Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 20.01.1998, Az.: 7 Sa 692/97 E
Herausragung einer Tätigkeit in der Gemeinwesenarbeit durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 20.01.1998
- Aktenzeichen
- 7 Sa 692/97 E
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1998, 15998
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:1998:0120.7SA692.97E.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Hannover - 21.01.1997 - AZ: 3 Ca 225/94 E
In dem Rechtsstreit
hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 20.01.98
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... und
die ehrenamtlichen Richter ... und ...
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 21.01.1997, 3 Ca 225/94 E, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
- 2.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob sich die Tätigkeit des Klägers in der Gemeinwesenarbeit durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 BAT/VKA Sozial- und Erziehungsdienst heraushebt.
Der am 23. Mai 1953 geborene Kläger ist Diplom-Sozialpädagoge/Sozialarbeiter und seit dem 15. Mai 1979 auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 05. Juni 1979 (Bl. 11 d.A.) bei der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Bundesangestellten-Tarifvertrag (BAT/VKA) kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme Anwendung.
Der Kläger wurde bis zum 31.12.1994 als Gemeinwesenarbeiter eingesetzt und bezog eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 der Anlage 1 a BAT Teil II VKA, Sozial- und Erziehungsdienst. Aufgabe des Klägers war hier die professionelle soziale Arbeit an der Entwicklung des Lebenszusammenhangs in dem von ihm betreuten Stadtteil der Beklagten. Er erstellte hierzu bzw. schrieb fort eine Stadtteilanalyse, um einen Überblick über die sozialen Problembereiche zu erhalten. Er plante und entwickelte Konzepte zur Verbesserung der sozialen und sozialkulturellen Infrastruktur im Stadtteil und setzte diese um.
Für den Arbeitsplatz des Klägers wurde unter dem 18. Februar 1993 von seinem Vorgesetzten eine Arbeitsplatzbeschreibung gefertigt, auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 16-24 d.A.).
Der Kläger war in dem Stadtteil Vahrenheide tätig, der ein wesentlicher sozialer Brennpunkt der Landeshauptstadt Hannover ist. Er gründete im Jahre 1988 die "Nachbarschaftsinitiative in Vahrenheide e.V.", deren Geschäftsführer er ist. Hier betreute er die Projekte "Nachbarschaftstreff", "Grünflächenprojekt" und "Kinderkrippe".
Wegen der Einzelheiten der Tätigkeiten des Klägers wird Bezug genommen auf die mit der Klage überreichte Tätigkeitsbeschreibung des Klägers (Bl. 12-15 d.A.).
Die Umsetzung der Projekte in der Gemeinwesenarbeit erfolgt vielfach durch den Aufbau und die Tätigkeit in eingetragenen Vereinen. Die Beklagte hat diesbezüglich in einer Arbeitshilfe (Bl. 44 d. A.) festgelegt, daß die Vereinstätigkeit des Gemeinwesenarbeiters als dienstliche Tätigkeit anzusehen ist, wenn die Abteilungsleitung im Einzelfall eine entsprechende Notwendigkeit bestätigt.
Der Kläger verfügte im Verhältnis zu der Beklagten nicht über eigene Haushaltsmittel, ihm waren auch keine weiteren Mitarbeiter der Beklagten unterstellt.
Der Kläger war im Rahmen seiner Tätigkeit für die Beklagte stellvertretender Vorsitzender des Vereins "Nachbarschaftsinitiative Vahrenheide". Bei den beiden anderen Vorstandsmitgliedern handelte es sich um langzeitarbeitslose Sozialhilfeempfänger. Da diese nicht in der Lage waren, den Verein zu organisieren oder zu leiten, hatte der Kläger die Funktion eines Geschäftsführers. Er war verantwortlich für die Konzeptions- und Projektentwicklung, führte die Verhandlungen mit den jeweiligen Kostenträgern, veranlasste die Buchführung, Kassenabschlüsse und Steuererklärungen und verfügte über das Wissen, um Mischfinanzierungen zu organisieren. Er trug dafür Sorge, daß für die Gründung der Kindertagesstätte sämtliche rechtlichen Rahmenbedingungen erfüllt waren. Er plante ferner die Gründung eines sozialen Betriebes und erstellte dafür einen etwa 40-seitigen umfangreichen Antrag. Verantwortlich war er auch für die Aufnahme eines Kredites bei der Stadtsparkasse Hannover in Höhe von 100.000,00 DM.
In den Projekten waren insgesamt 26 Arbeitnehmer tätig, deren verantwortlicher Vorgesetzter der Kläger war. Es handelt sich hierbei um 2 Sozialarbeiter der Vergütungsgruppe IV b BAT, 2 Erzieherinnen der Vergütungsgruppe Vc/Vb BAT, 2 Gartenbauingenieuren der Vergütungsgruppen IV b/III, 2 BSHG-Kräften für das Nachbarschaftstreff sowie 20 ungelernte Arbeiter für das Grünflächen- und Grünbauprojekt.
Das finanzielle Volumen der Projekte beinhaltete einen Jahresumsatz von ca. 1,6 Millionen.
Der Kläger arbeitete in dem von ihm betreuten Stadtteil mit Menschen unterschiedlicher Herkunft. Es handelte sich überwiegend um alleinstehende Männer, die Alkoholprobleme haben und zu einem Drittel überschuldet sind. 20-30 % der Klienten waren Haftentlassene, ferner wurden ehemalige Heimbewohner betreut.
Seit dem 1. Januar 1995 ist der Kläger als Sozialpädagoge im Kulturamt der Beklagten tätig. Er bezog seit dem eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV a BAT mit der Möglichkeit eines Bewährungsaufstieges nach 4 Jahren. Mit Wirkung vom 1. August 1996 wurde ihm vorübergehend eine Tätigkeit der Vergütungsgruppe III BAT übertragen. Er erhält seit dieser Zeit eine persönliche Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den Vergütungsgruppen IV a und III BAT.
Das Arbeitsgericht hat durch ein den Parteien am 17. März 1997 zugestelltes Urteil vom 21. Januar 1997, auf dessen Inhalt zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und dessen Würdigung durch das Arbeitsgericht Bezug genommen wird (Bl. 96-106 d. A.) die Eingruppierungsfeststellungsklage abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, die von dem Kläger auszuübende Tätigkeit erfordere keine höhere Qualifikation als diejenige, die von Sozialarbeitern gefordert werde, die mit Personengruppen der Protokollerklärung Nr. 12 befaßt seien. Die Tätigkeit werde insbesondere nicht deswegen zu einer besonders schwierigen, weil der Kläger mehrere Beispieltätigkeiten der Protokollerklärung Nr. 12 ausgeführt habe. Üblich für Sozialarbeiter sei es, daß sie in ihrer Tätigkeit mit mehreren Problemgruppen der in der Protokollerklärung Nr. 12 genannten Art. zu tun hätten. Es könne nicht erkannt werden, daß für die Tätigkeit als Gemeinwesenarbeiter ein Wissen und Können verlangt werde, welches die Anforderungen der Vergütungsgruppe IV b BAT in gewichtiger Weise übersteige. Denn gerade die Beratung von HIV-Infizierten oder an Aids erkrankten Personen sowie die von Suchtmitteln Abhängigen erfordere ein gesteigertes Wissen und Können, die Gründung bzw. Führung eines Vereins der von dem Kläger genannten Art. sei insofern nicht schwieriger und auch nicht von größerer Bedeutung.
Hiergegen richtet sich die am 17. April 1997 eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 17. Juni 1997 am 16. Juni 1997 begründete Berufung des Klägers.
