Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 24.09.2024, Az.: 10 TaBV 18/24
Ersetzung der Zustimmung zur Eingruppierung eines Arbeitnehmers in den außertariflichen Bereich; Definition des außertariflich Angestellten ausschliesslich anhand der Entgelthöhe
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 24.09.2024
- Aktenzeichen
- 10 TaBV 18/24
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2024, 25482
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2024:0924.10TaBV18.24.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Hannover - 01.02.2024 - AZ: 10 BV 6/23
Rechtsgrundlage
- § 99 BetrVG
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Will der Arbeitgeber feststellen, dass der Arbeitnehmer nicht in eine der Gehaltsgruppen der nach ihrem Geltungsbereich maßgeblichen Vergütungsordnung einzugruppieren ist, hat er gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dazu die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen. Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, weil er den Arbeitnehmer nach der maßgeblichen Vergütungsordnung eingruppiert sieht, so kann der Arbeitgeber gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG ein entsprechendes Ersetzungsverfahren durchführen.
- 2.
Es ist nicht sachwidrig, dass der Vergütungsrahmentarifvertrag vom 5. Oktober 1999 in der Fassung vom 1. Januar 2016 der Tarifgemeinschaft Technischer Überwachungs-Vereine e.V. ausschließlich anhand der Entgelthöhe definiert, wer außertariflicher Angestellter ist.
Tenor:
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts A-Stadt vom 1. Februar 2024 - 10 BV 6/23 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Gegenstand des Verfahrens ist die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu einer Eingruppierung.
Die Antragstellerin und Beteiligte zu 1. (Arbeitgeberin) ist Mitglied im Arbeitgeberverband Tarifgemeinschaft Technischer Überwachungs-Vereine e.V. Der Beteiligte zu 2. ist der für den Betrieb A-Stadt zuständige Betriebsrat. Die tarifliche Vergütung bei der Arbeitgeberin regelt der Vergütungsrahmentarifvertrag vom 5. Oktober 1999 in der Fassung vom 1. Januar 2016 der Tarifgemeinschaft Technischer Überwachungs-Vereine e.V. (im Folgenden: VergRTV). Er lautet auszugsweise:
§ 1 Geltungsbereich ...
...
3. persönlich:
Für Angestellte und Arbeiter/Arbeiterinnen (im folgenden Mitarbeiter genannt), deren Arbeitsverhältnis vertragsgemäß am 1.1.1995 oder später beginnt.
...
Darüber hinaus werden folgende Mitarbeiter vom persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages nicht erfasst:
...
c) Ferner diejenigen Mitarbeiter, deren Arbeitsbedingungen einzelvertraglich festgelegt sind und deren monatliche Vergütung mindestens 10 % über der zutreffenden Stufe der höchsten Tätigkeitsgruppe H liegt.
Für die nach dem Vergütungstarifvertrag höchste Tätigkeitsgruppe H Stufe 1 liegt die monatliche Bruttovergütung bei 5.535,26 Euro, was einem Jahresgehalt von 66.423,12 Euro entspricht.
Im April 2023 schrieb die Arbeitgeberin erstmalig die Stelle als "Leiter:in Partner Support Bayern" aus. Am 29. Juni 2023 bat die Arbeitgeberin den Betriebsrat um Zustimmung zur Einstellung des Herrn H. zum 1. November 2023 als "Leiter Partner Support Bayern" und zu dessen Eingruppierung als außertariflicher Angestellter (Bl. 86 f. d.A. I. Instanz). Sie legte dem Betriebsrat den Entwurf eines Arbeitsvertrages für Herrn H. (Bl. 88 bis 97 d.A. I. Instanz) vor; er lautet auszugsweise:
§ 2 Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen
Auf dieses Arbeitsverhältnis findet der zwischen der Tarifgemeinschaft Technischer Überwachungs-Vereine e.V. und ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft abgeschlossene Manteltarifvertrag (neu) in der jeweils gültigen Fassung einzelvertraglich für ausschließlich folgende Regelungssachverhalte entsprechend Anwendung:
§ 7 Bezahlte Freizeit
§ 9 Sterbe- und Jubiläumsgeld
§ 10 Fortzahlung der Vergütung bei Krankheit, Kur- und Heilverfahren
...
