Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 29.09.1998, Az.: 12 Sa 2544/97

Zeitzuschläge für Arbeit an Feiertagen

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
29.09.1998
Aktenzeichen
12 Sa 2544/97
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1998, 17005
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:1998:0929.12SA2544.97.0A

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Oldenburg - 01.10.1997 - AZ: 3 Ca 772/96
nachfolgend
BAG - 18.05.2000 - AZ: 6 AZR 53/99

In dem Rechtsstreit
hat die 12. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 29.09.98
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Niedersachsen ... und
die ehrenamtlichen Richterinnen ...
fürRecht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 01.10.1997 - 3 Ca 772/96 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Streitwert: unverändert.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von der Beklagten, die ein Krankenhaus betreibt, restliche Zeitzuschläge von 100 % für Schichtarbeit am Ostersonntag und Pfingstsonntag des Jahres 1996 in der unstreitigen Höhe von 347,87 DM brutto.

2

Seit dem Jahre 1983 ist der Kläger bei der Beklagten als Krankenpfleger im Schichtdienst beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach den "Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland" (AVR).

3

Der Kläger arbeitet nach einem im voraus aufgestellten Dienstplan. Die Arbeitsstunden werden so verteilt, daß jeder Arbeitnehmer unabhängig von Feiertagsarbeit seine regelmäßige Arbeitszeit ableistet. Für Arbeiten an einem Wochenfeiertag wird dem Kläger ein freier Tag unter Fortzahlung der Vergütung gewährt, während ansonsten für Feiertagsarbeit freie Tage ohne Vergütungszahlung vorgesehen sind. Der Kläger arbeitete am Ostersonntag und Pfingstsonntag 1996 je 7,7 Stunden. Hierfür erhielt er einen Zeitzuschlag von 35 % je Stunde.

4

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für Ostersonntag und Pfingstsonntag ein Zeitzuschlag von 135 % pro geleisteter Arbeitsstunde zu.

5

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 347,87 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit 12. Dezember 1996 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

7

Sie hat geltend gemacht, dem Kläger stehe nur der unstreitig gewährte Zeitzuschlag von 35 % zu. Für die geleistete Feiertagsarbeit habe er Freizeitausgleich erhalten.

8

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 49 R, 50 d.A.) sowie den Inhalt der zu den Akten I. Instanz gelangten Schriftsätze und Anlagen gemäß § 543 Abs. II ZPO verwiesen.

9

Das Arbeitsgericht Oldenburg hat durch das am 1. Oktober 1997 verkündete, hiermit in Bezug genommene Urteil (Bl. 49-52 R d.A.) die Klage kostenpflichtig abgewiesen, den Wert des Streitgegenstandes auf 347,87 DM festgesetzt und die Berufung zugelassen.

10

Es hat angenommen, gemäß § 20 a Abs. I c (aa) AVR erhalte der Kläger für die am Ostersonntag und Pfingstsonntag geleistete Arbeit einen Zeitzuschlag von 135 %, wenn er keinen Freizeitausgleich erhalten habe, oder einen Zeitzuschlag von 35 % wenn Freizeitausgleich gewährt worden sei. Nach § 9 Abs. 5 AVR sei die an einem Sonntag geleistete dienstplanmäßige Arbeit an einem Wochentag durch Freizeit auszugleichen. Das gelte damit auch für Feiertage wie Ostersonntag oder Pfingstmontag, die auf einen Sonntag fallen. Auch insoweit sei nach den Bestimmungen der AVR Freizeit an einem Wochentag zu gewähren. Für diesen Werktag entstehe dann kein Vergütungsanspruch, weil es sich lediglich um die Verlagerung von Freizeit handele. Allerdings erhalte der Arbeitnehmer dann einen Zuschlag von 35 % als Ausgleich für die Feiertagsarbeit nach § 20 a AVR. Unstreitig habe die Beklagte diesen Zuschlag dem Kläger gewährt. Etwas anderes ergäbe sich auch nicht durch Auslegung der in § 20 a Abs. 1 c getroffenen Regelung. Insbesondere vermöge die Kammer nicht zu erkennen, daß hier unter dem Begriff "Freizeitausgleich" bezahlte Freizeit gemeint sei. Der Kläger könne sich insoweit auch nicht auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 22. August 1995 - 3 AZR 42/95 - berufen. Auch laufe im Regelungswerk der AVR die Bestimmung über Zeitzuschlag für Feiertagsarbeit ohne Freizeitausgleich nicht leer, weil der Freizeitausgleich nach § 9 nur für dienstplanmäßig angeordnete Sonntagsarbeit zwingend vorgeschrieben sei.