Der Kläger ist der Auffassung, das Heraushebungsmerkmal der Vergütungsgruppe IV a BAT Fallgruppe 15 liege vor, da er sowohl mit Klienten der unter den Buchstaben a bis d der Protokollerklärung Nr. 12 genannten Personen gearbeitet und darüberhinaus Tätigkeit mehrerer Angestellten koordiniert habe. Eine schwierige Tätigkeit im Sinne des Tarifvertrages liege bereits dann vor, wenn die Tätigkeit von zwei Angestellten mindestens mit der Vergütungsgruppe Vb BAT koordiniert werde. Die Anforderungen der nächsthöheren Heraushebungsmerkmale der besonderen Schwierigkeit und Bedeutung seien erfüllt, wenn die Tätigkeit einer wesentlich höheren Zahl von Angestellten koordiniert werde. Dies sei vorliegend der Fall, da er, Vorgesetzter und verantwortlich für 26 Arbeitnehmer gewesen sei. Er sei Geschäftsführer, leitender Angestellter, Manager und Unternehmensberater, was eine andere Dimension habe als die Tätigkeit eines Sozialarbeiters, der lediglich die Tätigkeit von 2 Angestellten der Vergütungsgruppe Vb BAT zu koordinieren habe.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hannover vom 21.01.1997, 3 Ca 225/94 E, festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger, jeweils unter Anrechnung der gewährten Vergütung, ab dem 01.01.1991 Vergütung nach der Vergütungsgruppe III BAT, hilfsweise nach der Vergütungsgruppe IVa BAT zu gewähren, jeweils einschließlich anteiliger Zuwendungen nach dieser Vergütungsgruppe nebst 4 % Zinsen auf die jeweils anfallenden Nettodifferenzbeträge ab jeweiliger monatlicher Fälligkeit, frühestens jedoch ab Rechtshängigkeit.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe der Schriftsätze ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 21.08.1997 und 14.01.1998.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und ist damit insgesamt zulässig, §§ 518, 519 ZPO, 64, 66 ArbGG.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Dem Kläger steht nämlich weder ein Anspruch auf eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe IVa BAT noch nach der Vergütungsgruppe III BAT für die Zeit vom 01.01.1991 bis zum 31.12.1994 zu.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden unstreitig die Vorschriften des BAT/VKA Anwendung. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt deshalb davon ab, ob die Hälfte der die Arbeitszeit des Klägers ausfüllenden Arbeitsvorgänge den Tätigkeitsmerkmalen der begehrten Vergütungsgruppe entsprechen, §§ 22 Abs. 1, Abs. 2 Unterabsatz 1, Unterabsatz 2 Satz 1 BAT.
Dabei ist nach der Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts unter einem Arbeitsvorgang in diesem Sinne die unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und selbständig zu bewertende Arbeitseinheit zu verstehen, die zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führt (BAG vom 19.03.1986, vom 16.04.1986, vom 12.11.1986 und vom 04.05.1994, AP Nr. 116, 120, 129 und 171 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Dabei ist es rechtlich möglich, daß die gesamte Tätigkeit des Angestellten nur einen Arbeitsvorgang bildet, wenn der Aufgabenkreis nicht weiter aufteilbar und einer rechtlichen Bewertung zugänglich ist (BAG vom 30. Januar 1985, AP Nr. 101 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Tatsächlich trennbare Tätigkeiten mit unterschiedlicher Wertigkeit können jedoch nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefaßt werden (BAG vom 20.10.1993, AP Nr. 172 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
Das Bundesarbeitsgericht geht in Eingruppierungsstreitigkeiten von Sozialarbeitern regelmäßig davon aus, daß deren Tätigkeit einen einzigen großen Arbeitsvorgang im tariflichen Sinne bilden (vgl. BAG vom 29.09.1993, AP Nr. 7 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter; BAG vom 23.08.1995, AP Nr. 20 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter). Unter Zugrundelegung der vorstehenden Grundsätze muß auch vorliegend davon ausgegangen werden, daß die Tätigkeit des Klägers einen Arbeitsvorgang bildet und nicht weiter aufgeteilt werden kann. Denn sämtliche Aktivitäten des Klägers dienten dem einheitlichen Ziel, die soziale und sozialkulturelle Infrastruktur des von ihm betreuten Stadtteils zu verbessern. Sämtliche Arbeiten im Rahmen seiner Tätigkeit dienten dem Ergebnis, die Stadtteilentwicklung zu fördern, weshalb die einzelnen Maßnahmen und Projekte tatsächlich nicht voneinander getrennt werden und aufgrund ihres inneren Zusammenhanges mit dem allgemeinen Betreuungsziel eines Gemeinwesensarbeiters auch nicht gesondert rechtlich bewertet werden können.
Für die Eingruppierung des Klägers sind die speziellen Tätigkeitsmerkmale für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst der Anlage 1 a zum BAT/VKA maßgebend. Die Tätigkeitsmerkmale der von dem Kläger in Anspruch genommenen Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 15 bauen auf der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 auf, die ihrerseits die Erfüllung der Anforderungen der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 10 BAT/VKA voraussetzt. Zunächst müssen deshalb die Voraussetzungen der Ausgangsgruppe erfüllt sein. Anschließend sind nach der ständigen Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG vom 23.08.1995, 4 AZR 341/94, AP Nr. 20 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter) die weiteren Merkmale der darauf aufbauenden höheren Vergütungsgruppe zu prüfen.
Der Kläger ist Diplom-Sozialpädagoge/Sozialarbeiter. Diesem Berufsbild entspricht seine Tätigkeit. Aufgabe des Sozialarbeiters/Sozialpädagogen ist es, anderen Menschen verschiedener Altersstufen in sozialen Notlagen zu helfen und beizustehen. Neben der sozialtherapeutischen Hilfestellung unterstützt der Sozialarbeiter den Betreuten bei der Bewältigung wirtschaftlicher/materieller Probleme (vgl. BAG vom 23.08.1995, 4 AZR 341/94 a.a.O.). Dabei muß sich die sozialpädagogische/soziale Arbeit nicht nur mit einzelnen Menschen vollziehen, zu der typischen Tätigkeit eines Sozialarbeiters gehört vielmehr auch der Umgang mit Familien, mit Gruppen oder mit Gemeinwesen (Blätter zur Berufskunde, Band 2, IV A 30 "Diplom-Sozialpädagoge/Diplom-Sozialarbeiter", 5. Auflage Seite 7). In Beziehung auf das Gemeinwesen erfolgt die Sozialarbeit dabei informierend, mobilisierend, entwickelnd und integrierend. Einzelne und Gruppen sind angesprochen, wenn Sozialarbeiter lokal in einer Kommune oder einem Stadtteil an der kulturellen, baulichen, wirtschaftlichen oder politischen Entwicklung des Gemeinwesens mitwirken. Sozialarbeit findet dabei auch in Beschäftigungsprojekten statt, wo es um die Organisation, den Aufbau und das soziale Management von wirtschaftlichen Unternehmen geht (vgl. Blätter zur Berufskunde, Band 2 IV A 31 Diplom-Sozialpädagoge/Diplom-Sozialpädagogin (BA), Seite 7, 10, 11).
Aus vorstehendem folgt, daß der Kläger als Gemeinwesenarbeiter die entsprechende Tätigkeit eines Sozialarbeiters/Sozialpädagogen im Sinne der Vergütungsgruppe V b BAT/VKA ausübt.
Die Tätigkeit des Klägers erfüllt auch die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 BAT/VKA, da sie Tätigkeiten schwierig im Sinne dieser Vergütungsgruppe sind.
Die Tarifvertragsparteien haben den Begriff "schwierige Tätigkeiten" in der Protokollerklärung Nr. 12 durch konkrete Beispiele erläutert. Trifft eines dieser Tätigkeitsbeispiele zu, ist nach der ständigen Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts auch das Merkmal des Oberbegriffs erfüllt (BAG vom 23.08.1995, 4 AZR 341/94, a.a.O.).
Der Kläger erfüllt unmittelbar keine der Tätigkeitsbeispiele der Protokollerklärung Nr. 12. Seine Tätigkeit als Gemeinwesenarbeiter beinhaltet weder die Beratung von Suchtmittel-Abhängigen noch die Beratung von HIV-Infizierten oder an Aids erkrankten Personen. Ihm obliegt auch nicht die begleitende Fürsorge für Heimbewohner oder ehemalige Heimbewohner bzw. für (ehemalige) Strafgefangene. Im Rahmen seiner Tätigkeit hat er jedoch mit Klienten aus diesen Personenkreisen zu tun, weshalb es gerechtfertigt ist, seine Tätigkeit als schwierig im Tarif sinne zu bezeichnen.
Der Kläger muß auch nicht unmittelbar die Arbeiten mehrerer Angestellter mindestens der Vergütungsgruppe V b im Sinne er Protokollerklärung Nr. 12 e koordinieren. Bei der Beklagten sind ihm nämlich weitere Angestellte nicht unterstellt, er muß auch nicht die Arbeiten mehrerer Angestellter der Beklagten koordinieren, also aufeinander abstimmen.
Der Kläger übt allerdings nach seinem unbestritten gebliebenen Vortrag Vorgesetztenfunktion gegenüber verschiedenen Arbeitnehmern des von ihm betreuten Vereins aus. Ausweislich der Arbeitshilfe des Beklagten vom Januar 1994 ist die Mitarbeit des Klägers in diesem Verein im Rahmen der gemeinwesensorientierten Arbeit eine dienstliche Tätigkeit. Dies rechtfertigt es, auch die Funktion des Klägers als Dienst- und Fachvorgesetzter als schwierige Tätigkeit im Sinne der Vergütungsgruppe IV b BAT anzusehen.
Die Tätigkeit des Klägers hebt sich jedoch nicht durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 BAT/VKA heraus. Der Kläger hat deshalb auch keinen Anspruch auf eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 15 bzw. nach vierjähriger Bewährung nach der Vergütungsgruppe III Fallgruppe 7 BAT/VKA.
