Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 08.02.2011, Az.: 16 Sa 584/10 E
Anrechnungsfeste übertarifliche Zulage; Vorweggewährung
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 08.02.2011
- Aktenzeichen
- 16 Sa 584/10 E
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2011, 17612
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2011:0208.16SA584.10E.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Göttingen - 25.02.2010 - AZ: 1 Ca 333/09 E
Rechtsgrundlagen
- TV-Ärzte § 12
- TV-Ärzte § 16
Amtlicher Leitsatz
Die Gewährung des höheren Entgelts nach § 16 Abs. 3 Satz 1 TV-Ärzte wird durch das Aufsteigen in den Stufen aufgezehrt.
1. Bei Berücksichtigung der nachträglichen Feststellung des höheren Tabellenentgeltes im Eingruppierungsrechtsstreit enthält das Schreiben vom 08. Januar 2007 keine Zusage, zum zutreffenden Tabellenentgelt stets eine Zulage in Höhe des Differenzbetrages zwischen den Stufen 1 und 2 der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte zu zahlen. Das folgt ebenfalls aus der Zwecksetzung des § 16 Abs. 3 TV-Ärzte als Vorweggewährung eines Entgelts der höheren Stufe. Es handelt sich dabei lediglich um den zeitlichen Vorgriff auf die Erreichung der höheren Stufe. Die Gewährung des höheren Entgelts nach Satz 1 wird durch das Aufsteigen in den Stufen aufgezehrt.
2. Der Anrechnung steht die Ausweisung der Zulage als eines gesonderten Entgeltbestandteils in der Vergütungsabrechnung des Klägers nicht entgegen. Zum einen bestand für die Beklagte keine andere Abrechnungsmöglichkeit, wenn sie im Rahmen des § 16 Abs. 3 TV-Ärzte vorgehen wollte. Zum anderen dient eine Mitteilung über die Zusammensetzung des Gehalts in der Regel allein dem Mitteilungs- und Erläuterungszweck. Ein Wille, eine Rechtswirkung herbeizuführen, ist einer solchen Mitteilung regelmäßig nicht zu entnehmen (BAG vom 23. September 2009 - 5 AZR 973/08 - nicht amtlich veröffentlicht, EzA § 4 TVG Tariflohnerhöhung Nr. 50).
3. Der Zweck der vorliegenden Zulage ist mit der Bezugnahme auf § 16 Abs. 3 TV-Ärzte bestimmt. Er liegt in der Vorweggewährung eines Entgelts der höheren Stufe zu dem aus Sicht der Beklagten zustehenden Tabellenentgelt. Sobald der Kläger die höhere Stufe erreicht, fällt automatisch nach § 16 Abs. 3 TV-Ärzte die gewährte Zulage weg.
In dem Rechtsstreit
Kläger und Berufungskläger,
gegen
Beklagte und Berufungsbeklagte,
hat die 16. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 8. Februar 2011 durch
die Richterin am Arbeitsgericht Steinke,
den ehrenamtlichen Richter Herrn Kuhlmeyer,
den ehrenamtlichen Richter Herrn Schmidt
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgericht Göttingen vom 25. Februar 2010, Az. 1 Ca 333/09 E, wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Zahlung einer Zulage ab 01. Januar 2007.
Der Kläger ist Facharzt für diagnostische Radiologie und Kinderheilkunde und seit 01. August 2003 bei der beklagten Universitätsklinik in der Abteilung Diagnostische Radiologie beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (im Folgenden: TV-Ärzte) und der Tarifvertrag zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (im Folgenden: TVÜ-Ärzte) seit ihrem Inkrafttreten zum 01. November 2006 Anwendung.
Nach den Durchführungshinweisen der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) und des Verbandes der Universitätsklinika Deutschlands zum neuen Tarifrecht war die Berücksichtigung von vor dem 01. November 2006 liegenden Zeiten ärztlicher Tätigkeit von Oberärzten nicht zu berücksichtigen. Seit 01. Januar 2004 war der Kläger als Oberarzt im Bereich "Kinderröntgen" tätig. Mit Schreiben vom 14. Dezember 2006 übertrug die Beklagte ihm erstmals formell die Tätigkeit eines Oberarztes in der Abteilung Diagnostische Radiologie. Sie ordnete den Kläger der Stufe 1 der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte zu und zahlte an ihn seit diesem Zeitpunkt eine Vergütung nach Entgeltgruppe Ä 3 Stufe 1 TV-Ärzte.
Nach dem Inkrafttreten des TV-Ärzte praktizierten die Universitätskliniken die Stufenzuordnung der Oberärzte gemäß § 16 TV-Ärzte in unterschiedlicher Weise. Daraus entstand eine Unzufriedenheit unter den Oberärzten. Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 18. Dezember 2006 bei der Beklagten seine Einstufung in die Stufe 2 der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte, da nach seiner Ansicht die bisherige Tätigkeit als Oberarzt ab 01. Januar 2004 nach § 16 Abs. 2 Satz 1 TV-Ärzte zu berücksichtigen sei. Mit Schreiben vom 08. Januar 2007 (Bl. 5 d. A.) teilte die Beklagte dem Kläger u.a. Folgendes mit:
"... mit Schreiben vom 14. Dezember 2006 wurde Ihnen die Tätigkeit eines Oberarztes übertragen. Ab diesem Zeitpunkt sind Sie in die Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ä eingruppiert.
Weiterhin hat sich der Vorstand in Ihrem Einzelfall bereit erklärt, Ihnen zusätzlich zum Tabellenentgelt der Stufe 1 der Entgeltgruppe Ä 3 ab 01. Januar 2007 eine Zulage zu zahlen und für diese die Stufe 2 zugrunde zu legen (§ 16 Abs. 3 TV-Ä).
Die Höhe der Ihnen ab 01. Januar 2007 zustehenden Vergütung bitte ich Sie, der Ihnen im Monat Januar 2007 zugehenden Entgeltabrechnung zu entnehmen. ..."
Ab Januar 2007 zahlte die Beklagte dem Kläger eine monatliche Zulage in Höhe des Differenzbetrages zwischen der Vergütung nach Stufe 1 und der Vergütung nach Stufe 2 der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte einschließlich der unständigen Bezügeanteile wie Rufdienste und Mehrarbeit.
Mit Schreiben vom 14. Januar 2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten erneut seine Einstufung in Stufe 2 der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte. Unter anderem führte er dort aus:
"...
Über die hiervon unabhängige und jederzeit kündbare Zulage gemäß § 16 Abs. 3 TV-Ärzte zur Bindung qualifizierter Fachkräfte mit Schreiben vom 08. Januar 2007 habe ich mich sehr gefreut und betrachte sie als Wertschätzung meiner Doppelfacharztausbildung und der damit verbundenen Tätigkeit im Kinderröntgen. Wenn Sie mir diese Zulage zusätzlich zur jetzt anstehenden '4. Jahr'- Stufensteigerung im Sinne eines Gesamtgehaltes Ä 3 Stufe 3 gewähren würden, so würde ich mich darüber sehr freuen, da ich es im privaten Bereich demnächst gut verwenden kann.
..."
Mit Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen vom 16. Januar 2008, Az. 4 Ca 381/07 E, wurde auf eine Eingruppierungsklage des Klägers seine Eingruppierung in die Entgeltgruppe Ä 3 Stufe 2 TV-Ärzte ab 01. Januar 2007 festgestellt. Dieses Urteil ist rechtskräftig. Nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils zahlte die Beklagte dem Kläger weiterhin eine Vergütung in Höhe des Tabellenentgeltes der Entgeltgruppe Ä 3 Stufe 2 TV-Ärzte. Mit Schreiben vom 21. Juli 2009 (Bl. 30 - 31 d. A.) teilte sie dem Kläger u.a. Folgendes mit:
"...
als Konsequenz aus dem von Ihnen erstrittenen arbeitsgerichtlichen Urteil wird die bisher in Ihrem Fall erfolgte Berücksichtigung von oberärztlichen Vorzeiten umgestellt.
...
Sie sind daher seit 01. Januar 2007 in die Stufe 2 der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte eingruppiert.
...
Da Ihre vor dem 01. November 2006 in der Funktion als Oberarzt erbrachten Leistungen berücksichtigt werden sollten, erhielten Sie unter Berücksichtigung dieser durch Ihren Vorgesetzten bestätigten Vorzeiten eine Zulage, die monetär genau das abbildete, was auch eine direkte Anrechnung der Vorzeiten auf die Stufenlaufzeit ergeben hätte. Sie erhalten seit dem faktisch bereits ein Entgelt nach der Entgeltgruppe Ä 3 Stufe 2 TV-Ärzte. Dies gilt auch für die so genannten unständigen Bezügebestandteile (für Rufdienste, Mehrarbeit, etc.), die in der Vergangenheit unter Berücksichtigung der Zulage in der Höhe gezahlt wurden, wie sie bei direkter Anrechnung der Vorzeiten gezahlt worden wären.
In der Höhe Ihrer Vergütung tritt daher durch die neu erfolgte Zuordnung zur Stufe 2 der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte (bei gleichzeitigem Einstellen der Zahlung der bisher gewährten Zulage) keinerlei Änderung ein.
..."
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe ihm mit Schreiben vom 08. Januar 2007 eine "verrechnungsfeste" übertarifliche Zulage gewährt, deren Anrechnung auf das ihm nach der Entgeltgruppe Ä 3 Stufe 2 TV-Ärzte zustehende Tabellenentgelt unzulässig sei. Es handele sich dabei um eine besondere Leistungszulage. An der zusätzlichen Leistung und Qualifikation des Klägers in Form der doppelten Facharztqualifikation habe sich durch die Korrektur der Eingruppierung nichts geändert. Bereits nach dem Wortlaut des Schreibens vom 08. Januar 2007 sei die Zulage übertariflich.
Der Kläger hat weiter gemeint, es handele sich erkennbar nicht um eine Zulage nach § 16 Abs. 3 TV-Ärzte, weil der mit ihr verfolgte Zweck, nämlich die Belohnung besonderer Dienste, nicht erfasst sei.
Der Kläger hat bestritten, dass mit der Gewährung der Zulage die Vorwegnahme eines positiven Urteils im Eingruppierungsrechtsstreit erfolgt sei. Wenn die Beklagte bereits im Vorrechtsstreit davon ausgegangen sei, dass der Kläger oberärztliche Tätigkeiten ausgeübt habe, stelle sich die Frage, warum sie den dortigen Klageantrag nicht schlicht anerkannt habe.
Mit dem Zahlungsantrag hat der Kläger die Differenzvergütung für die Zeit von Januar 2007 bis Januar 2010 begehrt.
Er hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 13.323,12 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn beginnend mit dem 01. Februar 2010 weiterhin eine Zulage in Höhe der Differenz zwischen dem Tabellenentgelt der Stufe 1 der Entgeltgruppe Ä 3 und dem Tabellenentgelt der Stufe 2 der Entgeltgruppe Ä 3 - aktuell 373,68 EUR brutto monatlich - jeweils zum Ende eines jeden Monats zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ausgeführt, die Zulage sei gezahlt worden, um die vor dem 01. November 2006 erbrachten Leistungen des Klägers in der Funktion als Oberarzt zu honorieren. Die vorgesehene Stufenvorweggewährung sei zu den in § 16 Abs. 3 TV-Ärzte aufgeführten Zwecken erfolgt, nämlich zur Deckung des Personalbedarfs und zur Bindung von qualifizierten Fachkräften. Sie hat die Ansicht vertreten, bei der Umsetzung dieser Möglichkeit könnten verschiedene Faktoren eine Rolle spielen, wie langjährige Berufserfahrung in vergleichbaren Positionen, besondere formale Qualifikationen und auch besondere Leistungen. Daneben seien jedoch noch eine Vielzahl weiterer Kriterien vorstellbar.
Die Grundlage für die Zulage sei in dem Moment weggefallen, in dem ein Anspruch auf eine Vergütung nach der Stufe 2 der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte festgestellt worden sei.
Mit Urteil vom 25. Februar 2010, zu dessen Inhalt auf Bl. 56 - 62 d. A. Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und hierzu ausgeführt, es bestehe ein Anrechnungsvorbehalt für die Zahlung der Zulage. Dies ergebe sich aus dem Schreiben der Beklagten vom 08. Januar 2007. Daraus sei der Wille erkennbar, die Zulage nur so lange und nur insoweit zu gewähren, als das Gesamtentgelt des Klägers das Tabellenentgelt nach Stufe 2 Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte nicht übersteige. In diesem Sinne habe der Kläger die Zusage ausweislich seines Schreibens vom 14. Januar 2007 auch verstanden. Für ihn sei ersichtlich gewesen, dass mit der Zulage nur die Differenz zwischen dem Tabellenentgelt der Stufen 1 und 2 habe kompensiert werden sollen. Mit ihrem Schreiben vom 21. Juli 2009 habe die Beklagte von dem Anrechungsvorbehalt rückwirkend in zulässiger Weise Gebrauch gemacht.
Gegen das ihm am 18. März 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16. April 2010 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 01. Juni 2010 auf seinen Antrag von 18. Mai 2010 am 01. Juni 2010 begründet.
Unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen vertritt er die Ansicht, das Arbeitsgericht gehe fehlerhaft von den Grundsätzen der Rechtsprechung zur übertariflichen Zulage aus Anlass einer Tariflohnerhöhung aus. Die Sachlage sei grundlegend anders bei einer nachträglich festgestellten fehlerhaften Eingruppierung. Die Annnahme des zutreffenden Tarifentgelts sei ein unbeachtlicher Motivirrtum des Arbeitgebers.
Die Formulierung "zusätzlich zum Tabellenentgelt" im Schreiben vom 08. Januar 2007 sei nicht auslegungsfähig. Die subjektive Vorstellung der Beklagten zum zutreffenden Tabellenentgelt sei nicht maßgeblich und die Nennung der Stufe 1 lediglich deklaratorisch. Es sei davon auszugehen, dass die Beklagte sich habe tariftreu verhalten wollen. Dem Schreiben vom 08. Januar 2007 sei nicht zu entnehmen, dass die Beklagte die Gewährung der Zulage von der Voraussetzung habe abhängig machen wollen, dass ihre Rechtsansicht zur Höhe des Tabellenentgeltes zutreffend sei. Der Kläger habe die gewährte Zulage auch nicht in dem Sinne, wie das Arbeitsgericht dies gewertet habe, verstanden.
In der Zweckbestimmung der Zulage, nämlich der Würdigung der klägerseits bisher erbrachten Leistungen seit 01. Januar 2004, liege ein konkludentes Anrechnungsverbot. Die Ausweisung der Zulage als selbständiger Lohnbestandteil sei ebenfalls ein Indiz für ein Anrechnungsverbot.
Ein Fall des § 16 Abs. 3 TV-Ärzte sei nicht gegeben. Der Klammerzusatz "§ 16 Abs. 3 TV-Ä" im Schreiben vom 08. Januar 2007 stelle nach dem Empfängerhorizont einen Hinweis auf eine gewollte Widerruflichkeit dar. Ein solcher Widerrufsvorbehalt sei jedoch wegen fehlender Nennung der Fälle, in denen ein Widerruf arbeitgeberseits erfolgen könne, unwirksam.
Der Kläger beantragt unter Rücknahme der Berufung im Übrigen:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 13.323,12 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger beginnend mit dem 01. Februar 2010 weiterhin eine Zulage in Höhe der Differenz zwischen dem Tabellenentgelt der Stufe 1 der Entgeltgruppe Ä 3 und dem Tabellenentgelt der Stufe 2 der Entgeltgruppe Ä 3 jeweils zum Ende eines jeden Monats zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und vertritt die Ansicht, es bestehe kein Unterschied zwischen der Verrechnungssituation bei einer rückwirkenden Tariflohnerhöhung und der Verrechnungssituation bei einer nachträglichen gerichtlichen Feststellung, dass der Arbeitgeber entgegen der ursprünglichen Eingruppierung dem Arbeitnehmer ein höheres Tabellenentgelt schulde.
Aus Sicht der Beklagten habe es sich um eine tarifliche Zulage nach § 16 Abs. 3 TV-Ärzte gehandelt, mit der eine höhere Stufe vorweg habe gewährt werden sollen, weil die Beklagte der Auffassung gewesen sei, dem Kläger habe nur eine Einstufung in Stufe 1 zugestanden.
Aufgrund der unterschiedlichen Handhabung der Stufenzuordnung an Universitätskliniken und der daraus entstandenen Unzufriedenheit unter den Oberärzten habe sich die Beklagte entschlossen, dem Kläger in Anwendung des § 16 Abs. 3 TV-Ärzte eine Zulage in Höhe der Differenz zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 zu zahlen. Dem Kläger habe freiwillig die Vergütungsdifferenz zwischen den streitigen Entgeltstufen gewährt werden sollen, aber nicht im Sinne einer zusätzlichen einzelvertraglichen Zusage unabhängig von der zutreffenden Stufenzuordnung nach Stufe 1 oder 2 und auch nicht im Sinne einer außer- oder übertariflichen Zulage.
Zum weiteren Parteivortrag wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien.
Entscheidungsgründe
A. Die Berufung des Klägers bleibt erfolglos.
Sie ist gemäß § 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft, gemäß § 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet und daher insgesamt zulässig.
Sie hat allerdings in der Sache keinen Erfolg.
I. Die Klage ist, soweit sie in der Berufungsinstanz noch weiter verfolgt wird, zulässig.
Für den nur noch als Feststellungsantrag weiter verfolgten Klageantrag zu 2 besteht ein Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO. Er ist auf eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten auch für zukünftige, vom Zahlungsantrag noch nicht erfasste Zeiträume gerichtet. Eine entsprechende Feststellung ist geeignet, den Streit zwischen den Parteien um die Verpflichtung der Beklagten, für die Zukunft eine monatliche Zulage in Höhe der jeweiligen Differenz zwischen dem Tabellenentgelt der Stufen 1 und 2 der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte zu gewähren, umfassend zu klären.
Dem Feststellungsinteresse steht nicht entgegen, dass mit dem Antrag zu 2 auch Zeiträume für die Vergangenheit, nämlich von Februar 2010 bis einschließlich Januar 2011 erfasst sind. Richtet sich eine Feststellungsklage gegen einen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes, kann erwartet werden, dass dieser einem gegen ihn ergangenen Feststellungsurteil nachkommen und die sich daraus ergebenden Leistungsansprüche erfüllen wird (BAG vom 06. Mai 2009 - 10 AZR 313/08 - NZA-RR 2010, 194 - 198, nicht amtlich veröffentlicht).
II. Die Klage ist unbegründet.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von 13.323,12 EUR brutto aus § 611 BGB i. V. m. §§ 12, 16 Abs. 1 und 2 TV-Ärzte i. V. m. § 5 TVÜ-Ärzte i. V. m. dem Arbeitsvertrag.
Der Anspruch des Klägers auf Nachzahlung der Tabellenentgeltdifferenz zwischen den Stufen 1 und 2 der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte ab Januar 2007 ist gemäß § 362 Abs. 1 BGB durch Erfüllung erloschen.
a) Bei der mit Schreiben vom 08. Januar 2007 zugesagten Zulage handelt es sich nicht um eine anrechnungsfeste übertarifliche Zulage im Sinne eines selbständigen Entgeltbestandteils.
Die Gewährung der Zulage zum Tabellenentgelt der Stufe 1 auf Basis der Stufe 2 stellt die Vorweggewährung des eine Stufe höheren als dem Kläger nach damaliger Ansicht der Beklagten zustehenden Tarifentgelts nach § 16 Abs. 3 TV-Ärzte dar. Dies folgt sowohl aus dem Wortlaut des Schreibens als auch aus der Auslegung der dort gegebenen Erklärungen nach §§ 133, 157 BGB.
aa) Die Beklagte hat mit Schreiben vom 08. Januar 2007 dem Kläger ausdrücklich erklärt, eine Zulage zum Tabellenentgelt der Stufe 1 der Entgeltgruppe Ä 3 zu zahlen und für diese die Stufe 2 zugrunde zu legen. Sie hat dabei auf § 16 Abs. 3 TV- Ärzte verwiesen.
§ 16 Abs. 3 TV-Ärzte lautet:
§ 16
Stufen der Entgelttabelle
(1) Die Entgeltgruppe Ä 1 umfasst fünf Stufen; die Entgeltgruppen Ä 2 bis Ä 4 umfassen drei Stufen. Die Ärzte erreichen die jeweils nächste Stufe nach den Zeiten ärztlicher (Ä 1), fachärztlicher (Ä 2), oberärztlicher (Ä 3) Tätigkeit beziehungsweise der Tätigkeit als ständiger Vertreter des leitenden Arztes (Chefarztes), die in den Tabellen (Anlagen A und B) angegeben sind.
(2) Für die Anrechnung von Vorzeiten ärztlicher Tätigkeit gilt Folgendes: Bei der Stufenzuordnung werden Zeiten mit einschlägiger Berufserfahrung als förderliche Zeiten berücksichtigt. Zeiten von Berufserfahrung aus nichtärztlicher Tätigkeit können berücksichtigt werden.
(3) Zur regionalen Differenzierung, zur Deckung des Personalbedarfs, zur Bindung von qualifizierten Fachkräften oder zum Ausgleich höherer Lebenshaltungskosten kann abweichend von der tarifvertraglichen Einstufung ein bis zu zwei Stufen höheres Entgelt ganz oder teilweise vorweg gewährt werden. Ärzte mit einem Entgelt der Endstufe können bis zu 20 v.H. der Stufe 2 zusätzlich erhalten. Die Zulage kann befristet werden. Sie ist auch als befristete Zulage widerruflich.
...
Mit Schreiben vom 08. Januar 2007 hat die Beklagte mit der Bezugnahme auf § 16 Abs. 3 TV-Ärzte erklärt, die gewährte Zulage solle eine Zulage nach § 16 Abs. 3 TV-Ärzte darstellen. Die Ansicht des Klägers, der Klammerzusatz "§ 16 Abs. 3 TV-Ärzte" stelle nach dem Empfängerhorizont einen Hinweis auf eine gewollte Widerruflichkeit dar, ist in keiner Weise nachvollziehbar. Die Einschränkung nur auf den Widerrufsvorbehalt in § 16 Abs. 3 Satz 4 TV-Ärzte ist dem Schreiben unter keinem Gesichtspunkt zu entnehmen. Vielmehr soll es sich nach dem eindeutigen Wortlaut insgesamt um eine im Rahmen der tariflichen Möglichkeiten des ab 01. November 2006 in Kraft getretenen TV-Ärzte liegende Zulage handeln. Die Beklagte hat dem Kläger nach dem Wortlaut des Schreibens vom 08. Januar 2007 keine Vergütung zugesagt, die insgesamt über die Stufe 2 Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte hinaus geht. Sie hat wörtlich erklärt, die Zulage werde zusätzlich zum Tabellenentgelt der Stufe 1 auf Basis der Stufe 2 gezahlt, und nicht wie der Kläger meint, "zusätzlich zum Tabellenentgelt". Mit dieser Auslegung blendet der Kläger wesentliche Bestandteile des Schreibens, die den Inhalt der Zusage bestimmen, aus.
Die Zusage vom 08. Januar 2007 stellt erkennbar keine Vorwegnahme eines etwaigen positiven Urteils in einem Eingruppierungsrechtsstreit dar. Das folgt schon aus dem Wortlaut des § 16 Abs. 3 TV-Ärzte. Der Beklagten ist mit dem neuen Tarifrecht die Möglichkeit eröffnet, eine dem Arzt noch nicht zustehende Vergütung nach der höheren Stufe zu gewähren. Davon hat sie nach ihrer damals vertretenen Rechtsauffassung zu Einstufung von Oberärzten in konsequenter Weise Gebrauch gemacht.
bb) Neben der Bezugnahme auf § 16 Abs. 3 TV-Ärzte ergibt sich dieser Wille der Beklagten auch aus der vorangegangenen Diskussion der Parteien um die Einstufung des Klägers in die Stufen der Entgeltgruppe Ä 3. Die Gewährung einer Zulage hält sich auch nach dem objektiven Empfängerhorizont im Rahmen des § 16 Abs. 3 TV-Ärzte. Die Beklagte hat im Januar 2007 die Ansicht vertreten, der Kläger sei entsprechend den Durchführungshinweisen der TdL und des Verbandes der Deutschen Universitätsklinika ungeachtet seiner vorangegangenen Tätigkeit als Oberarzt seit 01. Januar 2004 nach Inkrafttreten der neuen Tarifverträge zunächst in Stufe 1 einzuordnen. Der Kläger hatte bereits vor der Zusage vom 08. Januar 2007 seine Einstufung in Stufe 2 geltend gemacht und damit seine Unzufriedenheit über die bisherige Einstufung kundgetan. Mit der Gewährung der vom Kläger verlangten höheren Stufe im Rahmen des Tarifvertrages sollte er als qualifizierte Fachkraft an die Beklagte gebunden werden.
Genauso hat der Kläger die Zusage selbst auch verstanden. Dass die Beklagte ihm kein über die Stufe 2 Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte hinausgehendes Entgelt mit Schreiben vom 08. Januar 2007 zugesagt hat, hat der Kläger selbst mit Schreiben vom 14. Januar 2007 ausgeführt. Dort hat er ausdrücklich erklärt, er habe sich über die jederzeit kündbare Zulage gemäß § 16 Abs. 3 TV-Ärzte zur Bindung qualifizierter Kräfte mit Schreiben vom 08. Januar 2007 sehr gefreut und betrachte sie als Wertschätzung seiner Doppelfacharztausbildung und der damit verbundenen Tätigkeit im Kinderröntgen. Die vom Kläger hier genannte Zweckbestimmung der Zulage entspricht wörtlich den in § 16 Abs. 3 TV-Ärzte genannten Zwecken. Die Formulierung im Schreiben vom 14. Januar 2007 "Wenn Sie mir diese Zulage zusätzlich zur jetzt anstehenden '4. Jahr'-Stufensteigerung im Sinne des Gesamtgehaltes Ä 3 Stufe 3 gewähren mögen, so würde ich mich darüber sehr freuen" zeigt, dass der Kläger die gewährte Zulage auch nicht als einen selbständigen, von der tarifvertraglichen Vergütung unabhängigen Gehaltsbestandteil verstanden hat. Er selbst ist zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen, dass das Schreiben vom 08. Januar 2007 keinen von der tariflichen Stufensteigerung unabhängigen Anspruch auf die Zulage beinhaltet.
Etwas anderes folgt nicht aus den erstinstanzlichen Ausführungen der Beklagten, mit der Zulage hätten die bereits vor dem 01. November 2006 erbrachten Leistungen in der Funktion des Klägers als Oberarzt honoriert werden sollen. Auch dieser Zweck entspricht dem Merkmal "zur Bindung qualifizierter Fachkräfte" nach § 16 Abs. 3 TV-Ärzte. Wie der Kläger selbst ausführt, besteht bei ihm aufgrund der doppelten Facharztausbildung eine besondere Qualifikation. Da zwischen den Parteien nach Inkrafttreten des neuen Tarifrechts Uneinigkeit über die Berücksichtigung der Tätigkeit des Kläger als Oberarzt vor dem 01. November 2006 bestand und auch unstreitig ein entsprechender Unmut bei anderen Oberärzten mit dieser Handhabung vorhanden war, diente die Gewährung der Stufe 2 der Besänftigung des Unmuts des Klägers und damit seiner Bindung an die Beklagte. Da die Universitätskliniken die Zuordnung der Oberärzte zu den Stufen der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte zu diesem Zeitpunkt uneinheitlich praktizierten, war auch die Gefahr der Abwanderung von Oberärzten an andere Kliniken, die eine günstigere Stufenzuordnung handhabten, gegeben. Die Beklagte war nicht gehalten, zunächst eine Ankündigung des Klägers zum Arbeitgeberwechsel abzuwarten und dann erst eine Zulage nach § 16 Abs. 3 TV-Ärzte zu gewähren.
Auch bei Berücksichtigung der nachträglichen Feststellung des höheren Tabellenentgeltes im Eingruppierungsrechtsstreit enthält das Schreiben vom 08. Januar 2007 keine Zusage, zum zutreffenden Tabellenentgelt stets eine Zulage in Höhe des Differenzbetrages zwischen den Stufen 1 und 2 der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte zu zahlen. Das folgt ebenfalls aus der Zwecksetzung des § 16 Abs. 3 TV-Ärzte als Vorweggewährung eines Entgelts der höheren Stufe. Es handelt sich dabei lediglich um den zeitlichen Vorgriff auf die Erreichung der höheren Stufe. Die Gewährung des höheren Entgelts nach Satz 1 wird durch das Aufsteigen in den Stufen aufgezehrt (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, Kommentar zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) § 16 TV-Ärzte Rdn. 38; Sponer/Steinherr, TV-L Kommentar, § 16 TV-L Rdn. 97, 28. Al., Oktober 2009). Steigt der Arzt in eine höhere Entgeltgruppe auf, ist die Entscheidung, ob ein um bis zu zwei Stufen höheres Entgelt ganz oder teilweise vorweg gewährt werden soll, erneut durch den Arbeitgeber zu treffen (Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen, Kommentar zum TV-L, § 16 TV-Ärzte, Rdn. 25, 10. Aktualisierung Januar 2008). Angesichts des schwebenden Streites zwischen den Parteien um das zutreffende Tabellenentgelt, der in der erfolgreichen Eingruppierungsfeststellungsklage des Klägers mündete, konnte er nicht davon ausgehen, dass die Beklagte eine Zulage zusätzlich zum tarifgerecht festgestellten Tabellenentgelt hatte gewähren wollen. Mit Schreiben vom 08. Januar 2007 hat die Beklagte dem Kläger lediglich ein Entgelt zugesagt, das insgesamt nicht über die Stufe 2 der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte hinaus geht. Das folgt aus der dort aufgezeigten Berechnungsmethode der Zulage.
cc) Der Anrechnung steht die Ausweisung der Zulage als eines gesonderten Entgeltbestandteils in der Vergütungsabrechnung des Klägers nicht entgegen. Zum einen bestand für die Beklagte keine andere Abrechnungsmöglichkeit, wenn sie im Rahmen des § 16 Abs. 3 TV-Ärzte vorgehen wollte. Zum anderen dient eine Mitteilung über die Zusammensetzung des Gehalts in der Regel allein dem Mitteilungs- und Erläuterungszweck. Ein Wille, eine Rechtswirkung herbeizuführen, ist einer solchen Mitteilung regelmäßig nicht zu entnehmen (BAG vom 23. September 2009 - 5 AZR 973/08 - nicht amtlich veröffentlicht, EzA § 4 TVG Tariflohnerhöhung Nr. 50).
b) Die Beklagte leistet ab 01. Januar 2007 an den Kläger ein Entgelt, das der Vergütung gemäß der Stufe 2 der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte einschließlich der unständigen Bezügeanteile entspricht, und hat damit den entsprechenden Anspruch des Klägers erfüllt, § 362 Abs. 1 BGB.
Unabhängig von der Ausübung eines Anrechnungsvorbehalts mit Schreiben vom 21. Juli 2009 hat die Beklagte bereits mit Schreiben vom 08. Januar 2007 eine Tilgungsbestimmung nach § 366 Abs. 1 BGB vorgenommen. Mit der Bezugnahme auf § 16 Abs. 3 TV-Ärzte hat sie deutlich gemacht, dass sie die Zulage im Wege einer Vorweggewährung leisten will. Mit der angekündigten Zahlung sollte demnach das gesamte Tabellenentgelt des Klägers nach der Stufe 2 Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte abgegolten sein.
c) Eine AGB-Prüfung des Widerrufs oder Anrechnungsvorbehalts nach § 305 ff. BGB ist nicht vorzunehmen, da die Anrechnung bereits in der unmittelbar zwischen den Parteien geltenden Tarifnorm des § 16 Abs. 3 TV-Ärzte bestimmt ist, § 310 Abs. 4 S. 1 BGB.
d) Selbst für den Fall, dass die Gewährung der Zulage nicht im Rahmen des § 16 Abs. 3 TV-Ärzte liegen sollte, hat die Beklagte die Zulage auf die nachträglich festgestellte tarifgerechte Vergütung des Klägers in zulässiger Weise angerechnet. Hierzu wird auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts im Urteil vom 25. Februar 2010, Seite 6 Ziffer 1. bis Seite 11, erster Absatz Bezug genommen.
Ergänzend ist folgendes auszuführen:
Es kann dahingestellt bleiben, ob die von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Grundsätze zur Anrechnung übertariflicher Zulagen auf Tariflohnerhöhungen stets dann anzuwenden sind, wenn nachträglich eine höhere tarifliche Eingruppierung des Arbeitnehmers festgestellt wird. Sie sind jedenfalls im vorliegenden Fall bei der Auslegung des Schreibens vom 08. Januar 2007 anwendbar, weil die Beklagte mit der Bezugnahme auf § 16 Abs. 3 TV-Ärzte die durch Zeitablauf eintretende Tariflohnerhöhung bei Erreichen der höheren Entgeltstufe vorwegnehmen wollte. Insoweit liegt hier eine der nachträglichen Tariflohnerhöhung vergleichbare Situation vor.
Enthält die Vergütungsabrede der Parteien keine ausdrückliche Vereinbarung zur Anrechnung übertariflicher Vergütung, ist aus den Umständen zu ermitteln, ob eine Befugnis zur Anrechnung besteht. Die Anrechnung ist grundsätzlich möglich, sofern dem Arbeitnehmer nicht vertraglich ein selbständiger Entgeltbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt zugesagt worden ist. Eine neben dem Tarifentgelt gewährte übertarifliche Zulage greift künftigen Tariflohnerhöhungen vor. Für den Arbeitgeber ist regelmäßig nicht absehbar, ob er bei künftigen Tariflohnerhöhungen weiter in der Lage sein wird, eine bisher gewährte Zulage in unveränderter Höhe fortzuzahlen. Dies ist für den Arbeitnehmer erkennbar und Grundlage einer sog. freiwilligen übertariflichen Zulage. Der Anrechnungsvorbehalt ist demgemäß bereits mit der Vereinbarung einer übertariflichen Vergütung oder Zulage hinreichend klar ersichtlich. Erhöht sich die tarifliche Vergütung, entspricht die Zulässigkeit der Anrechnung regelmäßig dem Parteiwillen, weil sich die Gesamtvergütung nicht verringert. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der übertarifliche Vergütungsbestandteil als freiwillig oder anrechenbar bezeichnet worden ist, es reicht aus, dass das Gesamtentgelt übertariflich ist. Der in diesem enthaltene übertarifliche Vergütungsbestandteil hängt vor der Höhe des Tarifentgelts ab und ist deshalb variabel. Er entspricht in seiner rechtlichen Bedeutung weder einer anrechenbaren noch einer anrechnungsfesten übertariflichen Zulage. Will der Arbeitnehmer geltend machen, das vertraglich vereinbarte Arbeitsentgelt setzte sich in Wahrheit aus dem Tarifentgelt und einer anrechnungsfesten übertariflichen Zulage zusammen, hat er tatsächliche Umstände vorzutragen, die den Schluss auf eine solche Vereinbarung erlauben. Andernfalls kann die Erhöhung des Tarifentgelts nur dann zu einem effektiv erhöhten Zahlungsanspruch des Arbeitnehmers führen, wenn das Tarifentgelt das vereinbarte Entgelt übersteigt (BAG vom 23. September 2009 - 5 AZR 973/08 aaO.).
Das Schreiben der Beklagten vom 08. Januar 2007 enthält keinen ausdrücklichen Anrechnungsvorbehalt für den Fall, dass nachträglich ein höheres Tabellenentgelt des Klägers festgestellt wird. Aus dem Inhalt des Schreibens und den weiteren Umständen zum Zeitpunkt der Zusage ergibt sich jedoch eine Befugnis zur Anrechnung. Diese folgt aus der im Schreiben vom 08. Januar 2007 dargelegten Berechnungsmethode des Entgeltes, das die Beklagte dem Kläger zukünftig gewähren wollte, nämlich das Tabellenentgelt der Stufe 1 nebst einer Zulage in Höhe der Stufe 2 und nicht unabhängig davon eine Zulage in Höhe der Differenz zwischen den Stufen 1 und 2 zusätzlich zum Tabellenentgelt. Die Gewährung einer Vergütung, die über die Stufe 2 der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte hinausgeht, konnte der Kläger nach dem Inhalt des Schreibens und nach den weiteren Umständen des Falles unter keinem Gesichtpunkt erwarten. Dies hat er angesichts seines Schreibens vom 14. Januar 2007 auch nicht getan, sondern lediglich erhofft. Gerade aufgrund der Differenzen zwischen den Parteien über das dem Kläger tariflich zustehende Tabellenentgelt bei der Zuordnung zu den Stufen der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte kann dem Schreiben der Beklagten vom 08. Januar 2007 der Wille, unabhängig von der zutreffenden tariflichen Einstufung jedenfalls eine Zulage in Höhe der Differenz zwischen den Stufen 1 und 2 zu gewähren, nicht entnommen werden.
Soweit der Kläger ausführt, der Irrtum der Beklagten über die zutreffende Eingruppierung stelle sich als unbeachtlicher Motivirrtum dar, liegt dies neben der Sache. Bei der Auslegung der Erklärung der Beklagten mit Schreiben vom 08. Januar 2007 nach §§ 133, 157 BGB ist jegliche Motivation, die sich entweder aus der Erklärung selbst oder den Umständen des Einzelfalls ergibt, zu beachten. Es handelt sich vorliegend nicht um eine Irrtumsanfechtung nach §§ 119 ff. BGB. Insoweit ist die Formulierung "zusätzlich zum Tabellenentgelt der Stufe 1" nicht auslegungsfähig, insbesondere nicht im Sinne des vom Kläger favorisierten Ergebnisses.
Auch das Argument, die Nennung der Stufe 1 sei nur deklaratorisch, trägt das vorliegende Ergebnis. Gerade aus der "deklaratorischen Nennung" ist der Wille der Beklagten eindeutig erkennbar.
Ein Anrechnungsverbot besteht auch nicht aufgrund einer Zusage als Leistungszulage. Tariffest oder beständig ist eine Zulage dann, wenn die Zulage für eine Tätigkeit oder eine Leistung gewährt wird, für die der Tarifvertrag keine Gegenleistung vorsieht und der Arbeitgeber sich eine Anrechnung oder einen Widerruf nicht ausdrücklich vorbehalten hat (BAG vom 23. März 1993 - 1 AZR 520/92 - BAGE 72, 367 - 375 = AP Nr. 26 zu § 87 BetrVG 1972 Tarifvorrang = EzA § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 24). Weder aus dem Inhalt des Schreibens vom 08. Januar 2007 noch aus den weiteren Umständen des Einzelfalls ist zu entnehmen, dass die dem Kläger gewährte Zulage für eine Tätigkeit oder Leistung gewährt werden soll, für die der Tarifvertrag keine Gegenleistung vorsieht. Der Kläger erbringt und erbrachte im Arbeitsverhältnis zur Beklagten lediglich diejenigen Leistungen, die gemäß §§ 12, 16 TV-Ärzte abgegolten werden sollten. Die Zulage sollte weder eine besondere Erschwernis noch eine zusätzliche Tätigkeit oder Leistung abgelten. Vielmehr sollte sie sich nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Schreibens im Rahmen des § 16 Abs. 3 TV-Ärzte liegen. Selbst wenn dessen Voraussetzungen nicht vorgelegen haben, so ist dennoch der Wille der Beklagte erkennbar, sich lediglich im Rahmen des bestehenden Tarifvertrages halten zu wollen.
Der Ausschluss der Anrechnungsbefugnis kann auch aus dem Zweck der Zulage folgen (BAG vom 14. August 2007 - 1 AZR 744/00 - AP Nr. 4 zu § 77 BetrVG 1972 Regelungsabrede = EzA § 88 BetrVG 1972 Nr. 1). Der Zweck der vorliegenden Zulage ist mit der Bezugnahme auf § 16 Abs. 3 TV-Ärzte bestimmt. Er liegt in der Vorweggewährung eines Entgelts der höheren Stufe zu dem aus Sicht der Beklagten zustehenden Tabellenentgelt. Sobald der Kläger die höhere Stufe erreicht, fällt automatisch nach § 16 Abs. 3 TV-Ärzte die gewährte Zulage weg. Genau das ist der Zweck mit der von der Beklagten verfolgten Zulage. Die Anrechnungsbefugnis ist dem Zweck der Zulage immanent.
2. Mangels Hauptanspruchs hat der Kläger keinen Anspruch auf die nach dem Antrag zu 1 begehrten Zinsen.
3. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der Zulage in Höhe der Differenz zwischen dem Tabellenentgelt der Stufen 1 und 2 Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte ab 01. Februar 2010.
Wie unter 1. ausgeführt, hat die Beklagte dem Kläger ein über das Tabellenentgelt der Stufe 2 Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte hinausgehendes Entgelt nicht zugesagt.
B. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO.
C. Ein Grund, die Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen, besteht nicht. Auch unabhängig von der Auslegung des § 16 Abs. 3 TV-Ärzte hat die Berufung des Klägers bereits nach den schon vor dem 01. November 2006 geltenden Grundsätzen und der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung in der Sache keinen Erfolg.
Kuhlmeyer
Schmidt