Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 12.10.1998, Az.: 13 Sa 103/98
Feststellung, dass ein Arbeitsverhältnis nicht durch eine außerordentliche Kündigung beendet worden ist
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 12.10.1998
- Aktenzeichen
- 13 Sa 103/98
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1998, 16988
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:1998:1012.13SA103.98.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Emden - 04.12.1997 - AZ: 2 Ca 256/96
Fundstellen
- APR 1999, 55
- FA 1999, 102
- FAr 1999, 102
- ZauR 1999, 67
In dem Rechtsstreit
hat die 13. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 01.09.98
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... und
den ehrenamtlichen Richter ... und
die ehrenamtliche Richterin ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Emden vom 04.12.1997, 2 Ca 256/96, abgeändert.
Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die fristlosen Kündigungen vom 19.4. und 02.05.1996 nicht aufgelöst worden ist, sondern bis zum 31.12.1996 fortbestanden hat.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 25.000,00 DM festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Feststellung, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die außerordentlichen Kündigungen des Beklagten vom 19.04.1996 und 02.05.1996 beendet worden ist.
Die Klägerin ist u. a. in den Bereichen Schrotthandel und Stahlhandel tätig. Beim Schrotthandel mit einem Jahresumsatz von ca. 80 Mio. DM handelt es sich um einen Unternehmens Schwerpunkt, während der Stahlhandel mit ca. 7 Mio. DM Jahresumsatz auf die Region beschränkt ist und durch eine Vielzahl kleinerer Geschäftsabschlüsse geprägt ist.
Der Beklagte war seit dem 01.04.1991 als Angestellter gemäß Arbeitsvertrag vom 15.01.1992 (Bl. 7 ff. d.A.) bei der Klägerin beschäftigt. In § 1 des Vertrages ist bestimmt:
Herr ... ist seit dem 01.04.1991 als Angestellter für den Arbeitgeber tätig. Der Aufgabenbereich des Angestellten umfaßt zur Zeit die Bereiche: Außenbetriebe, Beteiligungen sowie Umweltdienstleistungen. Herr ... ist dem Geschäftsbereich Verwaltung und Betrieb unterstellt, dessen Stelleninhaber zur Zeit Herr ... ist. Aufgrund der engen Zusammenarbeit mit den Geschäftsbereichen Rohstoffe und Dienstleistungen bestehen jedoch auch von dort Weisungsbefugnisse gegenüber Herrn ... Die Aufbauorganisation des Arbeitgebers liegt diesem Vertrag an.
Der Beklagte war überwiegend im Bereich Schrotthandelsaktivitäten beschäftigt, daneben waren ihm (zeitweise) auch die Niederlassungsleitung der ... Schrottverwertung und Eisenhandels GmbH und die Entsorgung für ein Werkunternehmen übertragen. Er kündigte das Arbeitsverhältnis ordentlich mit Schreiben vom 20.12.1995 mit der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist zum 31.12.1996 und bat um vorzeitige Entlassung aus dem Arbeitsverhältnis. Die Parteien verhandelten hierüber, die Klägerin hatte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu neuen Bedingungen (50% höheres Gehalt) angeboten. Der Beklagte lehnte dieses ab. Im Rahmen der Verhandlungen über eine vorzeitige Vertragsaufhebung hatte der Beklagte der Klägerin mitgeteilt, daß er zu einem Unternehmen der Unternehmensgruppe ... wechseln wolle. Die Klägerin lehnte sodann eine vorzeitige Vertragsbeendigung ab und kündigte am 13.02.1996 an, den Beklagten in den Bereich Stahlhandel umsetzen zu wollen. Der Beklagte lehnte dies ab. Am 09.04.1996 fanden vormittags und nachmittags jeweils Gespräche zwischen der Geschäftsleitung und dem Beklagten statt, in denen ihm Tätigkeiten im Schrottgeschäft untersagt und Tätigkeiten im Stahlhandel zugewiesen wurden. Eine schriftliche Anweisung an den Beklagten, im Stahlhandel tätig zu werden, erfolgte mit Schreiben vom 17.04.1996 (Bl. 10 d.A.), auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Der im Schreiben vom 17.04.1996 festgelegte Arbeitsplatz war vorher bei der Klägerin nicht vorhanden, er ist für eine Beschäftigung des Klägers bis zum Ablauf der Kündigungsfrist neu geschaffen worden.
