Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 14.02.2024, Az.: 6 Sa 559/23

Anspruch eines freigestellten Betriebsratsmitglieds auf seine Vergütung; Darlegungs- und Beweislast des freigestellten Betriebsratsmitglieds für den Erfolg seiner hypothetisch eingereichten Bewerbung auf einen höheren Porsten bei Unterlassen seiner Bewerbung aufgrund des Status als Betriebsratsmitglief

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
14.02.2024
Aktenzeichen
6 Sa 559/23
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2024, 12728
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2024:0214.6Sa559.23.00

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Braunschweig - 05.07.2023 - AZ: 3 Ca 138/23

Fundstelle

  • ArbR 2024, 202

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Die Entscheidung des BGH vom 10.01.2023 - 6 StR 133/22 - steht dem Anspruch eines freigestellten Betriebsratsmitgliedes aus § 611 a Abs.2 BGB i.V.M. § 78 Satz 2 BetrVG nicht entgegen.

  2. 2.

    Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er die Bewerbung gerade wegen seiner Freistellung unterlassen hat und eine Bewerbung ohne seine Freistellung erfolgreich gewesen wäre, trägt das anspruchsstellende Betriebsratsmitglied. Dabei muss das Gericht gemäß § 286 ZPO davon überzeugt sein, dass das Betriebsratsmitglied ohne Mandatsträgerschaft die Beförderungsposition übertragen bekommen und übernommen hätte (BAG, 22.01.2022 - 7 AZR 222/19).

  3. 3.

    Dass der Arbeitgeber dem Betriebsratsmitglied regelmäßig die Anpassungsentscheidung einer in seinem Betrieb gebildeten Kommission zur Betriebsratsvergütung mitgeteilt und dementsprechend tatsächlich Vergütung geleistet hat, begründet weder eine vertragliche Vereinbarung der Parteien über die Vergütung noch folgt daraus, dass dann, wenn der Arbeitgeber die mitgeteilte Vergütung im Nachhinein für zu hoch hält, er hierfür nach den Grundsätzen der korrigierenden Rückgruppierung darlegungs- und beweispflichtig wäre.

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts B-Stadt vom 05.07.2023 - 3 Ca 138/23 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels zu einem geringen Teil abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

  1. 1.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.897,00 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2023 auf 987,50 €, auf weitere 639,50 € seit dem 03.04.2023, auf weitere 639,50 € seit dem 02.05.2023 und auf weitere 639,50 € seit dem 01.06.2023 zu zahlen.

  2. 2.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger restliche Vergütung für die Monate Oktober 2022 bis Januar 2023 in Höhe von 2.592,96 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

  3. 3.

    Es wird festgestellt, dass die Beklagte vom 01.01.2016 bis 30.09.2022 und ab dem 01.06.2023 verpflichtet ist, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger entsprechend der jeweils geltenden tarifvertraglichen und betrieblichen Regelungen für Beschäftigte in der Entgeltstufe 20 durchzuführen.

  4. 4.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Vergütung des Klägers als freigestelltes Betriebsratsmitglied.

Der am 27.10.1962 geborene Kläger ist ausgebildeter Kfz-Mechaniker mit einem zusätzlichen Abschluss als Industriemeister, Fachrichtung Metall, inklusive Ausbildereignung und seit dem 01.11.1984 bei der Beklagten in deren Werk in C-Stadt beschäftigt.

Bis zum 01.05.2002 war der Kläger als Anlagenführer eingesetzt und erhielt eine Vergütung nach der Entgeltstufe 13 des auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwendenden tarifvertraglichen Vergütungssystems.

Seit dem 02.05.2002 ist der Kläger Mitglied des im Werk der Beklagten in C-Stadt gewählten Betriebsrates und zu 100 % von seiner beruflichen Tätigkeit freigestellt.

Zunächst erfolgte seine Vergütung weiterhin nach der Entgeltstufe 13. Mit Schreiben vom 31.01.2003 (Blatt 22 der Akte) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Kommission Betriebsratsvergütung sein Arbeitsentgelt ab 01.01.2003 entsprechend der Entwicklung der mit ihm vergleichbaren Arbeitnehmer gemäß § 37 Abs. 4 BetrVG in die Entgeltstufe 14 angepasst habe (Blatt 22 der Akte). In der Folgezeit fanden regelmäßig weitere Anpassungen des Arbeitsentgelts und entsprechende schriftliche Mitteilungen der Beklagten an den Kläger unter Bezugnahme auf § 37 Abs. 4 BetrVG statt (Blatt 23-27 der Akte); zuletzt mit Schreiben vom 09.12.2014 (Blatt 28 der Akte), in dem die Beklagte den Kläger darüber informierte, dass sein Arbeitsentgelt entsprechend der mit ihm vergleichbaren Arbeitnehmern mit betriebsüblichen Entwicklung gemäß § 37 Abs. 4 BetrVG zum 01.01.2015 nach Entgeltstufe 20 erhöht werde.

Im Oktober 2015 unterbreitete der damalige Fertigungsleiter für den Bereich Karosseriebau, Lackiererei und Montagen der Golffertigung einschließlich der Wagenfertigstellung, Herr Werner Gose, dem Kläger das Angebot, im Bereich der Wagenfertigstellung als Fertigungskoordinator tätig zu werden. Seinerzeit gab es in diesem Bereich drei Stellen für Fertigungskoordinatoren, von denen nur eine besetzt war. Herr Gose hielt den Kläger für die "Idealbesetzung" und begründete dies mit dessen Kenntnissen im Bereich der Fertigungsabläufe und Prozesse sowie in den angrenzenden Bereichen unter Verweis auf die langjährige Betreuung der Fertigung durch den Kläger. Herr Gose schätzte den Kläger in persönlicher Hinsicht als Person mit ruhigen und sicheren Auftreten ein, der während seiner Tätigkeit als Problemlöser gegolten habe (siehe E-Mail des Herrn Gose vom 04.06.2023, Blatt 121.AV der Akte). Die betriebsübliche Entwicklung eines Fertigungskoordinators im Bereich Karosseriebau, Lackiererei, Montage Golffertigung inklusive Wagenfertigstellung hätte auch nach Einschätzung der Beklagten (siehe Protokoll der erstinstanzlichen Kammerverhandlung vom 05.07.2023, Bl.154 der Akte) zu einer Vergütung nach Entgeltstufe 20 geführt. Letztendlich bewarb sich der Kläger nicht auf diese Stelle mit der Begründung, dass er im Juli 2015 Vorsitzender des Fachausschusses Volkswagenwerk C-Stadt und des entsprechenden GBR-Ausschusses geworden sei und diese Aufgabe nicht gleich nach Amtsantritt wieder aufgeben wolle. Die Beklagte hat anschließend längere Zeit mit Vertretungsregelungen gearbeitet, bis die vakanten Stellen für Fertigungskoordinatoren im Bereich der Wagenfertigstellung besetzt werden konnten (siehe E-Mail des Herrn Gose vom 04.06.2023, aaO).

Nach der Entscheidung des BGH vom 10.01.2023 - 6 StR 133/22 - sah sich die Beklagte veranlasst, die den freigestellten Betriebsratsmitgliedern und so auch dem Kläger gewährten Vergütungen einer internen Überprüfung zu unterziehen. In dessen Folge erachtete sie die Vergütung des Klägers nach Entgeltstufe 18 anstelle von 20 als zutreffend. Für die Monate Oktober 2022 bis einschließlich Januar 2023 forderte sie deshalb die aus dieser Beurteilung resultierende Überzahlung in Höhe von 2.595,96 € brutto vom Kläger zurück. Dem kann der Kläger unter Erklärung eines Rückforderungsvorbehaltes nach (siehe Blatt 49 der Akte). Im Februar 2023 gewährte die Beklagte dem Kläger ein Entgelt nach Entgeltstufe 17. Seit März 2023 vergütet sie den Kläger nach Entgeltstufe 18.

Für die Berechnung der Betriebsrente wird von der Beklagten die rechtmäßige, nicht die tatsächlich gezahlte Vergütung zugrunde gelegt.

Mit der am 13.04.2023 beim Arbeitsgericht B-Stadt eingegangenen Klage nimmt der Kläger die Beklagte einerseits auf Zahlung der Differenz zwischen der ihm nach seiner Ansicht zustehenden Vergütung nach Entgeltstufe 20 und der von der Beklagten ab Februar 2023 gezahlten Vergütung nach Entgeltstufe 17 bzw. 18 in Anspruch. Zugleich verlangt er die Rückzahlung der von ihm an die Beklagte für die Monate Oktober 2022 bis Januar 2023 geleistete vermeintlichen Vergütungsüberzahlung in Höhe von 2.592,69 € brutto. Schließlich begehrt er die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, sein Arbeitsverhältnis ab dem 01.01.2015 unter allen rechtlichen Gesichtspunkten nach den bei der Beklagten geltenden tariflichen betrieblichen Regelung für Beschäftigte in der Entgeltstufe 20 durchzuführen.

Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei zu der von ihr vorgenommenen Rückgruppierung nicht berechtigt. Sie könne sich dazu nicht auf das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 10.01.2023 berufen. Seit Mai 2002 habe die Beklagte dem Kläger regelmäßig dessen betriebsübliche Entwicklung mitgeteilt und ihn auf dieser Grundlage in der Folgezeit vergütet. Nach der so zustande gekommenen vertraglichen Vereinbarung könne die Beklagte den Kläger nicht einseitig in die Entgeltstufe 17 oder 18 zurückstufen. Zu den von der Beklagten zur Ermittlung der Vergütungshöhe nach § 37 Abs. 4 BetrVG gebildeten Vergleichsgruppen sei eine abschließende Erwiderung nicht möglich, weil die Beklagte die einbezogenen Mitarbeitenden nicht namentlich benannt habe. Ohne die Namensnennung könne der Kläger nicht beurteilen, ob die richtigen und alle in Betracht kommenden Mitarbeitenden einbezogen worden seien. Unzutreffend sei jedenfalls, dass die Beklagte aus allen Anlagenführer eine Vergleichsgruppe gebildet habe. Bei den Entwicklungsmöglichkeiten der Anlagenführer habe es erhebliche Unterschiede gegeben. Anlagenführer im Linienaufbau könnten sich maximal bis in die Entgeltstufe 12 entwickeln. Dagegen sei der Kläger als Anlageführer mit Gruppenführerfunktion in die Entgeltstufe 13 eingruppiert gewesen. In dieser Position sei eine Entwicklung über die Entgeltstufe 12 hinaus möglich. Das habe der gängigen betrieblichen Praxis entsprochen. Ohnehin stimme die Entgeltstufe 20 mit der hypothetischen Karriereentwicklung des Klägers mit Blick auf die vom ihm im Oktober 2015 abgelehnte Stelle als Fertigungskoordinator im Bereich der Wagenfertigstellung überein.

Der Kläger hat beantragt,

  1. 1.

    die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.897,00 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2023 auf 978,50 €, auf weitere 639,50 € seit dem 01.04.2023, auf weitere 639,50 € seit dem 02.05.2023 und auf weitere 639,50 € seit dem 01.06.2023 zu zahlen;

  2. 2.

    die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger restliche Vergütung für die Monate Oktober 2022 bis Januar 2023 in Höhe von 2.592,96 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

  3. 3.

    es wird festgestellt, dass die Beklagte ab dem 01.01.2015 verpflichtet ist, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger entsprechend der jeweils geltenden tarifvertraglichen und betrieblichen Regelungen für Beschäftigte in der Entgeltstufe 20 durchzuführen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger sei maximal nach Entgeltstufe 18 zu vergüten. Da keine der potentiellen Vergleichspersonen in Gestalt der Anlagenführer bei Amtsantritt des Klägers in Entgeltstufe 13 eingruppiert gewesen sei, habe die Beklagte alle potentiellen Vergleichspersonen aus der Entgeltstufe 12 herangezogen. Unter Berücksichtigung der Qualifikation des Klägers als Industriemeister habe sich die Vergleichsgruppe auf elf Arbeitnehmer reduziert. Hinsichtlich der Kriterien Lebensalter und Betriebszugehörigkeit hätten sich keine größeren Differenzen als sechs Jahre zu dem Kläger gezeigt, weshalb keine weiteren Vergleichspersonen hätten aussortiert werden müssen. Die Beklagte habe dann zugunsten des Klägers nicht nur absolut den Median der Vergleichsgruppe, sondern eine relative Medianentwicklung zugrunde gelegt. Der Median der genannten elf Vergleichspersonen liege bei der Entgeltstufe 16, was einer relativen Medianentwicklung von plus 4 Entgeltstufen im Vergleich zur Entgeltstufe 12 entspreche. Für den Kläger bedeute das eine Steigerung um 4 Entgeltstufen von der Entgeltstufe 13 in die Entgeltstufe 17. Aufgrund tariflicher Regelungen sei nach Ablauf einer Zweijahresfrist eine weitere Anhebung der Entgeltstufe in die nächsthöhere gerade Entgeltstufe, also in die Entgeltstufe 18 vorzunehmen. Auf die namentliche Benennung der Vergleichspersonen habe der Kläger aus datenschutzrechtlichen Gründen keinen Anspruch. Im Hinblick auf eine hypothetische Karriere des Klägers habe Herr Gose zwar bestätigt, dass dem Kläger Ende 2015 das Angebot einer Tätigkeit als Fertigungskoordinator im Bereich der Wagenfertigstellung unterbreitet worden sei. Zur Eingruppierung dieser Stelle habe Herr Gose jedoch keine näheren Angaben machen können. Die Gründe, die den Kläger veranlasst hätten, das Angebot auszuschlagen, seien für die Beklagte nicht überprüfbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrags der Parteien wird auf die in der ersten Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlage und die in der erstinstanzlichen Verhandlung abgegebenen Erklärungen Bezug genommen.

Mit Urteil vom 05.07.2023 hat das Arbeitsgericht B-Stadt der Klage stattgegeben. Wegen der rechtlichen Erwägungen wird auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils (Seiten 4-7 desselben, Blatt 164-170 der Akte) Bezug genommen.

Das Urteil ist der Beklagten am 27.07.2023 zugestellt worden. Mit einem am 25.08.2023 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Beklagte hiergegen Berufung eingelegt und diese unter dem 25.09.2023 begründet.

Sie ist der Auffassung, dass die Entscheidung des Arbeitsgerichtes rechtlichen Bedenken begegne und führt dazu Nachstehendes aus:

Ob dann, wenn dem Betriebsratsmitglied konkret eine höherdotierte Stelle angeboten worden sei, die Annahme einer hypothetischen Karriere ohne strafrechtliche Konsequenzen zur Grundlage der Vergütungsbemessung freigestellter Betriebsräte gemacht werden dürfe, lasse sich dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10.01.2023 - 6 StR 133/22 - nicht entnehmen. Soweit der Bundesgerichtshof auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 22.01.2020 verweise, habe sich das Bundesarbeitsgericht darin nicht mit der hier streitgegenständlichen Konstellation befasst. Allein auf das erstinstanzliche Urteil hin könne die Beklagte die vom Kläger geltend gemachte Vergütung mithin nicht zahlen, ohne die Mitglieder der eigenen Unternehmensführung dem Risiko persönlicher Strafbarkeit auszusetzen. Zudem habe das Arbeitsgericht den Vortrag des Klägers im Hinblick auf eine hypothetische Karriere ohne nähere Feststellungen für ausreichend erachtet. Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs scheine die hypothetische Karriere jedoch der extreme Ausnahmefall und die Vergleichsgruppenbetrachtung der gesetzliche Regelfall zu sein, weshalb ein strenger Maßstab angelegt werden müsse. Darlegungs- und beweispflichtig sei insoweit das Betriebsratsmitglied. Zwar habe der Kläger nach seinem Vortrag eine konkrete Chance gehabt, aufgrund des Angebotes von Herrn Gose und dessen Einschätzungen zu seiner Person die Position des Fertigungskoordinators in der Wagenfertigung übertragen zu bekommen, wenn er nicht Betriebsratsmitglied gewesen wäre. Allerdings bestehe keine darüberhinausgehende hinreichende Gewissheit, dass der Kläger diese Position auch übernommen bzw. übertragen bekommen hätte. Zum einen fehle es am Vortrag des Klägers dazu, ob er persönlich und fachlich das Anforderungsprofil der Stelle als Fertigungskoordinator erfüllt hätte bzw. welches Auswahlverfahren und welche Auswahlkriterien für die Stelle als Fertigungskoordinator im Jahre 2015 maßgeblich gewesen seien. Der Kläger beschränke sich darauf, dass ihm gegenüber erklärte Angebot einer Stelle im Vorfeld einer konkreten Stellenausschreibung vorzutragen. Zum anderen bleibe offen, ob der Kläger sich gegen Mitbewerber durchgesetzt hätte. Insoweit habe das Gericht Feststellung dazu treffen müssen, wer die späteren Stelleninhaber eines Fertigungskoordinators im Jahre 2015 gewesen seien und inwieweit sich der Kläger gegen diese - persönlich wie fachlich - durchgesetzt hätte.

Im Hinblick auf § 37 Abs. 4 BetrVG sei festzuhalten, dass es bei Übernahme des Amtes durch den Kläger am 02.05.2002 lediglich eine Person gegeben habe, die - wie der Kläger - in Entgeltstufe 13 eingruppiert gewesen sei. Dabei habe es sich jedoch um ein Mitglied des Betriebsrates gehandelt, das als Vergleichsperson ausscheide. Unabhängig davon wäre eine Vergleichsgruppe aus einer Person ohnehin zu klein gewesen, um eine betriebsübliche Entwicklung abzubilden. Soweit der Kläger auf seine Tätigkeit als Anlagenführer mit Gruppenführerfunktion abstelle, habe diese Differenzierung bereits im Jahre 1995 geendet und sei durch die sogenannte Teamsprecherfunktion abgelöst worden. Damit habe auch die Möglichkeit für Anlagenführer geendet, sich über die Gruppenführerfunktion bis in die Entgeltstufe 13 zu entwickeln. Die Beklagte habe die Vergleichsgruppe des Klägers richtigerweise aus den Anlagenführer am Standort C-Stadt gebildet. Danach ergebe sich eine betriebsübliche Entwicklung von plus 4 Entgeltstufen, was beim Kläger ausgehend von der Entgeltstufe 13 eine Vergütung nach Entgeltstufe 17 und nach Ablauf der Wartezeit auf Grundlage des Rahmentarifvertrages nach Entgeltstufe 18 zur Konsequenz gehabt habe. Die Vergütungserhöhungen des Klägers in der Vergangenheit seien zu Unrecht erfolgt. Ausweislich der bei der Beklagten für den Kläger geführten Akte seien einige Vergütungserhöhungen in der Vergangenheit anhand von drei vom Kläger selbst genannten vergleichbaren Personen und nicht nach Maßgabe des Median seiner Vergleichsgruppe durchgeführt worden. Darüber hinaus seien weitere Vergütungserhöhung des Klägers genau zwei Jahre nach einem Aufstieg in eine ungerade Entgeltgruppen und damit offenbar allein aufgrund der Erfüllung der tarifvertraglichen Wartezeit erfolgt. Schließlich hätten die damaligen Personalverantwortlichen im Zusammenhang mit den Vergütungserhöhungen offenbar über die Vergleichsgruppe hinaus auch andere Kriterien wie einen - potentiellen - Einsatz des Klägers in einem bestimmten Bereich mit in die Entscheidung einfließen lassen und diese nicht anhand einer strengen Vergleichsgruppenbetrachtung vorgenommen. Hinweise auf eine hypothetische Karriere des Klägers enthalte die Akte nicht.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichtes B-Stadt vom 05.07.2023 - 3 Ca138/23 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend. Entgegen der Auffassung der Beklagten lasse sich aus dem Strafurteil des BGH vom 10.01.2023 - 6 StR 133/22 - nicht ableiten, dass die Rechtsprechung des BAG zur hypothetischen Karriere nicht mehr angewendet werden könne bzw. dürfe. Danach stünden dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche zu. Die Beklagte habe die von ihm vorgetragenen Tatsachen für eine hypothetische Karriere in die Entgeltstufe 20 bestätigt. Im Hinblick auf § 37 Abs. 4 BetrVG habe die Beklagte keine zutreffende Vergleichsgruppe für die Ermittlung der beruflichen Entwicklung vergleichbarer Beschäftigter gebildet. Die Vergleichsgruppe habe nicht aus Anlagenführer ohne Gruppenführerfunktion gebildet werden können, die in die Entgeltstufe 12 eingruppiert gewesen seien, weil der Kläger bei Übernahme des Betriebsrats als Anlagenführer mit Gruppenführerfunktion in die Entgeltstufe 13 eingruppiert gewesen sei. Es treffe auch nicht zu, dass im Jahr 1995 die Gruppenführerfunktion durch die Teamsprecherfunktion abgelöst worden sei. Dem Kläger sei nicht bekannt, dass die Beklagte neben der Personalakte eine weitere "Akte" über ihn geführt habe. Er könne sich auch nicht daran erinnern, der Beklagten drei Vergleichspersonen benannt zu haben. Was genau die Kommission Betriebsratsvergütung jeweils veranlasst habe, die Vergütung des Klägers entsprechend der betriebsüblichen Entwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer anzupassen, sei dem Kläger nicht bekannt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird Bezug genommen auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze vom 25.09.2023, 18.10.2023, 29.01.2024 und 05.02.2024 sowie auf die in der mündlichen Verhandlung am 08.02.2024 wechselseitig abgegebenen Erklärungen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten hat nur zu einem geringen Teil Erfolg.

A.

Die Berufung ist zwar insgesamt zulässig. Sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 64,66 ArbGG und 519,520 ZPO.

B.

Die Berufung ist jedoch ganz überwiegend unbegründet.

Zu Recht mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht B-Stadt festgestellt, dass dem Kläger ein Anspruch auf Vergütung nach Entgeltstufe 20 zusteht.

Auf die Berufung der Beklagte hatte lediglich eine Abänderung bzw. Klarstellung des erstinstanzlichen Urteils zum Zinsbeginn beim Klageantrag zu 1. sowie zum Beginn und bestimmten Zeitabschnitten im Feststellungsantrag zu 3. zu erfolgen. Im Übrigen unterliegt die Berufung der Beklagten der Zurückweisung. Dazu macht sich das Berufungsgericht zunächst die zutreffenden erstinstanzlichen Entscheidungsgründe zu eigen, verweist auf diese und stellt dieses fest, § 69 Abs. 2 ArbGG.

Die Berufungsbegründung veranlasst folgende ergänzende Anmerkungen:

I.

Der Anspruch des Klägers auf eine Vergütung nach Entgeltstufe 20 folgt nicht aus § 37 Abs.4 BetrVG.

1.

Nach § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG darf das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrates einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Die Gehaltsentwicklung des Betriebsratsmitglieds darf während der Dauer seiner Amtszeit in Relation zu derjenigen vergleichbarer Arbeitnehmer nicht zurückbleiben (BAG, 22.01.2020 - 7 AZR 222/19 - Rn. 20). Dabei ist nicht auf die hypothetische Gehaltsentwicklung des Betriebsratsmitgliedes selbst abzustellen, sondern auf die Gehaltsentwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer (vgl. BAG, 19.01.2005 - 7 AZR 208/04 - Rn. 16). Vergleichbar im Sinne von § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG sind Arbeitnehmer, die im Zeitpunkt der Amtsübernahme ähnliche, im wesentlich gleich qualifizierte Tätigkeiten ausgeführt haben wie der Amtsträger und in gleicher Weise wie dieser fachlich sowie persönlich qualifiziert waren (BAG, 22 01.2020 - 7 AZR 222/90 - Rn. 21). Üblich ist eine Entwicklung, die vergleichbare Arbeitnehmer bei Berücksichtigung der normalen betrieblichen und personellen Entwicklung in beruflicher Hinsicht genommen haben. Die Üblichkeit entsteht aufgrund gleichförmigen Verhaltens des Arbeitgebers und einer von ihm aufgestellten Regel. Dabei muss der Geschehensablauf so typisch sein, dass aufgrund der Gegebenheiten und Gesetzmäßigkeiten zumindest in der überwiegenden Anzahl der vergleichbaren Fälle mit der jeweiligen Entwicklung gerechnet werden kann. Da § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG das Benachteiligungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG konkretisiert, darf die Anwendung der Vorschrift nicht zu einer Begünstigung des Betriebsratsmitgliedes gegenüber anderen Arbeitnehmern führen. Deshalb ist die Übertragung höherwertiger Tätigkeit nur dann betriebsüblich, wenn diese dem Betriebsratsmitglied nach den betrieblichen Gepflogenheiten hätte übertragen werden müssen oder die Mehrzahl der vergleichbaren Arbeitnehmer einen solchen Aufstieg erreicht hat (BAG, aaO, Rn.22). Geht es wie vorliegend darum, eine betriebsübliche Beförderungspraxis als Voraussetzung einer entsprechenden Gehaltssteigerung darzulegen, hat das Betriebsratsmitglied unter Berücksichtigung der ihm zugänglichen Tatsachen vorzutragen, mit welchen Arbeitnehmern er aus seiner Sicht vergleichbar ist und aus welchen Umständen auf die hinreichende Wahrscheinlichkeit zu schließen ist, dass die Mehrzahl der mit ihm vergleichbaren Arbeitnehmer die behauptete Gehaltsentwicklung vorgenommen hat (BAG, aaO, Rn. 23). Verfügt das Betriebsratsmitglied wegen der Größe des Betriebs oder der Vielzahl vergleichbarer Arbeitnehmer nicht über ausreichende Erkenntnismöglichkeiten, kann es genügen, wenn das Betriebsratsmitglied Referenzfälle schlüssig darlegt, aus denen sich auf eine betriebsübliche Beförderungspraxis schließen lässt. Kann er diese Umstände nicht darlegen, steht ihm eventuell ein aus § 242 BGB abgeleiteter Auskunftsanspruch zu (BAG, 04.11.2015 - 7 AZR 92/13 - Rn. 18).

2.

Danach genügt der Sachvortrag des Klägers nicht, um einen Anspruch auf Vergütung nach Entgeltstufe 20 gemäß § 37 Abs. 4 BetrVG zu bejahen.

a) Entgegen seiner Ansicht ist die grundsätzlich ihn treffende Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 BetrVG weder aufgrund von Vergütungsvereinbarungen noch nach den Grundsätzen der korrigierenden Rückgruppierung auf die Beklagte übergegangen.

aa) Die Parteien haben keine Vereinbarung getroffen, wonach der Kläger Anspruch auf Entgeltstufe 20 hat, mit der Konsequenz, dass die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast für deren Unrichtigkeit bzw. Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen das Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG treffen würde. Eine solche Vereinbarung folgt insbesondere nicht auf den wiederholten Schreiben der Beklagten an den Kläger vom 31.01.2003, 12.07.2004, 12.06.2006, 02.06.2008, 17.05.2010, 03.12.2012 und zuletzt 09.12.2014 sowie die jeweils entsprechenden Vergütungszahlungen.

(1) Eine Willenserklärung ist eine Äußerung, die darauf gerichtet ist, einen rechtsgeschäftlichen Erfolg herbeizuführen. Ob eine Äußerung oder ein Verhalten als Willenserklärung zu verstehen ist, ist durch Auslegung zu ermitteln. Nach §§ 133,157 BGB sind Willenserklärung und Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten, wobei vom Wortlaut auszugehen ist. Auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände sind einzubeziehen, um den wirklichen Willen der Parteien zu ermitteln, soweit sie Einfluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Vor allem sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Diese Grundsätze sind auch anzuwenden bei der Frage, ob ein willentliches Verhalten eine Willenserklärung darstellt (BAG, 12.10.2021 - 9 AZR 133/21 - Rn. 18 und 19).

(2) Danach lässt sich weder den wiederholten Schreiben noch den anschließenden Vergütungszahlungen für sich genommen und/oder in Kombination ein rechtsgeschäftliches Angebot der Beklagten im Sinne von § 145 BGB entnehmen, dass der Kläger auch konkludent gemäß § 151 BGB hätte annehmen können. Vielmehr ist dem Kläger durch die Schreiben allein eine Anpassungsentscheidung der Kommission auf Grundlage von § 37 Abs.4 BetrVG mitgeteilt worden. Die Anpassung erforderte dabei jeweils keine vertragliche Umsetzung durch die Parteien, sondern der Anspruch darauf entstand auf Grundlage des Arbeitsvertrages, sofern und sobald die gesetzlichen Voraussetzungen des § 37 Abs.4 BetrVG erfüllt waren. Die Anpassungsmitteilungen sind von der Beklagten anschließend durch die entsprechenden Zahlungen schlicht faktisch umgesetzt worden. Für den Kläger war danach eindeutig erkennbar, dass die Beklagte damit nicht etwa jeweils ein Angebot zum Abschluss eines Änderungsvertrages im Hinblick auf die Vergütung abgeben, sondern ihm durch die Schreiben allein die Entscheidung der Kommission zur Kenntnis bringen wollte. Die anschließenden Vergütungszahlungen konnte der Kläger nur als Umsetzung bzw. Erfüllung seines Anpassungsanspruchs nach § 37 Abs.4 BetrVG i. V. m. 611 a Abs. 2 BGB auffassen.

bb) Ebenso wenig kommen vorliegend die Grundsätze der Darlegungs- und Beweislast bei einer sogenannten korrigierenden Rückgruppierung zur Anwendung (vgl. ArbG Hannover, 17.10.2023 - 12 Ca 272/23 - Rn. 42, BeckRS 2023, 29868).

(1) Diese knüpfen an Mitteilungen des Arbeitgebers gegenüber Beschäftigten im Hinblick auf die von ihm vorgenommene bzw. als richtig angenommene tarifliche Eingruppierung an und setzen einen "begrenzten Vertrauensschutz" des Arbeitnehmers in diese Mitteilungen um. Sie beruhen auf der Überlegung, dass die Arbeitgeberseite aufgrund ihrer sachlichen Kompetenz verpflichtet ist, die Eingruppierung sorgfältig und korrekt vorzunehmen. Die insoweit vertrauensbegründende Sorgfalt und Kompetenz beziehen sich dabei nicht allein auf die Mitteilung der Entgeltgruppe innerhalb der jeweiligen Entgeltordnung, sondern erfassen auch die vom Arbeitsgeber aufgrund einer Bewertung vorgenommene Zuordnung der Tätigkeit sowie die von ihm angenommenen Erfüllung von Anforderungen des konkreten Tätigkeitsmerkmals einer Entgeltordnung. Auf die Richtigkeit gerade dieses Bewertungs- und Zuordnungsvorgang darf der Beschäftigte vertrauen (BAG, 16.08.2023 - 4 AZR 339/22 - Rn.27). Demgegenüber gelten die Grundsätze ihren Sinn und Zweck nach nicht, wenn der Beschäftigte sein Vertrauen nur auf ein Element der bisherigen tariflichen Bewertung durch die Arbeitgeberseite stützen kann, aber weitere rechtliche Folgeüberlegungen erforderlich sind, die zu der beanspruchten Entgeltgruppe führen können (BAG, aaO, Rn.26).

(2) Diese Grundsätze sind nach Sinn und Zweck im Kontext des § 37 Abs.4 BetrVG nicht anzuwenden. Die diversen Schreiben seit dem 31.01.2003 bis zuletzt 09.12.2014 beziehen sich erkennbar zunächst auf die Einschätzung der "Kommission Betriebsratsvergütung" im Hinblick die betriebsübliche Entwicklung der nach deren Sicht mit dem Kläger vergleichbaren Arbeitnehmer gemäß § 37 Abs. 4 BetrVG. Bei der Festlegung des Kreises der vergleichbaren Arbeitsnehmer und der Bestimmung deren betriebsüblicher Entwicklung handelt es sich um notwendig vorab festzustellende Elemente der einem Betriebsratsmitglied nach §§ 611a Abs. 2 BGB, 37 Abs. 4 BetrVG zustehenden Vergütung. Dabei ist nicht die Vergütungsanpassung unter Eingruppierung in ein tarifliches Eingruppierungssystem als letzter Schritt alleinige Problem einer Anpassung, vielmehr sind im Vorfeld die Fragen nach den vergleichbaren Arbeitsnehmern einerseits und deren betriebsüblicher beruflicher Entwicklung andererseits zu klären. Dazu verhalten sich weder die diversen Schreiben noch die anschließenden Vergütungszahlungen. Ein Vertrauen konnte beim Kläger insoweit nicht entstehen. Allein aus der mitgeteilten Einstufung ergab sich für ihn nicht, wie die Vergleichsgruppen und deren betriebsübliche berufliche Entwicklung bewertetet worden sind. Bei der Vergütungsanpassung nach § 37 Abs. 4 BetrVG geht es zudem nicht um eine Tarifautomatik, sondern um die Gewährleistung des für Betriebsräte geltende Benachteiligungsverbotes einerseits und des Bevorzugungsverbotes andererseits. Soweit die Anpassungsentscheidung gegen das Bevorzugungsverbot verstieße, wäre ein etwaiges Vertrauen des Klägers in die Richtigkeit der Verlautbarungen nicht schutzwürdig.

b) Der Kläger hat weder mit ihm vergleichbare Arbeitnehmer benannt, noch deren berufliche Entwicklung seit dem 02.05.2005 dargestellt. Er hat auch keinerlei Ausführung zu deren Betriebsüblichkeit gemacht. Abgesehen davon, ob die Beklagte dazu verpflichtet ist, die von ihr herangezogenen Vergleichspersonen namentlich zu benennen, hat der Kläger nicht dargelegt, dass und wenn ja, warum es ihm aufgrund eigener Kenntnisse aufgrund seiner langjährigen Beschäftigung und/oder sonstiger zugänglicher Informationen nicht möglich ist, auch nur eine Referenzperson namentlich zu benennen und deren berufliche Entwicklung darzustellen. Soweit ihm das aufgrund der Betriebsgröße oder anderer Umstände nicht möglich gewesen wäre, hätte er die Beklagte auf Auskunft gemäß § 242 BGB in Anspruch nehmen können. Dem hat er nicht entsprochen, sondern sich darauf beschränkt, den dahingehenden Vortrag der Beklagten in Frage zu stellen und/oder zu bestreiten. Damit hat er seinen Darlegungsverpflichtungen nicht entsprochen.

II.

Der Anspruch des Klägers auf Vergütung nach Entgeltstufe 20 folgt jedoch aus § 611 a Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 78 Satz 2 BetrVG.

1.

§ 37 Abs. 4 BetrVG stellt keine abschließende Regelung über die Höhe des Arbeitsentgelts eines Amtsträgers dar. Die Vorschrift soll allein die Durchsetzung des Benachteiligungsverbotes durch einfach nachzuweisende Anspruchsvoraussetzungen erleichtern. Daneben kann sich ein unmittelbarer Anspruch des Betriebsrates auf eine bestimmte Vergütung aus § 611 a Abs. 2 BGB i. V. m. § 78 Satz 2 BetrVG ergeben, wenn sich die Zahlung einer geringeren Vergütung als Benachteiligung des Betriebsratsmitgliedes wegen seiner Betriebsratstätigkeit darstellt. Die Vorschrift enthält ein an den Arbeitgeber gerichtetes allgemeines Verbot, ein Betriebsratsmitglied wegen der Amtstätigkeit in seiner beruflichen Entwicklung zu benachteiligen. Der Arbeitgeber muss den Mitgliedern der in § 78 Satz 1 BetrVG genannten Arbeitnehmervertretungen eine berufliche Entwicklung gewährleisten, die derjenigen entspricht, die sie ohne ihre Amtstätigkeit durchlaufen hätten. Dabei erfasst das Benachteiligungsverbot nicht nur die berufliche Tätigkeit, sondern auch das sich aus ihr ergebende Entgelt. Ein Betriebsratsmitglied, das nur wegen der Amtsübernahme nicht in eine Position mit höherer Vergütung aufgestiegen ist, kann daher den Arbeitgeber unmittelbar auf Zahlung der höheren Vergütung in Anspruch nehmen (vgl. nur BAG, 20.01.2021 - 7 AZR 52/20 - Rn. 23; BAG 22.01.2020 - 7 AZR 222/19 - Rn. 29).

2.

Dem steht die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 10.01.2023 - 6 StR 133/22 - jedenfalls in der vorliegenden Konstellation nicht entgegen. Darin lehnt der Bundesgerichtshof eine hypothetische Karriere allein bei der Festlegung der Vergleichspersonen im Rahmen von § 37 Abs. 4 BetrVG ab. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtsgerichtes. Auf diese bezieht sich der Bundesgerichtshof ausdrücklich (BGH, 10.01.2023 - 6 StR 133/23 - Rn. 22 und 23; Homburg/Otte, ArbuR 2023, 238, 242). Zwar mag man die Entscheidung des Bundesgerichtshofes dahingehend interpretieren, dass das Begünstigungsverbot nach § 78 Satz 2 BetrVG verschärft werden sollte, und zwar insoweit, als ein Verstoß bereits dann vorliegt, wenn die Vergütung oberhalb der Vergleichsgruppe erfolgt, obwohl nicht positiv feststeht, dass das Betriebsratsmitglied diese Vergütung auch ohne sein Amt erhalten hätte. In all den Fällen, in denen eine solche Vergütung nur wahrscheinlich oder zumindest möglich gewesen wäre, kann eine höhere Vergütung zulässigerweise nicht mehr gezahlt werden, sondern ist die Vergleichsgruppenvergütung die einzig zulässige Mindest- und zugleich Höchstvergütung ist (Rothballer, NZA 2023, 257, 259). Auch insoweit ist jedoch kein relevanter Unterschied zur ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes festzustellen. Danach setzt der Anspruch aus § 78 Satz 2 BetrVG ebenfalls voraus, dass dem Betriebsratsmitglied der Nachweis gelingt, also zur Überzeugung des Gerichtes gemäß § 286 ZPO feststeht, dass das Betriebsratsmitglied ohne seine Tätigkeit als Mitglied des Betriebsrates inzwischen mit einer Aufgabe betraut worden wäre, die ihm den Anspruch auf das begehrte Arbeitsentgelt geben würde (vgl. nur BAG 22.01.2020 - 7 AZR 222/19 - Rn. 30). Abgesehen davon hatte der Bundesgerichtshof nicht über die vorliegend relevante Konstellation zu entscheiden, in der zu beantworten ist, ob einem Betriebsratsmitglied Vergütung aus § 611a Abs. 2 BGB i. V. m. § 78 Satz 2 BetrVG unter dem Aspekt einer hypothetischen Karriereentwicklung auf der Basis eines unstreitigen Stellenangebotes zusteht.

3.

Darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass er ohne seine Tätigkeit als Betriebsrat inzwischen mit einer Aufgabe betraut worden wäre, die ihm den Anspruch auf das begehrte Entgelt nach Entgeltstufe 20 geben würde, ist vorliegend der Kläger.

a) Diese Darlegungs- und Beweislast ist auch im Rahmen des Anspruchs aus § 611 a Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 78 Satz 2 BetrVG nicht wegen einer Vereinbarung oder nach den Grundsätzen der korrigierenden Rückgruppierung auf die Beklagte übergegangen. Dem steht schon entgegen, dass sich die diversen Anpassungsmitteilungen der Beklagten offensichtlich nicht auf eine hypothetische Karriereentwicklung nach § 78 Satz 2 BetrVG, sondern ausdrücklich allein auf § 37 Abs.4 BetrVG beziehen, und deshalb für den Kläger erkennbar weder jeweils ein dahingehendes Vertragsangebot darstellen noch einen entsprechenden Vertrauenstatbestand begründen konnten. Im Übrigen wird auf die obigen Ausführungen unter I. 2. a) verwiesen.

b) Der Kläger hat mithin darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass er ohne Ausübung des Betriebsratsamtes und ohne die damit einhergehende Freistellung durch Beförderung einen entsprechenden beruflichen Aufstieg genommen hätte. Dazu stehen ihm nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes mehrere Möglichkeiten zur Verfügung. Hat er sich auf eine bestimmte Stelle tatsächlich nicht beworben, kann und muss er zur Begründung des fiktiven Beförderungsanspruchs darlegen, dass er die Bewerbung gerade wegen seiner Freistellung unterlassen hat und eine Bewerbung ohne die Freistellung erfolgreich gewesen wäre (BAG, 22.01.2022 - 7 AZR 222/19 - Rn. 30). Dabei gibt es keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass eine unterbliebene Gehaltsentwicklung gerade darauf beruht, dass es sich um ein Betriebsratsmitglied handelt. Die Beweislast ist auch nicht wie in § 22 AGG zu verteilen, insbesondere reicht es nicht aus, wenn die Mandatsträgereigenschaft nur ein Motiv unter mehreren war. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es, wenn das Betriebsratsmitglied vorträgt, dass die Betriebsratstätigkeit das tragende Motiv bei der fraglichen Maßnahme gewesen ist. Zu beurteilen ist, ob die Entscheidung des Arbeitgebers anders ausgefallen wäre, wenn der Kläger nicht Mitglied des Betriebsrates gewesen wäre. Die bloße Möglichkeit bzw. "konkrete Chance" einer derartigen beruflichen Entwicklung genügt nicht. Das Gericht muss davon überzeugt sein, dass das Betriebsratsmitglied ohne die Mandatsträgerschaft die Beförderungsposition übertragen bekommen und übernommen hätte. Für die volle richterliche Überzeugungsbildung nach § 286 Abs. 1 ZPO ist insoweit entscheidend, dass ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit erreicht ist, der Zweifel Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen zu müssen (BAG, 20.01.2021 - 7 AZR 52/20 - Rn.28). Ob die Beförderung des Betriebsratsmitgliedes auf eine höherdotierte Stelle vom Arbeitgeber wegen der Betriebsratstätigkeit abgelehnt wurde oder das Betriebsratsmitglied sich wegen seiner Betriebsratstätigkeit erst gar nicht beworben hat, aber sicher genommen worden wäre, wenn er sich beworben hätte, erschließt sich zum Teil allein aus in der Sphäre des Arbeitgebers liegende "innere Tatsachen", die einer unmittelbaren Wahrnehmung durch den Arbeitnehmer oder Dritte nicht zugänglich sind. Dem ist in einem Rechtsstreit darüber, ob das Betriebsratsmitglied durch eine nicht wahrgenommene Beförderung in unzulässiger Weise benachteiligt wurde, durch die Anwendung einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast Rechnung zu tragen. Um eine Überforderung an den Sachvortrag des Betriebsratsmitgliedes zu vermeiden, hat sich der Arbeitgeber nach § 138 Abs. 2 und 3 ZPO substantiiert zu den vom Betriebsrat schlüssig behaupteten Indizien, die für eine Mandatsträgerbenachteiligung sprechen, zu erklären (vgl. nur BAG, 25.06.2014 - 7 AZR 847/12 - Rn. 38). Im Rahmen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast darf der klagende Arbeitnehmer, der für sich in Anspruch nimmt, er erfülle die Qualifikationsanforderungen der höher dotierten Stelle, deshalb trotz fehlender genauer Kenntnis und ohne Verstoß gegen seine prozessuale Wahrheitspflicht gemäß § 138 Abs.1 ZPO zunächst die Behauptung aufstellen, er sei gerade wegen seiner Betriebsratstätigkeit nicht für die Stelle ausgewählt worden. Der klagende Arbeitgeber muss sich hierzu wahrheitsgemäß erklären, § 138 Abs. 1 und 2 ZPO. Bestreitet er diese Behauptung nicht ausdrücklich, gilt der Vortrag des Betriebsratsmitgliedes nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden. Eine Erklärung mit Nichtwissen ist unzulässig, § 138 Abs. 4 ZPO, weil dem Arbeitsgeber seine eigenen Überlegungen ebenso bekannt sein müssen, wie die von ihm gestellten fachlich und persönlichen Anforderungen für die Beförderungsstelle einschließlich des Qualifikationsniveaus etwaigen Mitbewerber. Er hat deshalb seine Motive und sonstigen Kriterien für die Auswahlentscheidung so konkret zu benennen, dass sich das Betriebsratsmitglied hierauf einlassen kann (vgl. BAG 20.01.2021 - 7 AZR 52/20 - Rn. 30).

c) Bei der gebotenen Zugrundelegung dieser Grundsätze hat der Kläger seiner Darlegungsverpflichtung genügt. Aufgrund seines Sachvortrages, den Einlassungen der Beklagten hierzu sowie des gesamten Inhaltes der Akte steht zur Überzeugung der Kammer gemäß § 286 ZPO fest, dass der Kläger gerade und nur wegen seiner Betriebsratstätigkeit einen weiteren beruflichen Aufstieg hin zum Fertigungskoordinator nicht vollzogen hat, mit dem eine Vergütung nach Entgeltstufe 20 verbunden gewesen wäre.

aa) Auf Grundlage des nicht nur vom Kläger behaupteten, sondern von der Beklagten durch die Vorlage der E-Mail des damaligen Fertigungsleiters für die Bereiche Karosseriebau, Lackiererei und Montagen der Golffertigung zuständigen Mitarbeiters der Beklagten, Herrn Werner Gose, bestätigten Umstandes, dass Ende 2015 zwei der drei Stellen für Fertigungskoordinatoren in der Wagenfertigstellung unbesetzt waren, und Herr Gose dem Kläger ebenfalls im Oktober 2015 direkt ein Angebot zur Übernahme einer dieser Stellen gemacht hat, ist zunächst davon auszugehen, dass seinerzeit tatsächlich eine Vakanz und ein entsprechender Besetzungsbedarf für die Stelle eines Fertigungskoordinators bestand, es sich also nicht um eine Scheinanfrage gehandelt hat. Dafür spricht auch, dass, nachdem der Kläger diese Stelle nicht angetreten hatte, dort nach Aussage von Herrn Gose lange mit Vertretungsreglungen gearbeitet werden musste. Ohnehin hat die Beklagte nicht behauptet, seinerzeit sei tatsächlich keine Stelle als Fertigungskoordinator unbesetzt gewesen.

bb) Herr Gose hat den Kläger zudem zielgerichtet angesprochen, mit dem Willen, diesen zur Übernahme dieser Position zu bewegen. Dass der Kläger die Qualifikationsanforderungen für diese Stelle und seine diesbezügliche fachliche sowie persönliche Eignung nicht substantiiert dargelegt hat, ist unerheblich. Seine eigenen Qualifikationen hat er vorgetragen, sie sind zwischen den Parteien nicht im Streit. Aus der von der Beklagten vorgelegten E-Mail ergibt sich, dass Herr Gose, als damaliger Fertigungsleiter Karosseriebau, Lackiererei und Montage und damit befugtermaßen für die Beklagte agierende Person den Kläger für eine "Idealbesetzung" hielt. Dieser Einschätzung ist die Beklagte nicht entgegengetreten. Es ist davon auszugehen, dass der Beklagten die an einen Fertigungskoordinator in ihrem Betrieb zu stellenden fachlichen und persönlichen Anforderungen bekannt sind. Sie hat trotz dahingehender eigener Wahrnehmungsmöglichkeit nicht vorgetragen, ob und wenn ja, inwieweit der Kläger hinter den für einen Fertigungskoordinator erforderlichen Qualifikationen zurückgeblieben ist. Es ist deshalb von der Kammer als unstreitig gemäß § 138 Abs. 3 ZPO zu Grunde zu legen, dass der Kläger im Oktober 2015 über die erforderlichen fachlichen und persönlichen Qualifikationen für die Übernahme der Stelle als Fertigungskoordinator verfügt hat.

cc) Herr Gose hat seine fachliche und persönliche Einschätzung ausschließlich mit Qualifikationen und Eigenschaften begründet, die der Kläger während seiner aktiven Zeit als Arbeitnehmer, also im Rahmen seiner arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit und nicht etwa als Mandatsträger erworben sowie gezeigt hatte. Herr Gose hat dazu ausdrücklich einerseits auf die langjährige Betreuung der Fertigung durch den Kläger sowie dessen Kenntnisse aller Abläufe und Prozesse, auch in den angrenzenden Bereichen und andererseits auf dessen positives Auftreten und die diesem attestierte "Problemlösereigenschaft" abgestellt. Dass und warum die Einschätzung des Herrn Gose zur uneingeschränkten Geeignetheit des Klägers für die vakante Stelle eines Fertigungskoordinators Ende 2015 unzutreffend gewesen sein könnte, hat die Beklagte nicht ansatzweise vorgetragen.

dd) Abgesehen davon, dass von der Beklagten weder behauptet worden ist noch ansonsten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass es für diese Stelle Ende 2015 oder zu einem späteren Zeitpunkt eine offizielle Stellenausschreibung und ein anschließendes formalisiertes Besetzungsverfahren gegeben hat, konnte Kläger dazu und zu etwaigen Mitbewerbern nichts vortragen, weil er unstreitig an keinem Bewerbungsverfahren teilgenommen hat. Demgegenüber muss die Beklagte aus eigener Kenntnis wissen, ob ein Bewerbungsverfahren überhaupt und wenn ja, mit welchen Bewerbern durchgeführt worden ist. Dazu erklärt sich die Beklagte jedoch nicht, sondern verweist allein auf - angeblich - unzureichenden klägerischen Vortrag, was mit Blick auf § 138 Abs. 2 ZPO unerheblich ist.

ee) Dass dem Kläger die Stelle als Fertigungskoordinator aufgrund der Anfrage von Herrn Gose tatsächlich übertragen worden wäre und er nicht bloß eine konkrete Chance hierauf gehabt hätte, wenn er Herrn Gose seine Bereitschaft zur Übernahme dieser Position erklärt hätte, ergibt sich zur Überzeugung der Kammer wiederum aus den von der Beklagten nicht infrage gestellten Erklärungen des Herrn Gose in seiner E-Mail vom 04.06.2023. Die Beklagte behauptet nicht, dass Herr Gose nicht dazu berechtigt gewesen sei, dem Kläger Ende 2015 das Stellenangebot zu unterbreiten. Herr Gose hielt den Kläger für eine "Idealbesetzung". Daraus wird ersichtlich, dass dann, wenn der Kläger seine Bereitschaft zur Übernahme dieser Tätigkeit erklärt hätte, dem Kläger aufgrund der Einschätzung von Herrn Gose diese Tätigkeit definitiv übertragen worden wäre. Dass seinerzeit kein gleich oder besser geeigneter Bewerber vorhanden war, ergibt sich daraus, dass Herr Gose - von der Beklagten unwidersprochen - erklärt hat, dass, nachdem der Kläger keine "offizielle Bewerbung" abgegeben habe, noch "lange mit Vertretungsregelungen gearbeitet" worden sei. Danach gab es jedenfalls zunächst keine weiteren geeigneten Bewerber für die sofort zu besetzende Stelle. Die späteren Stelleninhaber sind nach den Ausführungen des Herrn Gose erst nach einer langen Vertretungszeit in die Wagenfertigung gewechselt.

ff) Dass die Stelle als Fertigungskoordinator mit einer Vergütung nach Entgeltstufe 20 verbunden gewesen wäre, hat die Beklagte im erstinstanzlichen Kammertermin am 05.07.2023 eingeräumt und im weiteren Verfahren nicht mehr in Frage gestellt.

gg) Der Kläger hat zu seiner Motivation, warum er das Angebot von Herrn Gose nicht angenommen und die Stelle nicht angetreten hat, schlüssig vorgetragen. Er hat ausgeführt, das Stellenangebot abgelehnt zu haben, weil er gerade erst Vorsitzender des Fachausschusses Volkswagenwerk C-Stadt und des entsprechenden GBR-Ausschusses geworden sei; diese Aufgaben habe er nicht gleich wieder aufgeben wollen. Das ist nachvollziehbar und von der Beklagten nicht bestritten worden. Danach steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass er sich auf diese höher dotierte Beförderungsstelle allein deshalb nicht beworben hat, weil er sein Mandat als Betriebsrat weiter ausführen wollte. Hätte er sich beworben, hätte er die Beförderungsstelle samt höherer Vergütung nach Entgeltstufe 20 erhalten.

hh) Die Vorenthaltung der Vergütung nach Entgeltstufe 20 stellt sich mithin als Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot dar, weshalb dem Kläger ein entsprechender Anspruch aus § 611 a Abs. 2 BGB i. V. m. § 78 Satz 2 BetrVG gegen die Beklagte zusteht.

III.

Auf dieser Grundlage ist die Klage ganz überwiegend begründet und die Berufung gegen das stattgebende erstinstanzliche Urteil demensprechend zum großen Teil unbegründet.

1.

Der Klageantrag zu 1. ist begründet, weil der Kläger in den Monaten Februar bis Mai 2023 Anspruch auf Vergütung nach Entgeltstufe 20 gemäß § 611 a Abs.2 BGB in Verbindung mit § 78 Satz 2 BetrVG hatte.

a) Der Anspruch ist zu dem Zeitpunkt, zu dem dem Kläger die höherdotierte Stelle übertragen worden wäre, wenn er diese nicht wegen seiner Betriebsratstätigkeit abgelehnt hätte, entstanden. Ausgehend von dem dahingehenden Angebot des Herrn Gose im Oktober 2015, der betrieblichen Notwendigkeit zur sofortigen Besetzung dieser Stelle und unter Berücksichtigung des für eine Besetzung erforderlichen Verwaltungsaufwandes wäre dem Kläger diese Stelle schätzungsweise gemäß § 287 ZPO zum 01.01.2016 übertragen worden. Ab diesem Zeitpunkt schuldete die Beklagte ihm Vergütung nach Entgeltstufe 20. Der Kläger hatte dementsprechend auch von Februar bis März 2023 Anspruch auf eine Vergütung nach Entgeltstufe 20.

b) Diesen Anspruch hat die Beklagte lediglich in Höhe der gezahlten Vergütung nach Entgeltstufe 17 bzw. 18 gemäß § 362 Abs. 1 BGB erfüllt. Der Differenzbetrag zur geschuldeten Vergütung nach Entgeltstufe 20 in unstreitiger Höhe von insgesamt 2.897,00 € brutto ist offen und von der Beklagten gemäß § 611a Abs. 2 BGB i, V. m. § 78 Satz 2 BetrVG an den Kläger zu zahlen.

c) Die auf die monatlichen Differenzbeträge bezogen Zinszahlungsverpflichtungen haben ihre Grundlage jeweils in §§ 286 Abs. 2, 288 Abs. 2 BGB, wobei der Zinsbeginn mit Rücksicht auf § 193 BGB im April vom 01.04.2023 (Samstag) auf Montag, den 03.04.2023 zu korrigieren war. Dementsprechend hatte auf die Berufung der Beklagten eine teilweise Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zu erfolgen.

2.

Der Klageantrag zu 2. ist nach § 812 Abs. 1 BGB begründet. Die Beklagte ist in Höhe der vom Kläger unter Vorbehalt zurückgezahlten Vergütungen für Oktober 2022 bis Januar 2023 in Höhe von 2.922,96 € brutto zu Unrecht bereichert. Der Kläger hatte auch in diesem Zeitraum gegen die Beklagte einen Anspruch auch diese Vergütung nicht nur nach Entgeltstufe 17, sondern nach Entgeltstufe 20 gemäß § 611a Abs. 2 BGB i. V. m. § 78 Satz 2 BetrVG. Der Beklagten steht kein Rechtsgrund für das Behalten der Vergütung in Höhe der Differenz zwischen Entgeltstufe 20 zur Entgeltstufe 17 zu. Der darauf bezogene Zinsanspruch hat seine Grundlage in §§ 286 Abs. 2, 288 Abs. 1, 291 BGB.

3.

Der Feststellungsantrag zu 3. ist nur zum Teil begründet.

a) Er ist insgesamt zulässig gemäß § 256 Abs. 1 ZPO.

aa) Der Klageantrag zu 3. ist auf das Bestehen eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet. Die Feststellung muss sich nicht auf ein Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen sowie auf den Umfang der Leistungspflicht beschränken (BAG, 22.01.2020 - 7 AZR 222/19 - Rn. 13). Die Parteien streiten über den Umfang der Vergütungspflicht.

bb) Für die von den Leistungsanträgen zu 1. und 2. nicht erfassten Zeiträume besteht das erforderliche Feststellungsinteresse.

(1) Zwar enthält der Feststellungsantrag zu 3. keine dahingehende ausdrückliche Beschränkung. Er ist aber nach der gebotenen Auslegung so zu verstehen (vgl. BAG, 20.01.2021 - 7 AZR 52/20 - Rn. 21) und klarstellend entsprechend zu tenorieren.

(2) Die Beklagte stellt grundsätzlich in Abrede, dass der Kläger Anspruch auf eine monatliche Vergütung nach Entgeltstufe 20 hat. Das Feststellungsurteil ist geeignet, diese Frage rechtskräftig zwischen den Parteien zu klären.

(3) Das danach auch vergangenheitsbezogene Feststellungsinteresse trotz möglicher Leistungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO folgt daraus, dass die Beklagte bei der Berechnung der Betriebsrenten, die auch vergangene Zeiträume berücksichtigt, nicht die tatsächlich gezahlte, sondern die rechtmäßige Vergütung zu Grunde legt, und der Kläger nicht verpflichtet ist bzw. dazu in der Lage sein dürfte, eine hypothetische Rentenberechnung für die Vergangenheit vorzunehmen. Die Feststellungsklage ist trotz Möglichkeit einer bezifferten Leistungsklage zulässig, wenn mit ihr eine sachgerechte, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Überlegungen gegen den Zwang zur Leistungsklage sprechen (BAG, 22.01.2020 - 7 AZR 222/19 - Rn.16). Das ist vorliegend der Fall.

(4) Soweit der Feststellungsantrag mangels zeitlicher Begrenzung auch künftige Leistungen nach §§ 257, 258, 259 ZPO erfasst, gilt der Vorrang der Leistungs- vor der Feststellungsklage nicht; der Kläger kann vielmehr zwischen diesen Klagearten wählen. Er muss bei teils fälligen teils noch nicht fälligen Ansprüchen keine Aufteilung in einen Leistungs- und einen Feststellungsantrag vornehmen (BAG, aaO). Eine andere Beurteilung ist auch nicht geboten, weil voraussichtlich demnächst ein neues Gesetz zur Betriebsrätevergütung in Kraft treten wird. Soweit sich in der Zukunft die maßgeblichen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ändern, entfällt die Rechtskraft des Feststellungsausspruchs (BAG, 15.01.2013 - 3 AZB 168/10 - Rn.24).

b) Der Feststellungsantrag ist in der gebotenen Auslegung nur mit Abstrichen begründet. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Kläger bereits ab dem 01.01.2015 eine Vergütung nach Entgeltstufe 20 zusteht. Vielmehr ist diese Vergütung dem Kläger erst seit dem 01.01.2016 zuzuerkennen. Insoweit hatte auf die Berufung der Beklagten eine teilweise Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zu erfolgen.

aa) Dass mit dem Kläger vergleichbare Mitarbeiter bei betriebsüblicher beruflicher Entwicklung bereits ab dem 01.01.2015 einen Vergütungsanspruch nach Entgeltstufe 20 hatten, hat der Kläger nicht substantiiert vorgetragen (siehe B. I. der Entscheidungsgründe).

bb) Die Vergütung entsprechend Entgeltstufe 20 steht dem Kläger nach § 611a Abs. 2 BGB i. V. m § 78 Satz 2 BetrVG erst ab dem Zeitpunkt zu, indem sich seine Beförderung zum Fertigungskoordinator realisiert hätte, ihm die Tätigkeit also zugewiesen worden wäre, wenn er sich auf diese Position beworben hätte. Davon kann erst am 01.01.2016 (siehe B. III. 2 a) der Entscheidungsgründe) ausgegangen werden. Ab diesem Zeitpunkt ist die begehrte Feststellung begründet. Für den davorliegenden Zeitraum vom 01.01. bis 31.12.2015 ist sie unbegründet.

C.

Die Beklagte hat die Kosten ihrer ganz überwiegend erfolglosen Berufung gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu tragen. Die Zuvielforderung des Klägers ist offensichtlich geringfügig und hat keine höheren Kosten veranlasst.

D.

Die Zulassung der Revision ist gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG veranlasst.

Gegen dieses Urteil findet, wie sich aus der Urteilsformel ergibt, die Revision statt.

Die Revisionsschrift muss innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils, die Revisionsbegründung innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils, jeweils schriftlich (zur elektronischen Form s. u.), bei dem Bundesarbeitsgericht eingehen.

Die Anschrift des Bundesarbeitsgerichts lautet:

Postfach, 99XXX Erfurt

oder

Hugo-Preuß-Platz 1, 99XXX Erfurt

Telefax-Nr.: (0361) XX XX - XX XX

Vor dem Bundesarbeitsgericht müssen sich die Parteien durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Als Bevollmächtigte sind außer Rechtsanwälten nur die in § 11 Absatz 2 Satz 2 Nr. 4 und 5 ArbGG bezeichneten Organisationen zugelassen. Diese müssen in Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln.

Auf die Möglichkeit der Einreichung elektronischer Dokumente beim Bundesarbeitsgericht nach § 46c ArbGG wird hingewiesen. Ab 1. Januar 2022 sind vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt eingereicht werden, als elektronisches Dokument zu übermitteln. Gleiches gilt für die nach diesem Gesetz vertretungsberechtigten Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 46c Abs. 4 Nr. 2 ArbGG zur Verfügung steht. Ist eine Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen.

Die Revisionsschrift, die Revisionsbegründungsschrift und die sonstigen wechselseitigen Schriftsätze, die, soweit noch zulässig, in Papierform im Revisionsverfahren eingereicht werden, sollen 7-fach - für jeden weiteren Beteiligten ein Exemplar mehr - eingereicht werden.