Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 22.06.1998, Az.: 11 Sa 650/98
Wirkungen einer erziehungsgeldunschädlichen Teilzeitbeschäftigung auf einen Anspruch auf ungekürzte Zuwendung aus dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 in der Fassung vom 17. Juli 1996 (Zuwendungstarifvertrag); Wirkungen des Ruhens eines Arbeitsverhältnisses als Vollzeitbeschäftigter auf den Anspruch auf Zuwendungen aus dem Zuwendungstarifvertrag; Anforderungen an die ordnungsgemäße Auslegung eines Tarifvertrages; Sinn und Zweck des Zuwendungstarifvertrages
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 22.06.1998
- Aktenzeichen
- 11 Sa 650/98
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1998, 27977
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:1998:0622.11SA650.98.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Lingen - 13.01.1998 - AZ: 1 Ca 110/97
Rechtsgrundlagen
- § 2 Abs. 2 S. 2a, cc Zuwendungs-TV
- § 47 Abs. 2 BAT
- § 4 Abs. 1 S. 2 BAT
- § 1 des Tarifvertrages über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 in der Fassung vom 17. Juli 1996 (Zuwendungs-TV)
- § 3 Zuwendungs-TV
- Art. 3 Abs. 1 GG
In dem Rechtsstreit
hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 22.06.98
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... und
die ehrenamtlichen Richter ... und ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lingen vom 13.01.1998 - 1 Ca 110/97 - wird auf Kosten des beklagten Landes zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin trotz einer erziehungsgeldunschädlichen Teilzeitbeschäftigung eine ungekürzte Zuwendung nach Maßgabe des Tarifvertrages über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 in der Fassung vom 17. Juli 1996 (Zuwendungstarifvertrag) verlangen kann.
Die Klägerin ist seit dem 01.08.1976 als Justizangestellte beim Amtsgericht Nordheim tätig. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet Kraft beiderseitiger Tarifbindung der Bundesangestelltentarifvertrag neben den ihn ergänzenden und ändernden Tarifverträgen Anwendung.
Unter dem 12.07.1996 beantragte die Klägerin Erziehungsurlaub nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz bis zur Vollendung des 12. Lebensmonats ihres am 20.06.1996 geborenen Kindes. Des weiteren beantragte die Klägerin, sie während des Erziehungsurlaubs wöchentlich mit 19 Stunden weiter zu beschäftigen. Mit Schreiben vom 24.07.1996 gewährte das beklagte Land der Klägerin im Anschluß an die Mutterschutzfrist für die Zeit ab 16.08.1996 bis 19.06.1997 Erziehungsurlaub. Mit Schreiben vom 05.08.1996 genehmigte der Präsident des Oberlandesgerichts Oldenburg die Weiterbeschäftigung der Klägerin in der Zeit vom 16.08.1996 bis 19.06.1997 mit 19 Stunden wöchentlich.
Unter dem 13.08.1996 schlossen die Parteien einen Vertrag zur Änderung des Arbeitsvertrages vom 26.07.1978. Danach wurde der Arbeitsvertrag mit Wirkung vom 16.08.1996 bis 19.06.1997 dahingehend geändert, daß die Klägerin als nichtvollzeitbeschäftigte Angestellte mit einer durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit von 19 Stunden wöchentlich als Aushilfsangestellte zur Vertretung für die Zeit vom 16.08.1996 bis 19.06.1997 weiterbeschäftigt wird. Insoweit vereinbarten die Parteien folgendes:
"Vom 16.08.1996 bis 19.06.1997 (einschl.) Erziehungsgeld unschädliche Teilzeitarbeit zu 19 Stunden wöchentlich. Anlaß: Erziehungsurlaub Bo. (Vfg. des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 05.08.1996 321 Nh 3 A). Danach gilt wieder der alte Vertrag."