Der Beklagte kündigte mit Schreiben seines Prozeßbevollmächtigten vom 19.04.1996 (Bl. 17 ff. d.A.) das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit der Begründung, die Arbeitspflicht habe sich konkretisiert auf den Schrotthandel, die Umsetzung in den Stahlhandel sei vertragswidrig. Im übrigen sei er im Rahmen der Gespräche unangemessen behandelt worden, er sei in das leere ehemalige Prokuristenzimmer geschickt worden mit der Aufforderung, darüber nachzudenken, ob er nicht doch der Anweisung nachkommen wolle, im Stahlhandel tätig zu werden. Es sei ihm auch ein Telefonverbot erteilt worden.
Eine weitere außerordentliche Kündigung vom 02.05.1996 (Bl. 34 ff. d.A.) begründet der Beklagte damit, Mitglieder der Geschäftsleitung der Klägerin hätten Dritten gegenüber behauptet, er habe Geschäftsunterlagen entwendet und sich unmöglich benommen.
Der Beklagte war im April und Mai 1996 arbeitsunfähig. Die Klägerin zahlte das Gehalt bis einschließlich 31.05.1996 (Ablauf der 6wöchigen Entgelt-Fortzahlungsfrist). Der Beklagte nahm seine Tätigkeit bei der Klägerin nicht mehr auf, seit dem 01.08.1996 war er tätig für die Firma ... die zur Unternehmensgruppe ... gehört. Diese Unternehmensgruppe befaßt sich u. a. auch mit Schrotthandel, es handelt sich um ein Konkurrenzunternehmen zur Klägerin. In dem von der Klägerin angestrengten einstweiligen Verfügungsverfahren Arbeitsgericht Emden, 2 Ga 3/96, LAG Niedersachsen, 13 Sa 1301/96, ist dem Beklagten mit Urteil vom 15.10.1996 für die Zeit bis 31.12.1996 eine Tätigkeit für Firmen der Unternehmensgruppe ... untersagt worden.
Die Klägerin hat vorgetragen, eine vertragliche Verpflichtung, den Beklagten nur im Bereich Schrotthandel einzusetzen, habe nicht bestanden. Der Arbeitsvertrag lasse die Umsetzung zu. Im übrigen sei der Beklagte auch während des Arbeitsverhältnisses anderweitig eingesetzt gewesen. Am 09.04.1996 sei nicht ein generelles Telefonverbot ausgesprochen worden, dem Beklagten sei nur untersagt worden, in seinem bisherigen Aufgabenbereich Kunden und Lieferanten anzurufen. Ebenso sei er aufgefordert worden, bei Anruf von Kunden und Lieferanten aus dem Aufgabenbereich Schrott diese zuständigkeitshalber an andere Angestellte zu verweisen. Gründe für eine außerordentliche Kündigung hätten deshalb nicht bestanden.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die fristlose Kündigung des Beklagten vom 19.04.1996 zu diesem Datum aufgelöst ist, sondern bis zum 31.12.1996 fortbesteht;
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch durch die neuerliche -fristlose- Kündigung vom 02.05.1996 nicht beendet worden ist, sondern bis zum 31.12.1996 fortbesteht.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, da er praktisch ausschließlich im Bereich Schrotthandel tätig gewesen sei, habe sich seine Tätigkeit darauf konkretisiert, die einseitige Versetzung in den Stahlhandel sei unwirksam. Von der Klägerin sei er ausschließlich für den Zweck eingestellt worden, im Bereich des Schrotthandels tätig zu werden. Noch nach Abschluß des Arbeitsvertrages sei ihm vom damaligen Geschäftsführer und Gesellschafter der Klägerin am 7. oder 08.03.1992 bestätigt worden, daß er ausschließlich im Schrotthandel beschäftigt werden solle. Die Umsetzung in den Stahlhandel entspreche im übrigen nicht billigem Ermessen i. S. des § 315 BGB, sie sei nur erfolgt, um ihn kaltzustellen. Durch eine 8-monatige Zwangspause im Schrotthandel sei er in starkem Maße in seinem beruflichen Fortkommen gefährdet gewesen. Bei dem Schrotthandel handele es sich um ein schnellebiges Geschäft, aktuelle Kenntnis der Marktverhältnisse sei von außerordentlicher