Das Merkmal "besondere Schwierigkeit" ist erfüllt, wenn sich die Tätigkeit angesichts der fachlichen Anforderungen in beträchtlicher, gewichtiger Weise gegenüber der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 15 heraushebt. Dieses Tätigkeitsmerkmal bezieht sich nach der ständigen Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts auf die fachliche Qualifikation des Angestellten (so zuletzt BAG vom 06. August 1997, 4 AZR 789/95). Verlangt wird ein Wissen und Können, das die Anforderungen der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 in gewichtiger Weise übersteigt. Diese erhöhte Qualifikation kann sich im Einzelfall aus der Breite und Tiefe des geforderten fachlichen Wissens und Könnens ergeben, aber auch aus außergewöhnlichen Erfahrungen oder einer sonstigen gleichwertigen Qualifikation, etwa Spezialkenntnissen. Dabei muß sich die besondere Schwierigkeit unmittelbar aus der Tätigkeit selbst ergeben, so daß diese nicht etwa deswegen als besonders schwierig im Tarifsinne angesehen werden kann, weil sie unter belastenden Bedingungen geleistet werden muß.
Zur Auslegung des Merkmals "besondere Schwierigkeit" ist desweiteren die Protokollerklärung Nr. 12 heranzuziehen. In dieser Protokollnotiz haben die Tarifvertragsparteien Tätigkeiten aufgeführt, die nach ihrem Willen grundsätzlich als nur schwierige Tätigkeiten anzusehen sind und daher der Vergütungsgruppe IV b zugeordnet werden. Übersteigt eine Tätigkeit den festgelegten Wertigkeitsrahmen nicht, handelt es sich zwar um eine schwierige, nicht jedoch um eine besonders schwierige Tätigkeit. Besonders schwierig ist eine Tätigkeit erst dann, wenn sie ein umfangreicheres oder tiefergehendes Wissen und Können verlangt als die in der Protokollnotiz genannten Beispiele. Der Unterschied in den fachlichen Anforderungen muß beträchtlich sein, das heißt, nicht nur geringfügig sein (BAG vom 06. August 1997, 4 AZR 789/95).
Beruft sich der Kläger auf ein Heraushebungsmerkmal, so hat er nicht nur seine eigene Tätigkeit im einzelnen darzustellen. Vielmehr muß er Tatsachen darlegen, die einen wertenden Vergleich mit den nicht herausgehobenen Tätigkeiten ermöglichen (BAG vom 23.08.1995, 4 AZR 341/94, a.a.O.).
Das Vorliegen dieser Voraussetzungen konnte vorliegend nicht festgestellt werden. Gemeinwesenarbeit gehört zu den typischen Tätigkeiten eines Diplom-Sozialpädagogen/Diplom-Sozialarbeiters, wie bereits dargestellt wurde. Die Verbesserung der Situation von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen durch Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekte gehört zu den Aufgaben, deren Durchführung dem Diplom-Sozialpädagogen/Diplom-Sozialarbeiter im Laufe seines Fachhochschulstudiums vermittelt werden.
Die Tätigkeit des Kläger ist, wie dargelegt, mit den in der Protokollerklärung Nr. 12 aufgeführten Beispielsfällen vergleichbar. Allein der Umstand, daß die von ihm betreuten Menschen verschiedenen Problemgruppen angehören, rechtfertigt nicht die Annahme, daß hierfür ein umfangreicheres und tiefergehendes Wissen und Können verlangt wird. Zu Recht hat bereits das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, daß nach der Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts allein der Umgang mit unterschiedlichen Problemgruppen eine Tätigkeit lediglich als schwierig im Sinne der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 erscheinen läßt, nicht jedoch als besonders schwierig im Sinne der Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 15 BAT/VKA.
Nicht anderes gilt jedoch, wenn eine Koordinierung von Arbeiten hinzukommt, die mit der Koordinierung der Arbeiten im Sinne der Protokollerklärung Nr. 12 e vergleichbar ist. Dem Vortrag des Klägers kann ... nämlich nicht entnommen werden, daß gerade die Vorgesetztenfunktion gegenüber Arbeitnehmern des von ihm betreuten Vereins ein fachliches Wissen und Können verlangt, das die Anforderungen der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 in gewichtiger Weise übersteigt.
Nach der Protokollerklärung 12 e sehen die Tarifvertragsparteien die Koordinierung der Arbeiten mehrerer Angestellter mindestens der Vergütungsgruppe V b als schwierige Tätigkeiten an. Der Kläger ist nach seiner Darstellung Vorgesetzter und verantwortlich für insgesamt 4 Angestellte, die eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe V b beziehen, sowie für 2 Erzieherinnen der Vergütungsgruppe Vc/Vb. Auch wenn für eine Koordinierung mehrerer Angestellter im Sinne der Protokollerklärung die Koordinierung der Arbeiten von 2 Angestellten ausreicht, kann nicht davon ... ausgegangen werden, daß eine beträchtliche Heraushebung vorliegt, wenn nicht: nur 2, sondern 4 oder 6 Arbeitnehmer zu betreuen sind. Dies liegt noch im Rahmen der Wertigkeit der Protokollerklärung Nr. 12 e.
Dies gilt auch unter Berücksichtigung der weiteren von dem Kläger als Vorgesetzten zu betreuenden Mitarbeiter, die nicht mindestens eine Vergütung der Vergütungsgruppe V b beziehen. Dem Vortrag des Klägers kann nicht entnommen werden, daß die Betreuung dieser Mitarbeiter ein deutlich höheres Fachwissen erfordert als die Betreuung der 6 Sozialarbeiter, Erzieher bzw. Gartenbauingenieure.
Auch die kumulative Tätigkeit mit verschiedenen Problemgruppen im Sinne der Protokollerklärungen 12 a - d und der Koordinierung von Arbeiten im Sinne der Protokollerklärung Nr. 12 e rechtfertigt vorliegend keine andere Beurteilung. Dies folgt daraus, daß auch die Angestellten der Vereine, die der Kläger betreut, mit den in der Protokollerklärung Nr. 12 a - d aufgeführten Personengruppen befaßt sind. Es hätte deshalb näher dargelegt werden müssen, weshalb gleichwohl eine besondere Schwierigkeit im Tarifsinn vorliegen soll.
Auch die Gründung, Geschäftsführung und Beratung von eingetragenen Vereinen ist nicht als besonders schwierig im Tarif sinn anzusehen. Zu Recht hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, daß die Gründung bzw. Führung eines Vereins der von dem Kläger genannten Art. nicht schwieriger ist als die Beratung von Suchtmittel-Abhängigen oder HIV-Infizierten oder an Aids erkrankten Personen bzw. die begleitende Fürsorge für Heimbewohner oder für Strafgefangene. Allein der Umfang der in den Vereinen getätigten Investitionen sowie der laufenden Betriebskosten läßt keinen Rückschluß auf die Schwierigkeit der Tätigkeit des Klägers zu. Die Finanzmittelbeschaffung für die einzelnen Projekte, die "Veranlassung" der Buchführung, Kassenabschlüsse und Steuererklärungen, die Geschäftsführung in den einzelnen Vereinen sowie die weiteren von dem Kläger aufgeführten Arbeiten sind schwierige Tätigkeiten im Tarifsinne, eine beträchtliche Heraushebung hinsichtlich der fachlichen Qualifikation kann demgegenüber jedoch nicht festgestellt werden.
Die Tätigkeit des Klägers hebt sich schließlich auch nicht durch ihre Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 heraus.
Mit dem Merkmal "Bedeutung" sind die Auswirkungen der Tätigkeit angesprochen. Anhaltspunkte hierfür können sich aus der Größe des Aufgabenkreises sowie der Tragweite für den innerdienstlichen Bereich und für die Allgemeinheit ergeben. Die Tätigkeit muß sich hinsichtlich der Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 deutlich wahrnehmbar herausheben (BAG vom 01. März 1995, 4 AZR 8/94, AP Nr. 19 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter).
Dem Vortrag des Klägers kann nicht entnommen werden, daß die Voraussetzung dieses Heraushebungsmerkmals vorliegt. Zwar mag die Tätigkeit des Klägers in der Tat dazu beitragen, daß eine gesunde städtische Struktur entsteht und Slums verhindert werden. Auch ist das Entstehen von Arbeitsplätzen durch den von dem Kläger betreuten Verein sozialpolitisch begrüßenswert. Diese Tätigkeiten müßten jedoch bedeutsamer sein als eine schwierige Tätigkeit im Sinne der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16, weshalb auch hier auf die dort genannten Beispiele als Vergleichsmaßstab zurückzugreifen ist. Bei einer wertenden Betrachtung kann die Kammer der Tätigkeit des Klägers eine größere Bedeutung als den in den Beispielsfällen der Protokollerklärung Nr. 12 genannten nicht beimessen.
Die Berufung des Klägers war deshalb mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.