Mit Schreiben vom 05.09.1996 machte die Klägerin die Zahlung ihres vollen Weihnachtsgeldes 1996 geltend. Dies lehnte das beklagte Land mit Schreiben vom 25.09.1996 ab und zahlte an die Klägerin an Sonderzuwendung lediglich einen Betrag von 1.961,43 DM statt 3.728,98 DM brutto. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie habe für das Jahr 1996 Anspruch auf die Sonderzuwendung, die sie erhalten hätte, wenn sie vollzeitig beschäftigt gewesen wäre. Dies ergebe sich aus dem Zuwendungstarifvertrag in Verbindung mit dem Gleichheitsgrundsatz.
Die Klägerin hat beantragt,
das beklagte Land zu verurteilen, an sie 1.767,55 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 05.03.1997 zu zahlen.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hat die Auffassung vertreten, daß aufgrund der Teilzeitbeschäftigung der Klägerin für die Berechnung der Zuwendung die Vergütung für den Monat September 1996 zugrunde zu legen sei, die die Klägerin als Teilzeitbeschäftigte tatsächlich erhalten habe.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.767,55 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 12.03.1997 zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits hat es der Beklagten auferlegt und den Streitwert auf 1.767,55 DM festgesetzt.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, der Anspruch auf Zahlung der weiteren Sonderzuwendung in Höhe von 1.767,55 DM brutto ergebe sich aus § 2 Abs. 1 des Tarifvertrages über eine Zuwendung für Angestellte, denn die Klägerin erfülle die Voraussetzung nach § 1 dieses Tarifvertrages. Zwar richte sich nach § 2 Abs. 1 dieses Tarifvertrags die Höhe der Zuwendung nach der Urlaubsvergütung, die dem Angestellten zugestanden hätte, wenn er während des ganzen Monats September Erholungsurlaub gehabt hätte. Hier habe jedoch eine Umwandlung des Vollzeitarbeitsverhältnisses der Kläger in ein Teilzeitarbeitsverhältnis nicht stattgefunden. Der Arbeitsvertrag vom 26.07.1978 sei dahin auszulegen, daß neben dem ruhenden Arbeitsverhältnis aus Gründen des Erziehungsurlaubs ein weiteres erziehungsgeldunschädliches Teilzeitarbeitsverhältnis begründet worden sei. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Schlußsatz des Änderungsvertrages vom 13.08.1996. Dafür sprächen aber auch weitere Regelungen des Bundeserziehungsgeldgesetzes, denn § 15 Abs. 4 Bundeserziehungsgeldgesetz sehe ausdrücklich die Möglichkeit einer Teilerwerbstätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber erziehungsgeldunschädlich vor. Auch in diesem Falle würde das Hauptarbeitsverhältnis während des Erziehungsurlaubs ruhen. Dafür spreche auch § 18 II Nr. 1 BErzGG.
Gegen dieses ihm am 19.02.1998 zugestellte Urteil hat das beklagte Land am 17.03.1998 Berufung eingelegt und diese am 16.04.1998 begründet.
Es ist der Auffassung, für die Zeit vom 16.08.1996 bis 19.06.1997 sei durch den Änderungsvertrag vom 13.08.1996 der bis dahin bestehende Arbeitsvertrag abgeändert worden. Dies ergebe sich schon aus der Bezeichnung "Vertrag zur Änderung des Arbeitsvertrages". Dem stehen nicht entgegen, daß die Klägerin in dieser Zeit erziehungsgeldunschädliche Teilzeitarbeit geleistet habe, denn für den genommenen Erziehungsurlaub sei die befristete Vertragsänderung im Wege der Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 1 BErzGG unschädlich gewesen. Der Annahme von zwei Arbeitsverhältnissen stehe aber § 4 Abs. 1 Unterabschn. 2 BAT entgegen, wonach mehrere Arbeitsverhältnisse zu dem Arbeitgeber als ein Arbeitsverhältnis gelten, wenn die jeweils übertragenen Tätigkeiten in einem unmittelbaren Sachzusammenhang stehen. Die Klägerin sei aber während des Erziehungsurlaubs weiterhin im Schreib- und Verwaltungsdienst des Amtsgerichts Nordhorn beschäftigt worden.