§ 3 Vergütung
(1) Die Vergütung wird einzelvertraglich festgelegt.
(2) Der Mitarbeiter erhält einzelvertraglich eine jährliche außertarifliche fixe Grundvergütung in Höhe von EUR 85.000,00 brutto, die in zwölf gleichen monatlichen Raten ausgezahlt wird.
(1) [sic] Neben der Grundvergütung erhält der Mitarbeiter jährlich, beginnend ab 01.11.2023, anteilig für das Geschäftsjahr 2023, einen leistungsbezogenen Gehaltsanteil auf Basis einer Zielvereinbarung. ...
(2) [sic] Die vom jeweiligen Erfüllungsgrad der Zielvereinbarung abhängige Höhe der Tantieme beträgt: bei 100% Zielerfüllung EUR 5.000,00 brutto.
...
(6) Mit diesen Bezügen sind alle Ansprüche, gleich welcher Art, auf monatliche bzw. finanzielle Leistungen abgegolten.
...
§ 4 Arbeitszeit
(1) Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit orientiert sich an den jeweils betriebsüblichen Regelungen. Sie beträgt zurzeit ausschließlich der Pausen 38,5 Stunden.
...
(3) Der Mitarbeiter ist verpflichtet, in dienstlich notwendigem Umfang auf Anforderung Mehrarbeit zu leisten.
(4) Soweit in betrieblichen Regelungen nicht anders festgelegt, sind pro Jahr bis zu 240 der über die vertraglich geschuldete Arbeitszeit hinaus vom Mitarbeiter geleisteten Stunden mit den monatlichen Bezügen abgegolten. Etwaige darüber hinaus geleistete Stunden werden nach Wahl des Arbeitgebers durch Freizeit oder Geld ausgeglichen, soweit es sich hierbei um vom Arbeitgeber angeordnete Mehrarbeit handelt.
Mit Schreiben vom 29. Juni 2023 stimmte der Betriebsrat der Einstellung zu, verweigerte jedoch die Zustimmung zur Eingruppierung mit der Begründung, es habe eine tarifliche Einstufung zu erfolgen.
Die Arbeitgeberin hat geltend gemacht, Zustimmungsverweigerungsgründe lägen nicht vor. Der VergRTV finde keine Anwendung, weil die Arbeitsbedingungen einzelvertraglich festgelegt seien und die monatliche Vergütung die zutreffende Stufe der höchsten Tätigkeitsgruppe H um mehr als 10 v.H. übersteige. Herrn H. Jahresgrundgehalt liege um 20,44 v.H. über demjenigen nach der Entgeltstufe H. Demgemäß sei die außertarifliche Eingruppierung korrekt.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
Die Zustimmung des Beteiligten zu 2. zu der Eingruppierung des Mitarbeitenden Herr D.H. als außertariflicher Angestellter zu ersetzen.
Der Betriebsrat hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er hat behauptet, Herr H. führe überwiegend Tätigkeiten aus, die Tätigkeitsgruppen des VergRTV zuzuordnen seien, und dabei insbesondere auf die Tätigkeitsgruppe F verwiesen. Er hat gemeint, die systematische und die teleologische Tarifauslegung ergäben, dass Arbeitnehmer, die tariflich erfasste Tätigkeiten ausübten, auch nach den tariflichen Vorschriften einzugruppieren seien, weil ansonsten die Tarifsystematik umgangen würde.
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Es hat ausgeführt: Ein Zustimmungsverweigerungsgrund liege nicht vor. Die Eingruppierung verstoße nicht gegen die Vorschriften des VergRTV, denn Herr H. unterfalle nicht dessen persönlichem Geltungsbereich. Sein Jahresgehalt wahre das Abstandsgebot, und die Arbeitsbedingungen seien einzelvertraglich festgelegt. Der Tarifvertrag werde auch nicht umgangen. Die Parteien des Tarifvertrages dürften dessen persönlichen Geltungsbereich bis zur Grenze der Willkür frei festlegen.
Gegen den ihm am 22. Februar 2024 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts hat der Betriebsrat am 18. März 2024 Beschwerde eingelegt und sie am 22. April 2024 begründet.
Der Beschwerde führt aus: Das tarifliche Abstandsgebot sei nicht eingehalten. Bei der Vergleichsberechnung sei zu berücksichtigen, dass die vertragsgemäße Vergütung Herrn H. jährlich bis zu 240 Mehrarbeitsstunden einschließe. Berücksichtige man diese, ergebe sich zurückgerechnet für eine tarifliche Wochenarbeitszeit von 38 Stunden ein Jahresgehalt von lediglich ca. 75.000 Euro. Ein Tarifbeschäftigter der höchsten Entgeltstufe bezöge bei derselben Zahl von Mehrarbeitsstunden durch Mehrarbeitsvergütung und Zuschläge mehr als 76.000 Euro pro Jahr. Ferner könne die Herausnahme aus dem persönlichem Geltungsbereich des Tarifvertrages nur Arbeitnehmer mit Tätigkeiten erfassen, die sich nicht in den Entgeltgruppen wiederfänden, denn der Sinn des Entgelttarifvertrages liege in der Herstellung von Entgeltgerechtigkeit und -transparenz.
Der Betriebsrat beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts abzuändern und den Antrag zurückzuweisen.
Die Arbeitgeberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts und macht insbesondere geltend: Das tarifliche Abstandsgebot sei gewahrt. Zum einen sei das Rechenwerk des Betriebsrats unrichtig, weil es von einer zu hohen Zahl jährlich zu leistender Arbeitsstunden ausgehe. Zum anderen stelle der Tarifvertrag weder nach seinem Wortlaut noch nach seinem Sinn und Zweck auf Mehrarbeit ab, sondern nur auf den Abstand zwischen dem höchsten Tarifentgelt und der individuell vereinbarten Vergütung. Mit dieser Regelung hätten die Tarifvertragsparteien die Grenze zur Willkür nicht überschritten.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, die Gegenstand der Anhörung durch das Beschwerdegericht gewesen sind.
II.
Die Beschwerde bleibt erfolglos.
1.
Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG an sich statthaft sowie frist- und formgerecht (§ 87 Abs. 2, § 89 Abs. 1 und 2, § 66 ArbGG) eingelegt und begründet worden.
2.
Die Beschwerde ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Zustimmung des Betriebsrats der Eingruppierung des Arbeitnehmers H. als außertariflicher Angestellter im Ergebnis und in der Begründung zutreffend ersetzt
a)
Dem Antrag mangelt nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Zwar besteht im Betrieb kein Entgeltschema für außertarifliche Angestellte; es liegt auch kein Fall der sogenannten Ausgruppierung vor. Jedoch hat der Arbeitgeber auch dann, wenn er feststellen will, dass der Arbeitnehmer nicht in eine der Gehaltsgruppen der nach ihrem Geltungsbereich maßgeblichen Vergütungsordnung einzugruppieren ist, gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dazu die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen. Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, weil er den Arbeitnehmer nach der maßgeblichen Vergütungsordnung eingruppiert sieht, so kann der Arbeitgeber gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG ein entsprechendes Ersetzungsverfahren durchführen (BAG 26. November 2003 - 4 ABR 54/02 - Rn. 24, BAGE 109, 12).
b)
Die Arbeitgeberin hat das Zustimmungsersetzungsverfahren ordnungsgemäß eingeleitet. Die gerichtliche Zustimmungsersetzung nach § 99 Abs. 4 BetrVG setzt eine ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrats durch den Arbeitgeber iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG voraus. Dieser hat den Betriebsrat über die geplante personelle Einzelmaßnahme unter Vorlage der erforderlichen Urkunden zu unterrichten. Erforderlich und ausreichend ist eine Unterrichtung, die es dem Betriebsrat ermöglicht, aufgrund der mitgeteilten Tatsachen zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe gegeben ist. Diesen Anforderungen wird die Unterrichtung des Betriebsrats gerecht.
c)
Die Zustimmung des Betriebsrats gilt nicht nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt. Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung form- und fristgerecht iSv. § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG.
d)
Die Zustimmung des Betriebsrats ist gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG zu ersetzen, denn ein Grund für die Verweigerung der Zustimmung gemäß § 99 Abs. 2 BetrVG liegt nicht vor.
Die Einordnung des Arbeitnehmers H. als außertariflicher Angestellter verstößt nicht gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG gegen den VergRTV. Der Arbeitnehmer ist gemäß dessen § 1 Nr. 3 Buchst. c) von dem persönlichen Geltungsbereich ausgenommen. Die Arbeitgeberin und der Arbeitnehmer haben die Arbeitsbedingungen einzelvertraglich festgelegt, und die monatliche Vergütung des Arbeitnehmers liegt um mehr als 10 v.H. über der zutreffenden Stufe der höchsten Tätigkeitsgruppe H des VergRTV. Die Auslegung des Tarifvertrages ergibt, dass bei dem insoweit anzustellenden Vergleich andere von Tarifbeschäftigten bezogene Entgeltbestandteile als diejenigen nach der zutreffenden Stufe der höchsten Tätigkeitsgruppe außer Betracht bleiben. Dies gilt auch für Mehrarbeitsvergütung. Die Frage, ob sich die Tätigkeiten des Arbeitnehmers H. in den Entgeltgruppen des Tarifvertrages wiederfinden, bleibt nach dem erklärten Willen der Parteien des Tarifvertrages ebenfalls außer Betracht.
aa)
Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, ohne am Buchstaben zu haften. Dabei ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung, ergänzend herangezogen werden. Mit zu berücksichtigen ist ferner die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (stRspr., zB BAG 12.10.2022 - 5 AZR 48/22 - Rn. 19).
bb)
Nach diesem Verständnis der Tarifregelung liegt die Vergütung des Arbeitnehmers H. mindestens 10 v.H. über der zutreffenden Stufe der höchsten Tätigkeitsgruppe H.
(1)
Abzustellen ist auf die Umstände zum Zeitpunkt der Umsetzung der beabsichtigten personellen Maßnahme. Auf spätere Entgelterhöhungen kommt es nicht an (vgl. LAG Niedersachsen 10. Juni 2024 - 15 TaBV 79/23 - Rn. 87).
(2)
Die Arbeitgeberin vereinbarte mit dem Arbeitnehmer H. eine monatliche Grundvergütung von 7.083,34 Euro (85.000,00: 12). Die monatliche Vergütung eines Tarifbeschäftigten, die sich aus der zutreffenden Stufe der höchsten Tätigkeitsgruppe H ergibt, betrug seinerzeit 5.535,26 Euro. Damit übersteigt die vereinbarte Vergütung das Vergleichsentgelt um deutlich mehr als 10 v.H.
(3)
Bei der Ermittlung des Vergleichsentgelts sind andere Entgeltbestandteile der Tarifbeschäftigten nicht heranzuziehen.
(a)
Dies ergibt sich schon aus dem Tarifwortlaut. Danach ist auf die zutreffende Stufe der höchsten Tätigkeitsgruppe abzustellen: Andere Entgeltbestandteile finden keine Erwähnung.
(b)
Sinn und Zweck der Regelung bestätigen dies. Diese soll dem außertariflichen Angestellten eine Kompensation für die mit dem AT-Status verbundene Preisgabe tariflicher Ansprüche und Rechte schaffen. Für die sachliche Rechtfertigung des Verzichts auf tarifliche Ansprüche und Rechte ist nach § 1 Nr. 3 Buchst. c VergRTV die Höhe des dem außertariflichen Angestellten als Ausgleich zugesagten Entgelts entscheidend (vgl. BAG 18. November 2020 - 5 AZR 21/20 - Rn. 30). Aus der unterlassenen Bezugnahme auf das für einen Tarifangestellten erreichbare Gesamtentgelt ist zu schließen, dass die Tarifvertragsparteien in dem Abstand von 10 v.H. zu der höchsten Tätigkeitsgruppe eine ausreichende Kompensation gesehen haben. Dies hält sich im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums (vgl. LAG Niedersachsen 10. Juni 2024 - 15 TaBV 79/23 - Rn. 93).
(4)
Bei der Vergleichsberechnung sind weiterhin weder Mehrarbeitszuschläge noch die nach dem Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers H. abgegoltenen 240 Stunden Mehrarbeit zu berücksichtigen.
(a)
Stellt der Tarifvertrag für das Abstandsgebot auf die prozentuale Überschreitung des Tarifentgeltes ab, ist in Ermangelung anderweitiger Bestimmung des Tarifvertrages die monatliche Vergütung des AT-Angestellten für die Abstandsberechnung auch dann maßgebend, wenn dessen Arbeitszeit die tarifliche Arbeitszeit überschreitet (LAG Niedersachsen 10. Juni 2024 - 15 TaBV 79/23 - Rn. 96; vgl. auch BAG 26. November 2003 - 4 ABR 54/02 - Rn. 33; 21. Juni 2000 - 4 AZR 793/98 - Rn. 42, BAGE 95, 133).
(b)
Die Arbeitgeberin vereinbarte mit dem Arbeitnehmer H. im Übrigen auch keine von der tarifvertraglichen Arbeitszeit abweichende, individuelle Arbeitszeit. In der Regelung der Abgeltung von Mehrarbeit ist keine Arbeitszeitvereinbarung zu sehen, denn sie begründet keine Verpflichtung zur Leistung von Mehrarbeit, sondern regelt nur deren Vergütung.
(c)
Eine Regelung, die auf eine mehrarbeitsabhängige und damit gegebenenfalls von Monat zu Monat variierende Arbeitszeit abstellte, könnte zudem für verschiedene Zeiträume zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Dies wäre nicht praktikabel. Eine Auslegung in diesem Sinne würde nicht zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führen (vgl. LAG Niedersachsen 10. Juni 2024 - 15 TaBV 79/23 - Rn. 97).
cc)
Die Arbeitgeberin und der Arbeitnehmer H. haben die Arbeitsbedingungen einzelvertraglich festgelegt. Darauf, ob sich die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit in den Entgeltgruppen des EntgRTV wiederfindet, kommt es nicht an (LAG Niedersachsen 10. Juni 2024 - 15 TaBV 79/23 - Rn. 75 bis 78).
dd)
Nicht zu folgen ist der Auffassung des Betriebsrats, die Regelung gemäß § 1 Nr. 3 Buchst. c EntgRTV enthalte ein "ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal", wonach AT-Angestellter nur sein könne, wer eine nicht durch die tariflichen Entgeltgruppen abgebildete Tätigkeit ausübe.
(1)
Soweit er meint, sich für diese Ansicht auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 25. April 2018 (5 AZR 84/17) stützen zu können, zitiert er es verkürzt: Dort wird ausgeführt, dass sich außertarifliche Mitarbeiter dadurch auszeichnen, dass sie kraft ihrer Tätigkeitsmerkmale oderihrer Vergütungshöhe nicht mehr unter den persönlichen Geltungsbereich des einschlägigen Tarifvertrags fallen (BAG 25. April 2018 - 5 AZR 84/17 - Rn. 23 mwN). Der vom Betriebsrat aufgestellte Rechtssatz, die Tätigkeitsinhalte müssten sich stets von den im Tarifvertrag genannten unterscheiden, findet sich dort also nicht wieder.
(2)
Die vom Betriebsrat gewünschte Auslegung ist auch nicht durch Sinn und Zweck der Tarifnorm geboten. Dem Argument der "Lohngerechtigkeit und Transparenz" ist der Sinn und Zweck eines AT-Vertrages entgegenzuhalten. Er besteht nach dem Willen der Vertragsparteien darin, das Arbeitsverhältnis auf eine vom Tarifvertrag losgelöste Grundlage zu stellen. Dies hat zur Folge, dass etwa die Arbeitszeit des AT-Angestellten regelmäßig aufgabenorientiert ist (BAG 21. Juni 2000 - 4 AZR 793/98 - Rn. 40, BAGE 95, 133). Dadurch wäre eine Vergleichbarkeit mit der Gruppe der Tarifbeschäftigten auch dann nur bedingt gegeben, wenn sich die Aufgaben des AT-Angestellten in einer tariflichen Entgeltgruppe wiederfänden. Auch deshalb erscheint es nicht sachwidrig, dass der Tarifvertrag den AT-Angestellten ausschließlich anhand der Entgelthöhe definiert.
III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
IV.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde folgt aus der grundsätzlichen Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfrage.