Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 01.03.2024, Az.: 14 Sa 504/23

Arbeitnehmerhaftung bei Nichtherausgabe von Kundengeldern

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
01.03.2024
Aktenzeichen
14 Sa 504/23
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2024, 20281
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2024:0301.14Sa504.23.00

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Hannover - 22.06.2023 - AZ: 4 Ca 160/22

Redaktioneller Leitsatz

Für die Erfüllung eines Herausgabeanspruchs kommt die Beweislastumkehr des § 619a BGB unter Berücksichtigung der Grundsätze der arbeitsrechtlichen Mankohaftung nur demjenigen zugute, der dargelegen und beweisen kann, das Herauszugebende im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses in Empfang genommen zu haben.

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 22.06.2023 - 4 Ca 160/22 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 7.524,41 Euro festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadensersatz wegen angeblich nicht abgelieferter Kundengelder in Anspruch.

Die Klägerin firmierte zunächst als B. GmbH. Ausweislich des Handelsregisterauszuges mit Eintragung vom 30.06.2022 wurde diese Firma geändert in A. GmbH.

Der Beklagte war wie die Klägerin unternehmerisch im Bereich des Handels mit Fleischprodukten tätig. Nachdem über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, kam es zwischen den Parteien im April 2021 zu einer Zusammenarbeit.

Die K. GmbH schuldete der Klägerin aus Handelsgeschäften Geld. Der Beklagte unterzeichnete der K. GmbH jeweils eine Quittung und bestätigte den Erhalt von Bargeld "Im Namen der B. GmbH" wie folgt:

- am 25.05.2021 zur Rechnungsnummer 20210450: 3.709,44 Euro
- am 01.06.2021 zur Rechnungsnummer 20210452: 2.308,15 Euro
- am 26.07.2021 zur Rechnungsnummer 20210483: 2.365,03 Euro.

Am 29.10.2021 unterzeichneten die B. GmbH und der Beklagte einen Arbeitsvertrag mit Arbeitsbeginn am 01.11.2021 und einer Tätigkeit als Verkäufer (Verkauf/Ankauf, Import/Export, Lagertätigkeiten) und einer Vergütung von monatlich 1.100,00 Euro brutto, was einem Stundenlohn von 12,50 Euro entspreche. Das Arbeitsverhältnis endete durch fristlose Kündigung der Klägerin zum 14.03.2022. Die Lohnabrechnung für Februar 2022 ergab einen Nettobetrag von 848,21 Euro, den die Klägerin an den Beklagten nicht auszahlte, sondern vielmehr die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen erklärte. Zu einem dem Gericht nicht mitgeteilten Zeitpunkt lieh sich der Beklagte vom Vater des Geschäftsführers, C. A., Geld, das er bislang nicht zurückgezahlt hat.

Die Klägerin hat behauptet, dass der Beklagte die insgesamt vereinnahmten 8.382,62 Euro nicht abgeführt habe. Abzüglich der einbehaltenen 848,21 Euro aus der Lohnabrechnung für Februar 2022 ergebe sich ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 7.534,41 Euro.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 7.524,41 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.06.2022 zu zahlen.

Der Beklagte hat im Kammertermin vom 27.04.2023 keinen Antrag gestellt, woraufhin das Arbeitsgericht antragsgemäß erstes Versäumnisurteil erlassen hat. Gegen dieses Versäumnisurteil hat der Beklagte rechtzeitig Einspruch eingelegt.