Bedeutung. Eine Entfernung aus diesem Bereich für einen Zeitraum von 8 Monaten hätte für ihn, den Beklagten, zu erheblichen Nachteilen hinsichtlich seiner Marktkenntnisse und Marktpräsenz geführt. Schließlich sei ihm am 09.04.1996 untersagt worden, Telefongespräche zu führen und anzunehmen. Er sei aufgefordert worden, sein bisheriges Büro zu verlassen und in das Büro des ausgeschiedenen Prokuristen zu gehen. Der damalige Geschäftsführer der Klägerin habe ihm, wie er sich selbst in der Berufungsverhandlung im einstweiligen Verfügungsverfahren ausgedrückt habe, den "väterlichen Rat" gegeben, sich hinzusetzen und darüber nachzudenken, ob es nicht besser wäre, der Anweisung, in den Stahlhandel zu gehen, zu folgen. Aufgrund der damit gegebenen unangemessenen Behandlung sei die außerordentliche Kündigung gerechtfertigt.
Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen ... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die gerichtlichen Niederschriften vom 2.9. und 04.12.1997.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, es ist davon ausgegangen, daß nach Arbeitsvertrag Konkretisierung auf eine Beschäftigung im Schrotthandel anzunehmen sei, die Umsetzung in den Bereich Stahlhandel deshalb unwirksam sei und die außerordentliche Kündigung vom 19.04.1996 gerechtfertigt sei. Ergänzend wird Bezug genommen auf Tenor und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
Mit Berufung trägt die Klägerin vor, weder aufgrund der bisherigen Tätigkeit noch nach dem Vertragsinhalt habe die Verpflichtung bestanden, den Beklagten nur im Bereich Schrotthandel einzusetzen, eine Umsetzung in den Stahlhandel sei deshalb vertragsgemäß gewesen. Beim Schrotthandel handele es sich um einen sensiblen Geschäftsbereich, geprägt durch Insiderkenntnis und persönliche Kontakte. Weil der Beklagte zu einem Konkurrenzunternehmen habe wechseln wollen, sei es deshalb unumgänglich gewesen, ihm einen anderen Aufgabenbereich zu übertragen. Die Tätigkeit, die der Beklagte im Rahmen des Stahlhandels habe ausfüllen sollen, habe dem Zweck gedient, diesen Geschäftsbereich zu aktivieren und zukunftsträchtig zu machen. Es handele sich um eine angemessene Aufgabenstellung, zumal von ihr nicht verlangt werden könne, den Beklagten vollständig von der Arbeit zu suspendieren und für ein relativ hohes Entgelt keine Gegenleistung zu erhalten. Ergänzend wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründung.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Emden vom 04.12.1997, zugestellt am 29.12.1997,
- 1.
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die fristlose Kündigung des Beklagten vom 19.04.1996 zu diesem Datum aufgelöst ist, sondern bis zum 31.12.1996 fortbesteht;
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch durch die neuerliche - fristlose - Kündigung vom 02.05.1996 nicht beendet worden ist, sondern bis zum 31.12.1996 fortbestanden hat.
- 2.
Dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor, entsprechend den Ausführungen des Arbeitsgerichts sei von einer Konkretisierung des Arbeitsvertrages auf den Bereich Schrotthandel auszugehen, hierfür sei er eingestellt worden, ein Versetzungsvorbehalt sei im Vertrag nicht aufgenommen. Bei der zugewiesenen Stelle im Stahlhandel sei zu berücksichtigen, daß es sich hierbei um einen geringwertigen Unternehmensbereich handele, letztlich habe die Umsetzung nur dem Zweck gedient, ihn kaltzustellen. Im übrigen rechtfertige auch das unangemessene Verhalten des ehemaligen Geschäftsführers ... bei dem Gespräch vom 09.04.1996 die außerordentliche Kündigung. Ergänzend wird Bezug genommen auf die Berufungserwiderung.
