlung mit Salben bestand (vgl. Therapiebericht der Tomesa-Fachklinik vom 6. Juli 1999).

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Mit Schreiben vom 2. Juni 1999 beantragte der Kläger die Gewährung von Krankengeld. Die Beklagte holte eine Auskunft der C. ein, die bescheinigte, dass bei dem Kläger wegen einer Psoriasis vulgaris "Behandlungsbedürftigkeit" bestehe (vgl. Bescheinigung des Klinikarztes Prof. Dr. H., Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten vom 16. Juni 1999). Die Beklagte erhielt am 30. Juni 1999 eine von Dr. D. am 24. Juni 1999 ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Kläger, wonach Arbeitsunfähigkeit seit 2. Juni 1999 bis 7. Juli 1999 bestehe, da sich der Kläger zurzeit im Krankenhaus befinde. Mit Bescheid vom 22. Juli 1999 lehnte die Beklagte die Zahlung von Krankengeld ab. Nach der Regelung des § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Fünftes Buch - SGB V - bestehe kein Anspruch auf Krankengeld, da die Beklagte die Maßnahme in der G. nicht trage. Im Übrigen sei eine Arbeitsunfähigkeit, die einen Anspruch auf Krankengeld auslösen würde, von der Klinik nicht bestätigt worden. Es werde lediglich eine Behandlungsbedürftigkeit bescheinigt. Die Bescheinigung des Dr. D. vom 24. Juni 1999 könne nicht akzeptiert werden, da sie rückwirkend ausgestellt worden sei und eine Untersuchung nicht habe stattfinden können, da sich der Kläger zu diesem Zeitpunkt in der Klinik aufgehalten habe. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 16. August 1999 Widerspruch ein. Er führte u.a. aus, seinem behandelnden Arzt Dr. D. sei die Arbeitsunfähigkeit bereits seit dem 31. Mai 1999 bekannt gewesen, da er sich an diesem Tag zur Untersuchung bei ihm befunden habe.

5

Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Februar 2000 wies die Beklagte die Widersprüche als unbegründet zurück. Nach den Feststellungen des MDK hätten zwingende medizinische Gründe für die Durchführung einer vorzeitigen stationären Rehabilitationsmaßnahme nicht vorgelegen. Da die Behandlungsmaßnahme in der Fachklinik nicht auf Kosten der Krankenkasse durchgeführt worden sei und auch keine Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe, bestehe kein Anspruch auf Krankengeld.

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Der Kläger hat hiergegen am 15. März 2000 Klagen vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Das SG hat die Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung gemäß § 113 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - verbunden.

7

Zur Begründung hat der Kläger vorgetragen, er habe sich bereits in den Jahren 1996 sowie 1998 zu Reha-Maßnahmen in der C. Bad Salzschlirf aufgehalten. Dabei habe sich stets herausgestellt, dass die 4 bis 5-wöchigen stationären Behandlungen zumindest einen einjährigen Erfolg versprochen hätten. Er sei nach Verlassen der Reha-Einrichtung für mindestens neun Monate "erscheinungsfrei" gewesen. Nach der letzten Entlassung aus der Klinik am 8. Juli 1998 seien von ihm auch vor Ort entsprechende Behandlungen durchgeführt worden, wie beispielsweise Fototherapie und Anwendung von Salben. Im Frühjahr 1999 sei es zu einer Verschlimmerung seiner Krankheit gekommen, sodass fast sämtliche Hautpartien befallen gewesen seien. Dies sei auch auf eine private Stresssituation zurückzuführen. Er habe zunächst versucht, die Verschlimmerung der Krankheit durch die Anwendung von Salben und Fototherapie zu verhindern. Dies sei jedoch nicht zufrieden stellend verlaufen. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens habe er der Beklagten am 27. Mai 1999 mitgeteilt, dass er mit einer Begutachtung des MDK, die ausschließlich auf Aktenergebnissen basiere, nicht einverstanden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei auch der Aufnahmetermin in der Tomesa-Fachklinik für den 2. Juni 1999 bereits reserviert gewesen.

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Zur Begründung seines Antrages auf Gewährung von Krankengeld hat der Kläger vorgetragen, bei ihm habe für den Zeitraum vom 2. Juni bis 7. Juli 1999 nicht nur Behandlungsbedürftigkeit, sondern insbesondere auch Arbeitsunfähigkeit vorgelegen. Der behandelnde Arzt Dr. D. könne bezeugen, dass bereits zum Zeitpunkt des 31. Mai 1999 auf Grund des schweren chronischen Krankheitsbildes Arbeits-unfähigkeit vorgelegen habe.

9

Das SG hat einen Befundbericht bei Dr. D. (29. November 2000) eingeholt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat es Dr. D. als sachverständigen Zeugen gehört. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift vom 26. April 2001 Bezug genommen.

10

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 26. April 2001 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Stationäre Rehabilitationsleistungen könnten als "letztes Mittel" erst dann beansprucht werden, wenn alle Erfolg versprechenden ambulanten Behandlungsmaßnahmen ausgeschöpft seien; dies sei auch die Ausprägung des das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung beherrschenden Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes (§ 12 Abs. 1 SGB V). Im Fall des Klägers habe die Notwendigkeit stationärer Behandlungsmaßnahmen im Juni/Juli 1999 aber nicht angenommen werden können, weil noch eine ambulante Behandlung beim Hautarzt möglich gewesen wäre. Hierauf habe der MDK zutreffend in seiner Stellungnahme vom 28. Mai 1999 hingewiesen. Dies gelte vor allem deshalb, weil die bisherige ambulante Behandlung keine konsequente und sachgerechte Pso-riasis-Therapie beinhaltet habe. Wie der als Zeuge gehörte Praktische Arzt Dr. D. mitgeteilt habe, habe die einzige ärztliche Behandlungsmaßnahme in letzter Zeit in der regelmäßigen Verordnung der Salbe Dermoxin bestanden. Bereits aus dem vom Kläger selbst vorgelegten Beipackzettel ergebe sich jedoch, dass eine Langzeitbehandlung mit diesem Präparat nicht durchgeführt werden solle, sodass eine zweckmäßige Therapie hierin nicht zu sehen sei. Wie auf der Grundlage zahlreicher ähnlich gelagerter Verfahren gerichtsbekannt sei, bestehe eine sachgerechte ambulante Psoriasis-Therapie aus der Anwendung verschiedener medikamentöser Wirkstoffe und etwa der Fototherapie, wobei die verschiedenen Behandlungsarten individuell auf den einzelnen Patienten abgestimmt und ggf. kombiniert würden. Auch in der G. sei der Kläger im Wesentlichen in dieser Weise behandelt worden. Es sei nicht ersichtlich, warum eine derartige ärztliche Behandlung nicht durch einen niedergelassenen Dermatologen ambulant möglich gewesen sein sollte. Wenn der Kläger insbesondere im Hinblick auf eine Lichttherapie Bedenken geäußert habe, weil diese mit großem zeitlichen Aufwand verbunden sei, den er sich als Selbstständiger nicht erlauben könne, sei dies rechtlich unerheblich; für die Leistungspflicht der Krankenkassen sei allein entscheidend, welche Behandlung medizinisch angemessen sei. Ein Anspruch auf Krankengeld sei zu verneinen. Dabei könne der Anspruch auf Krankengeld erst von dem Tag an entstehen, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeits-unfähigkeit folge (§ 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V). Da Dr. D. die Arbeitsunfähigkeit erst am 24. Juni 1999 festgestellt habe, komme vorliegend von vornherein nur ein Krankengeldanspruch für die Zeit vom 25. Juni bis 7. Juli 1999 in Betracht. Auch ein derartiger Anspruch sei jedoch zu verneinen, weil nicht erwiesen sei, dass der Kläger arbeitsunfähig gewesen sei. Die G., in der sich der Kläger zum damaligen Zeitpunkt befunden habe, habe auf ausdrückliche Nachfrage der Beklagten lediglich angegeben, der Kläger sei behandlungsbedürftig, Arbeitsunfähigkeit dagegen nicht bescheinigt. Auch die in der Behandlungsakte der G. festgehaltenen und die von Dr. D. geschilderten Befunde ließen nicht nachvollziehbar erscheinen, warum der Kläger im fraglichen Zeitraum nicht in der Lage gewesen sein sollte, seiner Berufstätigkeit als Makler nachzugehen. So seien beispielsweise keine im Kontakt mit potenziellen Kunden störende Hautveränderungen im Gesicht festzustellen gewesen, sondern nur solche auf dem Handrücken, dem Gesäß, den Oberschenkeln, Knien und Ellenbogen. Auch schwerwiegendere Gelenkbeschwerden, die zu Einschränkungen der Beweglichkeit hätten führen können, seien nicht dokumentiert. Der Kläger habe nach eigenen Angaben bei der Anmeldung zur Behandlung in der G. lediglich von leichteren Beschwerden in den Fingergelenken berichtet, die offensichtlich aber noch nicht behandlungsbedürftig gewesen seien, weil auch Maßnahmen der Gelenkbehandlung (Heilschlamm/Infrarot, Heilgymnastik usw) ausweislich der Behandlungsdokumentation der Klinik dort nicht erbracht worden sein.

11

Der Kläger hat gegen dieses ihm am 10. Mai 2001 zugestellte Urteil am 11. Juni 2001 (Montag) Berufung vor dem Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Der Kläger wiederholt sein Vorbringen aus dem Verwaltungs- und erstinstanzlichen Verfahren, wonach er bereits in den Vorjahren immer wieder hautärztliche Behandlung in Anspruch genommen habe, die jedoch erfolglos geblieben sei. Um die Bestrahlungstherapie zu steigern, habe er sich selbst eine entsprechende Sonnenbank angeschafft und zu Hause eine Bestrahlung mindestens vier Mal wöchentlich durchgeführt. Diese Behandlung durch Bestrahlungstherapie sei wesentlich effektiver als eine hautärztliche Behandlung. Seine Bemühungen hätten aber nicht dazu geführt, die stationäre Heilbehandlung auszuschließen. Die Beklagte müsse sich auch fragen lassen, warum sie eine stationäre Heilbehandlung in der Klinik in Prerow angeboten habe, nunmehr jedoch der Meinung sei, eine stationäre Heilbehandlung sei nicht notwendig gewesen. Im Übrigen führe die Tatsache, dass er Anspruch auf Ersatz der Kosten in der Klinik habe dazu, dass auch Krankengeld vom 25. Juni bis zum 7. Juli 1999 zu bewilligen sei.

12

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 26. April 2001 und die Bescheide der Beklagten vom 31. Mai und vom 22. Juli 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Februar 2000 aufzuheben,

die Beklagte zu verurteilen, ihm die Kosten für die Behandlung in der G. vom 2. Juni bis 7. Juli 1999 zu erstatten und ihm für diesen Zeitraum Krankengeld zu gewähren,

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hilfsweise,

Krankengeld vom 25. Juni bis 7. Juli 2000 zu gewähren.

14

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

15

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozessakten des Ersten und zweiten Rechtszuges sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und die Krankenakten der Tomesa-Fachklinik Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143 ff SGG statthafte Berufung ist zulässig.

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Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet.

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Dem Kläger steht kein Anspruch auf Erstattung der Behandlungskosten in der G. vom 2. Juni bis 7. Juli 1999 zu. Das SG hat zu Recht entschieden, dass die angefochtenen Bescheide der Beklagten in Gestalt des Widerspruchsbescheides rechtmäßig sind. Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Behandlungskosten ist § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Danach hat die Krankenkasse die Kosten für eine selbstbeschaffte notwendige Leistung zu erstatten, wenn die Kasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig hat erbringen können (1. Alternative) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch Kosten entstanden sind (2. Alternative).

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Die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3, 1. Alternative, SGB V sind nicht gegeben. Zu den unaufschiebbaren Leistungen gehören Notfälle, die einer dringenden Behandlung durch einen nicht zugelassenen Leistungserbringer bedürfen. Ein Notfall im Sinne des § 76 Abs. 1 SGB V, also eine sofortige Gefahr für Leib oder Leben (vgl. BSGE 34, 172, 174), hat hier eindeutig nicht vorgelegen.

