Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 22.05.2003, Az.: L 1 RA 106/01
Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ; Berufsunfähigkeit wegen eines Herzinfarktes; Fehlende Erweislichkeit einer Berufsunfähigkeit
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 22.05.2003
- Aktenzeichen
- L 1 RA 106/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 21124
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0522.L1RA106.01.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Oldenburg - AZ: S 5 RA 96/00
Rechtsgrundlagen
- § 144 SGG
- § 123 Abs. 2 SGG
- § 153 SGG
- § 300 Abs. 2 SGB VI
- § 43 Abs. 1 SGB VI
- § 44 SGB VI
- § 240 SGB VI
Redaktioneller Leitsatz
Den Nachteil der fehlenden Erweislichkeit einer Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit im sozialgerichtlichen Verfahren hat der jeweillige Kläger als Anspruchsteller zu tragen.
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit für die Zeit ab Mai 1998.
Der 1951 geborene Kläger erlernte zunächst von April 1966 bis September 1969 den Beruf des Betonfacharbeiters. Nach einer kurzen Zeit der Montagearbeit in diesem Beruf stand der Kläger 8 Jahre lang im Dienst der Bundeswehr in einem Fallschirmjägerbatallion. Von August 1980 bis Juni 1983 erlernte er den Beruf des Versicherungskaufmanns und war im Anschluss Bezirksdirektor eines Versicherungsunternehmens. Nach zwischenzeitlicher Arbeitslosigkeit und einer selbständigen Tätigkeit als Betreiber verschiedener Spielhallen sowie kurzzeitiger Selbständigkeit mit einem Immobilienunternehmen wurde der Kläger ab Januar 1998 kaufmännischer Vertriebsleiter in der Immobilien- und Hausverwaltungsbranche bei dem Unternehmen H. GmbH in I.), für das er bereits von Februar 1995 bis April 1996 gearbeitet hatte.
Bereits kurz nach der erneuten Arbeitsaufnahme für die J. GmbH erlitt der Kläger am 15. Januar 1998 - vor dem Hintergrund der Risikofaktoren einer Hypercholesterinämie und Hypertriglyzeridämie sowie erhöhten Tabakkonsums - einen Hinterwandinfarkt bei coronarer Dreigefäßerkrankung. Bis zum 5. Februar 1998 wurden stationär Ballondilatationen und Stent-Implantationen der Kranzgefäße vorgenommen. Nachdem ein insgesamt befriedigendes Ergebnis erzielt worden war, befand sich der Kläger vom 12. Februar bis zum 5. März 1998 zur Anschluss-Heilbehandlung in der K. in Bad L ... Im Entlassungsbericht vom 11. März 1998 erklärten die Dres. M. und N., die Abschlussuntersuchung habe bei cardialer Beschwerdefreiheit keine wesentlichen Funktionseinschränkungen bezüglich des zuletzt ausgeübten Berufes des Immobilienkaufmanns ergeben. Der Kläger habe seine Leistungsfähigkeit auf dem Fahrrad-Ergometer auf zuletzt 70 Watt über 15 Minuten steigern können. Aus cardiologischer Sicht sei es möglich, die bisherige Berufstätigkeit kurzfristig wieder in voller Schicht aufzunehmen.
Der Kläger stellte gleichwohl am 31. März 1998 bei der Beklagten den Antrag, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU), hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit (BU), zu gewähren. Die Beklagte zog den Bericht der Dres. O. und P. vom 10. Februar 1998 über die nach dem Hinterwandinfarkt durchgeführten Operationen ebenso bei wie den Entlassungsbericht vom 11. März 1998. Sie beauftragte ferner Dr. Q. mit der Erstattung eines internistischen Gutachtens. Dieser Sachverständige führte unter dem 19. Mai 1998 aus, bei den Diagnosen
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Zustand nach Hinterwandinfarkt im Januar 1998 bei coronarer Herzkrankheit, angiographisch nachgewiesener Dreigefäßerkrankung und PTCA im Februar 1998 mit Stent-Einlage,
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Zustand nach Oberschenkeltrümmerfraktur links bei Verkehrsunfall im Jahre 1981 und nachfolgender Beinverkürzung links um 2 cm,
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Vertebralsyndrom bei Fehlstatik der Wirbelsäule,
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Verdacht auf Gonarthrose und 5. Fettstoffwechselstörung
sei das Leistungsvermögen zwar für belastende Tätigkeiten und einseitige Körperhaltungen beeinträchtigt, abgesehen davon sei der Beruf eines Versicherungskaufmanns aber ebenso weiterhin ausübbar wie Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsfeldes. Mit Bescheid vom 30. Juni 1998 lehnte die Beklagte, die bezüglich eines im Juli 1998 eingetretenen Leistungsfalles 46 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen während der letzten 5 Jahre (Juli 1993 bis Juni 1998) ermittelt hatte, den Antrag des Klägers als unbegründet ab. Dafür sei vor allem maßgeblich, dass die medizinischen Ermittlungen eine vollschichtige Leistungsfähigkeit im bisherigen Beruf des Versicherungskaufmanns ergeben hätten.
Der Kläger erhob Widerspruch und machte geltend, seit dem Infarktgeschehen schließe eine der Herzklappen nur unzureichend. Er müsse nunmehr physische und psychische Einschränkungen hinnehmen und dürfe insbesondere keinem Stress ausgesetzt sein. Hinzu kämen erhebliche Schmerzen im oberen Nackenbereich, zum Teil quer über die Schultern zu spüren, nach partieller Blockwirbelbildung C5/6 im Anschluss an einen Unfall im Kleinkindalter. Außerdem träten vor dem Hintergrund der im Jahre 1981 erlittenen Trümmerfraktur und der Komplikation der Beinverkürzung links nebst Beckenschiefstand stechende Schmerzen beim Sitzen sowie beim längeren Stehen oder Laufen auf. Zur Glaubhaftmachung legte er u.a. das Gutachten des Kreiskrankenhauses Nordenham vom 17. Juli 1997 vor.
Die Beklagte zog einen Befundbericht des Hausarztes Dr. R. vom 1. November 1999 bei, in dem sich Angaben über die Langzeitbehandlung nach dem Infarktgeschehen und darüber fanden, dass die Ergometertests nicht pathologisch gewesen seien und keine coronare Ischämie (Blutleere) habe nachgewiesen werden können. Der Facharzt für Orthopädie und Chirotherapie S. erstattete am 17. Dezember 1999 ein Gutachten, in dem er bei den Diagnosen
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Trochantertendopathie (Sehnenerkrankung am Knochenvorsprung -Rollhügel - des Oberschenkelknochens) bei Zustand nach Oberschenkelfraktur links und
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chronisches Vertebralsyndrom (Wirbelschmerzen)
das Leistungsvermögen als aus orthopädischer Sicht in keiner Weise eingeschränkt ansah.
Die Beklagte wies den Widerspruch daraufhin durch ihren Widerspruchsbescheid vom 22. März 2000 zurück. Der Kläger könne weiterhin in seinem bisherigen Beruf des Versicherungskaufmanns eingesetzt werden.
Dagegen hat der Kläger am 30. März 2000 Klage zum Sozialgericht (SG) Oldenburg erhoben. Zur Begründung hat er geltend gemacht, die Beklagte habe die Auswirkungen des im Januar 1998 erlittenen Herzinfarkts nicht ausreichend gewürdigt. Die Herzfunktion sei weiterhin nicht regelgerecht. Das Ausmaß der Leiden werde im Übrigen durch den Teil-Abhilfebescheid des Versorgungsamtes T. vom 15. Juli 1998 belegt. Dieser Bescheid enthielt die Zuerkennung eines Grades der Behinderung (GdB) von 60 für die Zeit ab dem 17. März 1998. Zur Glaubhaftmachung hat der Kläger weitere medizinische Unterlagen vorgelegt.
Das SG hat den Arztbericht des Dr. R. vom 22. Mai 2000 beigezogen. In diesem fanden sich weitere Angaben über das Langzeitergebnis der Behandlungen nach dem Hinterwandinfarkt, LDL- und Cholesterinwerte sowie Angaben über aktuelle Behandlungen.
Das SG hat die Klage - nach Hinweis an die Beteiligten zur beabsichtigten Entscheidungsform - durch den Gerichtsbescheid vom 23. April 2001 abgewiesen. Es hat die dokumentierte cardiale Restleistungsfähigkeit als für den zuletzt ausgeübten kaufmännischen Beruf ausreichend angesehen. Es genüge, dass der Kläger körperlich leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung noch vollschichtig verrichten könne. Denn damit genüge der Kläger den Voraussetzungen für den Wiedereinstieg in den Beruf des Versicherungskaufmanns.