11

Gegen das ihm am 11. November 1997 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10. Dezember 1997 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 10. Februar 1998 am 21. Januar 1998 begründet.

12

Der Kläger macht weiterhin geltend, aus dem Regelungszusammenhang der AVR ergäbe sich ein Anspruch auf eine Zulage in Höhe von insgesamt 135 %. Wegen weiterer Einzelheiten seines Vorbringens II. Instanz wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 20. Januar 1998 (Bl. 64-75 d.A.) verwiesen.

13

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 01.10.1997 - 3 Ca 772/96 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 347,87 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 12.12.1996 auf den Nettobetrag zu zahlen.

14

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

15

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 19. Februar 1998 (Bl. 80, 81 d.A.).

Gründe

16

Die kraft Zulassung im angefochtenen Urteil statthafte und auch sonst zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Rechtsstreit zutreffend entschieden. Dem Kläger steht für die am Ostersonntag, dem 7. April 1996 und am Pfingstsonntag, dem 26. Mai 1996 geleisteten Arbeitsstunden ein Zeitzuschlag in Höhe von 135 % der Stundenvergütung nicht zu, da er Freizeitausgleich im Sinne der tariflichen Bestimmungen erhalten hat.

17

Die Berufungskammer hält die rechtlichen Ausführungen des Arbeitsgerichts für zutreffend. Von einer nochmaligen ausführlichen Darlegung der Rechtslage wird deshalb gemäß § 543 Abs. I ZPO abgesehen. Die Ausführungen der Berufung sind nicht geeignet, eine Abänderung des angefochtenen Urteils herbeizuführen.

18

Als Anspruchsgrundlage für die vom Kläger geltendgemachte Differenz der Zeitzuschläge kommt nur § 20 a Abs. 1 c (aa) AVR in Betracht. Nach dieser Bestimmung beträgt der Zeitzuschlag für Arbeit an Ostersonntag und Pfingstsonntag ohne Freizeitausgleich 135 v. H. und bei Freizeitausgleich 35 v. H. der Stundenvergütung. Der Kläger hat am Ostersonntag sowie am Pfingstsonntag 1996 dienstplanmäßig je 7,7 Stunden gearbeitet. Für diese dienstplanmäßige Arbeitszeit hat er unstreitig Freizeitausgleich erhalten.

19

Der Freizeitausgleich für dienstplanmäßig geleistete Arbeitszeit an einem Sonntag ist in § 9 Abs. 5 Unterabsatz 2 AVR geregelt. Danach ist die dienstplanmäßige bzw. betriebsübliche Arbeitszeit an einem Sonntag durch eine entsprechende zusammenhängende Freizeit an einem Werktag oder ausnahmsweise an einem Wochenfeiertag der nächsten oder der übernächsten Woche auszugleichen. Erfolgt der Ausgleich an einem Wochenfeiertag, wird für jede auszugleichende Arbeitsstunde die Stundenvergütung gezahlt. Aus dieser Tarifnorm ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, daß ein weiterer freier Tag oder etwa ein Zeitzuschlag in Höhe von 135 v. H. der Stundenvergütung als Ausgleich für die an einem Sonntag geleistete Feiertagsarbeit zu gewähren ist (vgl. etwa BAG, AP Nr. 2 zu § 27 MTB II, AP Nr. 1 zu § 35 BAT, AP Nr. 3 zu § 35 BAT, AP Nr. 17 zu§ 15 BAT und AP Nr. 12 zu § 1 TVG, Tarifverträge: Bundesbahn). Auch aus dem systematischen Zusammenhang zwischen § 9 Abs. 5 und § 20 a Abs. 1 c (aa) AVR läßt sich kein anderes Ergebnis herleiten. Zwar wird in§ 20 a Abs. 1 c (aa) AVR bei der Höhe der Zuschläge für Arbeit am Ostersonntag und am Pfingstsonntag zwischen Fällen mit und ohne Freizeitausgleich unterschieden, während § 9 Abs. 5 Unterabsatz 2 AVR für die dienstplanmäßige bzw. betriebsübliche Arbeitszeit am Sonntag einen Freizeitausgleich zwingend vorgibt. Hieraus folgt jedoch nicht, daß § 20 a Abs. 1 c (aa) AVR überflüssig wäre, wenn dem Mitarbeiter für die Arbeit an einem auf einen Sonntag sowie Ostersonntag und Pfingstsonntag fallenden Feiertag kein zusätzlicher Freizeitausgleich oder der Zeitzuschlag von 135 % zustünde. Die zwingende Vorschrift des§ 9 Abs. 5 Unterabsatz 2 AVR schließt nämlich den Anspruch auf den Zeitzuschlag von 135 % für die Arbeit am Ostersonntag bzw. Pfingstsonntag nur dann aus, wenn es sich dabei um dienstplanmäßige bzw. betriebsübliche Arbeit handelt. Der erhöhte Zeitzuschlag ist erst dann zu zahlen, wenn der Mitarbeiter außerdienstplanmäßige Sonntagsarbeit leistet (vgl. BAG, AP Nr. 12 zu § 1 TVG, Tarifverträge: Bundesbahn).

20

Auch Sinn und Zweck der tariflichen Bestimmungen über den Freizeitausgleich für dienstplanmäßige bzw. betriebsübliche Arbeit an Sonntagen ergeben, daß für die planmäßige Arbeit an einem Sonntag, der Freizeitausgleich für diese Sonntagsarbeit gleichzeitig auch den Freizeitausgleich für die Feiertagsarbeit, das heißt für die Arbeit am Ostersonntag und Pfingstsonntag darstellt. Die tarifliche Regelung in § 9 Abs. 5 Unterabsatz 2 AVR soll sicherstellen, daß schichtdienstleistende Arbeitnehmer, die dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich im Rahmen der regelmäßigen Wochenarbeitszeit an Sonntagen arbeiten müssen, ebenso viele frei Tage haben wie diejenigen Arbeitnehmer, die keine Schichtarbeit leisten (vgl. BAG, a.a.O.). Es handelt sich bei diesem Sachverhalt lediglich um die Verlagerung von Freizeit, so daß für die Ausgleichszeit kein Vergütungsanspruch entsteht (vgl. Scheffer/Mayer, Kommentar zu den Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland, 3. Auflage 1975, Stand Januar 1996, Erläuterung Nr. 5 zu § 9 AVR).

21

Da der Kläger unstreitig für die dienstplanmäßige Arbeit am Ostersonntag und Pfingstsonntag durch entsprechende Gewährung dienstplanmäßige Freizeit und auch den Zuschlag von 35 % erhalten hat, steht ihm ein Anspruch auf den erhöhten Zeitzuschlag von 135 % nicht zu.

22

Die Berufung war demgemäß mit der Kostenfolge aus§ 97 Abs. I ZPO zurückzuweisen.

23

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. II Nr. 1 ArbGG.

Streitwertbeschluss:

Streitwert: unverändert.