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Auch die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3, 2. Alternative, SGB V liegen nicht vor. Dem Kläger ist schon entgegenzuhalten, dass er den formalen Beschaffungsweg nicht eingehalten hat. Er hat sich bereits vor der Entscheidung der Beklagten über seinen Antrag auf Kostenübernahme der Behandlungskosten in der Tomesa-Klinik entschlossen, die Maßnahme dort durchzuführen und den Aufnahmetermin bereits mit der Klinik vereinbart. Dies ergibt sich aus seinem Vortrag und aus der beigezogenen Krankenakte der Tomesa-Klinik, der zu entnehmen ist, dass sich der Kläger dort bereits am 2. April 1998 telefonisch anmeldete. Damit fehlt es an dem von § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V geforderten Kausalzusammenhang zwischen einer möglicherweise rechtswidrigen Ablehnung des Leistungsträgers und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast). Denn der Kläger hat die streitige Behandlung bereits zum Zeitpunkt der Ablehnungsentscheidung der Beklagten (Bescheid vom 31. Mai 1999) vereinbart und zwei Tage später begonnen (vgl. auch hierzu Urteil des Senats vom 30. Oktober 2002 - L 4 KR 123/00 -).

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Unabhängig davon hat die Beklagte die Erbringung der begehrten Leistung nicht zu Unrecht abgelehnt. Eine Leistung ist dann zu Unrecht abgelehnt worden, wenn ein Rechtsanspruch darauf bestand oder Ermessen nicht oder fehlerhaft ausgeübt worden ist. In allen Fällen muss der Versicherte aber einen Anspruch auf die Sachleistung gehabt haben (BSGE 81, 54; Krauskopf-Wagner, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, Kommentar, Stand: September 2002, § 13 Rdnr 28). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

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Der Leistungsanspruch ist nach § 40 SGB V in der bis zum 31. Dezember 1999 geltenden Fassung der Vorschrift zu beurteilen, da der mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) verfolgte Erstattungsanspruch den in der Vergangenheit liegenden abgeschlossenen Zeitraum vom 24. Juni bis 7. Juli 1999 betrifft. Der behauptete Kostenerstattungsanspruch hat sich spätestens mit Abschluss der Behandlung realisiert, sodass es auf die Sach- und Rechtslage zu diesem Zeitpunkt ankommt (vgl. Urteile des Senats vom 27. Mai 1998 - L 4 KR 22/97 - und 19. Dezember 2000 - L 4 KR 252/98 -).

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Nach § 40 SGB V in der hier anzuwendenden Fassung gewährt die Beklagte als Träger der gesetzlichen Krankenversicherung ambulante Rehabilitationsmaßnahmen unter folgenden Voraussetzungen: Reicht bei Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung einschließlich ambulanter Rehabilitationsmaßnahmen nicht aus, um die in § 27 Satz 1 und § 11 Abs. 2 beschriebenen Ziele zu erreichen, kann die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche Maßnahmen in Form einer ambulanten Rehabilitationskur erbringen. Eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme wird nach Abs. 2 der Norm unter folgenden Voraussetzungen gewährt: Reicht die Leistung nach Abs. 1 nicht aus, kann die Krankenkasse stationäre Behandlung mit Unterkunft und Verpflegung in einer Rehabilitationseinrichtung erbringen, mit der ein Vertrag nach § 111 besteht.

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Nach der hier anzuwendenden Rechtslage (bis 31. Dezember 1999) sollen mit der ambulanten Rehabilitationsmaßnahme die in § 27 Satz 1 und § 11 Abs. 2 beschriebenen Ziele erreicht werden. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach § 11 Abs. 2 (in der Fassung bis zum 31. Dezember 1999) gehören zu den Leistungen auch medizinische und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation, die notwendig sind, um einer drohenden Behinderung oder Pflegebedürftigkeit vorzubeugen, sie nach Eintritt zu beseitigen, zu bessern oder eine Verschlimmerung zu verhüten.

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Eine stationäre Behandlung in einer Reha-Einrichtung nach § 40 Abs. 2 SGB V darf danach nur gewährt werden, wenn eine ambulante Reha-Kur nach § 40 Abs. 1 SGB V nicht ausreicht. Diese Rechtsfolge ergibt sich auch aus dem für Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung geltenden allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot, weil die stationäre Behandlung die aufwändigere ist. Es kommt darauf an, ob Versicherte gerade die Behandlung benötigen, die von Reha-Einrichtungen i.S.d. § 107 Abs. 2 Nr. 1b SGB V i.V.m. stationärer Unterbringung angeboten werden. Anspruchsschädlich ist es auch, wenn ambulante Krankenbehandlung ausreicht, weil dann Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift schon eine ambulante Reha-Kur nicht gewährt werden darf (vgl Kassler Kommentar-Höfler, Bd 1, Stand: August 2000, § 40 Rdnr 15). Die Gewährung von Reha-Leistungen nach § 40 SGB V steht im Ermessen der Krankenkasse.

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Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer medizinischen Reha-Maßnahme lagen hier nicht vor, denn im Falle des Klägers hätte eine ambulante Krankenbehandlung ausgereicht. Der Senat folgt insoweit den zutreffenden Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils, wonach der MDK in seiner Stellungnahme vom 28. Mai 1999 auf die Möglichkeit einer gezielten ambulanten weiter gehenden Behandlung beim Hautarzt hingewiesen hat. Der Kläger war seinerzeit nur bei dem Praktischen Arzt Dr. D. in Behandlung. Dort erfolgte keine konsequente und umfassende Psoriasis-Therapie, denn nach dessen Aussagen bestand die einzige ärztliche Behandlungsmaßnahme in letzter Zeit in der regelmäßigen Verordnung der Salbe Dermoxin. Die im Befundbericht zum Reha-Antrag vom 29. April 1999 angegebene Lichttherapie wurde von ihm nicht durchgeführt. Der Kläger unternahm lediglich in eigener Verantwortung Bestrahlungen zu Hause, die jedoch hautärztlich nicht überwacht wurden. Nach seinen Angaben war zuletzt vor etwa 3 oder 4 Jahren bei einem Dermatologen in Behandlungen. Im Übrigen verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.

28

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Krankengeld für den beantragten Zeitraum bzw. den hilfsweise beantragten Zeitraum.

29

Nach § 44 Abs. 1 SGB V i.d.F. des Gesundheitsreformgesetzes - GRG - vom 20. Dezember 1988 (BGBl.. I S 2477) haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, §§ 24, 40 Abs. 2 und § 41) behandelt werden. Da hier keine Rehabilitationsmaßnahme zu Lasten der Beklagten zu erbringen war, könnte der Kläger nur dann Anspruch auf Krankengeld haben, wenn er im fraglichen Zeitraum arbeitsunfähig war.

30

Der Begriff Arbeitsunfähigkeit ist ein Rechtsbegriff, dessen Voraussetzungen anhand ärztlich erhobener Befunde allein von den Krankenkassen und im Rechtsstreit von den Gerichten festzustellen sind. Die Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit ist durch eine ärztliche Bescheinigung nachzuweisen. Es handelt sich um eine Bescheinigung zur Durchführung der gesetzlichen Aufgaben der Krankenkassen, die zur vertragsärztlichen Versorgung gehört (§ 73 Abs. 2 Nr. 9 SGB V; § 2 Abs. 1 Nr. 9 Bundesmantelvertrag - BMV-Ä -). Die Arbeitsunfähigkeit und ihre voraussichtliche Dauer dürfen vom Vertragsarzt nur auf Grund einer ärztlichen Untersuchung bescheinigt werden (§ 31 BMV-Ä). Es ist Aufgabe des Versicherten, für eine zeitgerechte ärztliche Feststellung der von ihm geltend gemachten Arbeits-unfähigkeit zu sorgen. Er erfüllt diese Obliegenheit, wenn er alles in seiner Macht Stehende tut, um die ärztliche Feststellung zu erhalten (Krauskopf-Vay, a.a.O., § 44 RdZiff.22).

31

Vorliegend fehlt es schon am Nachweis einer ordnungsgemäß bestätigten Arbeitsunfähigkeit. Die von dem Vertragsarzt Dr. D. rückwirkend am 24. Juni 1999 ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung reicht als entsprechender Nachweis nicht aus. Die Bescheinigung wurde offensichtlich auf eine schriftliche Anfrage des Klägers erstellt und beruhte nicht auf der Grundlage einer aktuellen Befunderhebung und Untersuchung des Klägers. Dementsprechend enthält die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auch den Zusatz "Zur Zeit im Krankenhaus". Die Beklagte hat sich deshalb zu Recht auf die schriftliche Auskunft der Tomesa-Klinik gestützt, wonach dort nur eine "Behandlungsbedürftigkeit" angenommen wurde (vgl Bescheinigung des Klinikarztes Prof. Dr. H. vom 16. Juni 1999). Der Senat schließt sich dieser Beurteilung an.

32

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

33

Zur Zulassung der Revision bestand kein gesetzlicher Grund (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).