Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 12.09.2011, Az.: 13 TaBV 16/11
Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften berechtigten nicht zur Anfechtung der Wahl bei mangelnder objektiver Änderung und Beeinflussung des Wahlergebnisses durch die Verstöße; Wirksame Betriebsratswahl bei fehlender Ursächlichkeit zwischen unterlassener Registrierung abgegebener Stimmen und Wahlergebnis; Einsichtnahme in Wählerliste zur Überprüfung der Betriebsratswahl
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 12.09.2011
- Aktenzeichen
- 13 TaBV 16/11
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 29819
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2011:0912.13TABV16.11.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BAG - 12.06.2013 - AZ: 7 ABR 77/11
Rechtsgrundlagen
- § 19 Abs. 1 BetrVG
- § 12 Abs. 3 WO BetrVG
- § 19 WO BetrVG
Fundstellen
- AiB 2013, 719
- NZA 2013, 8
Redaktioneller Leitsatz
1. Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften berechtigten nur dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn die Verstöße das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnten; entscheidend ist, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte.
2. Eine nur denkbare Möglichkeit der Beeinflussung des Wahlergebnisses genügt nicht zur Begründung der Anfechtung, wenn sie nach der Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht zu ziehen ist; abstrakt nicht auszuschließende, nach der Lebenserfahrung aber unwahrscheinliche Kausalverläufe bleiben unberücksichtigt, wenn für ihren Eintritt keine tatsächlichen Anhaltspunkte bestehen.
3. Die Stimmendifferenz zwischen abgegebenen Wahlumschlägen und im Wählerverzeichnis registrierten Stimmabgaben beruht auf einem Verstoß gegen § 12 Abs. 3 WO, wenn in mehr als 100 Fällen die Stimmabgabe in der Wählerliste nicht vermerkt worden ist.
4. Bei der Verpflichtung zur korrekten Registrierung der abgegebenen Stimmen in der Wählerliste handelt es sich nicht nur um ein Kontrollinstrument von untergeordneter Bedeutung sondern um eine wesentliche Wahlvorschrift; sie dient der Kontrolle der Wahlberechtigung und soll vor allem verhindern, dass Stimmen mehrfach abgegeben werden.
5. Der Verstoß gegen eine wesentliche Wahlvorschrift ist nicht ursächlich für das konkrete Wahlergebnis, wenn zwar eine Stimmendifferenz in Höhe von 122 vorliegt und aufgrund einer Fehlbedienung des Registrierungsprogramms in 75 Fällen trotz eingescanntem Werksausweis die Stimmabgabe nicht registriert wurde, die verbleibende Differenz von 47 Stimmen das Wahlergebnis aber deshalb nicht beeinflussen konnte, weil hierzu eine Doppelabgabe zugunsten einer Liste im Umfang von 62 Stimmen erforderlich gewesen wäre.
6. § 19 WO bestimmt, dass die Wahlakten bis zur Beendigung der Amtszeit aufzubewahren sind; damit soll jederzeit die Ordnungsmäßigkeit der Wahl überprüft werden können.
7. Wird zur Anfechtung der Betriebsratswahl eine Stimmendifferenz zwischen Wahlumschlägen und registrierter Stimmabgabe behauptet, sind Arbeitgeber und Betriebsrat berechtigt, durch Einsichtnahme und Auswertung des Wählerverzeichnisses nach den Ursachen der Fehler zu suchen.
Tenor:
Auf die Beschwerden des Arbeitgebers und des Betriebsrates wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hannover vom 11.11.2010, 11 BV 9/10, abgeändert.
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Gegenstand des Beschlussverfahrens ist die Anfechtung der Betriebsratswahl vom 03. und 04.03. im Werk H-Stadt des Arbeitgebers. Antragsteller sind acht wahlberechtigte Arbeitnehmer und eine Arbeitnehmerin, die im Übrigen als Wahlbewerber auf dem Wahlvorschlag 5 (Liste Opposition) kandidiert haben. Die Antragsteller begründen die Wahlanfechtung vor allem damit, dass die Zahl der abgegebenen Wahlumschläge und die Zahl der in der Wählerliste erfassten Stimmabgaben differiert. Außerdem machen sie weitere Anfechtungsgründe geltend wie z.B. Behinderung der Wahlwerbung für die Liste Opposition.
Für die Betriebsratswahl waren mehrere Wahllokale eingerichtet, es bestand auch die Möglichkeit der Briefwahl. Die Mitarbeiter konnten in jedem Wahllokal ihre Stimme abgeben. Dabei wurde die Stimmabgabe erfasst durch Einscannen eines Barcodes auf dem Werksausweis (Einscannen des Werksausweises) und entsprechendem Vermerk in der elektronischen Wählerliste.
