Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 11.06.1998, Az.: 10 Sa 626/97
Wirksamkeit der Ausschluss- bzw. Kürzungsregelung des § 4 Abs. 8 Sozialplan; Zulässigkeit der unterschiedlichen Behandlung von älteren und jüngeren Arbeitnehmern; Verbot der Benachteiligung Behinderter
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 11.06.1998
- Aktenzeichen
- 10 Sa 626/97
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1998, 10763
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:1998:0611.10SA626.97.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Hannover - AZ: 10 Ca 922/94
Rechtsgrundlagen
- Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG
- § 75 BetrVG
Prozessführer
...
Prozeßbevollmächtigte/r: Az.: 3033/94A
Prozessgegner
...
Prozeßbevollmächtigte/r: Az.: B-94-01924
Amtlicher Leitsatz
Nach § 8 Abs. 2 TV über den Rationalisierungsschütz für Angestellte im öffentlichen Dienst vom 09.01.1987 i.d.F.d. A-TV Nr. 2 vom 04.11.1992 (TVRat BAT) erhalten u. a. Schwerbehinderte, die demnächst die Voraussetzungen für den Bezug eines Altersruhegeldes gemäß § 37 SGB VI (60. Lebensjahr, Wartezeit 35 Jahre) erfüllen, nur eine gekürzte Abfindung. Hierbei wird der Berechnung der Abfindung nur die Anzahl von Monaten zu Grunde gelegt, die dem Schwerbehinderten von der Erfüllung der Voraussetzungen des § 37 SGB VI trennen.
Eine nach diesem Vorbild von der Einigungsstelle inhaltsgleich geschaffene Regelung ist wirksam.
In dem Rechtsstreit
hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 11.06.98
durch
den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts ... und
den ehrenamtlichen Richter ... und
die ehrenamtliche Richterin
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 16. Januar 1997 - 10 Ca 922/94 - teilweise abgeändert.
Die Klage wird vollständig abgewiesen.
Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte DM 8.769,27 zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 05. April 1997 zu zahlen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreites.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der am 31. Oktober 1934 geborene Kläger ist verheiratet und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Er ist schwerbehindert mit einem GdB von 100 %, leidet an Multipler Sklerose und ist Rollstuhlfahrer. Das am 01. August 1966 begründete Arbeitsverhältnis richtete sich kraft Einzelarbeitsvertrag im wesentlichen nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und endete am 30. Juni 1994 aufgrund Kündigung der Beklagten vom 23.11.1993. Die Kündigungsschutzklage nahm der Kläger zurück.
Die Beklagte befindet sich in Liquidation und mußte ihren Betrieb einstellen, weil die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und die hinter ihr stehenden deutschen Gebietskörperschaften die ständig gestiegenen Fehlbeträge von zuletzt in Höhe mehrerer Millionen Deutscher Mark pro Jahr nicht mehr übernehmen wollten.
Am 18. Mai 1994 kam im Einigungsstellenverfahren ein Sozialplan zustande (Bl. 5-10 nebst Begründung in Bl. 11-13 d.A.). In diesem Sozialplan hieß es u. a.
§ 3 (Dotierungsrahmen)
Der Dotierungsrahmen des Sozialplans
a.) Für jeden Arbeitnehmer, für den der Sozialplan gemäß § 1 gilt, wird die Abfindung nach § 7 Abs. 1 des Tarifvertrages über den Rationalisierungsschutz für Angestellte vom 09.01.1987, zuletzt geändert durch Änderungstarifvertrag Nr. 2 vom 04.11.1992 (TVRat BAT) errechnet, wobei die Ausschlüsse und Kürzungen vorgenommen werden, die sich aus § 8 Abs. 1 und 2 TVRat BAT ergeben.
...
§ 4 (Anspruchsvoraussetzungen)
(1) Die anspruchsberechtigten Arbeitnehmer erhalten für den Verlust des Arbeitsplatzes nach Maßgabe der folgenden Tabelle eine Abfindung im Sinne der §§ 9, 10 KSchG, § 3 EStG.
...
Die Tabelle berücksichtigt auch den Umstand, daß ab dem 58. Lebensjahr in absehbarer Zeit eine Altersrente in Anspruch genommen werden kann.
