Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 24.09.1998, Az.: 2 Ta 314/98
Notwendigkeit eines ausdrücklichen Antrags auf Beiordnung des Prozeßbevollmächtigten im Rahmen der Prozeßkostenhilfebewilligung zu
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 24.09.1998
- Aktenzeichen
- 2 Ta 314/98
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1998, 17002
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:1998:0924.2TA314.98.0A
Rechtsgrundlage
- § 121 ZPO
Fundstellen
- AGS 1998, 189-190
- MDR 1999, 190 (Volltext mit amtl. LS)
In dem Rechtsstreit
hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ...
ohne mündliche Verhandlung
beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde des Klägers vom 02.07.1998, beim Arbeitsgericht eingegangen am 03.07.1998, werden die Beschlüsse des Arbeitsgerichts Hannover vom 07.04.1998 und 10.06.1998, 2 Ca 814/96, abgeändert:
Dem Kläger wird für das Verfahren vor dem Arbeitsgericht Hannover, 2 Ca 814/96, Rechtsanwalt Ressel, Hannover, im Rahmen der bewilligten Prozeßkostenhilfe beigeordnet.
Tatbestand
I.
Die Parteien haben im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits um Zahlungsansprüche des Klägers i. H. v. 2.838,00 DM gestritten. Bereits mit Klageinreichung am 04.12.1996 hat der Kläger beantragt, ihm Prozeßkostenhilfe zu bewilligen.
Mit Zwischenverfügung vom 25.11.1997 erbat das Arbeitsgericht eine aktuelle Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers.
Im Kammertermin vom 18.12.1998 wurde der Bewilligungsbescheid für das Arbeitslosengeld, das der Kläger erhält, zur Einsicht vorgelegt. Im übrigen hat das Gericht, nachdem die Parteien den Rechtsstreit vergleichsweise erledigt haben, dem Kläger aufgegeben, eine neue Erklärung mit den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen vorzulegen sowie Kopien des Bewilligungsbescheides und des neuen Mietvertrages zur Gerichtsakte zu reichen. Nachdem die erforderlichen Unterlagen vorgelegt wurden, hat das Arbeitsgericht Hannover durch Beschluß vom 07.04.1998 dem Kläger Prozeßkostenhilfe für den Prozeß und den Vergleich ohne Ratenzahlung bewilligt. Eine Beiordnung des Rechtsanwalts Ressel hat das Arbeitsgericht nicht vorgenommen, da diese nicht beantragt gewesen sei. Im Rahmen des Prozeßkostenhilfeerstattungsantrages wurde der Prozeßbevollmächtigte des Klägers von Seiten des Kostenbeamten des Arbeitsgerichts Hannover darauf hingewiesen, daß er eine Ergänzung des Bewilligungsbeschlusses beantragen möge, da bisher eine Beiordnung des Prozeßbevollmächtigten nicht erfolgt sei.
Das Arbeitsgericht fragte beim zuständigen Bezirksrevisor des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen an, ob gegen eine nachträgliche Beiordnung Bedenken bestehen.
In seiner Verfügung vom 26.05.1998 (Bl. 49 d. A.)äußerte der Bezirksrevisor Bedenken. Mangels eines entsprechenden Antrages sei der Prozeßbevollmächtigte des Klägers nicht beigeordnet worden. Eines gerichtlichen Hinweises, daß eine ausdrückliche Beiordnung beantragt werden müsse, bedürfe es nicht, denn es bestehe kein Anwaltszwang. Die Prozeßkostenhilfebewilligung ohne Beiordnung sei wegen der damit verbundenen Freistellung von Gerichtskosten vorliegend der Hälfte von 33,00 DM durchaus sinnvoll.
Nach Abschluß des Verfahrens käme eine Beiordnung weder aufgrund eines nachträglich gestellten Antrages noch im Wege der Ergänzung oder Berichtigung der PKH-Bewilligung in Frage.
In der Beantragung der Prozeßkostenhilfe durch einen Prozeßbevollmächtigten liege auch nicht stillschweigend der Antrag auf Beiordnung.
Der Kläger und jetzige Beschwerdeführer hat gegen die Ausführungen des Bezirksrevisors Gegenvorstellung geäußert. Er hat ausgeführt, eine PKH-Bewilligung ohne Beiordnung sei im vorliegenden Fall völlig unsinnig. Der Freistellung von Gerichtskosten i. H. v. 16,50 DM ständen Anwaltskosten von über 500,00 DM gegenüber.
Das Arbeitsgericht Hannover hat durch Beschluß vom 10.06.1998 den Antrag auf Beiordnung des Rechtsanwalts Ressel zurückgewiesen. Wegen der Begründung des Beschlusses wird auf die Ausführungen in der Entscheidung des Arbeitsgerichts vom 10.06.1998 (Bl. 51 d. A.) verwiesen.
Der Kläger hat gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Hannover vom 10.06.1998 Beschwerde eingelegt. Er hat insoweit seinen Standpunkt bekräftigt in der Antragstellung durch seinen Prozeßbevollmächtigten habe konkludent die Beantragung der Beiordnung dieses Prozeßbevollmächtigten im Rahmen der Prozeßkostenhilfe gelegen.
Das Arbeitsgericht Hannover hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Gründe
II.
Die gem. § 127 Abs. 2 ZPO zulässige Beschwerde ist begründet.
Das Beschwerdegericht folgt nicht den Ausführungen des Arbeitsgerichts Hannover, das sich an den Rechtsauffassungen des Bezirksrevisors orientiert.
Richtig ist, daß der Kläger es unterlassen hat, in seiner Klagschrift vom 03.12.1996 einen ausdrücklichen Antrag auf Beiordnung des Prozeßbevollmächtigten im Rahmen der Prozeßkostenhilfebewilligung zu stellen. Die Anträge einer Partei sind indes vor dem Hintergrund der Antragsbegründung und des Vortrages im Rahmen des Prozesses auszulegen. Bestehen insoweit Zweifel, hat das Gericht von seinem ihm obliegenden Fragerecht gem. § 139 ZPO Gebrauch zu machen (vgl. Hartmann in Baumbach/Lauterbach ZPO 56. Auflage § 121 Rdnr. 30).
Vorliegend ist dem Kläger Prozeßkostenhilfe bewilligt worden, weil er arm im Sinne der Prozeßkostenhilfebewilligungsbestimmungen ist. Sein einzusetzendes Vermögen ist ausweislich der vorliegenden Berechnung mit null anzusetzen. Die Prozeßkostenhilfebewilligung befreit den Kläger im vorliegenden Fall von Gerichtskosten i. H. v. 16,50 DM. Belastet ist der Kläger indes mit Anwaltskosten i. H. v. 536,50 DM (vgl. Bl. 52 d. A.). Daß der Kläger den Willen gehabt hat, sich von Gerichtskosten i. H. v. 16,50 DM befreien zu lassen, indes die Bereitschaft hatte und in der Lage ist, die Anwaltskosten i. H. v. 536,50 DM zu zahlen, kann ernstlich nicht angenommen werden. Stellt eine bedürftige Partei daher durch einen Prozeßbevollmächtigten einen Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe so ist er so zu verstehen, daß dieser Prozeßbevollmächtigte im Rahmen der zu bewilligenden Prozeßkostenhilfe beigeordnet werden will. Es liegt auch ohne daß dies ausdrücklich beantragt wird vor dem Hintergrund der Antragstellung durch einen Prozeßbevollmächtigten eine stillschweigende Beantragung der Beiordnung des jeweiligen Prozeßbevollmächtigten vor (vgl. dazu auch Philippi in Zöller, ZPO 20. Auflage § 121 Rdnr. 14; Hartmann a.a.O. so auch von Eicken in Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert BRAGO 13. Auflage Rdnr. 18 vor § 121 unter Hinweis auf die Rechtsprechung; sowie VGH Kassel Beschluß vom 23.01.1989 im Anw.Bl. 1990, 571).
Nach alldem war wie erfolgt zu entscheiden.
Gegen diesen Beschluß ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (§ 78 Abs. 2 ArbGG).