Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 13.07.1998, Az.: 4 TaBV 70/96
Vorliegen der Tätigkeitsmerkmale der Tarifgruppe 6 des Manteltarifvertrages für Arbeitnehmer in privaten Kreditinstituten bei einem Finanzberater
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 13.07.1998
- Aktenzeichen
- 4 TaBV 70/96
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1998, 10766
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:1998:0713.4TABV70.96.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Hannover - 31.05.1996 - AZ: 8 BV 11/95
Rechtsgrundlage
- § 7 Abs. 3 MTV Privatbanken
Prozessführer
...
Prozessgegner
...
Amtlicher Leitsatz
Ein Finanzberater mit Kreditkompetenz erfüllt regelmäßig die Tätigkeitsmerkmale der Tarifgruppe 6 des Manteltarifvertrages für Arbeitnehmer in privaten Kreditinstituten.
In dem Beschlußverfahren
hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
aufgrund der Anhörung vom 8. Juni 1998
durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ...
und die ehrenamtlichen Richterinnen ...
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Hannover vom 31.05.1996 - 8 BV 11/95 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
GRÜNDE:
I.
Die Beteiligten streiten über die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu der von der Arbeitgeberin beabsichtigten Umgruppierung der Mitarbeiterin ... in die Tarifgruppe 6 des Manteltarifvertrages für Arbeitnehmer in privaten Kreditinstituten.
Die am 17.11.1970 geborene Mitarbeiterin ... war bis zum 04.08.1995 als Schaltermitarbeiterin in verschiedenen Zweigstellen der Niederlassung Hannover der Antragstellerin tätig. Seit dem 07.08.1995übt sie die Tätigkeit einer Finanzberaterin mit reduzierter Kreditkompetenz bis 20.000,00 DM aus. Bis zum Jahre 1995 waren nach der damals geltenden Konzeption der Antragstellerin die Geschäftsstellen in der Regel wie folgt besetzt:
Geschäftsstellenleiter
Privatkundenbetreuer
Kundenberater
Schaltermitarbeiter und
z. T. Kassierer
Im Jahre 1995 veränderte die Antragstellerin ihre Konzeption für die Geschäftsstellen. Die Geschäftsstelle selbst und ihre Mitarbeiter sind seitdem nur noch für die sog. Privatkunden zuständig, lediglich im Tagesgeschäft noch für die Vermögensberatungskunden. Privatkunden (PK) und Vermögensberatungskunden (VK) unterscheiden sich dadurch, daß die Vermögensberatungskunden ein erheblich höheres Finanzvolumen mit der Antragstellerin abwickeln. Die Vermögensberatungskunden werden außerhalb des Tagesgeschäftes durch eine VK-Stelle betreut, die teilweise räumlich in der Geschäftsstelle angesiedelt ist, jedoch nicht mehr dem Geschäftsstellenleiter untersteht.