Dagegen richtet sich die am 17. Mai 2001 eingegangene Berufung. Diese hat der Kläger u.a. mit dem Hinweis begründet, über die physischen Auswirkungen des Hinterwandinfarktes hinaus psychisch beeinträchtigt zu sein. Der Herzinfarkt habe ihm vor Augen geführt, in den zurückliegenden Jahren Raubbau an seiner Gesundheit betrieben zu haben und nicht mehr leistungsfähig zu sein. Der Schock des Herzinfarktes sitze tief. Sogar seine Ehe sei gescheitert. Er glaube, die mit einer Arbeitsaufnahme zwangsläufig verbundenen Stresssituationen nicht mehr bewältigen zu können.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,
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den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Oldenburg vom 23. April 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. Juni 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2000 aufzuheben und .
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die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit,
hilfsweise
Rente wegen Berufsunfähigkeit, für die Zeit ab dem 1. Mai 1998 zu gewähren
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat einen weiteren Befundbericht des Dr. R. (vom 5. November 2001) beigezogen. Zu den Akten ist ferner eine Auskunft über das letzte Beschäftigungsverhältnis des Klägers bei der J. GmbH vom 20. August 2002 gelangt. Dr. U. hat für den Senat am 28. September 2002 ein psychiatrisches Gutachten erstattet. Dieser Sachverständige hat ausgeführt, eine psychiatrische Erkrankung im Sinne einer Anpassungsstörung nach ISD 10 sei nicht festzustellen. Psychologisch nachvollziehbar und verständlich sei die Ängstlichkeit des Klägers in Bezug auf alltägliche Beschwerden im Thoraxbereich. Die massiven Schmerzen zum Zeitpunkt des Herzinfarkts, deren Ursache zudem über viele Stunden nicht erkannt und somit verspätet behandelt worden sei, hätten einen bleibenden Eindruck beim Kläger hinterlassen. Jedes Mal, wenn irgendwelche Beschwerden in diesem Körperbereich aufträten, werde der Kläger an den Herzinfarkt und die damit verbundene Lebensbedrohung erinnert. Diese Befindlichkeit erreiche jedoch keinen Krankheitswert.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten sowie die Rentenakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß den §§ 143 f Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist nicht begründet. Über sie konnte der Senat im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, §§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 SGG.
Das Urteil des SG ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, von der Beklagten Rente wegen EU bzw. Rente wegen BU zu erhalten. Die Beklagte und das SG haben die maßgeblichen Rechtsgrundlagen erläutert und zutreffend angewandt. Richtig war auf den vom Kläger geltend gemachten Anspruch zunächst das Sechste Sozialgesetzbuch (SGB) VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung anzuwenden. Denn der Kläger hat seinen Rentenantrag am 31. März 1998 (mündlich bei der für ihn zuständigen Gemeinde) gestellt, damit noch zu einem Zeitpunkt unter der Geltung des alten Rechts und auch - was in Fällen wie dem vorliegenden selbstverständlich ist - im Hinblick auf einen Leistungsfall vor Ablauf von 3 Monaten nach dem Inkrafttreten des neuen Rechts (Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000, Bundesgesetzblatt I Seite 1827; Inkrafttreten: 1. Januar 2001), § 300 Abs. 2 SGB VI.
Bereits für die an geringere Voraussetzungen als die Rente wegen EU geknüpfte Rente wegen BU fehlt es an den nach § 43 Abs. 1 SGB VI a.F. geforderten Tatbestandsvoraussetzungen. Rente wegen BU erhielten nach § 43 Abs. 1 SGB VI a.F. Versicherte, die
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BU waren,
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in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der BU 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hatten und
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vor Eintritt der BU die allgemeine Wartezeit (5 Jahre) erfüllt hatten.
