Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 12.05.1998, Az.: 13 Sa 1769/97

Kündigung eines Arbeitsverhältnisses aufgrund eines Betriebsübergangs; Vorliegen eines Teilbetriebsübergangs nach Materialerwerb zur Fortführung eines Kurses

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
12.05.1998
Aktenzeichen
13 Sa 1769/97
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1998, 32983
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:1998:0512.13SA1769.97.0A

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Hannover - 21.05.1997 - AZ: 11 Ca 478/93

In dem Rechtsstreit
...
hat die 13. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 12.05.98
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Rosenkötter und
die ehrenamtlichen Richter Kröckel und Meier
fürRecht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 21.05.1997, 11 Ca 478/93, abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Anschlußberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. Der Streithelfer trägt seine Kosten selbst.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 28.411,95 DM festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin macht die Unwirksamkeit einer ordentlichen Kündigung vom 23.06. zum 31.12.1993 geltend. Außerdem begehrt sie vom Beklagten, Konkursverwalter der ... (im folgenden: Gemeinschuldner), aus Annahmeverzug Differenzlohn für die Dauer der Kündigungsfrist. Der Beklagte wendet ein, er sei nicht zur Zahlung verpflichtet, weil das Arbeitsverhältnis gemäß § 613 a BGB auf den Streithelfer der Klägerin ...übergegangen sei.

2

Der Gemeinschuldner, ein gemeinnütziger, eingetragener Verein, unterhielt bundesweit 35 Bildungseinrichtungen. Die Klägerin war seit 1981 oder 1982 im Bildungszentrum in H. beschäftigt. Der Gemeinschuldner stellte am 19.05.1993 Konkursantrag, Konkurseröffnung erfolgte am 31.07.1993. Der Beklagte wurde zum Sequestor, sodann zum Konkursverwalter bestellt.

3

Im Bildungszentrum in H. wurden mit etwa 64 Beschäftigten drei Bereiche abgedeckt, nämlich OBS (33 oder 34 Lehrer, 2 Betreuer und 2 Verwaltungskräfte), AFG (11 Beschäftigte), Propädeutikum (11 Beschäftigte). Zusätzlich waren 5 Arbeitnehmer als Hauspersonal tätig. Die Klägerin war Lehrerin im OBS-Bereich.

4

Die Kurse aus den Bereichen AFG und Propädeutikum wurden vom Beklagten spätestens zum 30.09.1993 eingestellt, eine Fortführung durch den Streithelfer erfolgte nicht. Der Streithelfer ist seit August 1993 im OBS-Bereich tätig.

5

Im OBS-Bereich wurden Sprachkurse für Ausländer durchgeführt. Die ... verwaltet im Auftrag des Bundesministers für Familie und Jugend einen Garantiefond-Hochschulbereich, sie vergab ursprünglich die Sprachkurse unter Zuweisung der Mittel und der Stipendiaten ausschließlich an den Gemeinschuldner. Nach dem Vertrag zwischen OBS und dem Gemeinschuldner vom 26.01.1993 war für das erste Halbjahr 1993 eine monatliche Teilnehmerzahl von 2.000, für das zweite Halbjahr 1993 von 1.600 vereinbart, Kurskosten pro Monat und Teilnehmer 1.275,00 DM. Der Vertrag sieht in § 10 i.V.m. § 5 ein Rücktrittsrecht aus wichtigem Grund bei Konkursantrag vor.

6

Der Gemeinschuldner unterrichtete in H. im ersten Halbjahr 1993 monatlich etwa 300 Sprachkursteilnehmer im OBS-Bereich, für Juli 1993 waren 216 vorgesehen (Aufstellung, Anlage zum Beklagtenschriftsatz von 01.04.1998). Die Kursdauer betrug 8 Monate, die Unterrichtsverpflichtung der Vollzeitlehrkräfte 24 Wochenstunden bei Bezahlung entsprechend Vergütungsgruppen II a/I b BAT. Noch vor Konkursantragstellung entschloß sich der Gemeinschuldner zur Personalreduzierung wegen rückläufiger Teilnehmerzuweisungen. Anhörung des Betriebsrates erfolgte unter dem 10.05.1993. Betriebsbedingt gekündigt wurden unter dem Datum vom 17.05.1993 aus dem OBS-Bereich 19 Lehrer, 1 Verwaltungskraft und 1 Betreuungskraft.

7

Die Klägerin wurde am 17.05.1993 nicht gekündigt.

8

Nach Konkursantragstellung am 19.05.1993 kündigte OBS das Vertragsverhältnis mit dem Gemeinschuldner. Dieser führte die Kurse weiter bis zum 31.07.1993 auf der Grundlage einer Vereinbarung vom 28.07.1993, abgeschlossen mit der OBS. Zwischenzeitlich war allen Beschäftigten unter dem Datum vom 23.06.1993 gekündigt worden. Ab August 1993 waren die Beschäftigten vom Konkursverwalter von der Arbeit freigestellt worden.

9

OBS hatte die Sprachkurse am 15.02.1993 öffentlich ausgeschrieben. Nach Kontaktaufnahme mit OBS (nach Behauptung des Streithelfers im Juni 1993) kam am 09.08./10.08.1993 ein Vertrag zwischen OBS und dem Streithelfer über die Weiterführung der Kurse zustande mit 213 Teilnehmern (53 beendeten ihre Kurse zum 31.08.1993, ab 02.09.1993 wurden 38 Teilnehmer neu zugewiesen).

10

Nachdem der Unterrichtsbetrieb einige Tage geruht hatte, nahm der Streithelfer ihn am 10.08. mit eigenen Lehrkräften auf in den ursprünglichen, von dem Gemeinschuldner angemieteten Räumen. Nach Intervention des Beklagten wurde der Unterricht ab 13.08.1993 in nahegelegene Universitätsräume verlegt. Ab 01.09.1993 besteht zwischen Streithelfer und dem Vermieter ein Mietverhältnis, der Unterricht findet seitdem in den ursprünglichen Räumen statt. Fürübernommenes Material, daß dem Vermieterpfandrecht unterlag, hat der Streithelfer 500,00 DM bezahlt.

11

Der Streithelfer setzte neben dem Zeugen ... der Leitungsaufgaben übernahm, im OBS-Bereich 10 eigene angestellte Lehrkräfte bzw. Honorarkräfte ein, und zwar Teilzeit- und Vollzeitkräfte. Von den OBS-Lehrern des Gemeinschuldners stellte er mit Vertragsschluß vom 13.08.1993 10 Arbeitnehmer ein. Er schloß mit ihnen neue Arbeitsverträge auf der Basis von 28 Wochenstunden Unterrichtsverpflichtung und Vergütung nach Vergütungsgruppe IV a BAT plus Zulage. Die Leiterin der Einrichtung und die Verwaltungskräfte wurden nicht eingestellt. Dem Vertragsverhältnis Streithelfer zu OBS lagen andere Konditionen zugrunde als dem Vertragsverhältnis OBS/Gemeinschuldner. Die Kursdauer betrug nur noch 6 Monate (vorher 8 Monate), die Kostenpauschale war auf 990,00 DM pro Teilnehmer herabgesetzt (vorher 1.275,00 DM).

12

Die Klägerin wurde vom Streithelfer eingestellt und ab August 1993 zu einem Monatsgehalt von 4.577,23 DM beschäftigt (Monatsgehalt beim Gemeinschuldner: 6.208,37 DM). Sie hat erstinstanzlich die Differenz für die Monate August bis Dezember 1993 zuzüglich Weihnachtsgelddifferenz eingeklagt.

13

Die Klägerin hat vorgetragen, die Kündigung sei unwirksam, weil Betriebsratsanhörung und Massenentlassungsanzeige nicht ordnungsgemäß erfolgt seien.

14

Der Streithelfer hat vorgetragen, ein Betriebsübergang sei nicht erfolgt, aus dem OBS-Bereich seien lediglich 10 Lehrkräfte neu eingestellt worden. Zur Erfüllung der Aufgaben sei die Einstellung dieser Lehrkräfte nicht erforderlich gewesen. Er habe bereits vorher Deutschkurse für Ausländer durchgeführt und habe auch seit Jahren über Konzepte verfügt, die den Anforderungen der OBS entsprächen und für die Vorbereitung der Mittelstufenprüfung des ... geeignet seien. Auf Grund der erheblichen Mittelkürzung um ca. 25 % sei der Streithelfer auch gezwungen gewesen, Unterricht und Organisation zu ändern.

15

Die Klägerin hat beantragt,

  1. 1.

    festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 23.06.1993 nicht beendet worden ist;

  2. 2.

    den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin DM 9.786,84 brutto zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 05.01.1996 zu zahlen.

16

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

17

Zur Begründung eines Betriebsüberganges hat er vorgetragen, der Streithelfer habe nicht nur den Aufgabenbereich, Sprachkurse für Ausländer, weitergeführt, sondern auch Inventarübernommen und die angemieteten Räume übernommen. Da der Streithelfer über einschlägige Erfahrungen nicht verfügt habe und die vorgelegten Konzepte nicht ausreichend seien, um den Anforderungen der OBS zu genügen, sei er gezwungen gewesen, auf das vom Gemeinschuldner erarbeitete Curriculum zurückzugreifen. Erst mit Übernahme von 10 Arbeitnehmern des Gemeinschuldners als know-how-Träger sei er in die Lage versetzt worden, eine vertragsgemäße und ordnungsgemäße Kursdurchführung zu gewährleisten. Dabei sei auch zurückgegriffen worden auf Lehrmaterial und ein Lehrbuch, daß von Beschäftigten des Gemeinschuldners erstellt worden sei.

18

Das Arbeitsgericht hat einen Betriebsübergang auf den Streithelfer verneint, den Beklagten zur Zahlung der Differenzvergütung für die Monate August bis Dezember 1993 einschließlich Weihnachtsgelddifferenz verurteilt und die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Auf Tenor und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.

19

Mit Berufung wiederholt der Beklagte seinen Vortrag zum Betriebsübergang. Er vertritt insbesondere die Auffassung, mitÜbernahme von 10 Lehrkräften aus dem OBS-Bereich habe sich der Streithelfer das erforderliche know-how beschafft, um die Kurse überhaupt ordnungsgemäß durchführen zu können. Das vom Streithelfer vorgelegte Konzept sei nicht ausreichend und auch nicht angewandt worden. Nach Reduzierung der Teilnehmerzahlen und Erhöhung der Wochenstundenverpflichtung von 24 auf 28 Stunden habe der Streithelfer der Klägerin einen Lehrkräftebedarf in der Größenordnung von 13,71 Vollzeitkräften gehabt.

20

Der Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des Urteils Arbeitsgericht Hannover vom 21.05.1997, AZ.: 11 Ca 478/93, die Klage abzuweisen.

21

Klägerin und Streithelfer beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

22

Sie vertreten unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die Auffassung, daß ein Betriebsübergang nicht vorliege.

23

Die Klägerin macht im Wege der Anschlußberufung geltend, die Anhörung des Betriebsrates sei nicht ordnungsgemäß erfolgt, weil nicht der richtige Betriebsrat angehört worden sei und ihm im übrigen eine unrichtige Kündigungsfrist benannt worden sei. Sie sei ab 08.05.1981 beschäftigt gewesen, die Kündigungsfrist habe 6 Monate zum Quartal betragen und habe das Arbeitsverhältnis bei Zugang der Kündigung am 03.07.1993 frühestens zum 31.03.1994 beendet. Sie habe deshalb Anspruch auf Gehaltsdifferenz für weitere 3 Monate.

24

Im Wege der Anschlußberufung beantragt die Klägerin,

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hannover vom 21.05.1997 - 11 Ca 478/93 -

  1. 1.

    festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 23.06.1993 nicht beendet worden ist;

    hilfsweise

    festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 23.06.1993 nicht zum 31.12.1993, sondern zum 31.03.1994 beendet worden ist.

  2. 2.

    den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin weitere DM 4.893,42 brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich ergebenden Nettoertrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

25

Der Beklagte beantragt,

die Anschlußberufung zurückzuweisen.

26

Er trägt vor, der Betriebsrat in H. sei ordnungsgemäß angehört worden und habe sich auch zum Kündigungsverlangen geäußert. Die Kündigungsfrist sei eingehalten, da die Klägerin erst seit dem 01.01.1982 beschäftigt gewesen sei, im übrigen werde der Zugang der Kündigung am 03.07. bestritten.

Gründe

27

Die Berufung des Beklagten ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig, §§ 64, 66 ArbGG, 518, 519 ZPO. Die Anschlußberufung der Klägerin ist zulässig.

28

Soweit der Beklagte nicht ordnungsgemäße Besetzung der erstinstanzlichen Kammer rügt, ist sein Vorbringen nicht erheblich. Selbst wenn der Vorsitzende der arbeitsgerichtlichen Kammer zu Unrecht einen Verhinderungsfall angenommen hat und einen Ersatzbeisitzer hinzugezogen hat, scheidet eine Zurückverweisung aus. Gemäß § 68 ArbGG ist wegen eines Mangels im Verfahren des Arbeitsgerichts die Zurückverweisung unzulässig.

29

Die Berufung des Beklagten ist begründet. Es liegt ein Teilbetriebsübergang vor, der das Arbeitsverhältnis der Klägerin erfaßt hat. Annahmeverzugsansprüche gegen den Beklagten bestehen deshalb nicht.

30

Nach der Rechtssprechung des EuGH und des BAG (z. B. EuGH vom 11.03.1997, EzA § 613 a BGB Nr. 145; BAG vom 22.01.1998, 8 AZR 775/96; BAG vom 11.12.1997, 8 AZR 729/96, DB 1998, Seite 883; BAG vom 13.11.1997, 8 AZR 375/96, ZIP 1998, Seite 344) setzt ein Betriebsübergang die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit voraus. Der Begriff der Einheit bezieht sich dabei auf eine organisatorische Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Erforderlich ist eine Gesamtwürdigung aller Umstände; ausgehend von der Art. des betreffenden Unternehmens oder Betriebes sind zu bewerten der Übergang materieller Betriebsmittel wie Gebäude oder beweglicher Güter, der Übergang immaterieller Werte, z. B. Kundenbeziehungen oder know how. Die Identität der Einheit kann sich aber auch ergeben aus einer Übernahme von Personal und Führungskräften.

31

Besteht der Betriebszweck in der Erfüllung eines Dienstleistungsauftrages, so stellt der Verlust des Auftrages an einen Mitbewerber für sich genommen keinen Übergang in Sinne des § 613 a BGB dar. Allerdings kann gerade in diesen Fällen ein Betriebsübergang vorliegen, wenn der Auftragsnachfolger die Hauptbelegschaft einstellt ( BAG vom 13.11.1997, 8 AZR 295/95, DB 1998, Seite 316; BAG, 8 AZR 729/96, a.a.O.). Andererseits kann bei wesentlichen Änderungen der Betriebsorganisation die Identität der wirtschaftlichen Einheit und damit ein Betriebsübergang zu verneinen sei. Die Übernahme nur eines Teils der Belegschaft in Verbindung mit der Fortführung eines Teils der bisherigen Arbeitsaufgaben kann zur Annahme eines Betriebsteilüberganges führen (BAG, 8 AZR 729/96, a.a.O.).

32

Nach diesen Grundsätzen liegt hier ein Teilbetriebsübergang vor, der nach Auffassung der Kammer begrenzt ist auf die Arbeitsverhältnisse der 10 von dem Streithelfer eingestellten OBS-Lehrkräfte, also das Arbeitsverhältnis der Klägerin erfaßt.

33

Nachdem OBS das Vertragsverhältnis gekündigt hatte, endete es nach Vereinbarung zwischen OBS und dem Gemeinschuldner vom 28.07.1993 am 31.07.1993. Der Streithelfer hat nicht das Vertragsverhältnisübernommen, sondern hat auf Grund Neuvergabe durch OBS im August den Kursbetrieb aufgenommen. Die Fortführung der Kurse auf Grund eines neuen Vertrages bewirkte damit keinen Betriebsübergang.

34

Auch die Übernahme sächlicher Mittel ist nicht ausreichend. Der Streithelfer hat dem Vermieterpfandrecht unterliegendes Material für 500,00 DM erworben, also in einer Größenordnung, die für den Betriebsübergang zu vernachlässigen war. Die Anmietung der Räume durch einen neuen Mietvertrag mit dem Vermieter ist ebenfalls von untergeordneter Bedeutung. Die Kursdurchführung war nicht an bestimmte Räumlichkeiten gebunden, es handelt sich um materielle Betriebsmittel, die ohne weiteres austauschbar sind und die deshalb für die wirtschaftliche Identität des Betriebes nicht maßgebend sind.

35

Der Beklagte verweist auf die besonderen Erfahrungen des Gemeinschuldners in der Beschulung von Kursteilnehmern aus dem Hochschulbereich, dokumentiert in einem über Jahre entwickelten Curriculum, einem Lehrbuch und einem Prüfungssystem. Es handelt sich hierbei jedoch nicht um immaterielle Betriebsmittel, die einen Betriebsübergang begründen können. Der Streithelfer hat nachgewiesen, daß er im Bereich Deutsch für Ausländer bereits tätig war, er verfügte selbst über Konzepte für die Vorbereitung zur Mittelstufenprüfung des ... Curriculum und Lehrbuch des Gemeinschuldners waren nicht in besonderer Weise urheberrechtlich geschützt. Die Vermittlung von Deutsch für Ausländer ist imübrigen keine Geheimwissenschaft, viele Bildungsträger sind auf diesem Gebiet tätig, das Fach gehört zum Lehrplan von Hochschulen. Die Unterrichtung von Kursteilnehmer aus dem Hochschulbereich bedarf zwar besonderer Lehrinhalte und Methoden. Es ist aber nicht ersichtlich, daß sich dabei für einen ausgebildeten Lehrer besondere Schwierigkeiten ergeben und besondere Vorbereitungen oder Anleitungen erforderlich sind. Daß sich eine Lehrkraft auf die Vorkenntnisse und die Lernfähigkeit der Kursteilnehmer einstellen und den Unterricht entsprechend gestalten muß, ist eine Selbstverständlichkeit und von einem ausgebildeten Lehrer ohne weiteres zu leisten.

36

Im übrigen ist anzumerken, daß die Lehrpläne des Gemeinschuldners für den Streithelfer nur begrenzt anwendbar waren, weil die Kursdauer von 8 auf 6 Monate reduziert wurde. Die besonderen Erfahrungen des Gemeinschuldners sind deshalb nur relevant, soweit sie sich in Kenntnissen und Erfahrungen der Lehrkräfte niederschlagen. Allein die Übernahme von Lehrkräften als know-how-Träger führt hier zu einem Teilbetriebsübergang.

37

Bei der Bewertung der Personalübernahme sind mehrere Punkte relevant. Der OBS-Bereich ist nur ein Betriebsteil gewesen. Dieser Betriebsteil sollte bereits im Mai 1993 durch den Gemeinschuldner erheblich reduziert werden, von 33 oder 34 Lehrkräften sind im Mai 19 betriebsbedingt gekündigt worden wegen zu erwartenden Rückgangs der Kursteilnehmerzahlen. Der Gemeinschuldner beschulte ca. 300 Teilnehmer im Monat, der Streithelfer hat die Einrichtung weitergeführt mit ca. 200 Teilnehmern. Das heißt aber zwingend, daß von dem Betriebsteil OBS nur ein Teil, etwas mehr als die Hälfte, weitergeführt wurde. DurchÄnderung der Arbeitsorganisation, Heraufsetzung der Wochenstundenzahl von 24 auf 28 Stunden, ist zusätzlich durch den Streithelfer der Lehrerbedarf reduziert worden. Durch die neuen Auftragsbedingungen, Reduzierung der Kostenpauschale von vorher 1.275,00 DM auf 990,00 DM, war der Streithelfer nicht in der Lage, die bestehenden Arbeitsverhältnisse unverändert zu übernehmen. Er mußte eine neue Arbeitsorganisation schaffen durch Herabsetzung der Vergütung und Erhöhung der Wochenstundenzahl. Nach Auffassung der Kammer liegt damit nur ein Teilbetriebsübergang vor, begrenzt auf die Arbeitnehmer, die sich beim Streithelfer beworben haben und mit den veränderten Vertragsbedingungen einverstanden waren. Bei einem Teilbetriebsübergang, der aufÜbernahme eines Drittels der Arbeitsnehmer des Bereiches beruht, besteht Identität nur in dem Umfang der übernommenen know-how-Träger. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin, die eingestellt wurde, ist von diesem Teilbetriebsübergang erfaßt. Wenn bei Dienstleistungsbetrieben allein die Übernahme des wesentlichen Teils der Belegschaft zu einem Betriebsübergang führen kann, dann muß auch bei Einstellung nicht nur einzelner Arbeitnehmer, sondern bei Einstellung einer nicht unerheblichen Arbeitnehmerzahl in diesem Umfang von einem Betriebsübergang ausgegangen werden. Jedenfalls bezogen auf dieübernommenen Arbeitnehmer ist § 613 a BGB zu bejahen. Die Klägerin ist deshalb für etwaige Ansprüche aus dem übergegangenen Arbeitsverhältnis an den Streithelfer zu verweisen. Die dabei entstehende Problematik, ob die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen unter Berücksichtigung von § 613 a BGB wirksam vereinbart werden konnte, war hier nicht zu entscheiden.

38

Die Anschlußberufung der Klägerin ist nicht begründet. Für die Kündigungsschutzklage ist das Feststellungsinteresse entfallen. Da das Arbeitsverhältnis der Klägerin im August 1993 auf den Streithelfer übergegangen ist, diesesübergegangene Arbeitsverhältnis über den Kündigungszeitpunkt 31.12.1993 hinaus fortgesetzt worden ist, besteht kein erkennbares Interesse der Klägerin mehr an der Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung. Annahmeverzugsansprüche für das erste Quartal 1994 bestehen ebenfalls nicht gegenüber dem Beklagten, wie ausgeführt bestand zu diesem Zeitpunkt zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis mehr.

39

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97, 101 ZPO. Die Streitwertfestsetzung ist erfolgt gemäß §§ 12 Abs. 7 ArbGG, 3 ZPO.

40

Die Revisionszulassung beruht auf § 72 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG.

41

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Dr. Rosenkötter
Kröckel
Meier