Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 26.05.2003, Az.: L 13 B 3/03 SB

Kostenentscheidung des Gerichts, wenn das Verfahren auf andere Weise als durch Urteil beendet worden ist; Kostenentscheidung als Ermessensentscheidung; Gesundheitliche Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr"

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
26.05.2003
Aktenzeichen
L 13 B 3/03 SB
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 21162
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0526.L13B3.03SB.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Stade - 09.01.2003 - AZ: S 2 SB 100/01

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stade vom 9. Januar 2003 wird zurückgewiesen.

Gründe

1

Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen eine Kostenentscheidung des Sozialgerichts (SG) Stade in einem durch angenommenes Teilanerkenntnis und Erledigungserklärung im Übrigen beendeten Verfahren, in welchem zwischen den Beteiligten der Grad der Behinderung (GdB) und die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs »erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr (G)« streitig waren.

2

Mit Bescheid vom 7. November 2000 stellte der Beklagte bei dem Kläger wegen der Funktionsbeeinträchtigung »Gelenkbeschwerden bei Verschleiß und Fibromyalgie-Syndrom« ab dem 25. Juli 2000 (Antragstellung) einen GdB von 30 fest. Hiergegen legte der Kläger unter Vorlage einer Bescheinigung des Orthopäden Dr. F. vom 30. Januar 2001 Widerspruch ein, mit dem er einen GdB von mindestens 50 und die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen »G« begehrte. Nach Beiziehung eines Entlassungsberichts der Rheuma-Klinik Bad G. über einen Aufenthalt des Klägers vom 24. Januar bis 14. Februar 2001 und dessen Auswertung durch den versorgungsärztlichen Dienst wies der Beklagte den Widerspruch mit Bescheid vom 13. Juni 2001 als unbegründet zurück.

3

Im anschließenden Klageverfahren, in dem der Kläger sein bisheriges Begehren weiterverfolgte, holte das SG gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten des Arztes für Sozialmedizin Priv. Doz. Dr. H. vom 2. August 2002 ein. Dieser stellte bei dem Kläger folgende Funktionsbeeinträchtigungen fest:

  1. 1.

    Arterielle Verschlusskrankheit beider Beine, Hüft- und Kniegelenksverschleiß sowie Fersensporne.

  2. 2.

    Depressionen.

  3. 3.

    Schwerhörigkeit, Tinnitus und Gleichgewichtsstörungen.

  4. 4.

    Fehlform der Brustwirbelsäule und degenerative Veränderungen der Hals- und Lendenwirbelsäule.

  5. 5.

    Bluthochdruck.

4

Für die Zeit ab Januar 2001 nahm der Sachverständige an Stelle des bisherigen GdB von 30 einen solchen von 50 und ab dem Zeitpunkt seiner Untersuchung (Juli 2002) einen solchen von 70 an. Die Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich »G« waren nach seiner Einschätzung ebenfalls seit dem Zeitpunkt seiner Untersuchung erfüllt. Dieser Beurteilung schloss sich der Beklagte an und gab ein dem Beweisergebnis entsprechendes Teilanerkenntnis ab, das der Kläger zur Erledigung des Rechtsstreits annahm.

5

Mit Beschluss vom 9. Januar 2003 entschied das SG, dass der Beklagte dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu 1/3 zu erstatten habe. Zur Begründung gab das SG an, der Klageantrag sei auf Feststellung eines GdB von mindestens 50 und des Nachteilsausgleichs »G« ab dem 25. Juli 2000 gerichtet gewesen. Angesichts des "Vergleichs" - GdB von 50 ab Januar 2001 und GdB von 70 ab August 2002, Merkzeichen »G« ebenfalls ab August 2002 - sei es sachgerecht, dass der Beklagte 1/3 der außergerichtlichen Kosten erstatte.

6

Gegen den ihm am 13. Januar 2003 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 15. Januar 2003 Beschwerde erhoben, der das SG nicht abgeholfen hat.

7

Zur Begründung seiner Beschwerde trägt der Kläger vor, er habe sein Begehren, auf Dauer einen GdB von mindestens 50 und den Nachteilsausgleich »G« zugebilligt zu erhalten, nur für den kurzen Zeitraum vom 25. Juli 2000 bis 31. Dezember 2001 (gemeint ist offensichtlich: 31.12.2000) nicht erreicht. Danach müsse der Beklagte ihm mehr als lediglich 1/3 der Kosten erstatten.

8

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses dem Beklagten aufzuerlegen, mehr als 1/3 der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

9

Der Beklagte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

10

Er hält die vom SG gewählte Kostenquote für sachgerecht.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die des Beklagten und die Gerichtsakte - L 13 B 3/03 SG (S 2 SB 100/01) - verwiesen, die Gegenstand der Beschlussfassung gewesen sind.

12

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

13

Die Entscheidung des SG, wonach der Beklagte dem Kläger 1/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

14

Nach § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG hat das Gericht auf Antrag über die Kosten zu entscheiden, wenn das Verfahren - wie hier - auf andere Weise als durch Urteil beendet worden ist. Diese Entscheidung richtet sich in erster Linie nach dem Erfolg bzw. mutmaßlichen Erfolg des Verfahrens. Im Einzelfall können Gesichtspunkte der Veranlassung oder der Führung/Fortführung des Rechtsstreits zu einem anderen Ergebnis führen.

15

Das Gericht hat die Kostenentscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen (Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl. 2002, § 193 Rz. 12). Da dem erstinstanzlichen Gericht ein Ermessen eingeräumt wird, kann das Beschwerdegericht dessen Entscheidung nur auf Ermessensfehler hin überprüfen, nicht aber sein Ermessen an die Stelle desjenigen des SG setzen (LSG Bremen, Beschluss vom 15.11.1985, Az. L 5 BR 13/85, Breithaupt 1987, S. 523, 525 m.w.N..; LSG Niedersachsen, Beschluss vom 09.05.1997, Az. L 1 S (Ran) 30/97, SGb 1997, 643). Ob die Entscheidung des SG rechtmäßig ist, bestimmt sich also allein danach, ob es sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat. Das vom SG ausgeübte Ermessen ist nur hinsichtlich seiner Voraussetzungen und Grenzen nachprüfbar.

16

Die hier angefochtene Kostenentscheidung lässt Ermessensfehler nicht erkennen. Das SG hat zutreffend darauf abgestellt, in welchem Umfang der Kläger mit seiner Klage Erfolg hatte. Zwar hatte der Kläger die von ihm begehrte Feststellung eines GdB von mindestens 50 ab Antragstellung im Wesentlichen erreicht. Das Merkzeichen "G" war ihm aber erst ab August 2002 zuerkannt worden, da die Voraussetzungen insoweit erst ab einem im Laufe des Klageverfahrens eingetretenen Zeitpunkt (Untersuchung durch den Sachverständigen) nachgewiesen waren. Der angefochtene Bescheid hatte sich danach in diesem Punkt als rechtmäßig erwiesen. Dem Beweisergebnis hatte der Beklagte durch Teilanerkenntnis unverzüglich Rechnung getragen. Vor diesem Hintergrund hält sich die Entscheidung des SG, der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Klägers lediglich zu 1/3 aufzuerlegen, im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens.

17

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).