Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 28.04.1998, Az.: 13 Sa 2125/97
Vorliegen der Arbeitnehmereigenschaft als Angestellter im Außendienst
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 28.04.1998
- Aktenzeichen
- 13 Sa 2125/97
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1998, 16002
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:1998:0428.13SA2125.97.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Oldenburg - 12.09.1997 - AZ: 4 Ca 99/97
In dem Rechtsstreit
hat die 13. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 28.04.98
durch
den Vorsitzenden ... und
die ehrenamtliche Richterin ... und
den ehrenamtlichen Richter ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 12.09.1997, 4 Ca 99/97, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 18.000,00 DM festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger macht die Unwirksamkeit einer ordentlichen Kündigung vom 17.02.1997 zum 30.04.1997 geltend und begehrt die Feststellung, daß er seit dem 01.04.1995 als Angestellter im Außendienst beschäftigt ist.
Der Außendienst der beklagten Versicherungen ist so organisiert, daß zum Teil Versicherungsverträge direkt vermittelt werden durch selbständige Versicherungsvertreter (5 oder 6 Vertreter), zum Teil sind Generalvertretungen eingerichtet. Daneben gibt es 5 angestellte Bezirksleiter, die Festgehalt + Bestandsprovision erhalten. Mit dem Kläger ist ein Generalvertreter-Vertrag abgeschlossen.
Gemäß Vertretervertrag vom 03.03.1995 (Bl. 6 ff d.A.) war dem Kläger die Vertretung der Beklagten im Raum Kreis ... übertragen als selbständiger Gewerbetreibender im Hauptberuf (§§ 1 u. 2 des Vertretervertrages). Nach § 4 des Vertretervertrages konnte er über Zeit und Art. der Durchführung seiner Tätigkeit frei bestimmen, erhielt Provision nach Provisionsvereinbarung, aus denen auch sämtliche persönlichen und sachlichen Kosten des Geschäftsbetriebes zu bestreiten waren, und hatte während Urlaub oder Krankheit für die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes zu sorgen. Gemäß § 5 des Vertretervertrages hatte er keinen Anspruch auf alleinige Vertretung im übertragenen Bezirk und war nach § 6 verpflichtet, nicht für andere Versicherungsunternehmen tätig zu werden.
Mit Nachtrag Nr. 1 zum Vertretervertrag, ebenfalls abgeschlossen am 03.03.1995 (Bl. 9 u. 10 d.A.), vereinbarten die Parteien ergänzend u. a. folgendes:
1.
Die Vertretung ist berechtigt, den Titel"Generalvertretung"
zu führen.
Sie ist ständig damit betraut, für die Gesellschaften Versicherungsverträge in Zusammenarbeit mit den ihr unterstellten Agenturen (nebenberufliche Vertreter und Verwaltungsstellen) zu vermitteln. Sie hat die Aufgabe, mit diesen Agenturen durch Neugeschäft einen Bestandszuwachs im Rahmen des Geschäftsplanes zu erzielen. Neue nebenberufliche Vertreter sollen eingestellt werden. Eine Provisionsvereinbarung (NV) ist beigefügt.
5.
Bestandsübertragungen bleiben den Gesellschaften allein vorbehalten.6.
Die Generalvertretung unterhält eine Eigenagentur unter der NV-Nr. 5734 (interne Agentur-Nr. 1491). Für dieses Geschäft werden Provisionen nach der anliegenden Provisionsvereinbarung (NV) gewährt.Die Eigenagentur ist auf ihre Angehörigen begrenzt. Als Angehörige gelten Ehegatten, Eltern und Kinder, Adoptiveltern und -kinder, Schwiegereltern und -kinder, Stiefeltern und -kinder, Großeltern und Enkel, Geschwister sowie Pflegeeltern und -kinder.
Als Provision erhielt der Kläger Superprovisionen aus den von den Nebenvertretern abgeschlossenen Geschäften.
Gemäß "Allgemeiner Geschäftsanweisung" (Bl. 14 d.A.) war der Kläger verpflichtet, Versicherungen zu den Bedingungen der Gesellschaften zu vertreiben und sich an Rundschreiben zu halten, in denen die Tarif- und Geschäftspolitik festgelegt werden. Er hatte die in seinem Arbeitsgebiet bestehende Organisation der Nebenvertreter zu betreuen, zu überwachen und auszubauen. Die unterstellten Nebenvertreter waren in regelmäßigen Abständen persönlich aufzusuchen. Schließlich bestand die Empfehlung, die Gesellschaft über die Zusammenarbeit mit den unterstellten Nebenvertretern zu informieren.
Das Vertragsverhältnis des Klägers, der im Jahre 1996 73.000,00 DM Provision erzielte, wurde von der Beklagten zu 1) ordentlich zum 30.04.1997 gekündigt.
Der Kläger hat vorgetragen, er sei als Arbeitnehmer angestellt gewesen, die Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt. Er habe in erster Linie die Aufgabe gehabt, die Nebenvertreter zu beraten und zu betreuen. Eigenvermittlung sei ihm nur erlaubt gewesen im Bereich Familienangehöriger. Er sei auch angewiesen worden, die Nebenvertreter regelmäßig zu besuchen. Vom Organisationsleiter sei er ermahnt worden, mindestens 2 Nebenvertreter pro Tag aufzusuchen. Er sei verpflichtet gewesen, jeweils montagsmorgens die Geschäftsstelle aufzusuchen und Reisebericht für die zurückliegende Woche und Reiseplan für die folgende Woche abzugeben. Montags von 8:00 bis 12:00 Uhr habe er sich in der Geschäftsstelle aufzuhalten gehabt. Dies sei auch im Telefonverzeichnis so angegeben. Nachdem er im Sommer 1996 Wochen- und Reiseberichte nicht immer eingereicht habe, sei er von einem Vorstandsmitglied wegen der fehlenden Berichte gerügt worden unter Inaussichtstellung einer Kündigung. Urlaub habe er mitzuteilen gehabt, eine Urlaubsgenehmigung sei nicht erfolgt. Ebenso sei ihm nahegelegt worden, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen einzureichen, bei Kurzerkrankungen habe er dies aber nicht gemacht.
Der Kläger hat beantragt,
- 1.
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten zu 1) vom 17.02.1997 nicht zum 30.04.1997 aufgelöst worden ist;
- 2.
festzustellen, daß er - der Kläger - seit dem 01.04.91995 bei den Beklagten - hilfsweise bei der Beklagten zu 1) - nicht als selbständiger Versicherungsagent, sondern als Angestellter im Außendienst beschäftigt ist.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben vorgetragen, eine Weisung, Wochenberichte und Reisepläne einzureichen, habe nicht bestanden. Entsprechende Berichte habe der Kläger auch nur sporadisch eingereicht. Anwesenheitspflicht am Montag habe nicht bestanden, der Kläger sei auch nicht regelmäßig erschienen. Wenn er erschienen sei, dann zu dem Zweck, daß ihm durch den Organisationsleiter Hilfestellungen und Hinweise für die Verbesserung der Geschäftstätigkeit gegeben werden konnten. Bei dem Gespräch mit dem Vorstandsmitglied der Beklagten im Juli 1996 sei er wegen schlechter Abschlußergebnisse ermahnt worden.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf Tenor- und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.
Mit Berufung trägt der Kläger vor, er sei als Bindeglied zwischen den Beklagten und den Nebenvertretern, die er zu betreuen und zu beraten gehabt habe, eingesetzt worden. Eigengeschäft sei ihm nur begrenzt gestattet gewesen, so daß er nicht unternehmerisch selbständig habe handeln können. Dieselben Aufgaben, die er wahrzunehmen gehabt habe, seien auch Angestellten im Außendienst übertragen gewesen. Ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung des Klägers als Selbständigen und dieser Angestellten im Außendienst sei nicht ersichtlich. Besondere Bedeutung komme auch der Anwesenheitspflicht an den Montagen und der Verpflichtung zur Berichterstattung zu. Die Berichtspflicht habe bestanden, auch wenn der Kläger diese Weisung nicht immer erfüllt habe. Ergänzend wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründung.
Der Kläger beantragt,
- 1.
unter Abänderung des am 12.09.1997 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Oldenburg - AZ: 4 Ca 99/97 - festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten zu 1) vom 27.02.1997 nicht zum 30.04.1997 aufgelöste worden ist;
- 2.
die Beklagten haben gesamtschuldnerisch die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie wiederholen ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigen nach Maßgabe der Berufungserwiderung das arbeitsgerichtliche Urteil.
Gründe
Die Berufung des Klägers ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig, §§64, 66 ArbGG, 518, 519 ZPO. Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung die Klage abgewiesen. Der Kläger ist nicht Angestellter gewesen, sondern selbständiger Versicherungsvertreter, die Kündigung ist deshalb nicht gemäß § 1 KSchG unwirksam. Ebenso kann nicht die Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft getroffen werden.
Das Arbeitsgericht hat unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BAG, NZA 1996, S. 1005, die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen bejaht. Da vorliegend die Beklagten das Vertragsverhältnis ordentlich gekündigt haben unter Einhaltung der Kündigungsfrist, kann die Kündigungsschutzklage nur Erfolg haben, wenn der Kläger entsprechend seiner Rechtsansicht Arbeitnehmer ist. Auch der weitere Feststellungsantrag ist nur bei Bejahung der Arbeitnehmereigenschaft begründet. Die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen ist damit gegeben, ergänzend wird Bezug genommen auf die zitierte Entscheidung des BAG.
Zwischen der. Parteien besteht kein Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG (z. B. EZA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff, Nr. 61, Nr. 60, Nr. 55; DB 1992 = EZA § 5 BetrVG 1972, Nr. 52) ist nicht maßgeblich, ob die Parteien im Vertrag ein freies Dienstverhältnis vereinbart haben. Maßgebend ist der objektive Geschäftsinhalt des geschlossenen Vertrages in Verbindung mit dem auf der praktischen Vertragsdurchführung beruhenden wirklichen Geschäftsinhalt. Weichen Vertragstext und praktische Vertragsdurchführung voneinander ab, ist der Vertraginhalt maßgebend, der sich aus der tatsächlichen Vertragsdurchführung ergibt. Wesentliches Merkmal der Arbeitnehmereigenschaft ist dabei die persönliche Abhängigkeit des Mitarbeiters. Arbeitnehmer ist danach derjenige, der seine Dienstleistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation zu erbringen hat. Ein typisches Abgrenzungsmerkmal für die Unterscheidung von Dienstvertrag und Arbeitsvertrag folgt aus § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB, der hier unmittelbar Anwendung findet. Danach ist selbständig, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann, unselbständig und persönlich abhängig dagegen, wem dies nicht möglich ist. Die Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation wird insbesondere deutlich dadurch, daß der Arbeitnehmer hinsichtlich Zeit, Dauer und Ort der Ausführung der versprochenen Dienste einem umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Andererseits ist aber zu berücksichtigen, daß auch bei Dienst- oder Werkverträgen der Auftragnehmer an vertragliche Vorgaben gebunden sein kann, er insbesondere auch Kontrollen und auftragsbezogenen Weisungen des Auftraggebers unterliegen kann. Abstrakte Abgrenzungskriterien für alle Fallgestaltungen bestehen nicht, maßgebend sind damit die Umstände des Einzelfalles und die Abgrenzung im Einzelfall.
Bei der Abgrenzung des selbständigen Versicherungsvertreters vom angestellten Versicherungsvertreter bietet die Rechtsprechung im Ergebnis kein einheitliches Bild, zum Teil beruhen die Entscheidungen auf Besonderheiten in der Einzelfallgestaltung. Im Beschluß vom 05.08.1996, 5 AZB 15/96, hat das BAG einen Verkaufsleitervertrag als Arbeitsvertrag qualifiziert, weil der Verkaufsleiter hinsichtlich Vermittlungskonzept und Organisationskonzept gebunden war, der Auftraggeber ihm Personal zuweisen und entziehen konnte nach freiem Ermessen und weil der Verkaufsleiter verpflichtet war, seine ganze Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Das LAG Nürnberg, Urteil vom 17.12.1997, 4 Sa 670/97, hat in der Begründung identisch mit dem Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg (EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff, Nr. 57) Arbeitnehmereigenschaft eines Versicherungsvertreters bejaht. Es hat ausgeführt, auf die freie Gestaltung der Arbeitszeit sei nicht entscheidend abzustellen, da sowohl bei selbständigen als auch angestellten Versicherungsvertretern typischerweise feste Dienstzeiten nicht vorliegen. Maßgebend sei, ob der Vertreter nicht nur unternehmerische Risiken trage, sondern ob dem auch unternehmerische Chancen gegenüberstünden. Für Selbständigkeit spreche, wenn mit größeren Freiheiten auch größere Verdienstmöglichkeiten verbunden seien. Solche unternehmerischen Freiheiten seien nicht gegeben, weil der Vertreter darauf beschränkt sei, zur Verfügung gestelltes Adressmaterial abzuarbeiten. Das LAG Baden-Württemberg (Versicherungsrecht 1991, S. 1156) hat Arbeitnehmereigenschaft verneint und Handelsvertretereigenschaft angenommen. Es hat u. a. ausgeführt, die Tätigkeit selbständiger Vertreter und angestellter Vertreter unterscheide sich im Versicherungsbereich kaum, in Grenzfällen sei es deshalb gerechtfertigt, auf den ausdrücklich erklärten Parteiwillen abzustellen. Die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen hat im Beschluß vom 16.02.1995, 3 Ta 202/93 (ebenso in dem in LAG E § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 24 abgedruckten Beschluß) Arbeitnehmereigenschaft eines Mitarbeiters im Versicherungsaußendienst bejaht. Es hat die Einbindung in eine fremdbestimmte Organisation betont mit dem Ergebnis, daß Mitarbeiter im Versicherungsaußendienst in der Regel Arbeitnehmer seien. Das LAG Saarland hat im Beschluß vom 14.05.1996, 3 (1) Sa 257/95, Teilnahme an wöchentlichen Besprechungen und Berichtspflicht mit einem freien Mitarbeiterverhältnis für vereinbar gehalten und Arbeitnehmereigenschaft verneint. Ebenso meint das Arbeitsgericht Berlin (Entscheidung vom 17.02.1997, 5 Ca 35498/96), daß auch ein freier Handelsvertreter Weisungen unterliegen könne, der Rahmen für zulässige Weisungen insbesondere in der Versicherungswirtschaft dürfe nicht zu eng gezogen werden.
Im vorliegenden Fall ist maßgeblich für die Abgrenzung zwischen selbständigem Versicherungsvertreter und angestelltem Versicherungsvertreter die Vertragsgestaltung, die sich aus Versicherungsvertretervertrag nebst Nachtrag Nr. 1 "Generalvertretungsvertrag" ergibt unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Organisation des Außendienstes bei den Beklagten. Eine erhebliche, abweichende Vertragsdurchführung kann auch nach Klägervortrag nicht festgestellt werden.
Hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung trägt der Kläger als einzige Besonderheit vor, daß für ihn montagsmorgens Anwesenheitspflicht in der Geschäftsstelle bestanden habe. Daraus ergibt sich keine zeitliche Bindung, aus der eine Arbeitnehmereigenschaft folgt. Das Vertragsverhältnis mit dem Schwerpunkt Betreuung der Nebenvertreter bedingt einen ständigen Kontakt zum Auftraggeber, den auch ein Selbständiger zu halten hat. Die Festlegung eines bestimmten Zeitpunktes für diesen Kontakt mit der Folge der Erreichbarkeit des Klägers für andere Mitarbeiter erscheint aus organisatorischen Gründen sinnvoll. Bereits angesichts der geringen zeitlichen Bindung von 4 Stunden pro Woche ist damit ein Arbeitsverhältnis nicht zu begründen.
Auch eine etwaige Berichtspflicht steht der Annahme der Selbständigkeit nicht entgegen. Gerade der Einfirmenvertreter, der nach § 92 a HGB selbständig sein kann, ist in seiner Tätigkeit typischerweise Kontrollen unterworfen, Berichtspflicht ist in diesem Rahmen nicht unüblich. Im übrigen hat zwar die Beklagte mündlich oder schriftlich Information über die Tätigkeit empfohlen (Nr. 4 der allgemeinen Geschäftsanweisung) bzw. gewünscht, der Kläger ist dem aber nach eigenem Vortrag nicht immer nachgekommen. Eine Weisung zur Berichtspflicht, die wie im Arbeitsverhältnis üblich durchgesetzt worden ist, kann dann aber nicht angenommen werden.
Auch aus weiteren Indizien folgt nicht zwingend die Arbeitnehmereigenschaft; Urlaub ist zwar angezeigt worden, eine Urlaubsgenehmigung war nicht erforderlich; Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sind vom Kläger jedenfalls bei Kurzerkrankungen nicht eingereicht worden.
Der maßgebende Vertragsinhalt ist wie folgt zu charakterisieren:
Dem Kläger ist ein Betreuungsgebiet zugewiesen worden, in dem er die dort im Vertragsverhältnis zur Beklagten stehenden Nebenvertreter zu betreuen hatte. Eigenvermittlung war mit Ausnahme bei Familienangehörigen untersagt. Die Versicherungsvermittlung erfolgte über den Nebenvertreter, die er anzuleiten und zu überwachen hatte, ggf. zu Kunden begleiten konnte. Daneben hatte er die Aufgabe des Ausbaus der Nebenvertreterorganisation. An die festliegenden Konditionen für die Produktvermittlung einschließlich Vorgaben zur Geschäftspolitik war er gebunden.
Da im Versicherungsaußendienst Arbeitszeit vorgaben auch bei Angestellten unüblich sind, die Arbeitszeiten ergeben sich bei Angestellten und selbständigen Vertretern nach Kundenvorgaben oder hier Vorgaben der Nebenvertreter, ist maßgebend, ob der Kläger in ausreichendem Maße frei seine Tätigkeit gestalten konnte. Das ist zu bejahen.
In der Ausgestaltung der Betreuung und Anleitung der Nebenvertreter war der Kläger frei. Einzelweisungen der Beklagten sind von ihm insoweit nicht behauptet worden. Durch Motivation der Nebenvertreter, durch Hilfestellung und Beratung konnte er deren Vermittlungstätigkeit steigern und hierdurch wie auch durch den Ausbau der Nebenvertreterorganisation das Provisionseinkommen und damit seine Superprovision steigern. Er trug als Selbständiger nicht nur das Risiko des Mißerfolges, sondern hatte die Chance, durch Arbeitseinsatz und Engagement seinen Verdienst zu sichern und zu steigern. Dem Unternehmerrisiko entsprach die unternehmerische Chance der Gewinnerzielung.
Daß er in die vorgegebene Organisation der Generalvertretung eingebunden war, daß er nur für die Beklagte vermitteln durfte und über Tarifbedingungen und Geschäftspolitik Vorgaben einzuhalten hatte, ist demgegenüber sekundär. Wie § 92 a HGB zeigt, kann auch der Einfirmenvertreter, und zwar auch der Einfirmen-Versicherungsvertreter, selbständig sein. Gerade bei Einfirmenvertretern sind aber Bindung an Verkaufskonditionen und Geschäftspolitik und Einbindung in die Organisation des Unternehmens üblich. Wenn der Gesetzgeber trotzdem Selbständigkeit vorsieht, kann nicht aus entsprechend üblichen Vorgaben die Arbeitnehmereigenschaft folgen, insbesondere ist nicht der Schluß gerechtfertigt, daß der Einfirmenvertreter in der Regel Arbeitnehmer ist.
In diesem Zusammenhang ist auch die Beschränkung der Eigenvermittlung zu bewerten. Es handelt sich um eine aus der Organisation der Generalvertretung folgende vertraglich vereinbarte Einschränkung, die nicht die Arbeitnehmereigenschaft begründen kann.
Der Hinweis des Klägers, andere Mitarbeiter der Beklagten mit identischer Tätigkeit seien Angestellte, ist unerheblich. Die Beklagte kann frei wählen zwischen Abschluß eines Arbeitsvertrages und Abschluß eines Vertrages als selbständiger Versicherungsvertreter. Der Abschluß eines freien Dienstvertrages ist wirksam, wenn wie hier der Dienstnehmer frei seine Tätigkeit gestalten kann und insbesondere nicht nur unternehmerische Risiken trägt, sondern auch die Chance hat, durch selbst gestalteten Arbeitseinsatz und Engagement den Verdienst zu steigern.
Da die Berufung zurückzuweisen war, trägt der Kläger die Kosten des Rechtsmittels, § 97 ZPO. Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren war gemäß § 12 Abs. 7 ArbGG entsprechend der Wertfestsetzung im arbeitsgerichtlichen Urteil auf 18.000,00 DM festzusetzen.
Die Revisionszulassung beruht auf § 72 Abs. 2 Ziff. 1, Ziff. 2 ArbGG.
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 18.000,00 DM festgesetzt.