Der Beklagte hat behauptet: Die Klägerin sei nicht schon nicht Anspruchsinhaberin, weil ein Übergang bzw. eine Gesellschaftsänderung von der B. GmbH nicht stattgefunden habe. Im Übrigen sei der geltend gemachte Anspruch längst erfüllt. Im Zuge der Geschäfte der Parteien habe der Beklagte wiederholt und insbesondere von der Firma K. Barbeträge erhalten, die er jeweils auch umgehend persönlich an den Geschäftsführer der B. ausgehändigt habe. Dabei habe es sich seines Wissens nach um den H. A. gehandelt (Zeugnis: (Vernehmung des Beklagten als Partei). Er könne sich an sicherlich neun oder zehn Einzelvorfälle erinnern, bei denen so verfahren worden sei. Die Auszahlung der jeweiligen Beträge, egal ob hier gegenständlich oder anderweitig bereits erfolgt, sei jeweils durch persönliche bare Aushändigung an den Geschäftsführer der B. GmbH, jeweils wenn die beiden sich wenige Tage nach der Entgegennahme des Geldes durch den Beklagten das nächste Mal getroffen hätten, erfolgt. Stets sei es so gewesen, dass der Beklagte, nachdem er die jeweiligen Beträge von den Kunden der Klägerin entgegengenommen habe, telefonisch mit dem Geschäftsführer der Klägerin Kontakt aufgenommen habe, um die Weitergabe abzusprechen, die dann regelmäßig noch am gleichen Tag persönlich in den Geschäftsräumen der Klägerin am E. in H. stattgefunden hätten. Dies sei dann nach der Erinnerung des Beklagten und nach dem Vortrag der Klägerin der 25.05., der 01.06. und der 26.07.2021 gewesen oder jedenfalls an einem der direkt nächsten Tage. Direkt nach der Entgegenahme des Geldes habe der Beklagte noch in Gegenwart des Geschäftsführers der K. GmbH, O., mit dem Geschäftsführer der Beklagten C. A. (Senior) telefoniert, um die Weitergabetermine zu vereinbaren. Die Übergabe sei dann im Ladenlokal der Klägerin auch in Gegenwart weiterer dortiger Mitarbeiter erfolgt, die der Beklagte verständlicherweise nicht namentlich benennen könne. Der Beklagte habe die nach seiner Schätzung etwa zehn vorzunehmenden Weiterleitungen der erhaltenen Provisionen regelmäßig an den auch als Zeugen benannten erbracht. Die hier streitgegenständlichen Zahlungen seien dann an den ebenfalls als Zeugen benannten Geschäftsführer der Klägerin C. A. erfolgt. Es irritiere in diesem Zusammenhang sehr, dass sämtliche Zahlungen, die der Beklagten an den erbracht habe, funktioniert hätten und korrekt verbucht worden seien, sämtliche Zahlungen an den Geschäftsführer indes nicht.

Mit Stufenwiderklage vom 19.04.2023 hat der Beklagte die Verurteilung der Klägerin zu Auskunft, eidesstattlicher Versicherung und Zahlung einer Provision von 6 % der Umsätze in Anspruch genommen und hierzu ausgeführt, dass parallel zu dem Arbeitsverhältnis der Parteien vereinbart worden sei, dass der Beklagte als Handelsvertreter für die Klägerin habe tätig werden sollen. Der Beklagte habe sich fortan um diese Kontakte gekümmert und mit einer polnischen Firma Geschäfte für die Klägerin vermittelt. Diese hätten allein in der Zeit, in der das parallele Arbeitsverhältnis der Parteien bestanden habe, ein Volumen von 1.400.000,00 Euro gehabt. Die Vereinbarung im Arbeitsvertrag der Parteien, wonach Nebenabreden nicht geschlossen seien, habe sich nur auf das Arbeitszeitvolumen beschränkt. In der Zeit außerhalb dieser Tätigkeit habe der Beklagte als Handelsvertreter tätig werden dürfen und sollen. Die Widerklage hat der Beklagte noch erstinstanzlich zurückgenommen.

Der Beklagte hat beantragt,

das Versäumnisurteil vom 27.04.2023 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin hat beantragt,

das Versäumnisurteil vom 27.04.2023 aufrecht zu erhalten.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Beklagte sein erstinstanzliches Klagabweisungsbegehren weiter: Rechtsfehlerhaft habe das Arbeitsgericht angenommen, dass es hier nicht Beweis erheben müsse durch das angebotene Zeugnis des Geschäftsführers der Klägerin. Dies habe der Beklagte bereits in seiner ursprünglichen Klagerwiderung so dargestellt. Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht angenommen, dass nachgewiesen sei, dass es sich bei der Klägerin lediglich um die umfirmierte Firma B. GmbH gehandelt habe. Im Übrigen mache der Beklagte seinen gesamten erstinstanzlichen Vortrag zum Gegenstand der Berufungsbegründung mitsamt den Beweisantritten, für die der Geschäftsführer C. A. ausdrücklich als Zeuge benannt wurde. Mit weiterem Schriftsatz vom 09.10.2023 stellte der Beklagte klar, dass er Beweis antrete durch Vernehmung des Geschäftsführers der Beklagten und seiner Anhörung als Partei. Weil bei der Übergabe der einzelnen baren Beträge außer dem Beklagten und in dessen Funktion als Geschäftsführer keine andere Person zugegen gewesen sei, habe der Beklagte hier keine andere Möglichkeit, als sich auf das Zeugnis des H. A. zu berufen. In der mündlichen Verhandlung des erkennenden Gerichts erklärte der Beklagte, dass er den Betrag aus der ersten Quittung dem Geschäftsführer der Klägerin persönlich überreicht habe und die Beträge aus der zweiten und dritten Quittung im Laden von Herrn C. A. der dortigen Mitarbeiterin gegeben habe, an deren Namen er sich nicht erinnere.

Der Beklagte beantragt,

auf die Berufung hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 22.06.2023, Aktenzeichen: 4 Ca 160/22, abgeändert und die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Sachvortrags der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll vom 01.03.2024 verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Geschäftsführers der Klägerin als Partei und es hat den Beklagten persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Auszahlung der begehrten Beträge.

I. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Streitgegenstand hinreichend bestimmt. Nachdem das Gericht den Klägervertreter darauf hingewiesen hatte, dass mit der den angegebenen Schaden um 10,00 Euro unterschreitenden Klagforderung eine unerkannte Teilleistungsklage bei drei Streitgegenständen vorliegen könnte, stellte er klar, dass der Differenzbetrag von 10,00 Euro abziehen sei von der ältesten Quittungssumme vom 25.05.2021.

Gemäß §§ 396, 366 Abs. 2 BGB geht das Gericht weiterhin davon aus, dass sich der Lohnabzug von 848,21 Euro ebenfalls auf die älteste Forderung im Hinblick auf die Quittung vom 25.05.2021 bezieht. Von diesem Gesamtbetrag von 3.709,44 Euro sind somit 858,21 Euro abzuziehen, sodass sich insgesamt eine Klagforderung in Höhe von 7.524,41 Euro ergibt.

II. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Schadensersatz in Höhe der eingenommenen Kundengelder abzüglich der eben genannten 858,21 Euro aus § 280 Abs. 1 BGB.

1. Die Klägerin ist Anspruchsinhaberin. Nachdem die Klägerin mit Berufungserwiderung vom 18.09.2023 den Handelsregisterauszug vorgelegt hatte, aus dem sich ergibt, dass die Firma B. GmbH am 30.06.2022 geändert wurde in die Firma der Klägerin, ist zwischen den Parteien nicht mehr streitig, dass die Klägerin Inhaberin der Forderungen der K. GmbH war, die diese durch Barzahlung an den Beklagten am 25.05., 01.06. und 26.07.2021 erfüllte.

2. Der Beklagte handelte ausweislich der von ihm unterzeichneten Quittung im Namen der Klägerin und war daher verpflichtet, dieser das ihr zustehende Geld auszukehren. Hierfür ist er beweisfällig geblieben

a) Der Beklagte ist nach allgemeinen Grundsätzen für die Erfüllung des Herausgabeanspruchs beweisfällig dafür geblieben, dass er diese Beträge an die Klägerin weitergeleitet hatte. Ihm kommt dabei nicht die Beweislastumkehr des § 619 a BGB unter Berücksichtigung der Grundsätze der arbeitsrechtlichen Mankohaftung zugute, weil er nicht dargelegt und bewiesen hat, die Beträge im Rahmen eines zwischen den Parteien bereits im Sommer 2021 bestehenden Arbeitsverhältnisses in Empfang genommen zu haben. Der Arbeitsvertrag der Parteien wurde erst mit Wirkung zum 01.11.2021 geschlossen. Hierzu erläuterte der Beklagte in der mündlichen Verhandlung, er habe einen Arbeitsvertrag erhalten wollen, weil er nicht krankenversichert gewesen sei. Er sei aber hingehalten worden, bis dass der Arbeitsvertrag abgeschlossen worden sei.

Es ist für das Gericht nach Gesamtwürdigung des Sachvortrags der Parteien und des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung nicht feststellbar, dass bereits vor diesem Datum zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis begründet wurde. In der mündlichen Verhandlung war unstreitig. dass die Parteien auch einen Handelsvertretervertrag abgeschlossen hatten. Der Beklagte sprach darüber hinaus von einer ihm am 02. April 2021 angebotenen "Partnerschaft". Erstinstanzlich hat er ausgeführt, außerhalb der arbeitsvertraglichen Tätigkeit als Handelsvertreter tätig werden zu dürfen und zu sollen. Dabei hat er sich auf den schriftlichen Arbeitsvertrag bezogen und keinerlei nachvollziehbaren Sachvortrag dafür erbracht, dass bereits vor dessen Abschluss zwischen den Parteien eine arbeitsvertragliche Bindung zustande gekommen sein könnte.

b) Die Beweisaufnahme durch Vernehmung des Geschäftsführers der Klägerin als Partei gemäß § 445 ZPO hat nicht den Beweis erbracht, dass der Beklagte die einbehaltenen Beträge an ihn persönlich oder im Geschäft seines Vaters abgeführt hat. Der Geschäftsführer der Klägerin hat dies auch nach mehrmaliger Nachfrage in Abrede gestellt. Er hat insoweit ausgeführt, dass, wenn Bargeld abgegeben worden sei, dies im Kassenbereich bei Frau M. geschehen wäre, dies hätte er selbst bei einer Entgegennahme von Geld auch so getan. Es könnte solche Vorfälle gegeben haben, dies wäre aber buchhalterisch notiert worden. Auch auf dem Weg über seinen Vater habe er kein Geld vom Beklagten bekommen. Vielmehr habe der Beklagte sich Geld von seinem Vater geliehen.

Die Beweisaufnahme hat somit weder unmittelbar die zuletzt vom Beklagten aufgestellten Behauptungen zur Überzeugung des Gerichts bestätigt, noch gibt es ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Aussage des Geschäftsführers so starke Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit wecken könnte, dass das Gericht gemäß § 286 ZPO auf der Grundlage des Parteivortrags in Verbindung mit der gemäß § 141 ZPO erfolgten persönlichen Anhörung des Beklagten zu seinen Gunsten annehmen könnte, er habe das Geld pflichtgemäß abgeliefert.

Der Geschäftsführer hat seine Aussage in sich widerspruchsfrei, klar und anschaulich dargebracht. Dabei hat er, auf Bargeldgeschäfte im Allgemeinen und auch vom Beklagten überraschend auf das Geschäft in Frankreich angesprochen, Erinnerungslücken eingeräumt und derartige Vorkommnisse nicht pauschal in Abrede gestellt. Die Tatsache allein, dass er auf die Berechtigung zu Einnahme von Bargeld auf den Arbeitsvertrag verwies, macht seine Aussage im Hinblick auf die im davor liegenden Zeitraum stattgefundenen Geldempfänge des Beklagten nicht völlig unglaubwürdig, weil sie im Rahmen der Antwort auf das Frankreichgeschäft erfolgt ist.

Dagegen waren der Sachvortrag des Beklagten und sein persönlicher Eindruck nicht geeignet, das Gericht gemäß § 286 ZPO davon zu überzeugen, dass er das Geld tatsächlich im Machtbereich der Klägerin und für sie erkennbar abgegeben haben könnte. Sein Vortrag war im Verlauf des Prozesses ungewöhnlich wechselhaft. Mal behauptete er "in jedem Einzelfall" die Beträge an übergeben zu haben, dann an C. A., was er mit Schriftsatz vom 16.06.2023 wiederholt und weiter ausgeführt hat, Zahlungen an erbracht zu haben, die funktioniert hätten und korrekt verbucht worden seien, sämtliche Zahlungen an den von ihm angenommenen Geschäftsführer C. A. indes nicht. Dies wiederholte er zunächst in der Berufungsbegründung um dann nach dem Hinweis des Vorsitzenden auf Unklarheiten hinsichtlich der Partei oder des Zeugen mit Schriftsatz vom 09.10.2023 auszuführen, die baren Beträge ausgehändigt zu haben. Zur Überraschung des Gerichts führte er dann in der mündlichen Verhandlung detailliert aus, den Betrag aus der ersten Quittung geleistet zu haben, die Beträge aus der zweiten und dritten Quittung dagegen einer "Dame" aus dem Laden von C.A., also nicht diesem selbst. Eine Verwechselung von H. und C. A. mit der Folge, dass der Beklagte nicht den jeweils namentlich bezeichneten, sondern immer denselben Geschäftsführer gemeint haben könnte, der im Verlauf des Verfahrens irrtümlich als C. A. bezeichnet wurde, erscheint bereits deshalb ausgeschlossen, weil der Beklagte sich unstreitig bei C. A. Geld geliehen hatte und von dessen Laden sprach, sodass es ausgeschlossen erscheint, dass er Vater und Sohn verwechselt haben könnte und so wenigstens im Verlauf des Verfahrens konstant und wahrheitsgemäß vorgetragen haben könnte. Auch wenn ein Teil der Widersprüche und insbesondere unterschiedliche Namensschreibungen auf sprachliche Verständigungsprobleme zwischen Anwalt und Mandant zurückzuführen sein könnten, sind die wesentlichen Widersprüche doch allein so nicht erklärlich. Davon unabhängig ist eine Partei gemäß § 138 Abs. 1 ZPO verpflichtet, vollständig und wahrheitsgemäß vorzutragen, zur Not muss sie sich zur Übermittlung ihres Sachvortrags gegenüber dem Anwalt der Hilfe eines Übersetzers bedienen. Weiterhin sind auch die nicht unerheblichen finanziellen Probleme des Beklagten bei einer Würdigung als Indiz für einen Einbehalt der Gelder zu berücksichtigen.

Eine Parteianhörung nach § 448 ZPO schied wegen des fehlenden Anbeweises aus, die vom Beklagten beantragte Parteivernehmung seiner eigenen Person nach § 47 ZPO scheiterte sowohl an dem fehlenden Einverständnis der Klägerin als auch daran, dass bei Ausübung pflichtgemäßem Ermessens des Gerichts angesichts des äußerst widersprüchlichen und immer wieder bis zum Schluss gewechselten Sachvortrags des Beklagten sie als nicht angezeigt erschien.

Sofern der Beklagte in der mündlichen Verhandlung drei Schreiben der K. GmbH vorlegte, die eine angebliche telefonische Bestätigung des Zahlungseingangs bei der Klägerin belegen sollen, liegt kein Urkundsbeweis vor. Gemäß § 416 ZPO begründen Privaturkunden lediglich den vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind, nicht aber ihre inhaltliche Richtigkeit. Davon abgesehen, enthalten diese standardisierten Erklärungen keinerlei Angaben dazu, wann von Seiten der Klägerin ein solcher Zahlungseingang bestätigt worden sein soll.

3. Selbst wenn man annehmen sollte, dass zwischen den Parteien bereits vor Abschluss des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 29.10.2021 neben den offenbar bestehenden Vereinbarungen zu einem Handelsvertreterverhältnis oder einer "Partnerschaft" ein Arbeitsverhältnis begründet worden sein sollte, wäre die Berufung nicht begründet. Zwar müsste dann die Klägerin als Arbeitgeberin grundsätzlich darlegen und beweisen, dass der Beklagte die erhaltenen Kundengelder für sich selbst vereinnahmt oder jedenfalls doch nicht bestimmungsgemäß abgeliefert hat. Den Beklagten trifft jedoch eine sekundäre Darlegungslast mit Blick auf den Verbleib des ihm unstreitig übergebenen Geldes (BAG, 21.06.2012 - 2 AZR 694/11 - Rn. 51 ff.; LAG Düsseldorf, 15.10.2008 - 7 Sa 493/08 - Rn. 42; LAG Niedersachsen, 05.09.2005 - 11 Sa 189/05 - Rn. 49 ff.; ErfKo, Preis/Greiner, 24. Aufl., § 619 a Rn. 30; a.a. MüKo - Henssler, 9. Aufl. § 619a BGB Rn. 57).

Der Beklagte wäre für den Fall einer Tätigkeit in Erfüllung eines Arbeitsvertrages infolge des immer wieder wechselnden und sich widersprechenden Sachvortrags dieser sekundären Darlegungslast nicht in Ansätzen nachgekommen. Er war aus dem Gesichtspunkt der Sachnähe verpflichtet, im Einzelnen konkret und nachvollziehbar darzulegen, welcher Person er im zeitlichen Zusammenhang mit der Entgegennahme des Geldes die streitgegenständlichen Beträge übergeben haben will. Es fehlt auch jegliche Erklärung dafür, warum es mal der Geschäftsführer der Klägerin, dann wieder dessen Vater, dann wieder beide Personen bei unterschiedlichen Zahlungen, dann wieder nur der Vater, anschließend der Sohn und in der mündlichen Verhandlung der Sohn und eine Mitarbeiterin des Vaters gewesen sein soll. Ein derartiger Sachvortrag ist nicht einlassungsfähig und er erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 ZPO.

Auch eine Würdigung des weiteren Sachvortrags der Parteien, von deren Darstellung im Einzelnen Abstand genommen wird, führt zu keinem abweichenden Ergebnis.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. Gegen diese Entscheidung ist daher kein Rechtsmittel gegeben.