Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 31.07.2024, Az.: 2 Sa 637/23
Unmittelbarer Anspruch des Betriebsratsmitglieds auf eine bestimmte Vergütung; Zahlung einer geringeren Vergütung als Benachteiligung des Betriebsratsmitglieds wegen seiner Betriebsratstätigkeit
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 31.07.2024
- Aktenzeichen
- 2 Sa 637/23
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2024, 21990
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2024:0731.2Sa637.23.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Braunschweig - 22.08.2023 - AZ: 2 Ca 115/23
Rechtsgrundlagen
- § 37 Abs. 4 BetrVG
- § 78 S. 2 BetrVG
- § 611a Abs. 2 BGB
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Aus § 78 Satz 2 BetrVG kann sich iVm. § 611a Abs. 2 BGB ein unmittelbarer Anspruch des Betriebsratsmitglieds auf eine bestimmte Vergütung ergeben, wenn sich die Zahlung einer geringeren Vergütung als Benachteiligung des Betriebsratsmitglieds wegen seiner Betriebsratstätigkeit darstellt. § 37 Abs. 4 BetrVG ist keine abschließende Regelung über die Höhe des Arbeitsentgelts des Amtsträgers.
- 2.
Ein Betriebsratsmitglied, das nur infolge der Amtsübernahme nicht in eine Position mit höherer Vergütung aufgestiegen ist, kann den Arbeitgeber unmittelbar auf Zahlung der höheren Vergütung in Anspruch nehmen. Ein Anspruch aus § 78 Satz 2 BetrVG setzt allerdings voraus, dass dem Betriebsratsmitglied der Nachweis gelingt, dass es ohne seine Tätigkeit als Mitglied des Betriebsrats inzwischen mit einer Aufgabe betraut worden wäre, die ihm den Anspruch auf das begehrte Arbeitsentgelt geben würde.
- 3.
Nach dem Beibringungsgrundsatz darf das Gericht seiner Entscheidung nur die Tatsachen zugrunde legen, die die Parteien vorgetragen haben. Übereinstimmend Vorgetragenes und Zugestandenes ist grundsätzlich ohne Beweisaufnahme zu übernehmen, §§ 138 III, 288 ZPO.
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts vom 22. August 2023 - 2 Ca 115/23 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 99.512,- € festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Vergütungsansprüche des Klägers als freigestelltes Betriebsratsmitglied.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger ist seit 1. September 1988 bei der Beklagten beschäftigt. Seit dem 2. Mai 2006 ist er freigestelltes Betriebsratsmitglied des bei der Beklagten, einem Unternehmen der Automobilindustrie, gebildeten Betriebsrats am Standort.
Der Kläger ist gelernter Industriemechaniker, Fachrichtung Maschinen- und Systemtechnik. Vor Übernahme des Betriebsratsamtes war er nach Abschluss einer Weiterbildung zum Personalfachkaufmann zuletzt seit 1995 als Verkaufssachbearbeiter bei der GmbH & Co OHG in der Abteilung "Zentrale Auftragsabwicklung Fahrzeuge" tätig. Bei der Wahl in den Betriebsrat war der Kläger vergütet nach der Entgeltstufe 18 des bei der Beklagten geltenden tarifvertraglichen Vergütungssystems.
Bei der Beklagten finden unternehmensinterne Regelungen zu Betriebsratsvergütung Anwendung, eine Gesamtbetriebsvereinbarung Nr. 08/20 ("GBV-Vergütung") und eine dazugehörige interne Durchführungsanweisung ("DA-Vergütung").
Bei der Beklagten durchlaufen Mitarbeiter, die erstmalig Führungsaufgaben/Personalverantwortung übernehmen sollen, einen Ernennungsprozess, an dessen Abschluss der Erwerb der sogenannten Führungslizenz steht. Erforderlich ist die Teilnahme an Lernmodulen zur sogenannten "Führungskräfte-Basis-Qualifizierung" und das Ablegen einer Prüfung zum Erwerb der Lizenz. Der Ernennungsprozess ist unabhängig von einer Zugehörigkeit zu einem bestimmten Beschäftigtenkreis. Der Kläger erwarb bei der Beklagten im Jahr 2013 eine Führungslizenz.
Nach Erwerb der Führungslizenz durch den Kläger schlossen die Parteien mit Wirkung zum 1. Juli 2014 eine Vereinbarung dahingehend, dass sich das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nach den bei der Beklagten anwendbaren Tarifregelungen für Beschäftigte mit Spezialisten- oder Führungsfunktion (im Folgenden: Tarif-Plus) richten sollte. Die Beklagte ging dabei davon aus, dass sich der Kläger hypothetisch in den Bereich Tarif-Plus entwickelt hätte, wenn er nicht sein Amt als Betriebsrat übernommen hätte.
Seit dem 1. Juli 2016 war der Kläger in der Entgeltgruppe II des Tarif-Plus eingestuft. Zuletzt betrug das monatliche Einkommen des Klägers nach der Entgeltgruppe II Tarif-Plus 8.142,50 Euro. Zudem erhielt er zur auch privaten Nutzung ein Geschäftsfahrzeug, dessen geldwerter Vorteil ausgehend von 1 % des Bruttolistenpreises von 47.200,00 Euro mit 472,00 Euro monatlich (bei einem Eigenanteil i.H.v. 236,00 Euro) zu bemessen ist.
Im Jahr 2016 trat der Mitarbeiter der Beklagten, Herr F, an den Kläger heran mit der Frage, ob er die Stelle als Leiter Kundencenter übernehmen wolle. Es handelte sich dabei um eine Unterabteilungsleiterstelle mit 38 direkten Mitarbeitern. Einen weiteren Kandidaten oder eine unternehmensinterne Stellenausschreibung gab es nicht, denn der Kläger war nach Ansicht von Herrn F der einzig geeignete Kandidat. Dieses Angebot lehnte der Kläger ab, weil er seinem Betriebsratsamt den Vorzug einräumen wollte. Nach dem Vortrag der Beklagten in der Kammerverhandlung vor dem Arbeitsgericht am 22. August 2023 war die angebotenen Stelle in die Entgeltgruppe I Tarif-Plus eingruppiert. Die Beklagte hat darauf verwiesen, dass es einen tariflichen Regelungsautomatismus gebe, wonach eine Entwicklung in die Stufe II in der Regel nach 24 Monaten stattfinde. Die Stelle wurde erst im Jahr 2019 neu besetzt, der derzeitige Stelleninhaber ist in die Entgeltgruppe III Tarif-Plus eingruppiert.
Im Nachgang zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs in Strafsachen vom 10. Januar 2023 (- 6 StR 133/22 -) begann die Beklagte, ihr System der Bemessung der Betriebsratsvergütung zu überprüfen. Sie nahm für den Kläger eine (anonymisierte) Vergleichsgruppenbetrachtung von 16 Arbeitnehmern vor, die wie der Kläger zum Zeitpunkt der Amtsübernahme am Standort als Verkaufssachbearbeiter in der Organisationseinheit "T-21/..." tätig waren. Es ergab sich eine Vergleichsgruppe von 9 Personen, die sich in der Mehrheit um zwei Entgeltstufen gesteigert hatten. Unter Berücksichtigung einer automatischen Höhergruppierung nach zwei Jahren in eine Erfahrungsstufe nach der ungeraden Entgeltstufe kam die Beklagte zu dem Ergebnis, der Kläger sei nach der Entgeltstufe 20 vergüten (ArbG, Bl. 166 bzw. 168 d. A).
Auf Basis dieser Vergleichsgruppenbetrachtung teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 27. Februar 2023 mit, er sei in die Entgeltstufe 20 einzustufen und erhalte ab Februar 2023 ein entsprechend gekürztes Gehalt. Zudem entfalle seine Berechtigung zur Nutzung des ihm überlassenen Geschäftsfahrzeuges. Ab dem Monat Februar 2023 zahlte die Beklagte dem Kläger ein Gehalt in Höhe von 7.093,50 Euro, eine tarifliche Zulage in Höhe von 153,50 Euro und eine hypothetische Mehrarbeitspauschale in Höhe von 36,52 Euro. Das Geschäftsfahrzeug gab der Kläger der Beklagten am 28. Februar 2023 heraus.
Mit seiner am 25. April 2023 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger eine Vergütung nach Entgeltgruppe III Tarif-Plus.
Er hat die Ansicht vertreten, bei ihm liege eine hypothetische Karriereentwicklung zur Position als Unterabteilungsleiter Kundencenter vor, weshalb er nach Entgeltgruppe III Tarif-Plus zu vergüten sei. Die erworbene Führungslizenz, die er für seine Betriebsratstätigkeit nicht benötige, spreche für eine entsprechende Karriereentwicklung, denn in ihr komme eine Identifikation als "High-Potential" durch die Beklagte zum Ausdruck. Die ordnungsgemäße Bildung einer Vergleichsgruppe könne er nicht beurteilen, denn die Beklagte müsse hierzu die Namen der einbezogenen Mitarbeiter offenlegen. Er habe zudem ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Ordnungsgemäßheit seiner Eingruppierung in der Vergangenheit aufgrund der Auswirkungen einer entsprechenden Eingruppierung für seine Einbeziehung in eine Gruppenversicherung bei Tod oder Invalidität sowie für die betriebliche Altersvorsorge.
Der Kläger hat - soweit für das Berufungsverfahren von Interesse - beantragt,
- 1.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.772,48 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Februar 2023 auf 594,00 Euro und seit dem 1. März 2023 auf 1.452,98 Euro und auf weitere 1.734,50 Euro seit dem 1. April 2023 zu zahlen sowie an den Kläger weitere 5.203,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.734,50 Euro ab dem 1. Mai 2023, auf weitere 1.734,50 Euro ab dem 1. Juni 2023 und auf weitere 1.734,50 Euro ab dem 1. Juli 2023 zu zahlen,
- 2.
festzustellen, dass die Beklagte ab dem 1. Januar 2017 verpflichtet ist, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger entsprechend den jeweils geltenden tarifvertraglichen und betrieblichen Regelungen für Beschäftigte mit Spezialisten- oder Führungsfunktion Tarif-Plus Entgeltgruppe I, ab dem 1. Januar 2019 in der Entgeltgruppe II sowie ab dem 1. Januar 2021 in der Entgeltgruppe III durchzuführen,
- 3.
hilfsweise für den Fall des Unterliegens die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger 150,41 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
- 4.
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger am 31. Mai 2023 einen Bonus in Höhe von 37.070,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2023 zu zahlen,
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dem Kläger stehe weder nach dem Lohnausfallprinzip gemäß § 37 Abs. 2 BetrVG noch nach einer hypothetischen Karriereentwicklung nach § 78 Satz 2 BetrVG eine Vergütung jenseits der Entgeltstufe 20 zu. Sie sehe zwar Anhaltspunkte für eine hypothetische Entwicklung des Klägers, könne eine solche wegen der Strafbarkeitsrisiken, die durch das Urteil des Bundesgerichtshofes entstanden seien, nicht umsetzen.
Mit Urteil vom 22. August 2023 hat das Arbeitsgericht der Klage - soweit für das Berufungsverfahren von Interesse - stattgegeben.
Der Antrag zu 1. sei begründet. Der Kläger habe gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch über 8.975,98 Euro brutto aus § 611 a BGB i.V.m. § 78 Satz 2 BetrVG bzw. - hinsichtlich der Unmöglichkeit der Nutzung des dem Kläger zustehenden Geschäftsfahrzeuges - als Schadensersatzanspruch nach §§ 280 Abs. 1, 3, 283 BGB i.V.m. § 78 Satz 2 BetrVG. Dem Kläger stehe im Zeitraum Januar bis Juni 2023 eine Vergütung hinsichtlich sämtlicher Bestandteile nach der Entgeltgruppe III Tarif-Plus zu.
Die Regelungen in § 37 BetrVG enthielten keinen abschließenden Maßstab für die Höhe der Vergütung des Betriebsrates. Ein unmittelbarer Anspruch des Betriebsratsmitgliedes auf eine bestimmte Vergütung könne sich daneben aus § 78 Satz 2 BetrVG (i.V.m. § 611a Abs. 2 BGB) ergeben, wenn sich die Zahlung einer geringeren Vergütung als Benachteiligung des Betriebsratsmitgliedes gerade wegen seiner Betriebsratstätigkeit darstelle. Der Betriebsrat, der ohne Übernahme des Amtes mit einer höher vergüteten Aufgabe betraut worden wäre, habe nach § 78 Satz 2 BetrVG Anspruch auf das hierfür zu leistende Entgelt. Entscheidend sei insoweit, ob - fiktiv - das Betriebsratsmitglied ohne seine Amtstätigkeit befördert worden wäre, wobei Voraussetzung ein konkreter hypothetischer Karriereverlauf mit konkreten Bewerbungssituationen und Bezug zu einer konkreten (freien) Stelle beim Arbeitgeber sei. Von einer hypothetischen Karriereentwicklung sei dann auszugehen, wenn sich das Betriebsratsmitglied auf eine bestimmte Stelle beworben habe, die Bewerbung aber gerade wegen Freistellung und/oder Betriebsratstätigkeit erfolglos geblieben sei. Sei eine Bewerbung unterblieben, so sei entscheidend, ob eine Bewerbung gerade wegen der Freistellung zur Übernahme der Amtstätigkeit unterblieben sei, ohne die Freistellung allerdings erfolgreich gewesen wäre.
Zweifel an diesen grundlegenden Erwägungen zur hypothetischen Karriereentwicklung eines Betriebsratsmitgliedes ergäben sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10. Januar 2023 (- 6 StR 133/22 -). Dieser Entscheidung habe ein Sachverhalt zugrunde gelegen, in dem sich die Angeklagten darauf berufen hätten, dass sich eine hypothetische Karriereentwicklung, nach der sich die dortigen Zahlungen richten sollten, nach "einer individuellen Karriere des Betriebsrats als Manager" ausrichte, weshalb der Betriebsrat mit Führungskräften verglichen werden könne. Hierzu habe der Bundesgerichtshof ausgeführt, diese Argumentation knüpfe unzulässig an eine Vergütung der Betriebsratstätigkeit an. Diese Vergütung der Betriebsratstätigkeit sehe das Betriebsverfassungsgesetz aber nicht vor. Dass der Bundesgerichtshof damit hypothetische Karriereentwicklungen als Bemessungsgrundlage für die Vergütung eines Betriebsratsmitgliedes gänzlich habe ausschließen - und damit insoweit von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hätte abweichen - wollen, ergebe sich aus seinen Ausführungen nicht. Vielmehr führe der Bundesgerichtshof an dieser Stelle unter Bezugnahme auf die entsprechenden höchstrichterlichen Grundsätze des Bundesarbeitsgerichts zur Bemessung der Vergütung eines Betriebsratsmitgliedes (BAG, 22. Januar 2020 - 7 AZR 222/19 - Rn. 30) sogar explizit aus: "Die Zahlung einer höheren Vergütung setzt voraus, dass der Betriebsrat nur in Folge der Amtsübernahme nicht in die entsprechend vergütete Position aufgestiegen ist." Sodann stelle er im Einklang mit der bisherigen arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung klar: "Darüber hinaus gehende Vergütungserhöhungen verstoßen gegen das Begünstigungsverbot aus § 78 Satz 2 BetrVG."
Nach dem sich aus § 78 Satz 2 BetrVG ergebenden Maßstab sei davon auszugehen, dass sich der Kläger im Sinne einer hypothetischen Karriereentwicklung spätestens im Jahr 2019 in die Entgeltgruppe III Tarif-Plus entwickelt hätte. Der Kläger hätte, wenn er nicht der Ausübung seines Betriebsratsamtes den Vorzug eingeräumt hätte, im Jahr 2017 eine Stelle als Unterabteilungsleiter in der Verkaufsabteilung übernommen, deren Inhaber gegenwärtig in der Entgeltgruppe III Tarif-Plus eingestuft sei. Die Parteien seien davon ausgegangen, dass eine Einarbeitung binnen 24 Monaten realistisch gewesen wäre, sodass sich der Kläger in dieser Zeit ebenfalls in die Entgeltgruppe III Tarif-Plus hätte entwickeln können, denn die jeweils nächste Stufe habe ausgehend von einer hier einschlägigen tariflichen Automatik nach zwei Jahren erreicht werden können. Einen weiteren Kandidaten oder eine Stellenausschreibung für die Stelle habe es nicht gegeben. Bei dem Kläger habe es sich aus Perspektive der Beklagten um den einzig geeigneten Kandidaten gehandelt. Die Kammer stütze diese Erwägungen zur hypothetischen Karriereentwicklung auf den Vortrag der Parteien ausgehend vom Beibringungsgrundsatz. Es komme nicht auf die Frage der zutreffenden Bildung einer Vergleichsgruppe bzw. einer vergleichsgruppenbezogenen Vergütungsentwicklung des Klägers an.
Soweit es den Nutzungsausfall am Geschäftsfahrzeug betreffe, stehe dem Kläger eine Entschädigung gegen die Beklagte im Wege des Schadensersatzes nach §§ 280 Abs. 1, 3, 283 BGB zu. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, dem Kläger ein Geschäftsfahrzeug für den streitgegenständlichen Zeitraum zur Verfügung zu stellen. Hierbei handele es sich um ein Fixgeschäft, bei dem die Leistung infolge Zeitablaufs unmöglich wird; der Schuldner werde damit nach § 275 Abs. 1 BGB von der Leistungspflicht befreit. Dem Kläger stehe - auch als Betriebsratsmitglied bei der hier vorliegenden Möglichkeit einer auch privaten Nutzungsmöglichkeit - in der Folge eine Entschädigung i.H.v. monatlich 1 % des Listenpreises nach den §§ 249 ff. BGB zu, vorliegend i.H.v. 236,00 Euro brutto pro Monat. Hieraus folge ein Zahlungsanspruch (unter Berücksichtigung der Entschädigung für die entgangene Nutzung) des Klägers gegenüber der Beklagten in Höhe von 8.975,98 Euro; für den Monat Januar 2023 als Betrag i.H.v. 594,00 Euro, für den Monat Februar 2023 als Betrag i.H.v. 1.452,98 Euro und ab dem Monat März 2023 i.H.v. 1.734,50 Euro.
Der Feststellungsantrag zu 2. sei begründet. Dies ergebe sich aus den Ausführungen zur Vergütung des Klägers. Bei hypothetischer Betrachtung sei davon auszugehen, dass der Kläger die Unterabteilungsleiterstelle in der Verkaufsabteilung im Jahr 2017 übernommen hätte, hierbei nach Entgeltgruppe I Tarif-Plus zu vergüten gewesen wäre, sodann zu Beginn des Jahres 2019 nach der tariflichen Automatik in der Entgeltgruppe II zu vergüten gewesen wäre und zu Beginn des Jahres 2021 sich in die Entgeltgruppe III entwickelt hätte.
Auch der Antrag zu 4. auf Zahlung eines Bonus in Höhe von 37.070,00 Euro für das Jahr 2022 sei begründet. Die Beklagte habe dem Kläger sämtliche Gehaltsbestandteile zu gewähren, die sich aus der Eingruppierung in die Entgeltgruppe III Tarif-Plus ergäben. Dies umfasse auch etwaige Boni.
Das Urteil ist der Beklagten am 15. September 2024 zugestellt worden. Hiergegen hat sie mit einem am 6. Oktober 2024 beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 15. Dezember 2023 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem zuvor auf ihren Antrag vom 13. November 2023 durch Beschluss vom 14. November 2023 die Berufungsbegründungsfrist bis zum 15. Dezember 2023 verlängert worden war.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihr erstinstanzliches Ziel der Klagabweisung weiter. Entsprechend dem von ihm selbst als wesentlich herausgestellten Grundsatzes der Unzulässigkeit der Vergütung der Amtsausübung an sich hätte das Arbeitsgericht erkennen müssen, dass die Betriebsparteien nicht frei seien, die Bemessung des Entgelts freigestellter Betriebsratsmitglieder durch autonome Vereinbarung zu bestimmen. So betone das Gericht, die Vorgaben des § 78 Satz 2 BetrVG, der insoweit die Kehrseite des Benachteiligungsverbots darstelle, seien "streng zu handhaben". In den Entscheidungsgründen bleibe das Gericht allerdings jeglichen Aufschluss darüber schuldig, wie die von ihm selbst geforderte "strenge Handhabung" des Begünstigungsverbots auszusehen habe. Statt diese von ihm selbst herausgearbeiteten gesetzlichen Grenzen der Vertragsfreiheit der Betriebsparteien auch auf den Streit über die Bemessung des Entgelts des Klägers als freigestelltem Betriebsratsmitglied anzuwenden, übersehe das Gericht diesen Aspekt der zwingenden rechtlichen Grenzen, die der Bemessung der Vergütung freigestellter Betriebsratsmitglieder gesetzt seien, durchgängig. Insbesondere enthalte das Urteil keinerlei Aussage dazu, wie die Verhinderung einer unzulässigen Begünstigung von Betriebsratsmitgliedern sichergestellt werden solle. Das Gericht beschränke sich auf den kurzen Hinweis, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sei nur auf "Sonderkarrieren als Manager" anwendbar, ohne auch nur den Versuch zu unternehmen, den hierdurch für die Beklagte entstehenden Konflikt der Auferlegung einer Handlungspflicht einerseits bei gleichzeitigem Strafbarkeitsrisiko ihrer Erfüllung andererseits derart aufzulösen, dass die Beklagte sich entsprechend den Anforderungen sowohl der Arbeitsgerichtsbarkeit als auch der Strafjustiz verhalten könne.
Der Entscheidung fehle jegliche Auseinandersetzung mit der grundsätzlichen Frage der rechtlichen Zulässigkeit einer Vergütungsbemessung freigestellter Betriebsratsmitglieder auf Basis einer hypothetischen Karriere. Insbesondere habe das Arbeitsgericht sich nicht hinreichend mit dem Inhalt des Urteils des Bundesgerichtshofs in Strafsachen vom 10. Januar 2023 ( - 6 StR 133/22 - ) und dessen Folgen für die Beklagte befasst, obwohl sie im Verlauf des Verfahrens wiederholt darauf hingewiesen hatte, dass seit der Veröffentlichung der Entscheidungsgründe im Februar 2023 die Gewährung einer allein auf die Berücksichtigung einer hypothetischen Karriere gestützten Vergütungszahlung an freigestellte Betriebsräte die Mitglieder ihrer Unternehmensleitung dem nicht hinzunehmenden Risiko einer persönlichen Strafverfolgung aussetze. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes könne eine über die Vergleichsgruppenbetrachtung hinausgehende Entgeltentwicklung nur dann gerechtfertigt sein, wenn feststehe, dass das Betriebsratsmitglied allein wegen seines Amts nicht in eine höher dotierte Position aufgestiegen sei. Zudem gehe der Bundesgerichtshof davon aus, dass § 37 Abs. 4 BetrVG es generell ausschließe, die Betriebsratsarbeit als solche oder im Amt erworbene Fähigkeiten und Qualifikationen zu Vergütungszwecken heranzuziehen. Qualifikationen, die mit der Ursprungstätigkeit zusammenhängen, könnten nach dem Bundesgerichtshof hingegen für Vergütungszwecke berücksichtigt werden. Dennoch habe sich das Gericht mit der Problematik der hypothetischen Karriere in den Urteilsgründen nicht auseinandergesetzt. Stattdessen habe das Arbeitsgericht lediglich festgestellt, dass es sich bei den vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen um Sonderkarrieren "als Manager" handele und der Bundesgerichtshof eine hypothetische Karriere nicht gänzlich ausschließen wolle. Ein Ausschluss nur für Sonderkarrieren als Manager sei der Entscheidung des Bundesgerichtshofes nicht zu entnehmen. Dem Kläger sei das Angebot der Stelle Leiter Kundencenter unter anderem unterbreitet worden, weil es Herrn F wichtig gewesen sei, dass der Stelleninhaber "die Sprache des Betriebsrats spricht". Hierdurch werde eindeutig an die Amtseigenschaft des Klägers angeknüpft. Denke man sich die Amtseigenschaft des Klägers hinweg, wäre ihm das Angebot nicht unterbreitet worden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichtes vom 22. August 2023 - 2 Ca 115/23 - aufzuheben und die Klage vollumfänglich abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung als zutreffend nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung vom 3. Januar 2024 (LAG, Bl. 109 ff d. A.). Soweit die Beklagte ausführe, ihm sei das Angebot der Stelle Leiter Kundencenter unter anderem unterbreitet worden, weil es Herrn F wichtig gewesen sei, dass der Stelleninhaber "die Sprache des Betriebsrats spricht", greife diese Argumentation zu kurz. Es sei Herrn F nicht darum gegangen, die Stelle mit einem ehemaligen Betriebsratsmitglied zu besetzen. Vielmehr sei es für Herrn F maßgeblich gewesen, dass der Stelleninhaber in der Lage sein solle, zwischen den Interessen der Abteilung und den Interessen der Arbeitnehmervertretung bzw. der Arbeitnehmer zu vermitteln. Es sei vorrangig darum gegangen, die Stelle mit einer Person mit der Fähigkeit, bei widerstreitenden Interessen ausgleichend zu vermitteln, zu besetzen. In diesem Zusammenhang sei auch zu erläutern, dass er bereits ab dem Jahr 1995 mit Herrn F zusammengearbeitet habe. Dabei habe Herr F die sachliche, gut organisierte und lösungsorientierte Arbeitsweise des Klägers kennen und schätzen gelernt. Dies sei für Herrn F der maßgebliche Grund gewesen, ihm die Stelle anzubieten.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst den zu den Akten gereichten Anlagen soweit auf das Protokoll der Kammerverhandlung vom 31. Juli 2024 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A.
Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit zulässig (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO). Die Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 - 4 ZPO. Sie lässt erkennen, in welchen Punkten tatsächlicher und rechtlicher Art nach Ansicht der Beklagten das angefochtene Urteil unrichtig ist und worauf dies im Einzelnen beruht.
B.
Die Berufung ist unbegründet.
I.
Die Klage ist insgesamt zulässig.
Der Klagantrag zu 2 ist auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses i. S. d. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet. Eine Feststellungsklage muss sich nicht auf ein Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen sowie auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG, 25. April 2018 - 7 AZR 520/16 - Rn. 17; BAG, 22. Januar 2020 - 7 AZR 222/19 - Rn. 13). So liegt der Fall hier. Die Parteien streiten über den Umfang der Vergütungspflicht der Beklagten.
Für den Feststellungsantrag, der sich nicht mit dem Leistungsantrag gemäß Ziffer 1 zeitlich überschneidet, besteht auch das erforderliche Feststellungsinteresse. Die Beklagte stellt die Verpflichtung, den Kläger nach der Entgeltgruppe III Tarif-Plus zu vergüten, in Abrede, so dass ein rechtliches Interesse des Klägers an der Klärung seiner zutreffenden Eingruppierung vorliegt. Der Vorrang der Leistungsklage steht der Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht entgegen. Eine Feststellungsklage ist trotz der Möglichkeit einer bezifferten Leistungsklage zulässig, wenn mit ihr eine sachgerechte, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Überlegungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (BAG, 27. Februar 2014 - 6 AZR 988/11 - Rn. 44). Zudem gilt der Vorrang der Leistungsklage vor der Feststellungsklage nicht für Klagen auf künftige Leistung nach §§ 257 bis 259 ZPO; zwischen diesen Klagen und einer Feststellungsklage kann der Gläubiger vielmehr wählen. Der Kläger muss bei teils fälligen, teils noch nicht fälligen Ansprüchen auch keine Aufteilung in einen Leistungs- und einen Feststellungsantrag vornehmen (BAG 13. März 2007 - 1 AZR 232/06 - Rn. 18).