(2) Schwerbehinderte mit einem GdB von mindestens 50 % und Gleichgestellte erhalten als Abfindung einen weiteren Monatsbezug.
...
(5) Tritt ein Anspruchsberechtigter innerhalb eines Zeitraums, der kleiner ist als die bei der Abfindung sich errechnende Zahl der Monatsbezüge in ein Arbeitsverhältnis bei einem Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes oder einem Arbeitgeber ein, der die für den öffentlichen Dienst geltenden Tarifverträge oder Tarifverträge wesentlich gleichen Inhalts oder die darin oder in Besoldungsgesetzen über Ortszuschläge oder Sozialzuschläge getroffenen Regelungen oder vergleichbare Arbeitnehmers entsprechend. Der überzahlte Betrag ist vom Arbeitnehmer zurückzuzahlen (§ 8 Abs. 3 TVRat BAT).
...
(8) Ansprüche aus diesem Sozialplan bestehen nicht, wenn der Arbeitnehmer erwerbsunfähig oder berufsunfähig im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung ist oder die Voraussetzungen für den Bezug eines vorgezogenen oder flexiblen Altersruhegeldes der gesetzlichen Rentenversicherung oder Versorgungseinrichtungen im Sinne des § 7 Abs. 2 AVG oder der Zusatzversorgung erfüllt (§ 8 Abs. 1 TVRat BAT). Besteht ein Anspruch auf Abfindung und wird der Arbeitnehmer das 65. Lebensjahr innerhalb eines Zeitraums vollenden, der kleiner ist als die der Abfindung zugrunde liegende Zahl der Monatsbezüge, oder ist absehbar, daß innerhalb dieses Zeitraums einer der Tatbestände des obigen Unterabsatzes eintritt, verringert sich die Abfindung entsprechend (§ 8 Abs. 2 TVRat BAT).
...
(11) Der auszuzahlende Betrag errechnet sich aus dem Verhältnis der Höhe des Dotierungsrahmens gemäß § 3 zu der Höhe der zu zahlenden Abfindung gemäß § 4 des Sozialplans.
Die hier nicht abgedruckte Tabelle des § 4 Abs. 1 differenziert nach Lebensjahren und Betriebszugehörigkeit. Sie gibt den daraus ablesbaren Ausgangsbetrag in Monatsbezügen an. Die höchsten Beträge erhalten danach die über 55-jährigen, aber noch nicht 58-jährigen Mitarbeiter. Mit Vollendung des 60. Lebensjahres wurde eine weitere Kürzung vorgenommen. Über 62-jährige Mitarbeiter sollten nichts erhalten. Dieser Ausschluß der über 62-jährigen wurde später wegen des Mitarbeiters ... beseitigt, der 62 Jahre alt gewesen ist und eine Betriebszugehörigkeit von 37 Jahren aufzuweisen hatte.
Der nach der Tabelle unter Hinzurechnung des eventuell gegebenen weiteren Monatsbezuges für Schwerbehinderte ermittelte Betrag wurde sodann auf 65,89373 % gekürzt, weil der von der DFG und den Gebietskörperschaften zur Verfügung gestellte Betrag von ca. DM 1.473.400,00 keine höhere Ausschüttung erlaubte (vgl. § 4 Nr. 11 Sozialplan).
In der Zeit vom 01. Februar 1995 bis zum 31. Januar 1996 wurde der Kläger in der Universität ... als wissenschaftlicher Mitarbeiter beschäftigt und bezog hier in der Zeit bis zum 30. Juni 1996 ein anrechenbares Einkommen von DM 34.686,02 (vgl. § 4 Abs. 5 Sozialplan).
Die Beklagte bezahlte eine Abfindung von DM 30.575,51 zuzüglich Zinsen.
Die Parteien vertraten im erstinstanzlichen Verfahren unterschiedliche Auffassungen über die Berechtigung der Kürzung auf 65,89373 % (§ 4 Abs. 11 Sozialplan) und über die Wirksamkeit der Ausschluß- bzw. Kürzungsvorschrift des § 4 Nr. 8 Sozialplan.
Die zuletzt noch geltend gemachte erstinstanzliche Klageforderung in Höhe von DM 46.101,47 würde bei Anwendung der klägerischen Ansichten ihrer rechnerischen Höhe nach unstreitig sein.
Wegen der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme wird auf den Beweisbeschluß vom 20. Juni 1996 (Bl. 66R d.A.) und wegen des Ergebnis der Beweisaufnahme auf die Auskunft der BfA vom 29. Juli 1996 (Bl. 70-87 d.A.) Bezug genommen. Die 35-jährige Wartezeit gemäß § 37 SGB VI wurde danach bereits am 30. April 1990 vom Kläger erfüllt. Durch Urteil vom 16. Januar 1997 wurde die Beklagte zur Zahlung von DM 8.119,70 zuzüglich Zinsen verurteilt, die weitergehende Klage bei einem Streitwert von DM 46.101,47 abgewiesen. Das Arbeitsgericht hielt dafür, daß die Vorschrift des § 4 Abs. 11 Sozialplan mit der Kürzung auf 65,89373 % Rechtens sei. Der Ausschluß- bzw. Kürzungstatbestand nach § 4 Nr. 8 Sozialplan sei unwirksam, weil er Schwerbehinderte sachfremd benachteilige. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen (Bl. 116-126 d.A.).
Dieses Urteil wurde beiden Parteien am 18. März 1997 zugestellt. Der Kläger nahm die am 10. April 1997 eingelegte Berufung am 14. Mai 1997 zurück.
Die Beklagte begründete die am 17. April 1997 eingelegte Berufung am Dienstag nach Pfingsten, dem 20. Mai 1997 und stellte zugleich den Antrag nach § 717 Abs. 2 ZPO, weil sie am 05. April 1997 einen Betrag von DM 8.769,27 zur Abwendung der Zwangsvollstreckung an den Kläger gezahlt hatte.
Die Beklagte vertritt nach Maßgabe der Berufungsbegründung vom 20. Mai 1997 (Bl. 165-170 nebst Anlagen in Bl. 171-177 d.A.) die Ansicht, die Vorschrift des § 4 Nr. 8 Sozialplan sei wirksam und die Kürzung der Abfindung auf den von der Beklagten freiwillig bezahlten Betrag von DM 30.575,51 berechtigt.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt sinngemäß,
die Klage in teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils in vollem Umfange abzuweisen und den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte DM 8.769,27 nebst 4 % Zinsen seit dem 05. April 1997 zu zahlen.
Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe der Berufungserwiderung vom 30. Juni 1997 (Bl. 180-183 d.A.).
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist begründet, weil die Ausschluß- bzw. Kürzungsregelung in § 4 Abs. 8 Sozialplan entgegen der Ansicht des Klägers und des Arbeitsgerichts Hannover wirksam ist.
Vorab sei bemerkt, daß auch das Erstgericht zunächst dieser Ansicht gewesen sein muß, weil im anderen Fall der Beweisbeschluß mit der Ermittlung der vom Kläger vollendeten Wartezeit überflüssig gewesen wäre.
Der Wortlaut des § 4 Nr. 8 Sozialplan ist eindeutig. Danach erhalten Arbeitnehmer, die im Zeitpunkt des Ausscheidens erwerbs- oder berufsunfähig sind oder die Voraussetzungen für den Bezug eines vorgezogenen oder flexiblen Altersruhegeldes der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen, keine Abfindung. Tritt einer dieser Tatbestände innerhalb eines Zeitraumes ein, der kleiner ist als die der Abfindung zugrunde liegende Zahl der Monatsbeträge, so verringert sich die Abfindung entsprechend.
Der letztgenannte Fall ist hier gegeben. Vorliegend erfüllte der Kläger die gesamten Voraussetzungen für den Bezug des Altersruhegeldes gem. § 37 SGB VI am 31. Oktober 1994 mit der Vollendung des 60. Lebensjahres (Nr. 1 a.a.O.). Die weiteren Voraussetzungen nach den Nr. 2 und 3 (a.a.O.) erfüllte der Kläger als Schwerbehinderter mit einer erfüllten Wartezeit von 35 Jahren schon seit dem 30. April 1990.
Zu diesem Punkt vertreten auch die Parteien keine abweichenden Standpunkte. Weiterer Ausführungen bedarf es hier also nicht.
Die strittige Bestimmung des § 4 Nr. 8 Sozialplan verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Die Einigungsstelle hat sich an den durch die Vorschriften der §§ 112 Abs. 5, 76 Abs. 3 und 75 Abs. 1 BetrVG festgelegten Rahmen gehalten. Es liegt auch kein Verstoß gegen das durch Gesetz vom 27. Oktober 1994 ausdrücklich in das Grundgesetz aufgenommene Verbot der Benachteiligung Behinderter vor (Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG).
Das Verbot der Benachteiligung Behinderter galt im übrigen auch schon vor dem 27. Oktober 1994 im Bereich betrieblicher Normsetzung nach § 75 Abs. 1 S. 1 BetrVG, weil die dort aufgeführten Sachverhalte keine abschließende, sondern nur eine beispielhafte Aufzählung enthält (... insbesondere wegen...). Aus der genannten Vorschrift des Artikel 3 Abs. 3 Satz 2 GG sind selbst im staatlichen Bereich keine "verfassungsunmittelbaren Leistungsansprüche ableitbar" (so: Scholz in Maunz/Düring/Herzog/Scholz, GG, Ko, Art. 3 Abs. 3 Rn. 174 auf Seite 353b).
Die Betriebspartner haben bei der gestaltenden Regelung eines Sozialplans einen weiten Ermessensspielraum, ob und in welchem Umfang sie die Nachteile einer Betriebsänderung ausgleichen wollen (BAG vom 11.01.1995 - 10 AZR 374/94 sub 3. - wohl unveröffentlicht). Sie müssen dabei den Normzweck des § 112 BetrVG beachten, wonach Sozialplanleistungen dem Ausgleich oder der Minderung zukünftig zu erwartender Nachteile aufgrund einer Betriebsänderung dienen sollen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz erfordert keine schematische Gleichbehandlung der Arbeitnehmer eines Betriebes, sondern verbietet die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer aus sachfremden Gründen gegenüber anderen, in vergleichbarer Lage befindlichen Arbeitnehmern, sowie eine auf sachfremden Gründen beruhende Gruppenbildung. Eine Differenzierung aufgrund bestehender tatsächlicher und für die jeweilige Regelung erheblicher Gesichtspunkte ist zulässig (BAG a.a.O.).
In der von beiden Parteien erörterten späteren Entscheidung des BAG vom 31. Juli 1996 - 10 AZR 45/96 in DB 97, 281 ff. - ist entschieden worden, daß es nicht gegen § 75 BetrVG verstieße, wenn solche Arbeitnehmer von Sozialplanleistungen ausgenommen würden, die zum Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses die Voraussetzungen für den Übergangs losen Rentenbezug nach Beendigung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld erfüllen. Das Verbot, Arbeitnehmer wegen Überschreitung bestimmter Altersstufen zu benachteiligen, bedeutet jedoch nicht, daß damit in einer betrieblichen Regelung jede unterschiedliche Behandlung zwischen älteren und jüngeren Arbeitnehmern unzulässig wäre (BAG a.a.O. sub II 2 a). Eine Differenzierung aufgrund bestehender tatsächlicher und für die jeweilige Regelung erheblicher Gesichtspunkte ist zulässig (BAG a.a.O.). Hierbei ist auch ausgeführt worden, daß der Eintritt nicht unerheblicher Nachteile beispielsweise durch eine Rentenminderung kein Grund für den Ausschluß einer derartigen Differenzierung ist (BAG a.a.O. sub c). Es ist zu berücksichtigen, daß eine Abfindung aus einem Sozialplan nicht Belohnung für in der Vergangenheit geleistete Dienste ist, die für den Betrieb erbrachte Leistung oder eine Betriebszugehörigkeit nachträglich vergüten soll, sondern eine Überbrückungshilfe für die von der Entlassung betroffenen Arbeitnehmer bis zu einem neuen Arbeitsverhältnis oder bis zum Bezug des gesetzlichen Altersruhegeldes darstellen soll (BAG a.a.O.).
Diesen Anforderungen hält § 4 Abs. 8 Sozialplan stand. Bemerkt sei, daß die Regelung inhaltsgleich ist mit den Bestimmungen des § 8 Abs. 1 und Abs. 2 des Rationalisierungsschutztarifvertrages des öffentlichen Dienstes (TVRat BAT), auf welchen im Sozialplan an mehreren Stellen, insbesondere in §§ 3 und 4 hingewiesen wird. Die DFG und die deutschen Gebietskörperschaften waren nicht bereit, hier Bestimmungen zuzulassen, die über die Bezugsberechtigung nach dem TVRat BAT hinausgingen. Es ist rechtlich unbedenklich, daß sich die Betriebspartner an diese Vorgaben gehalten haben.
Der Kläger wird nicht wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt, sondern muß die Kürzung hinnehmen, weil er per 01.11.1994 Altersruhegeld gem. § 37 SGB VI in Anspruch hätte nehmen können. Nicht entscheidend ist, daß das Arbeitslosengeld höher gewesen ist, als es das Altersruhegeld gewesen wäre. Die Enttäuschung des Klägers wird von der Kammer geteilt, kann aber nicht beseitigt werden. Derartige als ungerecht empfundene Regelungen ergeben sich auch aus jeder Stichtagsregelung. Es ist dem Kläger auch zuzugeben, daß es wirtschaftlich unvernünftig gewesen wäre, das Altersruhegeld hier vor Ablauf der in seinem Falle bis zu 32 Monate währenden Bezugsberechtigung für das Arbeitslosengeld in Anspruch zu nehmen. Er teilt dieses Schicksal aber mit allen auch entweder sofort oder binnen relativ kurzer Frist nicht behinderten, sondern aus anderen Gründen rentenbezugsberechtigten Arbeitnehmern nach den §§ 36, 37 und 39 SGB VI. Auch der Umstand, daß die Chancen des Klägers auf dem Arbeitsmarkt schon wegen seiner Behinderung zumindest nicht günstiger gewesen sind, als die Chancen anderer Arbeitnehmer, ändert nichts. Bemerkt sei, daß es schon allein wegen des Alters des Klägers in der Regel höchst unwahrscheinlich ist, daß ein Arbeitnehmer einen neuen Arbeitsplatz findet. Ausgeschlossen ist es selbst für Schwerbehinderte nicht, wie gerade im Falle des Klägers mit seiner Beschäftigung bei der Universität ... bewiesen wurde.
Aus dem Fall Schlüter ergibt sich kein anderes Ergebnis. Schlüter war als 62-jähriger Arbeitnehmer noch nicht berechtigt, vorgezogenes Altersruhegeld gem. § 36 SGB VI in Anspruch zu nehmen, weil er noch nicht 63 Lebensjahre vollendet hatte. Wäre Schlüter schon 63 Jahre alt gewesen, so hätte ihm die Streichung der Spalte "nach vollendetem 62. Jahr" nichts genützt, weil er dann ebenso wie der Kläger des Parallelverfahrens 10 (9) Sa 699/97 gem. § 4 Abs. 8 Sozialplan überhaupt keinen Anspruch hätte erheben können.
Die Widerklage ist gem. §§ 717 Abs. 2 ZPO, 291, 288 BGB begründet, wie zwischen den Parteien für den Fall der Unbegründetheit der Klage nicht streitig ist.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits gem. § 91 ZPO zu tragen, weil er im Rechtsstreit unterlegen ist.
Die Gegenstandswerte für das Berufungsverfahren waren aufgrund der zunächst eingelegten Berufung des Klägers für die Zeit bis zur Berufungsrücknahme in der vollen Höhe des erstinstanzlichen Verfahrens und für die Zeit danach in Höhe der Urteilssumme erster Instanz festzusetzen.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.
Es ist von grundsätzlicher Bedeutung, ob Sozialplanleistungen gekürzt werden dürfen, wenn der Arbeitnehmer bereits relativ kurze Zeit nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis berechtigt ist, Altersrente gem. § 37 SGB VI zu beziehen.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert wird für die Zeit bis zum 14. Mai 1997 auf DM 46.101,47 und für das weitere Berufungsverfahren auf DM 8.119,70 festgesetzt.