Zwar sind zum Einen die allgemeine Wartezeit nach der Nr. 3 und zum Anderen die besondere versicherungsrechtliche Voraussetzung nach der Nr. 2 erfüllt, es fehlt jedoch am Merkmal der BU. Wegen der gesetzlichen Einzelvoraussetzungen und des von der Rechtsprechung angesichts eines als verschlossen angesehenen Teilzeit-Arbeitsmarktes geforderten vollschichtigen Leistungsvermögens im bisherigen Beruf oder aber einer zumutbaren Verweisungstätigkeit nimmt der Senat ebenso wie im Hinblick auf die zutreffenden Erwägungen zur sozialmedizinischen Leistungseinschätzung Bezug auf die Ausführungen des SG (§ 153 Abs. 2 SGG). Bedeutsam war bei alledem, dass Zweifel an der beruflichen Leistungsfähigkeit des Klägers nicht ausreichen, um die begehrte Rente zuzusprechen. Voraus zu setzen war vielmehr der Nachweis, dass der Kläger den beruflichen Anforderungen nicht mehr genügte und dieser Zustand fortbesteht. Der Nachweis hat sich aber weder durch die Ermittlungen der Beklagten und des SG noch durch die ergänzende Beweiserhebung des Senats führen lassen. Den Nachteil der fehlenden Erweislichkeit hat der Kläger als Anspruchsteller zu tragen (Grundsatz der objektiven Beweislast, vgl. nur: Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 7. Aufl. 2002, § 103 Rn. 19a m.w.N.).
Zusammenfassend und vor allem im Hinblick auf die ergänzende Beweiserhebung ist auf folgendes hinzuweisen:
Bisheriger Beruf des Klägers i.S. des § 43 SGB VI a.F. ist derjenige eines Versicherungskaufmanns und in dem damit eröffneten Spektrum die Ausübungsform in der Position eines kaufmännischen Vertriebsleiters. Den auf derartigen Arbeitsplätzen gestellten Anforderungen ist der Kläger weiterhin gewachsen. Das gilt - wie es das SG in den Vordergrund gestellt hat - zunächst bezüglich der körperlichen Beanspruchung. Die gesundheitlichen Probleme auf internistisch-cardialem und auf orthopädischem Gebiet verwehren es dem Kläger nicht, die im Beruf des Versicherungskaufmanns im Vordergrund stehenden Arbeiten zu erledigen.
Nach dem überstandenen Herzinfarkt ist zwar ein - in erster Linie psychiatrisch zu würdigendes - Risiko des Reinfarkts verblieben, nicht jedoch eine künftige Erwerbsarbeiten ausschließende und rentenbedeutsame Einschränkung. Bei Dr. Q. konnte der Kläger bereits in 2 Minuten-Stufen bis 125 Watt belastet werden (Gutachten vom 19. Mai 1998). Ungeachtet der nicht ganz optimalen Behandlungsergebnisse traten auch unter Belastung keine pektanginösen Beschwerden, keine Extrasystolen und keine signifikanten Repolarisationsveränderungen auf. Die Erholungsphase gestaltete sich unauffällig. Das Blutdruckverhalten bezeichnete Dr. Q. als normoton. Der Hausarzt Dr. R., der die Entwicklung nach dem Herzinfarkt laufend kontrollierte und weiter kontrolliert, konnte die Belastbarkeit im April 1999 bereits wieder auf 150 Watt steigern (Testablauf wie bei Dr. Q. ). In dem vom Senat beigezogenen Befundbericht vom 5. November 2001 hieß es bei Dr. R., während der letzten Jahre sei ungeachtet der fortbestehenden Risikofaktoren der Hypercholesteriämie und der Hypertriglyzeridämie keine Veränderung aufgetreten. Günstig zu werten ist in diesem Zusammenhang der von Dr. U. festgehaltene Umstand, dass der Kläger unmittelbar nach dem Infarktgeschehen von Januar 1998 das Rauchen aufgegeben habe.
Für das orthopädische Fachgebiet ist der Senat den überzeugenden Ausführungen des Facharztes S. vom 17. Dezember 1999 gefolgt. Danach ergaben sich aus der diagnostizierten Trochantertendopathie und dem chronischen Vertebralsyndrom keine das körperliche Leistungsvermögen wesentlich berührenden Einschränkungen. Im letzten Hausarztbericht (vom 5. November 2001) führte Dr. R. keine orthopädischen Leiden auf. Dr. U. erfasste in seinem aktuellen psychiatrischen Gutachten nebenbefundlich auch das orthopädische Gebiet (Klopfschmerz über der Lendenwirbelsäule, Muskelhartspann beiderseits, Beinverkürzung links ca. 2 cm, Zustand nach Oberschenkel-Trümmerfraktur, leichter Beckenschiefstand sowie Knorpelreiben in den Kniegelenken). Der Leistungsbeurteilung des Facharztes S. konnte sich Dr. U. dabei "ohne Einschränkungen" anschließen.