Das beklagte und berufungsklagende Land beantragt,
in Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 13. Mai 1998 (Bl. 89-96 d. A.), auf den Bezug genommen wird. Sie ist mit dem Arbeitsgericht der Auffassung, es lägen während des Zeitpunkts des Erziehungsurlaubs zwei Arbeitsverhältnisse vor. Dem stehe auch § 4 Abs. 1 Unterabs. 2 BAT nicht entgegen. Diese Einfügung in den Bundesangestelltentarifvertrag zum 01.04.1991 habe lediglich klarstellenden Charakter in Bezug auf die allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätze zum Bestand mehrerer Arbeitsverhältnisse mit demselben Arbeitgeber gehabt. Dies folge schon daraus, daß auch die Teilzeitbeschäftigung während des Erziehungsurlaubs als Einstellung gemäß § 99 BetrVG mitbestimmungspflichtig ist. Dies setze aber zwei selbständige Arbeitsverhältnisse voraus. Andernfalls läge eine systemwidrige Lücke im Tarifvertrag vor, die zu schließen sei. Die Zielsetzung des Gesetzgebers im Bundeserziehungsgeldgesetz gehe dahin, Beschäftigte im Erziehungsurlaub gleich zu behandeln, wenn und solange neben der Erziehungstätigkeiten keine Erwerbstätigkeit ausgeübt werde, welche die wöchentliche Arbeitszeit von 19 Stunden überschreite.
Gründe
Die form- und fristgerecht eingelegte und auch insgesamt zulässige Berufung konnte keinen Erfolg haben.
Die Klägerin hat gegenüber dem beklagten Land Anspruch auf die ungekürzte Zuwendung nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 (TV-Zuwendung). Sie kann daher von dem beklagten Land restliche 1.767,55 DM brutto noch beanspruchen.
Die Klägerin erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen für eine Zuwendung des § 1 TV-Zuwendung. Sie stand am 01.12.1996 in einem Arbeitsverhältnis zum beklagten Land und war auch seit 01. Oktober 1996 ununterbrochen als Angestellte im laufenden Kalenderjahr insgesamt 6 Monate bei dem beklagten Land beschäftigt. Sie war auch nicht für den Monat Dezember ohne Vergütung zur Ausübung einer entgeltlichen Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit beurlaubt und ist auch nicht bis zum 31.03.1997 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden. Dies alles ist zwischen den Parteien auch nicht im Streit.
Der Anspruch der Klägerin auf die volle Zuwendung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Klägerin ab dem 16.08.1996 bis zum 19.06.1997 Erziehungsurlaub nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz genommen hat. Zugunsten der Klägerin greift die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 2 Satz 2a, cc Zuwendungs-TV ein. Nach dieser Tarifnorm führt das Nichtbeziehen von Vergütung für diejenigen Kalendermonate nicht zur Verminderung des Zuwendungsanspruchs, in denen der Angestellte Erziehungsurlaub nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz bis zur Vollendung des 12. Lebensmonats des Kindes in Anspruch genommen hat.
Danach hat die Klägerin bei Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub für die ersten 12 Monate Anspruch auf die volle Zuwendung für den Fall der Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz.
Der Anspruch der Klägerin wird der Höhe nach nicht dadurch gemindert, daß die Klägerin durch Änderungsvertrag vom 13.08.1996 mit Wirkung vom 16.08.1996 bis 19.06.1997 Erziehungsgeld unschädliche Teilzeitarbeit in Höhe von 19 Wochenstunden als Justizangestellte beim Amtsgericht Nordhorn weiter geleistet hat.