Das danach auch vergangenheitsbezogene Feststellungsinteresse trotz möglicher Leistungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO folgt daraus, dass die Beklagte bei der Berechnung der Betriebsrenten, die auch vergangene Zeiträume berücksichtigt, nicht die tatsächlich gezahlte, sondern die rechtmäßige Vergütung zu Grunde legt, und der Kläger nicht verpflichtet ist bzw. dazu in der Lage sein dürfte, eine hypothetische Rentenberechnung für die Vergangenheit vorzunehmen. Die Feststellungsklage ist trotz Möglichkeit einer bezifferten Leistungsklage zulässig, wenn mit ihr eine sachgerechte, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Überlegungen gegen den Zwang zur Leistungsklage sprechen (BAG, 22. Januar 2020 - 7 AZR 222/19 - Rn.16; LAG Niedersachsen, 8. Februar 2024 - 6 Sa 559/23 - Rn. 74).
II.
Die Klage ist - soweit für das Berufungsverfahren von Interesse - unter Anwendung des im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren geltenden Beibringungsgrundsatzes begründet. Nach dem Beibringungsgrundsatz darf das Gericht seiner Entscheidung nur die Tatsachen zugrunde legen, die die Parteien vorgetragen haben. Übereinstimmend Vorgetragenes und Zugestandenes ist grundsätzlich ohne Beweisaufnahme zu übernehmen, §§ 138 III, 288 ZPO(vgl. BAG, 24. März 1983 - 2 AZR 21/82 - Rn. 32).
Im Rahmen der gebotenen Anwendung des vorstehenden Grundsatzes macht sich die erkennende Kammer die Ausführungen unter II. 1. - 2. und 4. der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zu eigen, verweist auf diese und stellt dies fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG).
III.
Die Ausführungen der Beklagten in der Berufung veranlassen folgende weitere Anmerkungen:
1.
Die mit dem Antrag zu 1) (Ziffern 1 und 2 des Tenors) geltend gemachten Ansprüche des ergeben sich aus § 78 Satz 2 BetrVG ( i.V.m § 611 a BGB). Ob der Kläger seine Ansprüche auch auf § 37 Abs. 4 BetrVG stützen kann, kann offenbleiben.
a.
§ 37 Abs. 4 BetrVG ist keine abschließende Regelung über die Höhe des Arbeitsentgelts des Amtsträgers. Die Vorschrift soll nur die Durchsetzung des Benachteiligungsverbots durch einfach nachzuweisende Anspruchsvoraussetzungen erleichtern. Daneben kann sich ein unmittelbarer Anspruch des Betriebsratsmitglieds auf eine bestimmte Vergütung aus § 611 a Abs. 2 BGB (bis zum 31. März 2017: § 611 Abs. 1 BGB) iVm. § 78 Satz 2 BetrVG ergeben, wenn sich die Zahlung einer geringeren Vergütung als Benachteiligung des Betriebsratsmitglieds wegen seiner Betriebsratstätigkeit darstellt. Die Vorschrift enthält ein an den Arbeitgeber gerichtetes allgemeines Verbot, ein Betriebsratsmitglied wegen der Amtstätigkeit in seiner beruflichen Entwicklung zu benachteiligen. Der Arbeitgeber muss den Mitgliedern der in § 78 Satz 1 BetrVG genannten Arbeitnehmervertretungen eine berufliche Entwicklung gewährleisten, die derjenigen entspricht, die sie ohne ihre Amtstätigkeit durchlaufen hätten. Von dem Benachteiligungsverbot erfasst wird nicht nur die berufliche Tätigkeit, sondern auch das sich aus ihr ergebende Entgelt. Ein Betriebsratsmitglied, das nur infolge der Amtsübernahme nicht in eine Position mit höherer Vergütung aufgestiegen ist, kann daher den Arbeitgeber unmittelbar auf Zahlung der höheren Vergütung in Anspruch nehmen (BAG, 4. November 2015 - 7 AZR 972/13 - Rn. 30; BAG, 17. August 2005 - 7 AZR 528/04 - zu 2 a der Gründe mwN).
Ein Anspruch aus § 78 Satz 2 BetrVG setzt allerdings voraus, dass dem Betriebsratsmitglied der Nachweis gelingt, dass es ohne seine Tätigkeit als Mitglied des Betriebsrats inzwischen mit einer Aufgabe betraut worden wäre, die ihm den Anspruch auf das begehrte Arbeitsentgelt geben würde. Es bedarf daher der wenn auch auf Hilfstatsachen beruhenden Feststellung des Tatrichters, dass das Betriebsratsmitglied diese berufliche Entwicklung ohne seine Amtstätigkeit tatsächlich genommen hätte (BAG 17. August 2005 - 7 AZR 528/04 - zu 2 b der Gründe).
Will der Amtsträger geltend machen, dass er ohne Ausübung seines Amts oder ohne die Freistellung durch Beförderungen einen beruflichen Aufstieg genommen hätte, hat er hierzu mehrere Möglichkeiten (BAG, 4. November 2015 - 7 AZR 972/13 - Rn. 31; 27. Juni 2001 - 7 AZR 496/99 - zu B II 1 b der Gründe). Er kann vortragen, dass seine Bewerbung auf eine bestimmte Stelle gerade wegen seiner Freistellung und/oder seiner Betriebsratstätigkeit erfolglos geblieben ist (BAG, 4. November 2015 - 7 AZR 972/13 - Rn. 31; 27. Juni 2001 - 7 AZR 496/99 - zu B II 1 b aa der Gründe mwN). Hat sich ein freigestellter Amtsträger - wie im Streitfall der Kläger - auf eine bestimmte Stelle tatsächlich nicht beworben, kann und muss er zur Begründung des fiktiven Beförderungsanspruchs darlegen, dass er die Bewerbung gerade wegen seiner Freistellung unterlassen hat und eine Bewerbung ohne die Freistellung erfolgreich gewesen wäre. Aber auch wenn eine tatsächliche oder eine fiktive Bewerbung danach keinen Erfolg gehabt hätte oder hätte haben müssen, steht dies einem Anspruch nicht zwingend entgegen. Scheitert nämlich eine tatsächliche oder eine fiktive Bewerbung des freigestellten Amtsträgers an fehlenden aktuellen Fachkenntnissen oder daran, dass der Arbeitgeber sich zur Beurteilung der fachlichen und beruflichen Qualifikation infolge der Freistellung außerstande gesehen hat, so ist zwar die Entscheidung des Arbeitgebers für den als qualifizierter erachteten Bewerber nicht zu beanstanden. Gleichwohl kann in einem solchen Fall ein fiktiver Beförderungsanspruch des Amtsträgers bestehen, wenn das Fehlen von feststellbarem aktuellen Fachwissen gerade aufgrund der Freistellung eingetreten ist (vgl. BAG, 4. November 2015 - 7 AZR 972/13 - Rn. 31; 14. Juli 2010 - 7 AZR 359/09 - Rn. 20 mwN; BAG, 22. Januar 2020 - 7 AZR 222/19 - Rn. 29 - 31).
b.
Bei der gebotenen Anwendung vorstehender Grundsätze ist von einer hypothetischen Karriereentwicklung des Klägers ab dem Jahr 2017 zum Leiter Kundencenter (Unterabteilungsleiterstelle) auszugehen. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass Herr F an den Kläger herangetreten ist mit der Frage, ob der Kläger diese Stelle wolle. Einen weiteren Kandidaten oder eine unternehmensinterne Stellenausschreibung gab es, denn der Kläger war nach Ansicht von Herrn F der einzig geeignete Kandidat. Dieses Angebot lehnte der Kläger ab, weil er seinem Betriebsratsamt den Vorzug einräumen wollte. Wenn der Kläger das Angebot nicht abgelehnt hätte, wäre ihm die Stelle übertragen worden. Soweit die Beklagte im Rahmen der Berufung nunmehr darauf abstellt, dem Kläger das Angebot der Stelle Leiter Kundencenter unter anderem unterbreitet worden, weil es Herrn F wichtig gewesen sei, dass der Stelleninhaber "die Sprache des Betriebsrats spricht" und daraus ableitet, hierdurch sei eindeutig an die Amtseigenschaft des Klägers angeknüpft worden, ist daraus entgegen der Auffassung der Beklagten nicht abzuleiten, dass dem Kläger ohne die Amtseigenschaft das Angebot nicht unterbreitet worden wäre.
Zunächst ist auszuführen, dass das Vorbringen der Beklagten in der Berufung ihrem erstinstanzlichen Vortrag widerspricht, wonach der Kläger nach Ansicht von Herrn F der einzig geeignete Kandidat gewesen sei. Dies ist vom Arbeitsgericht mit der Wirkung des § 529 ZPO auch im Tatbestand des angefochtenen Urteils festgestellt worden. Stellt eine Partei jedoch mehrere einander widersprechende Behauptungen auf, ohne den Widerspruch zu erläutern, so kann von keiner der Behauptungen angenommen werden, sie sei richtig (vgl. BAG, 13. Juni 2002 - 2 AZR 589/01 - Rn. 27). Den Widerspruch in ihrem Vorbringen hat die Beklagte nicht aufgeklärt.
Unabhängig von Vorstehendem ist tragend auszuführen, dass der Schlussfolgerung der Beklagten, dem Kläger wäre ohne dessen Amtsträgereigenschaft das Angebot nicht unterbreitet worden, nicht zu folgen ist. Die Aussage von Herrn F ist im Gesamtzusammenhang der von ihm gesendeten E-Mails zu würdigen und kann nicht - wie von der Beklagten vorgenommen - isoliert betrachtet werden. In seiner E-Mail vom 23. Februar 2023 (ArbG, 173 -174 d. A.) weist Herr F nicht nur darauf hin, dass er eine Person wollte, die die Sprache des Betriebsrates sprechen könne, sondern auch darauf, dass diese Person unternehmerisch agiere. In weiteren erläutert er, dass es in dem Bereich, den der Kläger seinerzeit habe übernehmen sollen, eine Interessenvertretung gebe, die ein starkes Mitbestimmungsrecht besitze. Dieses Recht werde aktiv genutzt und dies mache es oft sehr schwer, Ideen der Führungsmannschaft umzusetzen. Hieraus wird deutlich, dass es Herrn F maßgeblich darum ging, dass der (zukünftige) Stelleninhaber in der Lage sein solle, zwischen den Interessen der Abteilung und den Interessen der Arbeitnehmervertretung bzw. der Arbeitnehmer ausgleichend zu vermitteln. Herr F sah in dem Kläger die Person, die die Fähigkeit besaß, ohne dass es auf dessen Amtsträgereigenschaft ankam.
c.
Die angebotene Stelle war in die Entgeltgruppe I Tarif-Plus eingruppiert. Die Beklagte hat darauf verwiesen, dass es einen tariflichen Regelungsautomatismus gebe, wonach in die Stufe II eine Entwicklung in der Regel nach 24 Monaten stattfinde. Die Stelle wurde erst im Jahr 2019 neu besetzt, der derzeitige Stelleninhaber ist in Entgeltgruppe III Tarif-Plus eingruppiert.
Bei hypothetischer Betrachtung ist deshalb davon auszugehen, dass der Kläger die Unterabteilungsleiterstelle in der Verkaufsabteilung im Jahr 2017 übernommen hätte, hierbei nach Entgeltgruppe I Tarif-Plus zu vergüten gewesen wäre, ab Beginn des Jahres 2019 nach der tariflichen Automatik gemäß Entgeltgruppe II Tarif-Plus vergütet worden wäre und ab Beginn des Jahres 2021 gemäß Entgeltgruppe III Tarif-Plus.
d.
Der Einwand der Beklagten, das Arbeitsgericht habe sich nicht ausreichend mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 6. Januar 2023 (- 6 StR 133/22 -) auseinandergesetzt, ist ebenso unrichtig, wie ihre Ansicht, die Entscheidung des Bundesgerichtshofes stehe einer Vergütungsberechnung eines Betriebsratsmitgliedes auf Grundlage einer hypothetischen beruflichen Entwicklung entgegen. Das Arbeitsgericht hat untersucht, ob angesichts der Entscheidung des Bundesgerichtshofes weiterhin auf eine hypothetische Karriereentwicklung eines Betriebsratsmitgliedes abgestellt werden kann, und hat dies zutreffend bejaht. Der bereits vom Arbeitsgericht zitierte Satz in der Entscheidung des Bundesgerichtshofes, "die Zahlung einer höheren Vergütung setze voraus, dass der Betriebsrat nur infolge der Amtsübernahme nicht in die entsprechend vergütete Position aufgestiegen" sei (- 6 StR 133/22 - Rn. 22), und die im folgenden Klammerzusatz enthaltene Verweisung auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 22. Januar 2020 (- 7 AZR 222/19 - Rn. 30) sind dahingehend zu verstehen, dass auch der Bundesgerichtshof die Berücksichtigung der hypothetischen Karriere des Betriebsratsmitglieds für denkbar hält.
Soweit die Beklagte dem Arbeitsgericht vorwirft, es habe nicht den Versuch zu unternommen, den für sie bestehenden Konflikt der Auferlegung einer Handlungspflicht einerseits bei gleichzeitigem Strafbarkeitsrisiko ihrer Erfüllung andererseits so aufzulösen, dass sie sich entsprechend den Anforderungen sowohl der Arbeitsgerichtsbarkeit als auch der Strafjustiz verhalten könne, verkennt die Beklagte, dass Streitgegenstand vorliegend (nur) die Frage der zutreffenden Vergütung des Klägers ist. Dies ist anhand der von den Parteien vorgetragenen Tatsachen zu beurteilen. Es ist nicht Aufgabe des Gerichtes, eine strafrechtliche Bewertung des Sachverhaltes oder gar Hinweise zum Umgang mit Strafverfolgungsbehörden zu geben.
e.
Die zutreffende Berechnung des Zahlungsanspruchs gemäß Klagantrag zu 1) hat die Beklagte in der Berufung nicht angegriffen. Weitere Ausführungen der erkennenden Kammer sind deshalb entbehrlich.
Die zugesprochenen Zinsen beruhen auf §§ 288, 286 BGB.
2.
Der Feststellungsantrag zu 2) ist aufgrund vorstehender Ausführungen unter 1. begründet.
Bei hypothetischer Betrachtung ist davon auszugehen, dass der Kläger die Unterabteilungsleiterstelle in der Verkaufsabteilung im Jahr 2017 übernommen hätte, hierbei nach Entgeltgruppe I Tarif-Plus zu vergüten gewesen wäre, ab Beginn des Jahres 2019 nach der tariflichen Automatik gemäß Entgeltgruppe II Tarif-Plus vergütet worden wäre und ab Beginn des Jahres 2021 gemäß Entgeltgruppe III Tarif-Plus.
3.
Der Kläger hat gegenüber der Beklagten gemäß § 611a Abs. 2 BGB i.V.m. § 78 Satz 2 BetrVG einen Anspruch auf den Bonus für das Jahr 2022 in Höhe von 37.070,00 Euro nebst Verzugszinsen aus §§ 288 Abs. 1, 286 BGB. Die Beklagte hat dem Kläger sämtliche Gehaltsbestandteile zu gewähren, die sich aus der Eingruppierung in die Entgeltgruppe III Tarif-Plus ergeben. Dies umfasst auch den Bonus.
IV.
Auch das weitere Vorbringen der Parteien, auf das in diesem Urteil nicht mehr besonders eingegangen wird, weil die Entscheidungsgründe gemäß § 313 Abs. 3 ZPO lediglich eine kurze Zusammenfassung der tragenden Erwägungen enthalten sollen, führt nicht zu einem abweichenden Ergebnis.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 42 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 GKG für die begehrte Eingruppierung in die Entgeltgruppe III (Klagantrag zu 1 und 2). Der Klagantrag zu 3 war in Höhe des bezifferten Antrags zu bewerten, §§ 3 ff ZPO.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.