In der Geschäftsstelle gibt es seit der Umstrukturierung noch folgende Funktionen:
den PK-Geschäftsstellenleiter
ggf. den Geschäftsstellenleitervertreter
den Finanzberater
den Servicemitarbeiter
Für den Finanzberater sind Funktionen, die bis 1995 Kundenberater und Schaltermitarbeiter ausgeübt haben, zum Teil zusammengefaßt und darüber hinaus in sehr starkem Umfang normiert worden. Die Haupttätigkeit der Finanzberater wird in einer Stellenbeschreibung der Antragstellerin wie folgt umschrieben:
Verkaufs- und Beratungstätigkeiten:
Aktive, bedarfsgerechte Beratung der PK-Kunden und zielorientierter Verkauf bestimmter Produkte im standardisierten Pk-Geschäft
Kreditentscheidungen in begrenztem Umfang für normierte Kredite an inländische wirtschaftlich unselbständige Personen sowie Dispositionen unter Beachtung der Dispositions- und Genehmigungsbefugnisse
Erkennung von Cross-Selling-Signalen bei PK-Kunden bezüglich Baufinanzierungsbedarf, Durchführung des Erstgespräches zur Aufnahme der Objektkosten und der Ein-/Ausgabeseite sowie Überleitung an die zuständige Beratung
Identifizierung und Zuordnung von Neukunden gemäß Kundengruppendefinition
Mitwirkung bei der Überleitung der PK-Kunden mit VK-spezifischem Beratungsbedarf im Wertpapiergeschäft in die entsprechende Betreuungszuständigkeit
Mitwirkung bei der Überleitung von PK-Kunden in die VK-Betreuung (Kundengruppenwechsel)
Weiterleitung betreuungsrelevanter Informationen an weitere mit der Betreuung der Kunden betraute Stellen
Heranführung der Kunden an die Kundenselbstbedienungstechnik
Nachlaßbearbeitung gem. Leitfaden
Serviceleistungen im Tagesgeschäft für PK-, VK- und F-Kunden:
Durchführung des Kassengeschäfts/AKT-Bedienung und weiterer Serviceleistungen im Tagesgeschäft
Weitere Haupttätigkeiten:
Überwachung seines/ihres Kreditbestandes einschl.Überziehungen im Rahmen der Zuständigkeit
Mitwirkung bei der Ausbildung und Einarbeitung von Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen
Die abschließende Beratung der Privatkunden umfaßt folgende Bereiche:
Investmentfonds
festverzinsliche Wertpapiere
Extrasparen
Sparbrief mit fester Laufzeit
Extrasparbrief
vermögenswirksamer Sparvertrag
Auszahlplan
Dispositionskredite
Privatdarlehen
Die Antragstellerin bietet mehr als 70 konzerneigene Investmentfonds an. Die Finanzberater beraten abschließend in neun ausgewählten konzerneigenen Investmentfonds. Dabei handelt es sich um einen Geldmarktfonds, einen geldmarktnahen Fonds, einen offenen Immobilienfonds sowie zwei Rentenfonds, die in auf DM lautende festverzinsliche Wertpapiere mit kürzeren bzw. durchschnittlichen Laufzeiten investieren. Zu den ausgewählten Investmentfonds zählen des weiteren ein Fonds, der festverzinsliche Wertpapiere erwirbt, die auf eine europäische Währung oder Ecu lauten, ein gemischter Fonds sowie zwei Aktienfonds. Im Bereich der festverzinslichen Wertpapiere kann der Finanzberater DM-Papiere, jedoch keine Papiere in Fremdwährung anbieten. Sein Angebot umfaßt sowohl öffentlich-rechtliche Anleihen als auch Emissionen der Antragstellerin.
Bei Bauspar- und Lebensversicherungsverträgen fungiert der Finanzberater als entgegennehmende Stelle; er füllt nach Angaben des Kunden ein Formular aus, welches dann an die mit Entscheidungsbefugnis ausgestattete Stelle weitergegeben wird. Im Kreditgeschäft ist die Produktpalette des Finanzberaters auf Dispositions- und Anschaffungsdarlehen im Bereich privater und unselbständiger Personen begrenzt. Kreditentscheidungen an Selbständige fallen nicht in den Kompetenzbereich des Finanzberaters. Die Kreditsumme darf DM 50.000,00 nicht überschreiten. Für darüber hinausgehende Kredite oder für Kredite an Selbständige oder Firmenkunden ist entweder der Geschäftsstellenleiter oder das Vermögensberatungsteam zuständig.
Mit Schreiben vom 17.08.1995 beantragte die Antragstellerin beim Antragsgegner die Zustimmung zur Umgruppierung der Angestellten ... in die Tarifgruppe 6. Zur Begründung führte sie aus, die Mitarbeiterin ... habe eine Ausbildung zur Finanzberaterin mit Kompetenz Ende Mai 1995 abgeschlossen und übe nunmehr die Tätigkeit im Rahmen der Betriebsreserve aus.
Der Betriebsrat verweigerte mit Schreiben vom 22.08.1995 die Zustimmung mit der Begründung, die Mitarbeiterin ... übe die Tätigkeit einer Kundenberaterin aus und sei dementsprechend in die Tarifgruppe 7 einzugruppieren.
Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, der Widerspruch des Betriebsrats sei unbegründet. Bei der Tätigkeit des Finanzberaters handele es sich um eine Mischtätigkeit im Sinne des§ 7 Abs. 3 MTV Privatbanken. Der Finanzberater übeüberwiegend Tätigkeiten aus, die vor der Neustrukturierung von Schaltermitarbeitern wahrgenommen worden seien. Im übrigen hätten die Finanzberater nur im Rahmen der Kreditvergabe in begrenztem Umfang eine eigene Entscheidung zu treffen.
Die Antragstellerin hat beantragt,
- 1.
festzustellen, daß der Antragsgegner seine Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterin ... in die Tarifgruppe 6 MTV Privatbanken nicht verweigert hat,
- 2.
hilfsweise, die vom Antragsgegner verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterin ... in die Tarifgruppe 6 MTV Privatbanken zu ersetzen.
Der Antragsgegner hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Der Antragsgegner hat geltend gemacht, bei der Tätigkeit der Finanzberater handele es sich nicht um eine Mischtätigkeit im Sinne des§ 7 Abs. 3 MTV Privatbanken. Das Arbeitsgebiet des Finanzberaters lasse sich nicht in verschiedene Tätigkeiten aufspalten. Der Finanzberater sei Kundenberater im Sinne des Tätigkeitsbeispiels der Tarifgruppe 7 und damit gemäß § 7 Abs. 2 MTV Privatbanken in die Tarifgruppe 7 einzugruppieren.
Das Arbeitsgericht hat durch Beschluß vom 31.05.1996 unter Zurückweisung des Antrages im übrigen die vom Antragsgegner verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterin ... in die Tarifgruppe 6 MTV Privatbanken ersetzt Gegen den ihm am 05.08.1996 zugestellten Beschluß hat der Betriebsrat am 03.09.1996 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese am 18.09.1996 begründet
Er folgt der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts, die Tätigkeit des Finanzberaters sei keine Mischtätigkeit im Sinne des§ 7 Abs. 3 MTV Privatbanken Nicht gefolgt werden könne der tarifrechtlichen Wertung des angefochtenen Beschlusses, die Tätigkeit des Finanzberaters erfülle nicht die Tätigkeitsmerkmale der Tarifgruppe 7 Die Antragstellerin erwarte von den Finanzberatern kaufmännisches und bankbetriebliches Basiswissen, umfassende Produktkenntnisse, die Fähigkeit und das Erkennen des Produktbedarfs, Abschlußorientierung und -sicherheit, Entscheidungsbereitschaft im Rahmen erteilter Kompetenzen Dies seien Tätigkeiten, die umfassende Kenntnisse voraussetzen
Der Betriebsrat beantragt,
unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses den Antrag insgesamt zurückzuweisen
Die Arbeitgeberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen
Sie verteidigt den erstinstanzlichen Beschluß mit Rechtsausführungen
Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen
II.
Die statthafte und zulässige Beschwerde des Betriebsrats und Beteiligten zu 2) ist als unbegründet zurückzuweisen
Das Arbeitsgericht hat die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung der Mitarbeiterin ... in die Tarifgruppe 6 des Manteltarifvertrages für das private Bankgewerbe zu Recht ersetzt
1.
Auf das Arbeitsverhältnis der Beteiligten zu 1) mit der Mitarbeiterin ... finden unstreitig die Tarifverträge für das private Bankgewerbe Anwendung. Die Eingruppierung der Mitarbeiterin hängt danach von der von ihr ausgeübten Tätigkeit ab (§ 7 Nr. 1 MTV), wonach Sondervorschriften bestehen, wenn die Tätigkeit als Beispiel in einer Tarifgruppe aufgeführt ist (§ 7 Nr. 2 MTV) oder das Arbeitsgebiet Tätigkeiten verschiedener Tarifgruppen umfaßt (§ 7 Nr. 3 MTV) Für die Vergütung der Angestellten stellen die Tarifvertragsparteien damit in rechtlich möglicher Weise auf die tatsächlich von dem betreffenden Angestellten ausgeübte Tätigkeit ab, die sich in aller Regel mit seiner nach dem Arbeitsvertrag geschuldeten Tätigkeit decken wird. Im übrigen haben die Tarifvertragsparteien einen wichtigen und bewahrten Grundsatz der Rechtsprechung zum tariflichen Vergütungsgrundsatz erhoben, indem sie bestimmen, daß die Arbeitnehmer in die betreffende Tarifgruppe einzugruppieren sind, wenn ihre Tätigkeit dann als Beispiel aufgeführt ist (vgl. BAG Urt. v. 02.03.1988 - 4 AZR 600/87 - AP Nr. 9 zu § 1 TVG Tarif vertrage Banken) Das entspricht dem Grundsatz der Rechtsprechung des Vierten Senats des Bundesarbeitsgerichts, wonach allgemeine, abstrakte Tätigkeitsmerkmale ohne besondere Prüfung dann als erfüllt anzusehen sind, wenn ein Arbeitnehmer ein in einer Lohn- oder Gehaltsgruppe Singular aufgeführtes Tätigkeitsbeispiel erfüllt (vgl. BAG Urt. v. 17.01.1996 - 4 AZR 662/94 - AP Nr. 4 zu §§ 22, 23 BAT Sparkassenangestellte) Durch Tätigkeitsbeispiele legen die Tarifvertragsparteien nämlich grundsätzlich fest, daß diese Tätigkeiten den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen der betreffenden Beschäftigungs- oder Vergütungsgruppe entsprechen Sie bringen mit Tätigkeitsbeispielen erkennbar ihre Auffassung zum Ausdruck, daß die dort aufgeführten Tätigkeiten die vorangestellten allgemeinen Tätigkeitsmerkmale erfüllen Dies entspricht auch den bei der Tarif aus legung besonders wichtigen Grundsätzen der Rechtsklarheit und Praktikabilität, denen Tarifvertragsparteien bei der Abfassung von Tarifnormen im allgemeinen gerecht werden wollen. Auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale muß allerdings dann zurückgegriffen werden, wenn das Tätigkeitsbeispiel selbst unbestimmte Rechtsbegriffe enthält, die nicht aus sich heraus ausgelegt werden können, oder wenn dasselbe Tätigkeitsbeispiel in mehreren Beschäftigungs- oder Vergütungsgruppen auftaucht und damit als Kriterium für eine bestimmte Beschäftigungsgruppe ausscheidet Ferner sind die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale für die Eingruppierung dann maßgebend, wenn es um eine Tätigkeit geht, die in den tariflichen Tätigkeitsbeispielen nicht aufgeführt ist, aber auch hier entspricht es regelmäßig dem Willen der Tarifvertragsparteien, bei der Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen in den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen die Tätigkeitsbeispiele als Richtlinie für die Bewertung mit zu berücksichtigen (vgl. BAG Urt. v. 17.01.1996 - a.a.O.).
Die einzelnen Tarifgruppen sieht der MTV in seinem § 6 vor Sie enthalten durchweg eingangs allgemeine, abstrakte Merkmale und alsdann Tätigkeitsbeispiele. Im einzelnen sind demgemäß zu vergüten nach.
Tarifgruppe 4
Tätigkeiten, die Kenntnisse und/oder Fertigkeiten erfordern, wie sie in der Regel durch eine abgeschlossene Berufsausbildung oder durch eine um entsprechende Berufserfahrung ergänzte Zweckausbildung oder längere Einarbeitung erworben werden, z.B.:
Kontoführer/Disponenten
Schalterangestellte mit Bedienungstätigkeiten
Kassierer an kleinen Kassen mit einfachem Kassenverkehr
Tarifgruppe 5
Tätigkeiten, die gründliche oder vielseitige Kenntnisse erfordern, wie sie in der Regel auf dem in Gruppe 4 angegebenen Wege - ergänzt durch weitere Berufserfahrung, Berufsfortbildung oder die Aneignung zusätzliche Kenntnisse im jeweiligen Sachgebiet - erworben werden, z.B.:
Kontoführer/Disponenten mit schwierigeren Arbeiten oder mit beratender Tätigkeit
Schalterangestellte mit beratender Tätigkeit
Kassierer
Tarifgruppe 6
Tätigkeiten, die vertiefte gründliche und/oder vielseitige Kenntnisse voraussetzen und deren Ausführung in begrenztem Umfang eigene Entscheidungen erfordern, z. B.:
Schalterangestellte/Kontoführer/Disponenten mit abschließender Beratung für bestimmte Sparten wie programmierte Kredite bzw. Dienstleistungen
Kassierer mit erhöhten Anforderungen
Tarifgruppe 7
Tätigkeiten, die umfassende Kenntnisse voraussetzen und deren Ausführung überwiegend eigene Entscheidungen und ein entsprechendes Maß an Verantwortung erfordert, z. B.:
Kundenberater
Leiter von Zahlstellen
Tarifgruppe 8
Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an das fachliche Können stellen und/oder mit erhöhter Verantwortung verbunden sind, z. B.:
Kundenberater mit erhöhten Anforderungen (z. B. incl. Spezialberatung im Individualgeschäft)
Leiter kleinerer Geschäfts-/Zweigstellen
Tarifgruppe 9
Tätigkeiten, die sich durch Schwierigkeit und/oder Verantwortung offenbar über Gruppe 8 hinausheben, z. B.:
Kundenberater mit besonderen Anforderungen
Geschäfts-/Zweigstellenleiter
2.
Der Betriebsrat hat die Zustimmung zur Umgruppierung der Mitarbeiterin Lindenberg in die Tarifgruppe 6 mit der Begründung verweigert, Aufgabe der Finanzberater sei die spartenübergreifende Beratung. Aus der umfassenden, wenn auch nicht unbedingt spezialisierten Kundenberatung im Aktiv- wie auch im Passivgeschäft, der Entscheidungsorientierung in der Beratung und aus der Abschlußorientierung ergäbe sich, daß für diese Tätigkeit das Tätigkeitsbeispiel "Kundenberater" zutreffe und damit eine Eingruppierung in die Tarifgruppe 7 zu erfolgen habe Diese Zustimmungsverweigerung entspricht den Anforderungen des § 99 Abs. 3, Abs. 2 Nr. 1 BetrVG
Die Zustimmungsverweigerung ist jedoch nicht begründet
a)
Der Betriebsrat kann sich zur Stützung seiner Auffassung nicht auf die Entscheidung des Vierten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 17.01.1996 (4 AZR 662/94 - AP Nr. 4 zu §§ 22, 23 BAT Sparkassenangestellte) berufen Dabei kann zugunsten des Betriebsrats unterstellt werden, die Mitarbeiterin ... übe zeitlichüberwiegend Beratungstätigkeiten aus.
Der Vierte Senat hat in der vom Betriebsrat angezogenen Entscheidung angenommen, bei dem Begriff des"Kundenberaters" im Sinne des Eingruppierungsmerkmals der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 TV Sparkassen handele es sich um eine im Geschäftsbereich der Sparkassen gebräuchliche Tätigkeits- und Funktionsbeschreibung, die aus sich selbst heraus ausgelegt werden könne. Im Geschäftsbereich der Sparkassen werde die spartenübergreifende Beratung von Privatkunden im standardisierten Geschafft oder sog. Mengengeschäft als Tätigkeit eines"Kundenberaters" bezeichnet. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, die Tarifvertragsparteien hatten als Tätigkeitsbeispiel den Kundenberater "mit einfacher Beratungstätigkeit" oder den "Kundenberater für Privatkunden im Mengengeschäft" nennen können, wenn es der Wille der Tarifvertragsparteien gewesen wäre, für Kundenberater mit besonders einfachen Beratungsaufgaben eine geringere Vergütung vorzusehen
b)
Die Grundsätze der o. g. Entscheidung können auf den Streitfall nicht übertragen werden, weil der Manteltarifvertrag für das private Bankgewerbe eine andere tarifliche Systematik als der Tarifvertrag Sparkassen aufweist. Bei der Auslegung des Tarifbeispiels"Kundenberater" ist davon auszugehen, daß die Tarifvertragsparteien, denen es im Manteltarifvertrag um die Regelung der spezifischen Arbeitsbedingungen im Bereich der privaten Kreditinstitute geht, diesen Begriff im Sinne seiner besonderen Bedeutung im Bankgewerbe verwenden. Aus dem Tarifgefüge wird deutlich, daß die Tätigkeit eines Kundenberaters im Sinne des Richtbeispiels der Tarifgruppe 7 MTV-Privatbanken sich von der Tätigkeit eines Kundenberaters im Sinne der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 TV Sparkassen unterscheidet Denn im Gegensatz zum TV Sparkassen haben die Tarifvertragsparteien im Richtbeispiel der Tarifgruppe 6 besondere tarifliche Bestimmungen für Angestellte mit einfacherer Beratungstätigkeit normiert
3.
Die Tätigkeit der Finanzberater erfüllt die Tätigkeitsmerkmale der Tarifgruppe 6
a)
Der Tarifwortlaut läßt allerdings nicht den zwingenden Schluß darauf zu, daß die Tätigkeit der Finanzberater das Richtbeispiel "Schalterangestellte/Kontoführer/Disponenten mit abschließender Beratung für bestimmte Sparten wie programmierte Kredite bzw. Dienstleistungen" erfüllt
aa)
Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln Auszugeben ist" zunächst vom Tarifwortlaut. Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien ist über den reinen Wortlaut hinaus mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamt Zusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann (vgl. BAG Urt. v. 24.04.1996 - 4 AZR 961/94 - AP Nr. 12 zu § 1 TVG Tarif vertrage Papierindustrie
bb)
Die Erfüllung des Tätigkeitsbeispiels setzt die"abschließende Beratung für bestimmte Sparten wie programmierte Kredite bzw. Dienstleistungen" voraus. Der Zusatz "wie programmierte Kredite" verdeutlicht, daß schon die Beratung in einer Sparte - im normierten Kredit- oder Standardspargeschäft - die Voraussetzungen des Richtbeispiels erfüllt. Die Tarif Vertragsparteien konnten durch die Verwendung des Plurals "bestimmte Sparten" zum Ausdruck gebracht haben, daß auch die spartenübergreifende Beratung noch vom Tätigkeitsbeispiel umfaßt wird Gegen die Annahme, das Eingruppierungsmerkmal sei entgegen dem Wortlaut singularisch gemeint, spricht, daß es sprachlich keine Schwierigkeiten bereitet, den Gegenstand der Beratung in der Fassung des Eingruppierungsmerkmals im Singular zu verwenden, wenn dies für den Gegenstand der Beratungstätigkeit gewollt ist (Schalterangestellte, die in einer Sparte abschließend beraten) Gegen die Annahme, auch die spartenübergreifende Beratung unterfalle dem Richtbeispiel, spricht, daß die Tarifvertragsparteien auch in anderen Richtbeispielen den Plural verwandt haben, obwohl der Singular gemeint ist (z.B. Leiter kleinerer Geschäfts-/Zweigstellen)
b)
Für die Entscheidung darüber, ob die Finanzberater die Tätigkeitsmerkmale der Tarifgruppe 6 MTV-Privatbanken erfüllen, muß daher auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale zurückgegriffen werden
Nach § 7 Nr. 1, 3 MTV-Privatbanken ist für die zutreffende Eingruppierung des Angestellten seineüberwiegende Tätigkeit maßgebend Darunter ist die zeitlichüberwiegende Tätigkeit zu verstehen. Es kommt deshalb für die Eingruppierung zunächst darauf an festzustellen, ob der Finanzberater eine einheitlich zu bewertende Gewalttätigkeit, eine überwiegend auszuübende Teiltätigkeit oder mehrere selbständige Teiltätigkeiten zu erfüllen hat. Ob hierbei im Einzelfall eine Gewalttätigkeit im Sinne der Rechtsprechung in Eingruppierungsstreitigkeiten des öffentlichen Dienstes vor der Neufassung der §§ 22, 23 BAT 1975 angenommen werden kann, ist durch Auslegung der tariflichen Bestimmungen zu entscheiden (vgl. BAG Urt. v .24.04.1996 - 4 AZR 691/94 - AP Nr. 12 zu § 1 TVG Tarif vertrage Papierindustrie) Für eine zusammenfassende Betrachtung von Tätigkeiten auf der Beurteilungsgrundlage der überwiegenden Tätigkeit gelten vergleichbare Regeln und Kriterien wie bei der Bildung von Arbeitsvorgängen, lediglich die anzuwendenden Maßstäbe sind weniger streng (vgl. BAG Urt. v. 24.04.1996 - a.a.O.). Die Tarifvertragsparteien haben durch das Tarifbeispiel"Schalterangestellte mit abschließender Beratung für bestimmte Sparten" zum Ausdruck gebracht, daß der Schalterangestellte mit beratender Tätigkeit eine einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit ausübt und unabhängig vom zeitlichen Umfang seiner Beratungstätigkeit der Tarifgruppe 6 unterfällt.
Wenn die Tarifvertragsparteien in dem Richtbeispiel der Tarifgruppe 6 Vergütung nach dieser Vergütungsgruppe vorsehen für Schalterangestellte mit Beratungstätigkeiten, so dürfen aufgrund dieser Verbindung an sich wesensverschiedener Aufgaben in einem Richtbeispiel die Gerichte diese beiden Aufgaben nicht voneinander trennen und jeweils tarifrechtlich gesondert bewerten. In diesen Fällen ist vielmehr eine einheitliche rechtliche Bewertung durch die Gerichte zwingend vorgeschrieben (vgl. auch BAG Urt. v. 23.04.1980 - 4 AZR 378/78 - AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifverträge: Brauereien). Es kann daher im Streitfall dahinstehen, ob die Finanzberater überwiegend Schaltertätigkeiten ausüben oder, wovon der Betriebsrat ausgeht,überwiegend beratend tätig sind.
c)
Die Tätigkeit der Finanzberater erfordert vertiefte gründliche und vielseitige Kenntnisse und in begrenztem Umfang eigene Entscheidungen.
aa)
Nach der Rechtsprechung (vgl. BAG Urt. v. 28.09.1994 - 4 AZR 542/93 - AP Nr. 185 zu §§ 22, 23 BAT 1975) hat das Tarifmerkmal der "gründlichen Fachkenntnisse" sowohl ein qualitatives als auch ein quantitatives Element, wonach Fachkenntnisse von nicht ganz unerheblichem Ausmaß und nicht nur oberflächlicher Art. erforderlich sind. Das zusätzliche Merkmal der "vielseitigen Kenntnisse" beinhaltet den erweiterten Umfang der Fachkenntnisse, die zur Ausübung der Tätigkeit verlangt werden.
bb)
Die Beratung der Kunden im Standardspargeschäft (Extrasparen, Sparbrief mit fester Laufzeit, Extrasparbrief, Dresdner-Bank-Auszahlplan) erfordert Kenntnisse, wie sie in der Regel durch eine abgeschlossene Ausbildung zum Bankkaufmann - ergänzt durch Berufserfahrung - erworben werden. Bei der tariflichen Bewertung der vom Finanzberater benötigten Kenntnisse bei der Beratung im Bereich der festverzinslichen Wertpapiere fällt entscheidend ins Gewicht, daß der Finanzberater lediglich öffentlich-rechtliche Anleihen und Emissionen der Antragstellerin anbieten kann. Des weiteren ist seine Befugnis auf das Angebot von DM-Papieren begrenzt Daraus folgt, daß der Kunde beim Kauf der Rentenpapiere weder ein Währungsrisiko noch - aufgrund der Garantie der Rückzahlung zu 100 % - ein Verlustrisiko eingeht Hinzu kommt, daß der Finanzberater ausschließlich Anleihen von Schuldnern bester Bonität anbieten darf. Die Beratung erfordert daher vertiefte gründliche Kenntnisse.
Die abschlußorientierte Beratung im Bereich der neun ausgewählten Investmentfonds erfordert vertiefte gründliche und vielseitige Kenntnisse. Im Ansatzpunkt zutreffend geht der Beschwerdeführer davon aus, daß die Beratung in den neun Grundfonds dieselben Grundkenntnisse erfordert, die auch bei der Beratung in weiteren Fonds erforderlich sind. Die Beratung im Bereich der Investmentfonds erfordert zur Einschätzung des Risikos von Kursverlusten Kenntnisse über den Anlageschwerpunkt, die Anlagepolitik des Fonds, die Fortentwicklung und Kursschwankungen Darüber hinaus sind bei der Anlageberatung im Bereich der Investmentfonds Anlagekosten - Ausgabeaufschläge und Depotgebühren - zu berücksichtigen Eine interessengerechte Beratung setzt ferner voraus, daß die Anlagedauer beim Kunden erfragt und die Anlegermentalität - risikobewußt oder auf Sicherheit bedacht - zutreffend eingeschätzt wird Allerdings sind die den Finanzberatern zur Beratung offenstehenden ausgewählten Fonds überwiegend mit einem äußerst geringen (Geldmarktfonds) bis geringen (Rentenfonds, die in auf DM lautende festverzinsliche Wertpapiere investieren) Risikograd für den Kunden verbunden Einer höheren Produktrisikokategorie sind zwar die Aktienfonds zuzuordnen. Die Finanzberater sind insoweit jedoch an die Vorgaben der Antragstellerin gebunden. So haben die Finanzberater bei konservativen Kunden die Einhaltung des maximalen Depotanteiles von 30 % zu beachten Aufgrund des den Finanzberatern zur Verfügung gestellten Anlagevotums der Antragstellerin ist für den Finanzberater ersichtlich, welche Anlagen für den konservativen oder für den risikobewußten Privatkunden in Betracht kommen Ferner ist exakt vorgegeben, welche Anlagen für die kurzfristige, die mittelfristige oder langfristige Kapitalanlage geeignet sind Alle Fonds haben ihren Anlageschwerpunkt in Deutschland und Europa und sind deshalb hinsichtlich der Beurteilung der Markte überschaubar Weitere Spezialkenntnisse über weltweite Marktentwicklungen (Währungsrisiken, Kapitalmarktentwicklung) sind nicht erforderlich, so daß der Finanzberater nicht über umfassende Kenntnisse verfügen muß.
Die Kreditberatung erfordert vertiefte gründliche und vielseitige Kenntnisse und in begrenztem Umfang eigene Entscheidungen. Der Finanzberater darf nur Dispositions- und Konsumkredite an unselbständig Tätige bis höchstens 50.000,00 DM je nach Kreditkompetenz vermitteln und abschließen. Kredite für Selbständige, Krediteüber 50.000,00 DM oder Baufinanzierungen gehören nicht zu seinem Aufgabenbereich. Sämtliche Aufgaben mit erhöhtem Risiko und höherem Beratungsbedarf sind also aus seinem Tätigkeitsbereich herausgenommen. Auch insoweit sind damit umfassende Kenntnisse nicht erforderlich.
4.
Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen, da im Beschlußverfahren keine Gerichtskosten erhoben werden (§ 12 Abs. 5 ArbGG).
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf §§ 92, 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.