Gründe
Die Berufung der Klägerin ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig, §§ 64, 66 ArbGG, 518, 519 ZPO. Die Berufung ist begründet, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts war festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigungen des Beklagten nicht aufgelöst worden ist.
Die Klage ist zulässig. Ein Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO der Klägerin ist bereits deshalb zu bejahen, weil der Beklagte Schadensersatzansprüche geltend macht, begründet mit der Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigungen. Eine entsprechende Klage ist beim Arbeitsgericht anhängig. Bereits die beabsichtigte Abwehr dieser Schadensersatzansprüche begründet ein besonderes Interesse der Klägerin, die Unwirksamkeit der Kündigungen feststellen zu lassen.
Die außerordentlichen Kündigungen des Beklagten sind unwirksam. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, die die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar machen. Voraussetzung für eine wirksame außerordentliche Kündigung ist damit, daß ein wichtiger Grund für die Kündigung an sich besteht und daß aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung die Einhaltung der Kündigungsfrist unzumutbar ist (KR, 4. Aufl., § 626 BGB, RdNr. 58). Vorliegend fehlt es bereits an einem wichtigen Grund an sich zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
Der Entzug des Arbeitsbereiches Schrotthandel und die Umsetzung in den Stahlbereich stellen keinen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung dar. Entgegen der Auffassung des Beklagten kann nicht von einer Konkretisierung des Arbeitsvertrages auf Tätigkeiten im Schrotthandelsbereich ausgegangen werden. Aufgrund des Arbeitsvertrages steht dem Arbeitgeber ein Weisungsrecht zu zur einseitigen Gestaltung der Arbeitsbedingungen, insbesondere zur Ausfüllung einer im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebenen Leistungspflicht. Im Wege des Weisungsrechts kann ein Wechsel in der Art. der Beschäftigung erfolgen. Die Grenzen des Weisungsrechts ergeben sich dabei insbesondere aus dem geschlossenen Arbeitsvertrag. Schließlich muß die Ausübung des Weisungsrechts im Einzelfall billigem Ermessen gemäß § 315 BGB entsprechen (BAG EZA § 611 BGB Direktionsrecht, Nr. 13 mit weiteren Nachweisen der ständigen Rechtsprechung). Ist die geschuldete Arbeitsleistung in einem Arbeitsvertrag nicht konkret bezeichnet, sondern nur rahmenmäßig umschrieben, so hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Ausübung einer bestimmten Tätigkeit, er hat lediglich nach Vertrag einen Beschäftigungsanspruch auf Übertragung einer Tätigkeit, die, soweit eine tarifliche Vergütungsgruppe nicht vereinbart ist, seinem bisherigen Status und seinem Einkommen entspricht (BAG EZA § 611 BGB Direktionsrecht, Nr. 13; BAG AP Nr. 4 zu § 2 Beschäftigungsförderungs-Gesetz 1985). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Angestellte langjährig auf einem Arbeitsplatz beschäftigt ist. Auch bei langjähriger Übertragung einer bestimmten Tätigkeit tritt keine Konkretisierung ein, von einer Konkretisierung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit auf einem bestimmten Arbeitsplatz kann nur ausgegangen werden, wenn hierfür besondere Umstände gegeben sind (BAG ZTR 1994, S. 166; BAG DB 1993, S. 2600; BAT EzBAT, § 15 BAT Lektoren Nr. 1).
Nach Arbeitsvertrag umfaßt der Aufgabenbereich des Beklagten "zur Zeit" Außenbetriebe, Beteiligungen und Umweltdienstleistungen. Schrotthandel ist dort nicht aufgeführt. Zwar hat der Zeuge ... ausgesagt, daß es sich hierbei ausschließlich um Aufgaben gehandelt habe, die sich auf den Schrotthandel bezogen. Aus der Aufbauorganisation (Bl. 194 d.A.), auf die in § 1 des Arbeitsvertrages am Ende verwiesen wird, ergibt sich allerdings, daß Einkauf/Verkauf Schrott dem Geschäftsbereich 1, Außenbetriebe/Beteiligungen dem Geschäftsbereich 2 und Umweltdienstleistungen dem Geschäftsbereich 3 zugewiesen waren. Es kann daraus nur geschlossen werden, daß der Beklagte zwar für den Schrotthandel eingestellt und dort auch eingesetzt werden sollte, daß aber die Aufgabenbeschreibung im Arbeitsvertrag bewußt allgemein gefaßt wurde, um - so die glaubhafte Aussage des Zeugen ... - den Beklagten flexibel einsetzen zu können. Eine solche flexible Aufgabengestaltung war im übrigen auch notwendig und interessengerecht, weil der Arbeitsvertrag auf 5 Jahre fest abgeschlossen war und erstmals zum 31.12.1996 kündbar war. Hinzu kommt, daß der festgelegte Aufgabenbereich mit dem Zusatz "zur Zeit" versehen ist. Der schriftliche Arbeitsvertrag enthält damit gerade keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf Ein- und Verkauf Schrott. Der Vertrag läßt eine Übertragung mit anderen Aufgaben im Wege des Weisungsrechts zu.
Daß eine andere Vertragsgestaltung gewollt war, ergibt im übrigen auch nicht die Aussage des Zeugen ... Eine konkrete Zusage, ausschließliche Beschäftigung im Schrotthandel, hat er nicht bestätigen können. Seiner Aussage ist nur zu entnehmen, daß der Beklagte für den Schrotthandel eingestellt wurde, dort eingesetzt werden sollte und eine Umsetzung in den Stahlhandel unter seiner Geschäftsführung (bis 30.09.1992) nicht in Betracht gekommen wäre. Die bekundete Absicht, Einsatz nur im Schrotthandel, hat aber in dem maßgebenden schriftlichen Arbeitsvertrag keinen Niederschlag gefunden. Eine arbeitsvertragliche Begrenzung des Weisungsrechts liegt damit nicht vor.
Die Umsetzung in den Stahlhandel war wirksam, der neue Arbeitsbereich entsprach dem bisherigen Status des Beklagten und seinem Einkommensniveau. Die Umsetzung ist auch gemäß § 315 BGB wirksam. Für den Arbeitsbereich Stahlhandel, und zwar in der Form, wie er mit Schreiben vom 17.04.1996 zugewiesen worden ist, ist nicht erkennbar, daß er dem arbeitsvertraglichen Status des Beklagten und seinem Einkommensniveau widerspricht, es handelt sich nicht um einen unterwertigen Tätigkeitsbereich. Neben Aquisition im Stahlhandel waren dem Beklagten vorrangig folgende Tätigkeiten zugewiesen: Marksituation analysieren, Absatzmöglichkeiten eruieren, Vorschläge über neue Absatzmöglichkeiten vorlegen und ein Marketing-Konzept erstellen. Gleichzeitig erfolgte eine Unterstellung unter den Vorsitzenden der Geschäftsführung. Der so umschriebene Aufgabenbereich ist adäquater Aufgabenbereich für einen Angestellten in gehobener Stellung mit dem Einkommensniveau des Beklagten. Es handelt sich bei Tätigkeiten wie Marktanalyse, Marketing-Konzept nicht um untergeordnete Tätigkeiten, sondern um solche, wie sie typischerweise Angestellten in gehobener Stellung oder in Führungspositionen übertragen werden. Dieser Bewertung stehen auch nicht die Aussagen des Zeugen ... entgegen, daß es sich beim Stahlhandel um den geringwertigsten Unternehmensbereich gehandelt habe. Der Stahlhandelsbereich wies ein Umsatzvolumen von ca. 7 Mio. DM pro Jahr auf. Wird dieses Umsatzvolumen durch eine Vielzahl von kleinen Geschäften erreicht, dann kann Erstellung von Marketing-Konzept, Marktanalyse und ähnliches durchaus eine echte Aufgabe für einen Angestellten darstellen, jedenfalls ist nicht erkennbar, daß es sich um eine pro forma Beschäftigung handelte und Aufgabenstellung und Aufgabenbereich nur künstlich aufgebaut worden sind.
Der Aufgabenbereich Stahlhandel durfte dem Beklagten auch unter Berücksichtigung seines bisherigen Kenntnisstandes und seiner bisherigen Tätigkeit zugewiesen werden. Von einem Angestellten seiner Stellung und seines Einkommensniveaus kann erwartet werden, daß er auch in ihm fremden Bereichen nach Einarbeitung Marktanalysen erstellt und Marketing-Konzepte erarbeitet. Der Arbeitsbereich Stahlhandel war als vertragsgemäßer Arbeitsbereich zu bewerten.
Die Umsetzung entsprach billigem Ermessen i. S. des § 315 BGB. Dabei ist berücksichtigt, daß dem Beklagten ein Arbeitsbereich zugewiesen wurde, der bisher nicht bestanden hat. Die Klägerin hat den Beklagten bewußt nicht von der Arbeitsleistung freigestellt, sie hat ihn auf einem neu geschaffenen Arbeitsplatz beschäftigen wollen, um seine Aktivitäten für die Dauer der Kündigungsfrist kontrollieren zu können. Entgegen der Wertung des Beklagten hat sie ihn nicht "kaltstellen" wollen, sie hatte vielmehr die Absicht, den Kläger "unter Aufsicht" zu stellen. Da die zugewiesene Beschäftigung angemessen war und sich die Klägerin auf erhebliche schutzwürdige Interessen berufen kann, ist diese Verfahrensweise nicht zu beanstanden. Der Schrotthandel stellte mit einem Umsatzvolumen von ca. 80 Mio. DM pro Jahr für die Klägerin einen wesentlichen Geschäftszweig dar. Der Beklagte hatte gekündigt, es war bekannt, daß er zu einer Konkurrenzfirma wechseln wollte. Da Handelsgeschäfte wie das Schrottstreckengeschäft nicht schematisch abgewickelt werden, sind persönliche Verbindung zwischen den Vertragspartnern von erheblicher Bedeutung. Auch der Beklagte hat darauf verwiesen, daß es sich bei dem Schrotthandel um ein schnellebiges Geschäft handele und gute, über das rein geschäftliche hinausgehende Kontakte sowie ständige Präsenz am Markt erforderlich seien. Die Klägerin hatte dann aber ein erhebliches Interesse daran, den Beklagten vom Aufgabenbereich Schrotthandel zu entbinden, um den neu zuständigen Mitarbeitern Einarbeitung und verantwortliche Übernahmen der Geschäftsbeziehungen zu ermöglichen. Ein weiteres Interesse der Klägerin bestand darin, den Beklagten von Kenntnissen über die weitere Entwicklung des Schrottgeschäfts abzuschneiden, um einen möglichen Schaden durch den Wechsel zur Konkurrenz gering zu halten. Demgegenüber müssen die Interessen des Beklagten als nachrangig angesehen werden. Er wurde weiterhin von der Klägerin entsprechend dem Arbeitsvertrag bezahlt, mit dem Bereich Stahlhandel war ihm ein adäquater Arbeitsbereich zugewiesen. Sein Interesse, bei einem Wechsel zur Konkurrenzfirma einen möglichst aktuellen und genauen Informationsstand über die Geschäftspolitik der Klägerin und den Stand des Schrottmarktes zu haben, war nicht schutzwürdig. Die Zuweisung des Stahlhandelsbereichs stellt damit keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar.
Auch die Art. und Weise, wie die Klägerin die Umsetzung durchgeführt hat, insbesondere der Ablauf des Gesprächs vom 09.04.1996, ergeben keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung. Ein generelles Telefonverbot ist gegenüber dem Beklagten nicht ausgesprochen worden. In seiner eidesstattlichen Versicherung im einstweiligen Verfügungsverfahren schildert der Beklagte selbst den Vorgang so, daß ihm untersagt worden sei, Telefongespräche zu führen oder anzunehmen, er habe bei jeder Gelegenheit auf seine Nachfolger van der ... hinweisen sollen. Bereits diese Darstellung ergibt, daß es nicht um ein generelles Telefonverbot ging, sondern allein darum, daß ihm im Bereich Schrotthandel telefonischer Kontakt zu Kunden untersagt wurde. Da die Klägerin dem Beklagten wirksam den Bereich Schrotthandel entzogen hatte, die Zuständigkeit auf andere Mitarbeiter übertragen war, ist eine derartige Maßnahme nicht zu beanstanden. Es gab keine Verpflichtung der Klägerin, telefonische Kontaktpflege zu Kunden aus dem Schrottbereich durch den Beklagten während des Arbeitsverhältnisses zu dulden.