Aber auch die im Berufungsverfahren im Vordergrund stehende Frage, ob aus dem Herzinfarktgeschehen eine derart weitgehende psychische Störung hervorgegangen ist, dass es dem Kläger verwehrt wäre, erneut eine Berufstätigkeit aufzunehmen, hat nicht zum Nachweis zumindest der BU geführt. Dr. U. diagnostizierte zwar eine mittelschwere Panikstörung. Sie wirkt sich jedoch nicht derart gravierend aus, dass dem Kläger damit die Teilnahme am Berufsleben verschlossen wäre. Diese Beurteilung ist für den Senat überzeugend, weil sich das tatsächliche, von Dr. U. geschilderte und vom Kläger nicht in Frage gestellte Geschehen in einem Rahmen bewegt, der ausschließlich der Privatsphäre zugeordnet werden kann. Dr. U. gab wieder, der Kläger wache zeitweise zweimal pro Woche in der Nacht in auf, wobei sich Herzklopfen, Schwitzen und eine Brustbeklemmung abrupt bemerkbar machten. Innerhalb weniger Minuten werde ein Höhepunkt erreicht, der mindestens eine viertel Stunde andauere. Nur selten sei die angesprochene Schlafstörung aber als schwerwiegend einzustufen. Der Kläger könne dann immer noch selbständig aufstehen und ggf. - vorsorglich - zum Krankenhaus fahren. Abgesehen von alledem sei dem Kläger zu einer - bisher nicht versuchten - Psychotherapie zu raten.
Im Übrigen ergibt sich eine zur BU führende Leistungsbeeinträchtigung auch nicht im Zusammenhang mit dem Vortrag des Klägers, Stresssituationen nicht mehr ausreichend bewältigen zu können. So fanden Dr. U. und die von ihm hinzugezogene Frau Dr. phil. Dipl.-Psych. V. im Rahmen der Testpsychologie (Hamburg Wechsler Intelligenztest für Erwachsene) eine jeweils überdurchschnittlich ausgeprägte Konzentration bei Routineaufgaben und Umstellfähigkeit auf neue Details. Die Merkfähigkeit des Klägers in Zusammenhang mit Aufmerksamkeit und Konzentration seien als weit überdurchschnittlich einzuordnen. Der Kläger habe keinerlei Schwierigkeiten darin gezeigt, komplexe soziale Abläufe und Situationen in ihrer Gesamtheit zu erfassen und sein Augenmerk auf wesentliche Einzelheiten in ihrer Bedeutung zu richten. Insgesamt war die Güte der vom Kläger erbrachten Leistungen während der verschiedenen psychologischen Tests überdurchschnittlich. Nicht zu verkennen war zwar der mehrfache Hinweis der Gutachter, der Kläger bewältige Konzentrationsaufgaben unter Zeitdruck mit unterdurchschnittlich starkem Willensantrieb. Er zeige ein verlangsamtes, dabei aber extrem sorgfältiges Testverhalten. Aus diese Individualität eines "fehlervermeidenden Arbeitsverhaltens" (so Dr. U.) lässt sich ein die künftige Arbeitsaufnahme ausschließender Mangel nicht ableiten.
Da der Kläger nach alledem schon nicht bu war und ist, kam erst Recht nicht in Betracht, ihm Rente wegen EU nach § 44 SGB VI a.F. zuzuerkennen.
Die für das alte Recht geltende Beurteilung gilt schließlich gleichermaßen für die §§ 43, 240 SGB VI n.F., zumal nach diesen Neuregelungen für einen unter der Geltung des neuen Rechts eingetretenen Leistungsfall noch weitergehende zeitliche Einschränkungen des Leistungsvermögens (Herabsinken auf unter 6 Stunden pro Arbeitstag) verlangt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Es bestand kein gesetzlicher Grund, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG).