Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 19.05.2011, Az.: 16 Sa 439/10
Dem Wachpersonal eines Bundeswehrstandortes kollektiv angebotene Verlängerung der vertraglichen Arbeitszeit stellt keine Organisationsänderung i.S.d. § 1 Abs. 1 TV UmBW dar; Tarifliche Verlängerung der vertraglichen Arbeitszeit im Wachdienst der Bundeswehr; unbegründete Zahlungsklage zur Einkommenssicherung bei freiwilligem Verzicht auf Arbeitszeitverlängerung
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 19.05.2011
- Aktenzeichen
- 16 Sa 439/10
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2011, 27068
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2011:0519.16SA439.10.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BAG - 16.05.2013 - AZ: 6 AZR 619/11
Rechtsgrundlagen
- § 242 BGB
- § 611 Abs. 1 BGB
- § 7 Abs. 2 a ArbZG
- TVöD-BT-V § 46
- TV UmBW § 1 Abs. 1
Amtlicher Leitsatz
Eine in Vollzug der Öffnungsklausel des § 7 Abs. 2 a Arbeitszeitgesetz dem Wachpersonal eines Bundeswehrstandortes kollektiv angebotene Verlängerung der vertraglichen Arbeitszeit stellt keine Organisationsänderung i.S. § 1 Abs. 1 des Tarifvertrages über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr (TV UmBW) dar. Eine solche Maßnahme löst keinen Anspruch auf eine Zulage gemäß § 7 Abs. 1 TV UmBW aus.
In dem Rechtsstreit
Kläger und Berufungskläger,
gegen
Beklagte und Berufungsbeklagte,
hat die 16. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 19. Mai 2011 durch
den Richter am Arbeitsgericht Ermel,
den ehrenamtlichen Richter Herrn Froelian,
den ehrenamtlichen Richter Herrn Loos
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Emden vom 04.02.2010 - 2 Ca 435/09 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche im Zusammenhang mit einer Veränderung der Arbeitszeit des Klägers.
Der Kläger ist seit dem 01.12.1986 als Wachmann und Diensthundeführer bei der Beklagten im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung beschäftigt, zuletzt als Wachleiter gemäß § 2 des Arbeitsvertrages der Parteien bestimmt sich das Arbeitsverhältnis einschließlich der Einreihung und Entlohnung nach dem Manteltarifvertrag für die Arbeiter des Bundes (MTB II) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf Blatt 5 der Gerichtsakte verwiesen.
Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, dass auf das Arbeitsverhältnis der TVöD-BT-V sowie der Tarifvertrag über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr (im Folgenden: TV UmBW) Anwendung findet.
Mit dem Änderungstarifvertrag Nr. 3 zum TVöD vom 12.09.2008 wurde die Regelung des § 46 TVöD-BT-V geändert.
Die neue Regelung lautet wie folgt:
"§ 1
Änderung des TVöD-BT-V
Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) - Besonderer Teil Verwaltung - (BT-V) - vom 13. September 2005, zuletzt geändert durch den Änderungstarifvertrag Nr. 2 vom 31. März 2008, wird wie folgt geändert:
1. In Abschnitt VIII Sonderregelungen (Bund) werden in § 46 Nr. 4 nach Absatz 3 folgende Absätze 3a bis 3c eingefügt:
"(3a) Unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes kann die Arbeitszeit des Feuerwehrpersonals, sofern in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Bereitschaftsdienst fällt, auf bis zu 54 Stunden im Siebentageszeitraum ohne Ausgleich verlängert werden, wenn dienstliche Gründe bestehen und der oder die Beschäftigte schriftlich eingewilligt hat.
(3b) Unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes kann die Arbeitszeit des Wachpersonals, sofern in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Bereitschaftsdienst fällt, auf bis zu 65 Stunden im Siebentageszeitraum ohne Ausgleich verlängert werden, wenn dienstliche Gründe bestehen und der oder die Beschäftigte schriftlich eingewilligt hat.
(3c) Beschäftigten, die die Einwilligung zur Verlängerung der Arbeitszeit nicht erklären oder die Einwilligung widerrufen, dürfen daraus keine Nachteile entstehen. Die Einwilligung kann mit einer Frist von sechs Monaten schriftlich widerrufen werden. Die Beschäftigten sind auf die Widerrufsmöglichkeit schriftlich hinzuweisen."
In der Vergangenheit leistete der Kläger Dienste im 24-Stunden-Schichtdienst bei einer dienstplanmäßigen Arbeitszeit von bis zu 293 Stunden monatlich. Zuletzt war der Kläger in der Wache der Munitionsniederlage "E." eingesetzt. Die Arbeitszeit des Klägers einschließlich geleisteter Bereitschaftsdienste betrug regelmäßig ca. 65 Stunden wöchentlich.