Unter dem 15.03.2010 hat der Wahlvorstand als Ergebnis der Wahl bekannt gegeben:
abgegebene Wahlumschläge 10.346
gültige Stimmen 10.162
ungültige Stimmen 184
Wahlvorschlag 1:
Stimmen 8.911
Sitze 36
Wahlvorschlag 2:
Stimmen 175
Sitze 0
Wahlvorschlag 3:
Stimmen 543
Sitze 2
Wahlvorschlag 4:
Stimmen 94
Sitze 0
Wahlvorschlag 5:
Stimmen 439
Sitze 1
Die Antragsteller haben vorgetragen, der Vorsitzende des Wahlvorstandes (der Zeuge A.) habe die Differenz zwischen abgegebenen Wahlumschlägen und Stimmabgabe nach elektronischer Wählerliste mit 122 angegeben. Eine Auswertung der elektronischen Wählerliste durch die Antragsteller habe ergeben, dass 101 Stimmen mehr abgegeben worden seien als Wähler registriert wurden. Arbeitgeber und Betriebsrat geben eine Differenz von 105 Stimmen an.
Bis maximal 61 abgegebene Doppelstimmen haben keine Auswirkungen auf das Wahlergebnis. Wären dagegen 62 Doppelstimmen für den Wahlvorschlag 3 vorhanden, hätte sich ein anderes Ergebnis ergeben. Bereinigt um 62 Doppelstimmen hätte die Liste 3 nur 1 Betriebsratsmitglied gestellt, die Liste 1 dagegen hätte ein weiteres Mandat erhalten.
Während des Wahlanfechtungsverfahrens hat der Vorsitzende des Wahlvorstandes Überprüfungen durchgeführt, um die Stimmdifferenz aufzuklären. Mit Einverständnis des Arbeitgebers und des Betriebsrates ist der Zeuge B. eingeschaltet worden. Er ist Angestellter einer Fremdfirma, die im IT-Bereich für den Arbeitgeber tätig ist. Nach Vortrag von Arbeitgeber und Betriebsrat ist von ihm festgestellt worden, dass in 75 Fällen der Werksausweis eingescannt wurde, die Stimmabgabe im Wählerverzeichnis aber nicht erfasst ist. Der Arbeitgeber hat im Beschwerdeverfahren vorgelegt mit Anlage 2 (Bl. 349 ff. d.A.) auszugsweise Liste der eingegebenen Ausweise, fehlende Registrierung hervorgehoben. Er hat außerdem mit Anlage 3 a und b (Bl. 463 ff. d.A.) einen Ausdruck der elektronischen Wählerlisten eingereicht, in denen namentlich erkennbar die Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen aufgeführt sind, die nach seinem Vortrag gewählt haben, aber nicht als Wähler registriert worden sind. Auf den Inhalt der Anlagen wird Bezug genommen.
Nach dem Vortrag des Arbeitgebers sind sodann vom Wahlvorstandsvorsitzenden, dem Zeugen A., und einem Mitarbeiter der Personalabteilung 68 der nicht registrierten Wähler befragt worden. Diese hätten freiwillig erklärt, dass sie ihre Stimmen abgegeben haben.
Die Antragsteller haben weitere Anfechtungsgründe geltend gemacht, die nachfolgend skizziert sind. Wegen Einzelheiten wird Bezug genommen auf das erstinstanzliche Vorbringen der Beteiligten, insbesondere auf die Antragsschrift.
1. Behinderung der Wahlwerbung für die Liste Opposition. 15 Bereiche des Werkes seien für Wahlbewerber nicht frei zugänglich gewesen. Eine entsprechende Freischaltung des Werksausweises sei beantragt, aber abgelehnt worden. Der vom Arbeitgeber gestattete Zugang nach Anmeldung in diese Bereiche sei nicht ausreichend gewesen, eine flächendeckende Wahlwerbung zu ermöglichen. Wegen des Anmeldungserfordernisses sei es in Einzelfällen nicht möglich gewesen, einzelne Bereiche zu betreten und für die Wahl zu werben.
2. Der Beteiligte zu 1 sei am 09.02.2010 gehindert worden, in der Gießerei Wahlwerbung zu betreiben.
3. Die Gewerkschaft der Mehrheitsliste sei in der Wahlwerbung vom Arbeitgeber bevorzugt worden. Sie habe Räume, Computer und elektronische Kommunikationsmöglichkeiten des Betriebes nutzen können. Vorwahlen seien durch Arbeitsfreistellung unterstützt worden, Fotografien der Wahlbewerber der Gewerkschaftsliste habe der Arbeitgeber bezahlt und eine Klausur der Mehrheitsfraktion im Betriebsrat sei durch Arbeitsfreistellungen unterstützt worden.
4. Die Grundsätze des Arbeitgebers zur Anbringung von Wahlplakaten und das Verbot der Nutzung von E-Mails zur Wahlwerbung habe kleinere Listen benachteiligt.
5. Durch Mitglieder der Mehrheitsgewerkschaft seien systematisch Wahlplakate zerstört worden; der Arbeitgeber habe nicht ausreichend eingegriffen.
6. Der Vorstandsvorsitzende des Werkes (Betriebsleiter?) habe auf einer Informationsveranstaltung am 01. bis 02.03.2010 in den Wahlkampf eingegriffen durch Parteiname für die Liste der Mehrheitsgewerkschaft.
7. Die Bekanntmachungen des Wahlvorstandes seien unzureichend veröffentlicht worden.
8. Der Beteiligte zu 7 sei erst nach Genehmigung durch den Arbeitgeber in die Wählerliste aufgenommen worden.
9. Zum Protokoll der Wahlurne 18 a bestehe der Verdacht der Fälschung. In der Rubrik "Bemerkungen" fänden sich keine Angaben, bei den Wahlunterlagen seien aber 6 Erklärungen von Wählern vorhanden. Einsichtnahme in diese Erklärungen sei dem Beteiligten zu 1 verwehrt worden.
10. Für Mitglieder der Mehrheitsgewerkschaft hätte in den Räumen des Hauptwahlvorstandes die Möglichkeit bestanden, außerhalb der Öffnungszeiten zu wählen.
11. Im Wahlausschreiben seien 13.112 Wahlberechtigte angegeben, weitere Wahlberechtigte seien hinzugekommen. In der Wahlniederschrift seien aber nur 12.948 Wahlberechtigte angegeben.
12. An der Urne 19 a habe ein Arbeitnehmer gewählt, der nicht in der Wählerliste verzeichnet gewesen sei.
13. Der Wahlvorstand habe z.B. bei langfristig erkrankten Arbeitnehmern unaufgefordert Briefwahlunterlagen übersandt, allerdings beschränkt auf Mitglieder der Mehrheitsgewerkschaft.
14. Die Wahlurnen seien nicht ordnungsgemäß verplombt gewesen.
15. Ein Wahlvorstandsmitglied habe während seiner Wahlvorstandstätigkeit das Wahllokal verlassen, um Nichtwähler zum Wählen anzuhalten.
16. In der Bekanntmachung der Wahlvorschläge in Liste 2 sei bei einem Kandidat als Art der Beschäftigung Bereitsteller angegeben. Tatsächlich sei er VIP-Fahrer.
17. Die Wahlvorschlagsliste 2 sei fehlerhaft gewesen. Es sei nicht sichergestellt gewesen, dass Wahlbewerber nicht nachträglich ergänzt werden konnten.
18. Nach Wählerliste hätten 91 Wähler/innen Briefwahlunterlagen abgegeben und seien als Urnenwähler registriert.
Die Antragsteller haben die Auffassung vertreten, aufgrund der vorgetragenen Anfechtungsgründe sei die Betriebsratswahl für unwirksam zu erklären.
Sie haben beantragt,
die Betriebsratswahl vom 03.03. und 04.03.2010 für unwirksam zu erklären.
Betriebsrat und Arbeitgeber haben beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie haben die Auffassung vertreten, die Differenz zwischen abgegebenen Wahlumschlägen und elektronisch registrierten Stimmabgaben habe das Wahlergebnis nicht beeinflusst. Die elektronische Auswertung habe ergeben, dass 75 Arbeitnehmer zwar per Einscannen des Werksausweises erfasst, nicht aber als Wähler registriert worden seien. Damit habe die fehlerhafte Erfassung der abgegebenen Stimmen im elektronischen Wählerverzeichnis keine Auswirkungen auf das Wahlergebnis gehabt.
Das Arbeitsgericht hat die Betriebsratswahl für unwirksam erklärt. Auf Tenor und Gründe des angefochtenen Beschlusses wird Bezug genommen.
Mit Beschwerde haben Arbeitgeber und Betriebsrat vorgetragen, das Programm zur Führung der Wählerliste sei so ausgestaltet gewesen, dass grundsätzlich mit Einscannen des Werksausweises automatisch die Stimmabgabe in der Wählerliste registriert worden sei. Es habe aber die Möglichkeit bestanden, von automatischer Registrierung auf manuelle Eingabe umzuschalten. Dies sei erforderlich gewesen, wenn z.B. der Werksausweis nicht lesbar gewesen sei oder der Wähler sich nicht habe durch Werksausweis, sondern nur durch Personalausweis identifizieren können. Wenn ein Wahlvorgang manuell erfasst worden sei, ein Umschalten auf automatische Registrierung unterblieben sei, so sei bei nachfolgendem Einscannen von Werksausweisen eine Registrierung der Stimmabgabe in der Wählerliste nicht erfolgt. Eine Auswertung der Wählerliste habe ergeben, dass in 75 Fällen der Werksausweis eingescannt worden sei, eine Registrierung als Stimmabgabe aber nicht erfolgt sei. 68 der Mitarbeiter/innen hätten erklärt, dass sie gewählt haben. Damit sei die fehlerhafte Registrierung in der Wählerliste nicht ursächlich geworden für das Wahlergebnis. Im Übrigen sei auch nicht davon auszugehen, dass in dem notwendigen Umfang Doppelstimmen zugunsten einer Liste vorlägen, auch aus diesem Grund sei die Kausalität zu verneinen. Ergänzend wird Bezug genommen auf die Beschwerdebegründungen des Betriebsrates und des Arbeitgebers.
Arbeitgeber und Betriebsrat beantragen,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Hannover vom 11.11.2010 - 11 BV 9/10 - abzuändern und den Antrag der Antragsteller abzuweisen.
Die Antragsteller beantragen,
die Beschwerden zurückzuweisen.
Sie verteidigen den erstinstanzlichen Beschluss und machen geltend, die angestellten Recherchen zur Klärung der Stimmendifferenz seien rechtswidrig unter Verstoß gegen das Wahlgeheimnis erfolgt. Dies gelte insbesondere für die durchgeführte Befragung der 68 Mitarbeiter. Der Vortrag von Arbeitgeber und Betriebsrat zur Erklärung der Stimmdifferenz sei deshalb nicht verwertbar und werde im Übrigen bestritten. Deutlich werde auch, dass das Wahlsystem fehlerhaft sei. Selbst nach dem Vortrag von Arbeitgeber und Betriebsrat sei eine Stimmdifferenz von 30 ungeklärt. Es sei auch nicht mit Sicherheit festzustellen, dass die Stimmendifferenz in Höhe von 75 auf der von Arbeitgeber und Betriebsrat geschilderten fehlerhaften Bedienung des Systems beruhe. Außerdem verweisen die Antragssteller auf die weiteren erstinstanzlich geltend gemachten Anfechtungsgründe. Ergänzend wird Bezug genommen auf die eingereichten Beschwerdeerwiderungen.
Das Landesarbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Herrn B. und Herrn A. als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die gerichtliche Niederschrift vom 12.09.2011, Bl. 545 f d.A..
II. 1. Die Beschwerden des Arbeitgebers und des Betriebsrates sind zulässig und begründet. Der Antrag der Antragsteller, die Betriebsratswahl für unwirksam zu erklären, ist nicht begründet und war zurückzuweisen. Die Stimmendifferenz zwischen abgegebenen Wahlumschlägen und registrierten Wählern in der elektronischen Wählerliste ist aufgrund Beweisaufnahme soweit aufgeklärt, dass eine Beeinflussung des Wahlergebnisses ausgeschlossen werden kann. Die übrigen vorgetragenen Anfechtungsgründe sind nicht ausreichend, um die Wahl für unwirksam erklären zu können.
2. Gemäß § 19 Abs. 1, Abs. 2 BetrVG kann die Wahl z.B. von mindestens drei Wahlberechtigten innerhalb einer Zwei-Wochen-Frist angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist. Auch wenn ein Verstoß gegen Wahlvorschriften vorliegt, scheidet eine Anfechtung aus, wenn der Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst hat. Zur Auslegung des § 19 Abs. 1 BetrVG führt das BAG aus, Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften berechtigten nur dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn die Verstöße das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnten. Entscheidend sei, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte. Eine fehlerhafte Betriebsratswahl müsse nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lasse, dass bei der Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Ergebnis erzielt worden wäre. Könne diese Feststellung nicht getroffen werden, bleibe es bei der Unwirksamkeit der Wahl (z.B. BAG vom 21.01.2009, 7 ABR 65/07, AP Nr. 61 zu § 19 BetrVG 1972; BAG vom 31.05.2000, 7 ABR 78/98, AP Nr. 12 zu § 1 BetrVG 1972 Gemeinsamer Betrieb).
Im Ausgangspunkt vergleichbar formuliert auch das Bundesverwaltungsgericht die Anforderungen an die fehlende Kausalität des Wahlrechtsverstoßes, führt aber auch aus: Eine nur denkbare Möglichkeit genüge nicht zur Begründung der Anfechtung, wenn sie nach der Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht zu ziehen sei. Abstrakt nicht auszuschließende, nach der Lebenserfahrung aber unwahrscheinliche Kausalverläufe blieben unberücksichtigt, wenn für ihren Eintritt keine tatsächlichen Anhaltspunkte bestünden (Bundesverwaltungsgericht vom 26.11.2008, 6 P 7/08, E 132, 276; ähnlich: Fitting u.a., BetrVG, 25. Aufl., § 19 Rnr. 24).
Die festgestellte Stimmendifferenz zwischen abgegebenen Wahlumschlägen und im Wählerverzeichnis registrierten Stimmabgaben beruht auf einem Verstoß gegen § 12 Abs. 3 WO. Die Vorschrift bestimmt, dass die Stimmabgabe in der Wählerliste zu vermerken ist. Dies ist in mehr als 100 Fällen nicht geschehen, es liegt damit ein Verstoß gegen die Vorschrift des § 12 Abs. 3 WO vor.
Bei der Verpflichtung zur korrekten Registrierung der abgegebenen Stimmen in der Wählerliste handelt es sich nicht nur um ein Kontrollinstrument von untergeordneter Bedeutung, sondern um eine wesentliche Wahlvorschrift. Sie dient der Kontrolle der Wahlberechtigung und soll vor allem verhindern, dass Stimmen mehrfach abgegeben werden. Die Registrierung der durchgeführten Wahl ist z.B. erforderlich, um Doppelwahl per Brief und Urne auszuschließen. Dass dies keine theoretischen Erörterungen sind, zeigt die Aussage des Zeugen A., wonach 10 Wähler doppelt gewählt haben per Brief und Urne.
Der damit vorliegende Verstoß gegen eine wesentliche Wahlvorschrift ist aber nicht ursächlich geworden für das konkrete Wahlergebnis. Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme ist die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass eine Stimmendifferenz in Höhe von 122 vorlag und in 75 Fällen zwar der Werksausweis eingescannt wurde, die Stimmabgabe aber nicht registriert wurde. Die verbleibende Differenz von 47 Stimmen konnte das Wahlergebnis nicht beeinflussen, hierzu war die Doppelabgabe zugunsten einer Liste im Umfang von 62 Stimmen erforderlich.
4. Der Zeuge A. und der Zeuge B. haben eine Auswertung der elektronischen Wählerliste vorgenommen. Darüber hinaus ist auch eine Befragung von 70 Wählern durchgeführt worden. Wie der Prozessvortrag ergibt, haben beide Zeugen die Recherchetätigkeit im Einverständnis von Arbeitgeber und Betriebsrat durchgeführt. Die Ergebnisse der Recherche sind verwertbar und unterliegen nicht wegen Verstoß gegen das Wahlgeheimnis einem Verwertungsverbot.
Nach dem Urteil des BAG vom 27.07.2005, 7 ABR 54/04, AP Nr. 1 zu § 19 Wahlordnung, erstreckt sich der Grundsatz der geheimen Wahl auch auf die Zeit nach Durchführung der Wahl und bewirkt, dass Wahlunterlagen nicht ohne Weiteres zugänglich und einsehbar sind. Allerdings können auch vom Arbeitgeber die Wahlakten eingesehen und ausgewertet werden, wenn die Einsichtnahme zur Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit der Wahl notwendig ist.
§ 19 WO bestimmt, dass die Wahlakten bis zur Beendigung der Amtszeit aufzubewahren sind. Sinn dieser Vorschrift ist es, jederzeit die Ordnungsmäßigkeit der Wahl überprüfen zu können. Wenn wie hier eine Anfechtung der Wahl erfolgt ist und eine Stimmendifferenz zwischen Wahlumschlägen und registrierter Stimmabgabe behauptet wird, dann haben Arbeitgeber und Betriebsrat gar keine andere Möglichkeit als durch Einsichtnahme und Auswertung des Wählerverzeichnisses nach Ursachen für die Fehler zu suchen. Die Recherchen, die die Zeugen angestellt haben, waren zulässig, die Rechercheergebnisse waren im vorliegenden Verfahren entsprechend den Zeugenaussagen zu verwerten.
5. Aufgrund der Aussage des Zeugen B. steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Werksausweis bei 75 Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen eingescannt worden ist, eine Registrierung als Wähler aber unterblieben ist. Die Wählerliste erfasst in den Rubriken BW (Briefwahl) und UW (Urnenwahl) die Stimmabgabe, verzeichnet aber nicht das Einscannen des Werksausweises als gesonderten Vorgang. Der Zeuge B. hat für die Kammer nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass er anhand der vorhandenen Logdateien, also anhand von Protokolldateien, nachvollziehen konnte, in welchen Fällen ein Einscannen des Werksausweises erfolgt ist, aber eine Registrierung der Stimmabgabe unterblieben ist. In Verbindung mit den vom Arbeitgeber vorgelegten Listenauszügen steht damit fest: In 75 Fällen ist eine doppelte Stimmabgabe auszuschließen. Es handelt sich um einen Registrierungsfehler, der auf eine Fehlbedienung des Programms zurückzuführen ist.
Für diese Bewertung ist ergänzend auf die glaubhafte Aussage des Zeugen A. hinzuweisen. Er hat angegeben, dass er von den 75 festgestellten Wählern 70 befragt hat und 68 ihm erklärt haben, dass sie tatsächlich gewählt haben, 2 hätten erklärt, nicht gewählt zu haben.
Der Zeuge A. hat in seiner Vernehmung eine Stimmendifferenz von 105 angegeben. Die ursprüngliche Stimmendifferenz betrug 122. Wie der Zeuge selbst angegeben hat, ist festgestellt worden, dass wegen Doppelwahl, Urne und Brief, 10 Briefwahlstimmen nicht aussortiert worden sind, sondern als ungültige Stimmen gezählt wurden. Weiter hat der Zeuge erklärt, dass am Wahltag 7 handschriftliche Ergänzungen der Wählerliste vorgenommen worden sind. Zählt man die 17 aufgeklärten Stimmen zu den 105 hinzu, so war die Ausgangsdifferenz 122. Weil von den 122 Stimmen 75 aufgeklärt sind, ist der Verstoß gegen § 12 Abs. 3 WO für das Wahlergebnis nicht ursächlich geworden. Die Abweichung zwischen abgegebenen Wahlumschlägen und registrierten Stimmabgaben können die Wahlanfechtung nicht begründen.
6. Weitere Anfechtungsgründe.
6.1. Die Antragsteller machen Behinderung der Wahlwerbung geltend, weil 15 Bereiche des Werkes für sie nicht frei zugänglich über Werksausweis waren. Nach E-Mail vom 12.02.2010 hat der Arbeitgeber die Anordnung erlassen, dass den Betriebsräten und Wahlbewerbern Zugang zu allen Werksbereichen zu gewähren ist. Das Verhalten des Arbeitgebers ist nicht zu beanstanden. Die Wahlbewerber der einzelnen Listen konnten auch sicherheitsrelevante Bereiche zwecks Wahlwerbung betreten, allerdings nur nach entsprechender Anmeldung. Sicher wäre eine generelle Freischaltung des Werksausweises für die Wahlbewerber bequemer gewesen, die vom Arbeitgeber gewählte Handhabung ist aber unter dem Gesichtspunkt der Wahlbehinderung in keiner Weise zu beanstanden.
Soweit in Einzelfällen ein Zugang zu einzelnen Bereichen nicht möglich war, weil ein zur Zutrittsgewährung autorisierter Mitarbeiter nicht erreichbar war, liegt keine erhebliche Einschränkung des Rechts zur Wahlwerbung vor, erst recht kein Anfechtungsgrund.
6.2. Der Beteiligte zu 1 ist am 09.02.2010 gehindert worden, in der Gießerei für die Wahl zu werben. Weil er keine Sicherheitsschuhe trug, im Bereich der Gießerei aber Sicherheitsschuhe vorgeschrieben sind, liegt keine Wahlbehinderung vor. Im Übrigen ist hier eins zu betonen: Der Arbeitgeber ist nur verpflichtet, Wahlwerbung zu gestatten. Es gibt keinen Anspruch eines Wahlbewerbers oder einer Vorschlagsliste, dass die Wahlwerbung auch von den Mitarbeitern akzeptiert und angenommen wird. Abwehr von Wahlwerbung durch einzelne Mitarbeiter kann weder dem Arbeitgeber noch etwa der Mehrheitsgewerkschaft als Wahlbehinderung entgegengehalten werden.
6.3. Eine relevante Bevorzugung der Mehrheitsgewerkschaft bei der Wahlwerbung durch den Arbeitgeber kann nicht festgestellt werden. Die Behauptung, der Arbeitgeber habe Fotografien der Wahlbewerber für die Liste 1 bezahlt, ist widerlegt. Eine an die Gewerkschaft gerichtete Rechnung ist vorgelegt.
Arbeitsfreistellungen im Rahmen von betriebsinternen Vorwahlen, die die Mehrheitsgewerkschaft durchgeführt hat, durften nicht nur von dem Arbeitgeber unterstützt werden durch Zurverfügungstellung von Räumen und Sachmitteln und durch Arbeitsfreistellungen, nach Auffassung der Kammer war der Arbeitgeber hierzu auch verpflichtet. In einem Betrieb mit ca. 13.000 wahlberechtigten Arbeitnehmern und einem hohen Organisationsgrad in der Mehrheitsgewerkschaft bedarf es für die Kandidatenaufstellung einer innerbetrieblichen Vorwahl. Nur so kann dem Erfordernis innerverbandlicher Demokratie Rechnung getragen werden. Logistische Hilfestellungen einschließlich Arbeitsfreistellungen für diese Vorwahlen durfte der Arbeitgeber leisten und musste er gemäß § 2 BetrVG gewähren.
Nach Vortrag der Antragsteller hat die Mehrheitsfraktion im Betriebsrat mit den dem Betriebsrat zugeteilten Verwaltungskräften eine Klausurtagung gemacht. Hierfür seien Arbeitnehmer von der Arbeit freigestellt worden. Eine Verbindung zwischen dieser Betriebsratstätigkeit und dem Wahlverfahren ist nicht erkennbar.
6.4. Der Vorwurf, durch die Grundsätze zur Anbringung von Wahlplakaten und durch das Verbot der Nutzung des Mail-Systems für Wahlwerbung habe der Arbeitgeber kleinere Listen benachteiligt, ist nicht nachvollziehbar. Der Arbeitgeber ist berechtigt, Grundsätze für das Plakatieren festzulegen und kann auch festlegen, wieweit das firmeninterne Mail-System genutzt werden darf. Es mag sein, dass kleine Listen dabei benachteiligt werden. Kleinere Listen verfügen in der Regel über weniger Unterstützer und helfende Wahlwerber als beispielsweise Mehrheitsgewerkschaften. Die daraus folgenden eingeschränkteren Möglichkeiten kleinerer Listen muss der Arbeitgeber aber nicht ausgleichen.
6.5. Der Vorwurf der systematischen Wahlplakatezerstörung durch Mitglieder der Mehrheitsgewerkschaft ist nicht schlüssig dargelegt. Zerstörung von Wahlplakaten, sei es bei Betriebsratswahlen oder bei politischen Wahlen, kommt immer häufiger vor, leider. Dass hier Wahlplakatzerstörungen systematisch von Gewerkschaftsseite betrieben wurden, dass der Arbeitgeber nicht ausreichend eingegriffen hat, ist nicht ersichtlich und nicht nachvollziehbar dargelegt.
6.6. Die Antragsteller meinen, der neue Vorstandsvorsitzende des Werkes habe auf einer Informationsveranstaltung Parteinahme für die Mehrheitsgewerkschaftsliste gezeigt. Die zitierten Äußerungen beziehen sich auf den Betriebsratsvorsitzenden und sein Team. Ohne Schilderung des Zusammenhanges, wann genau in welchem Rahmen und in welchem Zusammenhang sind die Äußerungen gefallen, ist eine Bewertung nicht möglich. Insbesondere kann nicht ohne weiteres ein Parteiname für eine Liste angenommen werden.
6.7. Die Beanstandung, Bekanntmachungen des Wahlvorstandes seien nicht ausreichend veröffentlicht worden, ist pauschal und auch angesichts der hohen Wahlbeteiligung kaum nachvollziehbar.
6.8. Die Ausführungen, der Beteiligte zu 7 sei erst nach Genehmigung durch den Arbeitgeber in die Wählerliste aufgenommen worden, sind unsachlich. Der Beteiligte zu 7 war gekündigt und hatte einen Kündigungsschutzprozess geführt, wenn der Wahlvorstand in einer solchen Situation Wahlberechtigung prüft und Rücksprache beim Arbeitgeber nimmt, ist das ein normaler Vorgang und kann nicht als Genehmigung durch den Arbeitgeber qualifiziert werden.
6.9. Eine Fälschung des Protokolls der Wahlurne 18 a ist nicht ersichtlich. Selbst wenn die Rubrik Bemerkungen keine Angaben enthält, bei den Wahlunterlagen aber 6 Erklärungen vorhanden sind, liegt keine Protokollfälschung vor, allenfalls Unvollständigkeit. Dass diese Unvollständigkeit des Protokolls Auswirkungen auf das Wahlergebnis gehabt hat, ist nicht ersichtlich, zumal die Erklärungen sich bei den Wahlunterlagen befunden haben und offenkundig berücksichtigt worden sind.
6.10. Zu dem Vorwurf, Mitglieder der Mehrheitsgewerkschaft hätten in den Räumen des Hauptwahlvorstandes außerhalb der Öffnungszeiten wählen können, hat der Betriebsrat vorgetragen, Briefwahlunterlagen seien entgegengenommen worden. Weil Abgabe von Briefwahlunterlagen nicht gleichzusetzen ist mit Stimmabgabe bei Urnenwahl, besteht kein Anfechtungsgrund.
6.11. Dass die Anzahl der Wahlberechtigten bei Aushang des Wahlausschreibens im November 2009 mit 13.112 angegeben ist, in der Wahlniederschrift aber nur 12.948 Wahlberechtigte verzeichnet sind, ist nicht besonders aussagekräftig. Die Wählerliste ist bis zum Tag vor Beginn der Stimmabgabe nach § 4 Abs. 3 WO laufend zu aktualisieren, insbesondere sind eintretende und ausscheidende Mitarbeiter zu berücksichtigen.
6.12. An der Urne 19 a habe ein Arbeitnehmer gewählt, der nicht in der Wählerliste verzeichnet gewesen sei. Legt man die Aussage des Zeugen A. zugrunde, so sind insgesamt 7 Personen zur Wahl zugelassen worden, die bei Beginn der Stimmabgabe nicht auf der Wählerliste verzeichnet waren. Ob 7 oder 8 Wähler, der vorliegende Verstoß gegen § 4 Abs. 3 WO kann wegen der geringen Größenordnung keine Auswirkungen auf das Wahlergebnis haben.
6.13. Der Vorwurf, der Wahlvorstand habe nur Mitgliedern der Mehrheitsgewerkschaft in besonderen Fällen, z.B. lang andauernde Erkrankung, Briefwahlunterlagen unaufgefordert übersandt, ist unerheblich. Wie der Betriebsrat vorgetragen hat, und auch das Wahlergebnis spricht dafür, beträgt der Organisationsgrad im Betrieb 97 %. Eine Bevorzugung der Mitglieder der Mehrheitsgewerkschaft ist dann aber kaum nachzuvollziehen. Vor allem aber scheidet eine Beeinflussung des Wahlergebnisses aus.
6.14. Die Wahlurnen waren mit Schloss und Siegel versehen und damit ausreichend gesichert. Eine zusätzliche Sicherung durch ein zweites Schloss, die die Antragsteller offenbar für erforderlich halten, und damit verbunden eine Öffnungsmöglichkeit nur bei Wahrung des Vier-Augen-Prinzips mag sinnvoll sein, kann aber als Sicherungsmaßnahme nicht gefordert werden.
6.15. Hier beanstanden die Antragsteller, dass ein Wahlvorstandsmitglied das Wahllokal verlassen und Nichtwähler zum Wählen angehalten habe. Ob ein wesentlicher Verstoß gegen Wahlvorschriften vorliegt, ob insbesondere eine Beeinflussung des Wahlergebnisses daraus folgen könnte, lässt sich aus den Schilderungen der Antragsteller nicht entnehmen. Es fehlen Angaben zur Besetzung des Wahllokals, zur Anwesenheit von Wählern und zur Dauer der Abwesenheit des Wahlvorstandsmitgliedes.
6.16. Ob ein Wahlbewerber der Liste 2 die Art seiner Beschäftigung nicht korrekt angegeben hat und ob der Wahlvorstand hier seiner Prüfungspflicht ausreichend nachgekommen ist, ist nach Auffassung der Kammer unerheblich. Auswirkungen einer fehlerhaften Bezeichnung der Art der Tätigkeit auf das Wahlergebnis sind nicht vorstellbar.
6.17. Die Wahlvorschlagsliste 2 ist, soweit nachvollziehbar, ordnungsgemäß ausgefüllt und eingereicht worden. Die Listenbewerber finden sich auf den Ziffern 1 bis 7, die Listenplätze 8 folgende sind mit einem großen Z gesperrt. Die von den Antragstellern gesehene Gefahr einer nachträglichen Ergänzung bestand nicht.
6.18. Die Antragsteller rügen, 91 Wähler/-innen hätten Briefwahlunterlagen abgegeben und seien bei der Urnenwahl registriert worden. In den Wählerlisten ist die Übersendung von Briefwahlunterlagen in der Spalte BW mit B gekennzeichnet. Sind Briefwahlunterlagen abgegeben und erfasst worden, ist in der Spalte BW das B durch J ersetzt. Es ergeben sich außerdem Fallgestaltungen, z.B. laufende Nummer 5482, dass in der Spalte BW ein B verzeichnet ist (Briefwahlunterlagen erhalten) und in der Spalte UW (Urnenwahl) ein J verzeichnet ist. Dies bedeutet, dass der ursprüngliche Briefwähler zur Urnenwahl zugelassen ist und Urnenwahl gemacht hat, aber nicht Briefwahlunterlagen abgegeben hat. Hätte er Briefwahlunterlagen abgegeben und zusätzlich an der Urne gewählt, wäre in der Spalte BW ein J verzeichnet, ebenso in der Spalte UW. Die Wählerliste war also so aufgebaut, dass eine Zulassung von Wählern mit Briefwahlunterlagen zur Urnenwahl ermöglicht wurde und gleichzeitig sichergestellt war, dass eine doppelte Stimmabgabe per Brief und Urne im Wählerverzeichnis sichtbar wurde. Der Zeuge A. hat hierzu ausgesagt, dass bei der Prüfung der Briefwahlstimmen jeweils ein Abgleich mit Urnenwahl gemacht worden ist und erst dann die Briefwahlstimmen gezählt wurden. Bei der Prüfung habe man festgestellt, dass in 10 Fällen per Brief und Urne gewählt worden ist und dass in diesen Fällen die Briefwahlstimmen nicht in das Stimmergebnis eingeflossen sind. Aufgrund des Aufbaus der Wählerliste und aufgrund der glaubhaften Aussage des Zeugen A. steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass ein ordnungsgemäßer Abgleich mit der Urnenwahl bei Prüfung der Briefwahlstimmen erfolgt ist und dass eine doppelte Stimmabgabe per Brief und Urne nicht in das Wahlergebnis eingeflossen ist.
Weil die Voraussetzungen für eine Wahlanfechtung nach § 19 BetrVG nicht vorliegen, war der Antrag, die Betriebsratswahl für unwirksam zu erklären, zurückzuweisen.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde erfolgt gemäß §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.
Malewski
Niemeier