Ein Grund für eine außerordentliche Kündigung folgt auch nicht daraus, daß dem Beklagten durch den ehemaligen Geschäftsführer andeutungsweise mit Ausstellung eines schlechten Zeugnisses gedroht wurde und er aufgefordert wurde, sich in das Prokuristenzimmer zu begeben und über die Anweisung, im Stahlhandel tätig zu werden, nachzudenken. Nach seiner eidesstattlichen Versicherung im einstweiligen Verfügungsverfahren wertet der Beklagte das Gespräch vom 9.4. selbst als erregte Diskussion. Fest steht auch, daß die Fronten verhärtet waren, die Klägerin beharrte auf Zuweisung des Arbeitsbereiches Stahlhandel, der Beklagte lehnte ab. Selbst wenn vom Geschäftsführer der Klägerin in diesem Zusammenhang unangebrachte, zu beanstandende Ausführungen gemacht worden sein sollten, kann dies nicht zu einem Grund für eine außerordentliche Kündigung führen. In einer eskalierten Situation, in der beide Vertragspartner auf ihrem Standpunkt beharren, können einzelne Äußerungen nicht überbewertet werden. Dies gilt für Äußerungen von Arbeitnehmern ebenso wie für Äußerungen auf Arbeitgeberseite. Insbesondere ergeben sich, die Schilderung des Beklagten als richtig unterstellt, keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin bei Aufnahme der Tätigkeit im Stahlhandel, zu der der Beklagte verpflichtet war, das Arbeitsverhältnis nicht fair und korrekt bis zum Ablauf der Kündigungsfrist abgewickelt hätte.
Maßgebend für die außerordentliche Kündigung vom 19.4. war für den Beklagten die Zuweisung des Stahlhandelsbereichs, darauf ist die Kündigung schwerpunktmäßig gestützt. Etwaige negative Äußerungen der Vertreter der Klägerin im Gespräch vom 09.04.1996 sind als Nebenpunkte zu bewerten, die für sich genommen die Kündigung nicht rechtfertigen können.
Auch die außerordentliche Kündigung vom 02.05.1996 ist unwirksam. Der Beklagte führt dazu aus, man habe die Drohung des Geschäftsführers schlecht über ihn zu reden, offenbar in die Tat umgesetzt, Mitglieder der Geschäftsleitung hätten Dritten gegenüber behauptet, er habe Geschäftsunterlagen entwendet und sich ganz unmöglich benommen. Einzelheiten zu den Kündigungsgründen sind vom Beklagten nicht vorgetragen worden, insbesondere ist nicht erkennbar, welchen Dritten gegenüber wann welche Mitteilungen gemacht worden sind. Die Kündigungsgründe sind nicht substantiiert dargelegt. Einzig erkennbar ist, daß die Klägerin Herausgabe von 2 Kladden verlangt hat, die sie als Geschäftsunterlagen ansieht. Da die Kladden detaillierte Aufzeichnungen über geschäftliche Vorgänge enthielten, ist die rechtliche Wertung als Geschäftspapiere durch die Klägerin vertretbar, das Herausgabe verlangen stellt dann aber nicht annähernd einen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar.
Da auf Berufung der Klage stattzugeben war, trägt der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits, § 91 ZPO.
Die Revisionszulassung beruht auf § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG.
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 25.000,00 DM festgesetzt.
Der Wert des Streitgegenstandes war gemäß § 12 Abs. 7 ArbGG in Höhe von 3 Monatsvergütungen, also auf 25.000,00 DM festzusetzen.