Die Beklagte vergütete den Kläger nach dem Tabellenentgelt des TVöD nach der Entgeltstufe 5 Stufe 4 zzgl. stundenbezogener Pauschalen für dienstplanmäßige Überstunden, Überstundenentgelt und Zeitzuschläge.
Mit Schreiben vom 14.11.2008 gab die Beklagte ihren Beschäftigten den dritten Änderungstarifvertrag zum TVöD-BT-V vom 12.09.2008 bekannt und wies daraufhin, dass die so genannte Opt-out-Regelung für das Wachpersonal befristet sei bis zum 30.11.2010. Mit dieser Übergangsregelung solle den Organisatoren und Dienststellenleitern die Möglichkeit eröffnet werden, die Verlagerung der Aufgaben des Wachdienstes von den militärischen Dienststellen zur territorialen Wehrverwaltung und die Umorganisation des Wachdienstes zur Verringerung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit auf höchstens 48 Stunden unter Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen zu erreichen. Ferner heißt es:
"Die Verlagerung des Wachdienstes in die territoriale Wehrverwaltung und die Umgestaltung des Wachdienstes zur Einhaltung der Höchstgrenze von durchschnittlich 48 Stunden pro Woche ohne Erhöhung des Personalbestandes sind Umstrukturierungsmaßnahmen i.S.d. TV UmBW. Somit kommt bei Vorliegen der tariflichen Voraussetzungen u.a. eine Einkommenssicherung nach § 7 Abschnitt A TV UmBW in Betracht. Soweit eine Umorganisation des Wachdienstes zur Einhaltung der höchstmöglichen durchschnittlichen Arbeitzeit von 48 Stunden pro Woche bereits erfolgt ist, bin ich damit einverstanden, dass die Einkommenssicherung rückwirkend gewährt wird, längstens jedoch für sechs Monate vor Bekanntgabe dieses Erlasses."
Das Angebot der Beklagten, die Arbeitzeit gemäß § 46 Nr. 4 Abs. 3 b TVöD-BT-V auf bis zu 65 Stunden im Siebentageszeitraum zu verlängern, nahm der Kläger nicht an. Beis auf einen weiteren Arbeitnehmer nahmen alle übrigen Wachleute der Munitionsniederlage "E." das Angebot an.
Mit Schreiben vom 07.09.2009 beantragte der Kläger die Gewährung einer Einkommenssicherungszulage. Mit Schreiben vom 16.09.2009 lehnte die Beklagte durch die den Antrag im Wesentlichen mit der Begründung ab, ein Anspruch auf Einkommenssicherung setze voraus, dass die Wache als Ganzes mit dem Ziel umorganisiert werde, dass künftig alle dort Beschäftigten mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von höchstens 48 Stunden eingesetzt werden können. Eine solche Organisationsmaßnahme habe für die Wache der Munitionsniederlage "E." nicht stattgefunden. Vielmehr habe der Kläger persönlich die Entscheidung getroffen, nicht mehr über die Höchstarbeitsgrenze von 48 Stunden im Wochendurchschnitt hinaus arbeiten zu wollen.
Mit der Abrechnung für Juli 2009 vergütete die Beklagte dem Kläger das Tabellenentgelt sowie ferner - neben weiteren Entgeltbestandteilen - eine Pauschale für dienstplanmäßige Überstunden in Höhe von 826,25 EUR sowie einen pauschalen Zeitzuschlag für 62,30 Stunden in Höhe von 236,88 EUR, im August 2009 eine pauschale Abgeltung für Überstunden in Höhe von 264,40 EUR und einen Zeitzuschlag von 75,80 EUR.
Der Kläger begehrt einen Differenzbetrag in Höhe von 722,93 EUR brutto unter dem Gesichtspunkt der monatlichen Einkommenssicherung nach § 7 A TV UmBW für die Monate August bis Oktober 2009 in voller Höhe. Ferner begehrt der Kläger den entsprechenden Zahlbetrag fortlaufend ab November 2009 mit der Maßgabe, dass die Zulage entsprechend der tariflichen Bestimmung bei jeder künftigen allgemeinen Entgelterhöhung um 25 % abgeschmolzen wird, wobei ein Sockelbetrag in Höhe von 30 % der Zulage garantiert bleibe.
Der Kläger ist der Auffassung, die Reduzierung der Arbeitszeit sei eine Maßnahme im Sinne des TV UmBW. Auf die Regelung des § 46 Nr. 4 Abs. 3 b TVöD-BT-V könne sich die Beklagte nicht berufen, da dieser Vorschrift wegen Verstoßes gegen § 7 Abs. 2 a AZG sowie gegen Art. 22 der Richtlinie 2003/88/EG unwirksam sei.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Monate August, September und Oktober 2009 jeweils 722,93 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 17. Oktober 2009 auf die jeweiligen Rückstände als Zulage zu seinen Bezügen zu zahlen.
2. die Beklagte weiter zu verurteilen, an den Kläger als Zulage zu seinen übrigen Bezügen ab November 2009 jeweils monatlich 722,93 € brutto zu zahlen, abzüglich 25 % bei jeder allgemeinen Entgelterhöhung, mindestens jedoch 216,88 € brutto.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ein Anspruch des Klägers setze voraus, dass die Reduzierung der Arbeitszeit die Folge einer Umorganisation der Wache als Ganzes sei. Der verringerte Verdienst beruhe allein auf der Entscheidung des Klägers, von der so genannten Opt-out-Regelung keinen Gebrauch zu machen.
Mit am 04.02.2010 verkündetem Urteil, dem Kläger am 02.03.2010 zugestellt, hat das Arbeitsgericht Emden die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten des Urteils wird auf Blatt 43 - 49 der Gerichtsakte verwiesen. Hiergegen hat der Kläger mit am 29.03.2010 per Telefax beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 03.06.2010 mit am selben Tag beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangenen Schriftsatz begründet.
Sinn und Zweck der Einkommenssicherungszulage sei es gerade, in Fällen einer Organisationsmaßnahme den erworbenen Besitzstand auszugleichen und die schrittweise Anpassung des Lebensstandards an die veränderten Verhältnisse zu ermöglichen. Die Organisationsmaßnahme habe in einem ersten Schritt darin bestanden, den Dienst der Wachleute grundsätzlich so zu organisieren, dass die einzelnen Wachschichten pro Woche die Höchstarbeitszeit nicht überschritten. Die Reduzierung der Arbeitszeit des Klägers beruhe keineswegs auf seiner eigenen Entscheidung, sondern auf den arbeitszeitrechtlichen Vorgaben der Richtlinie. Ohne diese Vorgaben hätte der Kläger einseitig seine Arbeitszeit nicht verringern dürfen.
Ein Anspruch des Klägers bestehe außerdem aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes.
Es gebe keinen sachlichen Grund, den Kläger von der Zahlung der Zulage auszunehmen, die seinen Arbeitskollegen entsprechend den Regelungen des § 7 A TV UmBW gezahlt werde. Der Einwand, die weiteren Wachleute hätten von der "Opt-out-Regelung" Gebrauch gemacht, könne nicht verfangen, da dies gegen § 612 a BGB verstoße.
Im Übrigen sei die tarifliche Grundlage der Opt-out-Regelung unwirksam, da sie nicht den Erfordernissen des § 7 Abs. 2 A AZG entspreche. Der Tarifvertrag enthalte entgegen der gesetzlichen Vorschrift keine Regelungen die sicherstellen, dass infolge der Arbeitzeiterhöhung die Gesundheit der Arbeitnehmer nicht gefährdet werde. Damit wäre der Kläger nicht einmal berechtigt, von der Option Gebrauch zu machen. Eine ungültige Tarifnorm bilde keine taugliche Ermächtigungsgrundlage für einen Verstoß gegen das Arbeitsschutzrecht. Anderen Wachleuten im Bereich des Bundeswehrdienst-leistungszentrums Leer, die ihre Einwilligung zur Verlängerung der Arbeitszeit erteilt hätten, gewähre die Beklagte im Übrigen eine Zulage nach § 7 A TV UmBW. Dies ergebe sich aus den an diese Beschäftigten gerichteten Verfügungen vom 29.09. bzw. 30.11.2009 (Blatt 102, Blatt 104 der Gerichtsakte). Die Beklagte zahle die Zulage an jene Wachleute unter Verrechnung der tatsächlich geleisteten Überstunden. In dieser Weise sei die Beklagte jedenfalls bei den Wachleuten F., G. und H. verfahren.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht vom 19.05.2011 hat die Beklagte mitgeteilt, dass die Wache der Munitionsniederlage "E." ab dem 15.12.2010 geschlossen sei und die Bewachung seit diesem Zeitpunkt durch ein privates Bewachungsunternehmen durchgeführt werde.
Die Parteien haben ferner übereinstimmend erklärt, dass die Beklagte dem Kläger ab dem 01.12.2010 eine persönliche Zulage gemäß § 7 A TV UmBW in Höhe von monatlich 402,34 EUR zahle.
Der Kläger beantragt,
1. das am 04.02.2010 verkündete und am 02.03.2010 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Emden, Az.: 2 Ca 435/09, abzuändern,
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Monate August, September und Oktober 2009 jeweils 722,93 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 4 % über dem Basiszins seit dem 17.10.2009 auf die jeweiligen Rückstände als Zulage zu seinen Bezügen zu zahlen,
3. die Beklagte weiter zu verurteilen, an den Kläger als Zulage zu den übrigen Bezügen ab November 2009 jeweils monatlich 722,93 EUR brutto zu zahlen, abzüglich 25 % bei jeder allgemeinen Entgelterhöhung, mindestens jedoch 216,88 EUR, abzüglich ab Dezember 2010 monatlich gezahlter Zulage von 402,34 EUR brutto.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Ein Anspruch nach § 7 TV UmBW setze voraus, dass ein Beschäftigter aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung durch Auflösung oder Verkleinerung von Dienststellen oder durch eine wesentliche Änderung des Aufbaus oder der Aufgaben einer Dienststelle einschließlich der damit verbundenen Umgliederung oder Verlegung aufgrund der Neuausrichtung der Bundeswehr seinen Arbeitsplatz verliert. Von einem derartigen Arbeitsplatzverlust sei der Kläger nicht betroffen. Seine Monatsarbeitszeit habe sich nicht infolge einer Umorganisation geändert, sondern aufgrund des Änderungstarifvertrages zum TVöD-BT-V, welcher europarechtlichen Vorgaben hinsichtlich der Arbeitszeit Rechnung getragen habe. Die dienstlichen Gründe für die Arbeitszeitverlängerung hätten bestanden, der Kläger habe lediglich seine Einverständniserklärung nicht abgegeben. Außer dem Kläger habe lediglich ein weiterer Beschäftigter die Opt-out-Regelung abgelehnt. Die übrigen 16 Wachleute hätten ihr zugestimmt.
Ein Anspruch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung ergebe sich nicht. Ein Anspruch folge nicht aus dem Schreiben des Bundesministerium der Verteidigung vom 14.11.2008. Soweit in dem Schreiben die Rede davon sei, die Umgestaltung des Wachdienstes durch Reduzierung der Arbeitszeit ohne Erhöhung des Personalbestandes sei eine Umstrukturierungsmaßnahme, ziele dies auf den Abbau von Personalüberhängen durch Arbeitszeitverkürzung durch Veränderung der Wachkonzepte an verschiedenen Standpunkten. Eine Veränderung des Wachkonzeptes bei der Bewachung des Standortes "E." sei nicht erfolgt.
Bei Ablehnung des Angebotes auf Teilnahme an der Opt-out-Regelung gewähre die Beklagte nicht anderen Mitarbeitern eine Zulage. Soweit solche Fälle aufgetreten seien, werde die Beklagte die Zahlung sofort einstellen und Rückforderungsansprüche geltend machen.
Soweit des Bundeswehrdienstleistungszentrum Leer anderen Wachleuten statt einer Vergütung für die über die Regelarbeitszeit hinaus geleistete Arbeitszeit einen Sicherungsbetrag gezahlt habe, liege darin eine fehlerhafte Sachbehandlung, welche die Beklagte abstellen werde. Einen Grundsatz oder eine Verwaltungspraxis, nach der die Beklagte ohne Rücksicht auf die tariflichen Voraussetzungen Entgelteinbußen sichere, gebe es nicht. Aus einer etwaigen fehlerhaften Tarifanwendung in Einzelfällen könne der Kläger keinen Anspruch herleiten.
Wegen des Vorbringens im Berufungsverfahren im Übrigen wird auf die Berufungsbegründung vom 03.04.2010, die Berufungserwiderung vom 09.07.2010 sowie die Schriftsätze des Klägers vom 14.07.2010, 02.08.2010 und 18.01.2011 sowie der Beklagten vom 26.11.2010 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
I. Die Berufung ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt und begründet (§ 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 517, 519, 520 ZPO).
II. Die Berufung ist unbegründet.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von jeweils 722,93 EUR brutto für die Monate August bis Oktober 2009. Für den vom Kläger begehrten Zahlungsanspruch fehlt es an einer Anspruchsgrundlage.
a) Ein Anspruch des Klägers folgt nicht aus dem Arbeitsvertrag der Parteien i.V.m. § 7 A TV UmBW i.V.m. § 1 Abs. 1 TV UmBW. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 A i.V.m. § 1 Abs. 1 TV UmBW liegen nicht vor.
§ 1 TV UmBW vom 18.7.2001 hat folgenden Wortlaut:
§ 1 Geltungsbereich
(1) Abschnitt I dieses Tarifvertrages gilt für die im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (nachfolgend Arbeitnehmer), die unter den
- Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT),
- Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-O),
- Manteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder (MTArb),
- Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts für Arbeiter an den MTArb (MTArb-O)
fallen und deren Arbeitsplätze in der Zeit vom 1. Juni 2001 bis zum 31. Dezember 2010 durch Auflösung oder Verkleinerung von Dienststellen oder durch eine wesentliche Änderung des Aufbaus oder der Aufgaben einer Dienststelle einschließlich damit verbundener Umgliederung oder Verlegung auf Grund der Neuausrichtung der Bundeswehr wegfallen.
(2) Abschnitt II dieses Tarifvertrages gilt für die im Geschäftsbereich des BMVg beschäftigten Arbeitnehmer, die unter einen der in Absatz 1 aufgeführten Tarifverträge fallen und deren Aufgaben in der Zeit vom 1. Juni 2001 bis zum 31. Dezember 2010 in einen Bereich außerhalb des Geschäftsbereiches des BMVg oder einer anderen Bundesbehörde zu einem Dritten verlagert werden.
§ 7 A Abs. 1 UmBW enthält folgende Regelung:
§ 7 Ergänzung der Einkommenssicherung
A. Arbeitnehmer im Feuerwehr- oder Wachdienst oder als Besatzungsmitglied von Binnen- und Seefahrzeugen und von schwimmenden Geräten
(1) Der Arbeitnehmer, der bis zu dem Tag vor Aufnahme der neuen Tätigkeit (§ 3) mindestens ein Jahr ununterbrochen im Feuerwehr- oder Wachdienst oder als Besatzungsmitglied von Binnen- und Seefahrzeugen und von schwimmenden Geräten beschäftigt und nach
- den entsprechenden Sonderregelungen zum BAT/BAT-O/MTArb/MTArb-O für den Bereich des BMVg,
- dem Tarifvertrag über die Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit des im Arbeiterverhältnis stehenden Wachpersonals im Bereich des Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung vom 28. November 1967,
- dem Tarifvertrag über die Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit des im Angestelltenverhältnis stehenden Wachpersonals im Bereich des Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung vom 12. Januar 1971
vergütet/entlohnt worden ist und dessen Arbeitszeit durch den Wechsel der Beschäftigung wesentlich vermindert wird, erhält - ggf. neben der Einkommenssicherung nach § 6 - eine Zulage in Höhe
- bei Angestellten, der auf die weggefallene Verlängerung der Arbeitszeit entfallenden Stundenvergütung (§ 35 Abs. 3 Unterabs. 1 BAT/BAT-O),
- bei Arbeitern, des auf die weggefallene Mehrarbeit entfallenden anteiligen Monatstabellenlohnes.
aa) Die Änderung des auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren § 46 Nr. 4 TVöD-BT-V aufgrund des Änderungstarifvertrages Nr. 3 stellt keine Maßnahme i.S. § 1 Abs. 1 TV UmBW dar.
Die Auslegung des normativen Teiles eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen, ohne an eine Reihenfolge gebunden zu sein, weitere Kriterien ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. z.B. BAG 23. Februar 2005 - 4 AZR 139/04, AP Nr. 42 zu § 1 TVG Tarifverträge: Druckindustrie).
Die Änderung von Rechtsvorschriften, welche sich auf den Betrieb von Dienststellen auswirken oder auswirken können, stellt bereits nach dem Wortlaut des Tarifvertrages für sich noch keine Maßnahme dar. Nach der eindeutigen Regelung muss eine Organisationsmaßnahme und nicht lediglich eine Veränderung von rechtlichen Rahmenbedingungen vorliegen. Die Organisationsmaßnahme selbst muss nach der Systematik des Tarifvertrages - zumindest mittelbar - eines der Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs.1 TV UmBW, also der Auflösung oder Verkleinerung von Dienststellen oder einer wesentlichen Änderung des Aufbaus oder der Aufgaben einer Dienststelle einschließlich Umgliederung oder Verlegung erfüllen, um Ansprüche nach § 7 A TV UmBW auslösen zu können.
Die Änderung der tarifvertraglichen Arbeitszeitregelung ist bloße Normsetzung der Tarifvertragsparteien im Rahmen ihrer Tarifmacht gemäß §§ 1 ff. TVG. Die Tarifvertragsparteien treffen damit keine Organisationsmaßnahmen i.S. § 1 Abs. 1 TV UmBW. Ob tarifvertragliche Änderungen die Beklagte dazu veranlassen, als Reaktion hierauf Organisationsänderungen durchzuführen, richtet sich erst in einem weiteren Schritt nach den Umständen des Einzelfalles jeder einzelnen Dienststelle.
bb) Die Beklagte hat keine Organisationsmaßnahme i.S. § 1 Abs. 1 TV UmBW dadurch durchgeführt, dass sie allen Beschäftigten des Wachpersonals der Munitionsniederlage "E." das Vertragsangebot der Opt-out-Regelung unterbreitet hat. Ebenso wenig liegt eine Organisationsänderung darin, dass die überwiegende Zahl der Beschäftigten der Munitionsniederlage "E." von diesem Vertragsangebot Gebrauch gemacht hat.
Das Angebot von Vertragsänderungen ohne eine zugrunde liegende Organisationsänderung unterfällt nicht dem Tatbestand des § 1 Abs. 1 TV UmBW.
Nur die infolge des Kabinettsbeschlusses der Bundesregierung vom 14.06.2000 beschlossenen Maßnahmen, die u.a. zur Auflösung oder Verkleinerung einer Dienststelle führen, unterliegen dem Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 TV UmBW. Mit dem TV UmBW wollten die Tarifvertragsparteien der besonderen Situation Rechnung tragen, die aufgrund dieses Kabinettsbeschlusses entstanden war. Danach sollten im Bereich der territorialen Verwaltung der Bundeswehr nach der Schließung von 49 der 124 Standorte und von 11 der 21 Bundeswehrhochschulen insgesamt 25.000 zivile Dienstposten wegfallen. Das betraf unter Einbeziehung der Teilzeitkräfte etwa 27.000 zivile Beschäftigte. Der damit einhergehende Wegfall von Arbeitsplätzen sollte durch den TV UmBW sozial verträglich gestaltet werden. Dies haben die Tarifvertragsparteien in der Präambel des Tarifvertrages erkennbar zum Ausdruck gebracht. Für die Erfüllung des Tarifmerkmals "aufgrund einer Neuausrichtung der Bundeswehr" i.S. § 1 Abs. 1 TV UmBW muss demnach ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Wegfall des jeweiligen Arbeitsplatzes und einer im Zuge der Kabinettsentscheidung vom 14.06.2000 getroffenen Maßnahme bestehen (BAG, 26.06.2004, 6 AZR 298/03 - nicht amtlich veröffentlicht - juris; ebenso: BAG 12.09.2006, 9 AZR 213/06, AP Nr. 31 zu § 1 TVG, Altersteilzeit). Ein Anspruch nach § 7 A TV UmBW setzt stets voraus, dass sich die Vergütung infolge einer Maßnahme i.S. § 1 Abs. 1 TV UmBW verringert. Ein Wegfall des Arbeitsplatzes kann dann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer nach Durchführung einer Organisationsmaßnahme mit derselben Art der Tätigkeit vertragsgemäß entweder an einem anderen Ort oder in einer anderen betrieblichen Einheit weiterbeschäftigt wird. Auch in der Änderung der Arbeitsorganisation kann ein Wegfall des Arbeitsplatzes im Tarifsinne liegen, selbst wenn sich der bisherige Arbeitsplatz räumlich nicht verändert (BAG, 27.10.2005, 6 AZR 116/05, - nicht amtlich veröffentlicht - juris).
Nach dem tariflichen Gesamtzusammenhang hat die Zulage nach § 7 A TV UmBW den Zweck, den Lebensstandard derjenigen Arbeitnehmer, die von Verdiensteinbußen infolge von Organisationsmaßnahmen betroffen sind, zu erhalten. Diejenigen Arbeitnehmer, die durch eine Organisationsmaßnahme eine Lohneinbuße erleiden, sollen einen Einkommensausgleich erhalten. Dagegen nimmt im Falle einer vereinbarten Verringerung der Arbeitszeit, die auf Wunsch des Arbeitnehmers zustande kommt, der Arbeitnehmer bewusst Einkommenseinbußen in Kauf. Solche Einkommenseinbußen sind vom Arbeitgeber nicht auszugleichen (LAG Baden-Württemberg, 15.09.2010, 12 Sa 56/09, - nicht rechtskräftig - juris).
Das kollektive Angebot der Vertragsänderung durch Wahrnehmung der Opt-out-Regelung beruht nicht auf einer Organisationsmaßnahme der Beklagten, mit welcher eine organisatorische Umgestaltung der Munitionsniederlage "E." umgesetzt werden sollte. Vielmehr diente das Vertragsangebot ersichtlich der Aufrechterhaltung des bisherigen Organisationsstatus. Ziel der Beklagten war es, mit Wahrnehmung der Opt-out-Regelung gerade die bisherige Organisation des Wachdienstes unverändert zu lassen. Personelle Maßnahmen, die nicht Reaktion auf eine Organisationsänderung sind, sondern allein der Erfüllung arbeitszeitrechtlicher Vorgaben dienen, können nicht im weiteren Sinne als Organisationsmaßnahme i.S. § 1 Abs. 1 TV UmBW verstanden werden. Hierfür fehlt es an dem erforderlichen Kausalzusammenhang zu einer auf dem Kabinettsbeschluss vom 14.06.2000 beruhenden Organisationsmaßnahme.
Etwas anderes ergäbe sich auch nicht für den Fall, dass die tarifliche Vorschrift des § 46 Nr. 4 Abs. 3 b TVöD-BT-V wegen Verstoß gegen § 7 Abs.2 a AZG unwirksam wäre.
Rechtsfolge einer Unwirksamkeit der tarifvertraglichen Regelung wäre allein, dass die Beklagte rechtswidrig von denjenigen Bediensteten, welche von der Opt-out-Regelung Gebrauch gemacht haben, unter Verstoß gegen § 3 AZG Arbeitsleistungen und Bereitschaftsdienste abgefordert hätte. Ein entsprechendes rechtswidriges Handeln der Beklagten würde allein durch die Tatsache der Rechtswidrigkeit nicht zu einer Maßnahme i.S. § 1 Abs. 1 TV UmBW. Auch der Umstand, dass die Beklagte in diesem Fall möglicherweise gezwungen gewesen wäre, die Bewachung personell neu zu organisieren, würde nicht dazu führen, dass die unterbliebene, aber in diesem Fall gebotene personelle Maßnahme als Organisationsänderung § 1 Abs. 1 TV UmBW unterfällt. Auch insoweit würde es an der Kausalität fehlen. Eine fiktive organisatorische Maßnahme der Beklagten als Reaktion auf arbeitszeitrechtliche Vorgaben würde nicht auf dem Kabinettsbeschluss vom 14.06.2000 beruhen, sondern auf einer rechtskonformen Umsetzung arbeitszeitrechtlicher Vorschriften.
b) Ein Anspruch des Klägers folgt nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu behandeln. Damit verbietet der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb der Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. Im Bereich der Arbeitsvergütung ist er trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit anwendbar, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt.
Dem Arbeitgeber ist es verwehrt, einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von ihnen aus unsachlichen Gründen von einer Erhöhung der Arbeitsentgelte auszuschließen. Eine sachfremde Benachteiligung liegt nicht vor, wenn sich nach dem Leistungszweck Gründe ergeben, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, diesen Arbeitnehmern die den anderen gewährte Leistung vorzuenthalten. Die Zweckbestimmung ergibt sich vorrangig aus den tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen, von deren Vorliegen und Erfüllung die Leistung abhängig gemacht.
Die Differenzierung zwischen der begünstigten Gruppe und den benachteiligten Arbeitnehmern ist dann sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt. Die Gründe müssen auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und dürfen nicht gegen höherrangige Wertentscheidungen verstoßen. Die Gruppenbildung ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Unterscheidung einem legitimen Zweck dient und zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich und angemessen ist. Die unterschiedliche Leistungsgewährung muss stets im Sinne materieller Gerechtigkeit sachgerecht sein.
Steht eine Gruppenbildung fest, hat der Arbeitgeber die Gründe für die Differenzierung offenzulegen und so substantiiert darzutun, dass die Beurteilung möglich ist, ob die Gruppenbildung sachlichen Kriterien entspricht. Liegt ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Regel auf alle Arbeitnehmer anzuwenden und diese entsprechend zu begünstigen. Der benachteiligte Arbeitnehmer hat Anspruch auf die vorenthaltene Leistung (vgl. BAG 17.03.2010, 5 AZR 168/09, AP Nr. 211 zu § 242 BGB Gleichbehandlung = NZA 2010, S. 696 [BAG 17.03.2010 - 5 AZR 168/09] m.w.N.).
Die Beklagte hat den Kläger nicht von Leistungen, welche sie ihren übrigen Beschäftigten in vergleichbarer Lage gewährt, ohne sachliche Gründe ausgeschlossen.
aa) Soweit die Beklagte anderen Beschäftigten, welche von der Opt-out-Regelung Gebrauch gemacht haben, eine weitergehende Überstundenvergütung gewährt, beruht dies auf einem sachlichen Grund. Diejenigen Beschäftigten, welche von der Opt-out-Regelung Gebrauch gemacht haben, erbringen hierfür eine höhere Arbeitsleistung als der Kläger. Diese höhere Arbeitsleistung vergütet die Beklagte mit der entsprechenden Mehrarbeitsvergütung. Der Kläger kann nicht geltend machen, ebenso vergütet zu werden wie diejenigen Arbeitnehmer, die tatsächlich mit einer höheren Wochenstundenzahl arbeiten als der Kläger.
bb) Ein anderes Ergebnis würde auch nicht aus einer etwaigen Unwirksamkeit des § 46 Nr. 4 Abs. 3 b TVöD-BT-V folgen. Für den Fall, dass die Beklagte insoweit rechtswidrig von anderen Arbeitnehmern unter Verstoß gegen § 3 AZG eine erhöhte Arbeitsleistung abverlangt hätte, könnte der Kläger sich nicht darauf berufen, für sein rechtmäßiges Handeln unter Einhaltung des § 3 AZG stehe ihm dieselbe Vergütung zu wie den anderen rechtswidrig zu einer höheren Arbeitsleistung herangezogenen Arbeitnehmern.
cc) Ein Anspruch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung folgt auch nicht daraus, dass die Beklagte jedenfalls bei drei anderen Wachleuten, welche von der Opt-out-Regelung Gebrauch gemacht haben, eine Zulage gemäß § 7 A TV UmBW festgesetzt hat.
Wie ausgeführt, stellt die kollektive Wahrnehmung der Opt-out-Regelung im Bereich der Munitionsniederlage "E." keine Organisationsänderung i.S. von § 1 Abs. 1 TV UmBW dar. Für den Fall, dass die Beklagte gleichwohl den vom Kläger benannten Beschäftigten unter Berufung auf § 7 A TV UmBW eine Zulage gewährt hätte, auf welche die Beklagte lediglich die Entgelte für Überstunden, Bereitschaftsdienst und das Stundenentgelt für die Verlängerung der Arbeitszeit angerechnet hat, läge hierin eine Ungleichbehandlung des Klägers. Die bewusste kollektive Gewährung einer Zulage, ohne dass die tariflichen Voraussetzungen vorliegen, wäre als freiwillige Leistung zu qualifizieren. Rechnet die Beklagte hierauf lediglich erzielte Mehrarbeitsentgelte an, stünde dem Kläger unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung die Zulage als freiwillige Zulage ebenfalls zu.
Trotz der vom Kläger vorgelegten Festsetzungsschreiben der (Blatt 102 bis 104, 134 bis 138 der Gerichtsakte) ist nach Überzeugung der Kammer nicht von einer bewusst freiwilligen Leistung der Beklagten auszugehen. Dies würde selbst für den Fall gelten, das die Beklagte - wie vom Kläger vermutet - noch gegenüber weiteren Wachleuten der Munitionsniederlage "E." die entsprechende Vergütung als Zulage gemäß § 7 A TV UmBW ausgewiesen hätte. Wie sich aus den vorgelegten Festsetzungsschreiben ergibt, wollte die Beklagte gegenüber den dort bezeichneten Arbeitnehmern ausdrücklich eine Zulage nach § 7 A TV UmBW festsetzen, also einen Tarifanspruch erfüllen. Der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes will grundsätzlich keine übertarifliche Vergütung gewähren sondern dasjenige, was dem Arbeitnehmer tarifrechtlich zusteht (vgl. z.B. BAG 8.08.1996, 6 AZR 1013/94, AP Nr. 46 BAT §§ 22, 23 Lehrer). Für eine freiwillige Leistung der Beklagten mit dem Willen zu leisten, ohne das die tariflichen Voraussetzungen vorliegen, bestehen nach Auffassung der Kammer keine Anhaltspunkte. Wie ausgeführt liegen in der Person des Klägers die tarifvertraglichen Voraussetzungen nicht vor. Der Kläger kann sich daher nicht auf die anderen Beschäftigten möglicherweise rechtsirrig als Zulage gewährte Zahlung berufen.
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Zulage in Höhe von jeweils monatlich 722,93 EUR brutto ab November 2009, ab Dezember 2010 abzüglich einer ihm gezahlten Zulage von 402,34 EUR brutto.
a) Die Klage auf künftige Leistung ist gemäß § 258 ZPO zulässig.
Der Kläger macht geltend, dass ihm allein aufgrund der Veränderung seiner vertraglichen Arbeitszeit ab November 2009 fortlaufend ein Anspruch auf eine Zulage in stetig gleicher Höhe zustehe, unabhängig vom Umfang seiner jeweils erbrachten tatsächlichen Arbeitsleistung.
b) Die Klage ist unbegründet.
Soweit es den auf § 7 A TV UmBW gestützten Anspruch angeht, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen unter II.1.a) der Entscheidungsgründe verwiesen. Gleiches gilt, soweit der Kläger seinen Anspruch auf einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz stützt. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf II.1.b). der Entscheidungsgründe verwiesen.
Soweit der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht für Zeiträume ab Dezember 2010 von seinem Anspruch ohnehin einen Betrag von 402,34 EUR brutto aufgrund der ihm ab diesem Zeitpunkt nach § 7 A TV UmBW gewährten Zulage abgesetzt hat, bedurfte es im Rahmen des Berufungsantrages mangels weiteren Sachvortrages keiner gesonderten Auseinandersersetzung mit der Frage der Berechtigung der ab diesem Zeitpunkt in geringerer Höhe gezahlten Zulage.
III. Als unterlegene Partei trägt der Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens (§ 46 Abs. 2 ArbGG, § 97 Abs. 1 ZPO).
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Auslegung und Reichweite des § 1 Abs. 1 TV UmBW bei der Umsetzung kollektiver Arbeitszeitänderungen hat die Kammer die Revision zugelassen (§ 72 Abs. 1 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).
Froelian
Loos