Zwar bestimmt § 2 Abs. 1 Zuwendungs-TV, daß sich die Höhe der Angestellten zustehenden Zuwendung nach der Urlaubsvergütung gemäß § 47 Abs. 2 BAT bestimmt, die dem Angestellten zugestanden hätte, wenn er während des ganzen Monats September Erholungsurlaub gehabt hätte. Dies wäre hier, weil die Klägerin trotz Erziehungsurlaub erziehungsgeldunschädlich teilweise bei dem beklagten Land noch gearbeitet hat, das auf 19 Wochenstunden bezogene Arbeitsentgelt. Dies berücksichtigt aber nicht, daß neben diesem erziehungsgeldunschädlichen Teilzeitarbeitsverhältnis, noch das Arbeitsverhältnis als Vollzeitbeschäftigter bestanden hat und das wegen des Erziehungsurlaubs grundsätzlich geruht hat.
Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 gelten mehrere Arbeitsverhältnisse, die zu demselben Arbeitgeber begründet werden, als ein Arbeitsverhältnis, wenn die jeweils übertragenen Tätigkeiten in einem unmittelbaren Sachzusammenhang stehen.
Diese Tarifvorschrift ist hinsichtlich des Zusammentreffens von Erziehungsurlaub mit einem erziehungsgeldunschädlichen Teilzeitarbeitsverhältnis nicht eindeutig, denn danach können sich beide Arbeitsverhältnisse zu einem Teilzeitarbeitsverhältnis oder aber zu einem Vollzeitarbeitsverhältnis, das aufgrund des Erziehungsurlaubs nur teilweise ruht und in dem im übrigen erziehungsgeldunschädliche Teilzeitarbeit erbracht wird, reduzieren.
Bei der Auslegung eines Tarifvertrages ist zwar - entsprechend den Grundsätzen der Gesetzesauslegung - zunächst vom Tarif Wortlaut auszugehen. Dabei ist jedoch über den reinen Tarif Wortlaut hinaus der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mitzuberücksichtigen, sofern und soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben (vgl. Urt. des BAG v. 12.09.1984 - 4 AZR 336/82 - in AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung m. w. N.). Im Zweifel ist davon auszugehen, daß die Tarifvertragsparteien Regelungen treffen wollen, die nicht wegen Unvereinbarkeit mit zwingendem höherrangigen Recht unwirksam sind (vgl. BAG, Urt. v. 21.07.1993 - 4 AZR 468/92 - in AP Nr. 144 zu § 1 TVG Auslegung m. w. N.).
Bei tarifgerechter und verfassungsgerechter Auslegung ist bei einer Teilzeitbeschäftigung während des Erziehungsurlaubs davon auszugehen, daß lediglich eine Modifizierung des Hauptarbeitsverhältnisses hinsichtlich der Arbeitszeit erfolgt, das während der Teilzeitbeschäftigung nicht ruht (so Heenen in Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, § 222 R-Nr. 4; Ramrath, DB 1997, 1785; a. A. LAG-München, Urt. v. 15.07.1997 - 6 Sa 1174/96; ArbGericht Augsburg, Urt. v. 21.08.1996 - 8 Ca 2608/95; Clements/Schenring, BAT, Teil VI Zuwendung Erl. 23a).
Die Auffassung des beklagten Landes, das Arbeitsverhältnis habe sich durch den Änderungsvertrag vom 13.08.1996 umgewandelt in ein Teilzeitarbeitsverhältnis berücksichtigt nicht ausreichend, daß für den dort befristeten Zeitraum ein Vollzeitarbeitsverhältnis, suspendiert durch den Erziehungsurlaub der Klägerin, weiter bestanden hat. Dieses sollte auch ersichtlich nicht aufgehoben werden, denn im Änderungsvertrag ist ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß es sich um erziehungsgeldunschädliche Teilzeitarbeit handelt. Besteht aber das Vollzeitarbeitsverhältnis der Klägerin als im Erziehungsurlaub befindliches Arbeitsverhältnis fort, dann kann dies nur bedeuten, daß das Ruhen des Arbeitsverhältnisses in Folge des Erziehungsurlaubs für 19 Wochenstunden aufgehoben worden ist.
Dies hat zwar dann zur Folge, daß sich die Klägerin gemäß § 3 Zuwendungs-TV die ihr aufgrund der tatsächlichen Arbeitsleistung gemäß § 2 Zuwendungs-TV zustehende Zuwendung gemäß § 3 Zuwendungs-TV anrechnen lassen muß. Das führt aber nicht dazu, daß der Anspruch der Klägerin auf die ungekürzte Zuwendung für das Jahr 1996 gemäß der Ausnahmevorschrift des § 2 Abs. 2 a, cc Zuwendungs-TV entfällt.
Eine andere Auslegung des § 4 Abs. 1 Satz 2 BAT würde gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen.
Die Klägerin wäre, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Änderungsvertrag vom 13.08.1996 auf ein Teilzeitarbeitsverhältnis in Bezug auf die Zuwendung nach dem Zuwendungs-TV reduziert würde, gegenüber anderen Arbeitnehmern, die Erziehungsurlaub nach dem Erziehungsurlaubsgeldgesetz in Anspruch nehmen und beim beklagten Land eine erziehungsgeldunschädliche Teilzeitarbeit von 19 Wochenstunden aufnehmen in einer Tätigkeit, die mit ihrer bisherigen Tätigkeit nicht in einem sachlichen Zusammenhang steht, benachteiligt. Für diese würde nämlich die Zusammenrechnungsvorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 BAT nicht gelten mit der Folge, daß sie Anspruch auf die volle Zuwendung nach der Ausnahmevorschrift des § 2 Abs. 2a, cc Zuwendungs-TV hätten und sich nur gemäß § 3 Zuwendungs-TV die anderweitige Zuwendung aus Anlaß oder im Zusammenhang mit dem Weihnachtsgeld anrechnen lassen müßten. Ein sachlicher Grund, der die Klägerin gegenüber einer Angestellten des beklagten Landes benachteiligt, die anstatt ihre Tätigkeit z. B. beim Amtsgericht Nordhorn als Justizangestellte fortzusetzen, eine erziehungsgeldunschädliche Teilzeitbeschäftigung von 19 Stunden bei der Bezirksregierung aufnimmt, ist nicht erkennbar. Eine solche Ungleichbehandlung ist mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren.
Die Ungleichbehandlung und damit der Verfassungsverstoß läßt sich jedoch im Wege der verfassungskonformen Auslegung des § 2 Zuwendungs-TV und § 4 Abs. 1 BAT beseitigen, wenn für die Dauer des Erziehungsurlaubs der Klägerin vom einem einheitlich ruhenden Vollzeitarbeitsverhältnis ausgegangen wird, das bezüglich der Höhe der Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 2 a, cc Zuwendungs-TV unterliegt. Eine solche Auslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck des Zuwendungstarifvertrages, wie ihn die Tarifvertragsparteien gewollt haben. Erkennbar haben die Tarifvertragsparteien einem Arbeitnehmer, der Erziehungsurlaub in Anspruch nimmt, für die ersten 12 Monate dieses Erziehungsurlaubs die Zuwendung nach dem Zuwendungs-TV in voller Höhe zukommen lassen wollen, obwohl er seine Arbeitsleistung nicht erbringt. Dies ergibt sich eindeutig aus den Regelungen in § 2 Abs. 2 a, cc und § 3 Satz 2 Zuwendungs-TV, denn dort ist vorgesehen, daß während des Erziehungsurlaubs nach dem Bundeserziehungsgesetz auf den vollen Anspruch der Zuwendung dasjenige angerechnet wird, was im Zusammenhang mit dem Weihnachtsfest aufgrund anderer vertraglicher Bestimmungen gezahlt wird.
Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Zulassung der Revision ergibt sich aus § 72 Abs. 2 Ziffer 2 ArbGG.