Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 09.02.2024, Az.: 14 Sa 495/23
Beweis der vollständigen Herausgabe der Geschäftsunterlagen als für die Erfüllung beweisbelastete Partei
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 09.02.2024
- Aktenzeichen
- 14 Sa 495/23
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2024, 20280
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2024:0209.14Sa495.23.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Lüneburg - 15.06.2023 - AZ: 1 Ca 374/22
- ArbG Lüneburg - 16.06.2023 - AZ: 1 Ca 374/22
Rechtsgrundlage
- § 667 Alt. 1, 2 BGB
Fundstellen
- ArbR 2024, 440
- GWR 2024, 330
Amtlicher Leitsatz
Ein Antrag auf Herausgabe von Gegenständen hat diese so konkret wie möglich zu bezeichnen Zur Herausgabe von Geschäftsunterlagen und zur Beweislast Zum Unterlassungsanspruch gemäß § 6 GeschGehG
Tenor:
Unter vollständiger Zurückweisung der Berufung des Klägers und unter teilweise Stattgabe der Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 16.06.2023 - 1 Ca 374/20 - auf die Berufung des Beklagten teilweise abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger alle beim Beklagten verkörpert oder elektronisch auf Datenträgern vorhandenen Unterlagen des Klägers bzw. seiner Firmen S. und A. einschließlich aller Abschriften bzw. Kopien verkörperter oder elektronisch auf Datenträgern gespeicherter Art herauszugeben, nämlich: Auftragsunterlagen einschließlich Auftragsbestätigungen, Kalkulationen, Angebote, Kostenvoranschläge, Kundendateien, Kontaktdaten einschließlich Kundenrufnummern sowie sonstige Kundenkorrespondenz, und nach erfolgter Herausgabe sämtliche auf eigenen Geräten des Beklagten elektronisch gespeicherte Daten des Klägers bzw. seiner beiden vorgenannten Firmen vollständig dauerhaft zu löschen bzw. rückstandslos zu vernichten.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 95 % und der Beklagte 5 % zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 103.190,21 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten über arbeitgeberseitige Ansprüche auf Herausgabe, eidesstattliche Versicherung, Unterlassung und Schadensersatz.
Der Kläger ist Inhaber von zwei auf insbesondere Spielplatzarbeiten spezialisierte Firmen, die Firma S. und die Firma A. Er stellte den Beklagten aufgrund eines mündlich geschlossenen Arbeitsvertrages zum Oktober 2020 als Angestellten im Außendienst zu einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt von 4.641,59 Euro ein. Zwischen den Parteien ist streitig, ob und inwieweit der Beklagte für beide Firmen des Klägers Tätigkeiten entfalten sollte. Schwerpunkte der dem Beklagten übertragenen Aufgaben war die Auftragsakquise, die Bestandskundenpflege und die Vorbereitung von Angeboten. Der Beklagte erhielt zu Beginn des Arbeitsverhältnisses einen Dienstwagen nebst Tankkarte, zwei Multi-SIM-Karten sowie einen Tablet-Computer. Weil dieser ca. zwei Wochen nach Arbeitsaufnahme beschädigt wurde, nutzte der Beklagte seinen privaten Computer auch zu dienstlichen Zwecken. Ab Dezember 2020 (Klägervortrag) oder jedenfalls seit Januar 2021 (Beklagtenvortrag) stellte der Kläger dem Beklagten einen Laptop der Marke Hewlett Packard für die dienstliche Nutzung zur Verfügung. Einen weiteren Laptop erwarb der Beklagte vom Kläger für private Zwecke.
Am 21.03.2022 ging bei der Firma S. eine E-Mail der Firma B. für den Beklagten ein. Diese E-Mail betraf ein Treffen des Beklagten mit einem Vertreter der Firma B. am Folgetag in Bremen. Der Beklagte löschte diese E-Mail kurze Zeit später. Unter Bezugnahme auf diese E-Mail fragte der Kläger den Beklagten, ob er vorhabe, zu einem Konkurrenzunternehmen zu wechseln, was dieser verneinte und ausführte, er wolle künftig vielmehr als Selbstständiger mit dem Kläger zusammenarbeiten.
Mit Schreiben vom 30.03.2022 kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Wirkung zum 30.04.2022.
Am 29.04.2022 gab der Beklagte an den Kläger den Firmenlaptop und mindestens eine der SIM-Karten zurück, nachdem er bereits am 30.03.2022 das Firmenfahrzeug nebst Tankkarte sowie diverse Flyer und Kunststoffmuster zurückgeben hatte.
Seit Mai 2022 ist der Beklagte selbstständig im Bereich der Ausstattung von Spielplätzen tätig.
Mit Schreiben vom 21.05.2022 forderte der Kläger den Beklagten insbesondere auf, sämtliche im Rahmen seiner Arbeitstätigkeit erhaltenen betrieblichen Daten und Unterlagen auf einem geeigneten Datenträger herauszugeben und zugleich dauerhaft auf allen vom Beklagten privat genutzten Geräten zu entfernen sowie etwaige Kopien zu vernichten. Der Beklagte wurde aufgefordert, diese Unterlagen der Firmen des Klägers nicht selbst zu geschäftlichen Zwecken zu nutzen oder an Dritte weiterzugeben. Der Beklagte reagierte auf diese Aufforderung mit E-Mail vom 20.05.2022, in der es u. a. heißt:
"Anzumerken bleibt, dass aufgrund von betrieblich entstandenen Strukturen während meiner Tätigkeit in den Unternehmen Ihres Mandanten, sämtliche Arbeitsvorgänge durch mich zu meiner Tätigkeit ausschließlich mit eigenen Mitteln vorbereitet wurden."
Im September 2022 stellte der Kläger anhand von Testanrufen fest, dass der Beklagte den Telefonanschluss der Multi-SIM-Karten dahingehend konfiguriert hatte, dass bei Nichtabnahme des Anrufs das Telefonat nicht auf die Mailbox der Multi-SIM-Karten, sondern auf den privaten Anschluss des Beklagten weitergeleitet wurde. Daraufhin ließ der Kläger die Multi-SIM-Karten sperren.
Der Kläger hat behauptet, der vom Beklagten zurückgegebene HP-Laptop habe keine Daten einer dienstlichen Nutzung aufgewiesen. Ein insoweit eingeholtes Sachverständigengutachten habe ergeben, dass der HP-Laptop vom Beklagten ausschließlich zum "Surfen im Internet" verwendet wurde. Microsoft Office-Programme seien dagegen nicht genutzt worden. Somit sei klar, dass der Beklagte während des gesamten Arbeitsverhältnisses lediglich seine privaten Computer für seine Arbeiten im Außendienst genutzt habe. Die vom Beklagten hierauf gespeicherten geschäftlichen Unterlagen seien mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht herausgegeben worden. Dieser Umstand, die bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht deaktivierte Rufumleitung und die Aufnahme einer Konkurrenztätigkeit unmittelbar nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses anstatt der vorher zugesagten Kooperation mit ihm, dem Kläger, zeigten, dass der Beklagte es schon im bestehenden Arbeitsverhältnis darauf angelegt hatte, seine, also die Firmen des Klägers an sich zu reißen bzw. diesen durch die Gründung einer Konkurrenzfirma vom Markt zu drängen. Dies sei durch ein weiteres Indiz belegt. So habe der Beklagte insbesondere in den letzten Monaten des Arbeitsverhältnisses keine nennenswerten Umsätze mehr erwirtschaftet, obwohl die Vorhersage des Beklagten im Januar/Februar 2022 noch lautete, es seien bis Sommer 2022 mehr als genügend Aufträge von ihm akquiriert worden. Es sei davon auszugehen, dass der Beklagte bereits zu diesem Zeitpunkt Aufträge "umgeleitet" hat. Im Ergebnis stelle der Abschluss es Arbeitsvertrages einen Eingehungsbetrug des Beklagten dar. Dieser habe das Arbeitsverhältnis nur abgeschlossen, um eine künftige Selbständigkeit in der Spielplatzbranche vorzubereiten und die Kundenkontakte seines Arbeitgebers sowie zahlreiche weitere Geschäftsgeheimnisse "abzugreifen". Die Absicht des Beklagten, ihm, dem Kläger, in sittenwidriger Weise durch den Abschluss des Arbeitsverhältnisses wirtschaftlich nachhaltig zu schaden und sich hierfür auch noch ein Gehalt zahlen zu lassen, stelle ein in höchstem Maße treuwidriges Verhalten dar. Deshalb sei der Beklagte abweichend von den üblichen Konstellationen eines angefochtenen Arbeitsvertrages hier verpflichtet, den erhaltenen Arbeitslohn vollständig zurückzuzahlen.
Der Kläger hat beantragt,
- 1.
Der Beklagte wird verurteilt,
- a)
dem Kläger alle beim Beklagten verkörpert oder elektronisch auf Datenträgern vorhandenen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse des Klägers bzw. seiner Firmen S. und A. einschließlich aller Abschriften bzw. Kopien verkörperter oder elektronisch auf Datenträgern gespeicherter Art herauszugeben, also insbesondere Auftragsunterlagen einschließlich Auftragsbestätigungen, Kalkulationen, Angebote, Kostenvoranschläge, Kundendateien, Kontaktdaten einschließlich Kundenrufnummern, sonstige Kundenkorrespondenz etc., und nach erfolgter Herausgabe sämtliche auf eigenen Geräten des Beklagten elektronisch gespeicherte Daten mit Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen des Klägers bzw. seiner beiden vorgenannten Firmen vollständig dauerhaft zu löschen bzw. rückstandslos zu vernichten,
- b)
die Vollständigkeit der nach Ziffer 1a) als Inbegriff von Gegenständen herauszugebenden Unterlagen und Datenträger sowie zu löschenden/zu vernichtenden Daten mit Erfüllung gem. Ziffer 1a) an Eides statt zu versichern.
- 2.
Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zu Ordnungshaft, oder zu Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, für Wettbewerbszwecke auf die ihm während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses vom Kläger verkörpert oder elektronisch in Gestalt von Daten überlassenen und die von ihm selbst verkörpert oder elektronisch in Gestalt von Daten angefertigten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse des Klägers bzw. seiner Firmen S. und A. hierüber und gefertigte Aufzeichnungen und Abschriften bzw. Kopien verkörperter oder elektronischer Art, also insbesondere Auftragsunterlagen einschließlich Auftragsbestätigungen, Kalkulationen, Angebote, Kostenvoranschläge, Kundendateien, Kontaktdaten einschließlich Kundenrufnummern, sonstige Kundenkorrespondenz etc. zurückzugreifen und diese Dritten zu überlassen oder von Dritten verwerten zu lassen oder selbst zu nutzen oder zu verwerten.
- 3.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 88.190,21 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat behauptet, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe er am 29.04.2022 beide Multi-SIM-Karten an die Ehefrau des Klägers zurückgegeben. Während der Beschäftigungszeit habe er lediglich zu Beginn seinen privaten Computer zu dienstlichen Zwecken genutzt. Nach Übergabe des HP-Laptops habe er diesen ausschließlich für seine betriebliche Tätigkeit genutzt. Dementsprechend seien die betrieblichen Unterlagen auf diesem HP-Laptop gespeichert gewesen, als dessen Herausgabe an den Kläger erfolgte. Er habe allerdings den Zugriff auf diese Daten des HP-Laptops gesperrt. Die Sperrung sei durch eine einfache Maßnahme rückgängig zu machen. Insbesondere hätten sich die Daten zu diesem Zeitpunkt noch auf der Festplatte des HP-Laptops befunden und von einem Fachmann ohne Weiteres wiederhergestellt werden können. Damit habe er sämtliche betriebliche Daten herausgegeben. Das Treffen mit der Firma B. habe nicht der Vorbereitung einer Konkurrenztätigkeit, sondern seiner Tätigkeit für die Firmen des Klägers gedient. Es sei beabsichtigt gewesen, die Firma B. als Exklusivlieferanten für die Firmen des Klägers zu gewinnen. Selbstverständlich habe er bis zum Schluss Umsätze für die Firma S. erwirtschaftet. So sei bis Ende April 2022 in dieser Firma bereits ein Umsatz von ca. EUR 370.000,00 erwirtschaftet worden. Im Jahr 2021 habe der Umsatz dieser Firma sogar bei ca. 1,2 Mio EUR gelegen. Nach Herausgabe der Multi-SIM-Karten bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei es nicht mehr möglich gewesen, die zuvor eingerichtete Rufumleitung zu deaktivieren. Dies nachzuholen habe der Kläger im versäumt.
Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben über die Behauptung des Klägers, auf dem vom Beklagten zurückgegebenen Laptop hätten sich keine Daten infolge einer dienstlichen Nutzung befunden. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 15.06.2023 verwiesen.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat den Klaganträgen zu 1. a) und b) und 2. stattgegeben und die Klage hinsichtlich des Schadensersatzanspruches zu 3. abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Mit den von beiden Parteien eingelegten Berufungen verfolgen diese ihre erstinstanzlichen Begehren weiter.
Der Kläger meint, dass Arbeitsgericht habe rechtsfehlerhaft Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB verneint. Es liege ein Anstellungsbetrug vor. Bei der Prüfung eines Vermögensschadens im Bereich privatrechtlicher Arbeitsverhältnisse sei maßgeblich darauf abzustellen, ob die erbrachten Arbeitsleistungen den vom Arbeitgeber entrichteten Lohn tatsächlich wert gewesen seien oder nicht. Rechtsfehlerhaft habe das Arbeitsgericht auch die Prüfung von Schadensersatzansprüchen aus zusätzlichen Anspruchsgrundlagen bzw. insbesondere aus zugleich § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB i. V. m. § 241 Abs. 2 BGB und § 826 BGB unterlassen. Ebenso wie Ansprüche aus § 812 BGB. Die Schädigungsabsicht des Beklagten sei auf ein Abwerben bzw. spätere Mitnahme von Stammkunden und Aufträgen des Klägers und mithin auf ein umfassendes Ausspionieren und Ausschlachten zentraler Unternehmenswerte wie etwa den Kundenstamm der beiden Firmen des Klägers ausgerichtet gewesen. Ein weiteres Indiz sei die Nichtherausgabe betrieblicher Unterlagen und Daten sowie die Nichtherausgabe der Multi-SIM-Karte und die Rufumleitung. Der Beklagte habe ein Wettbewerbsverbot zu beachten gehabt, auf dessen Grundlage selbst Vorbereitungsmaßnahmen generell unzulässig gewesen seien. Zusätzlich zu dem Anstellungsbetrug und den erschlichenen Gehaltszahlungen sei eine sittenwidrige Schädigungsabsicht des Beklagten hinzugetreten. Trotz gegenteiliger Beteuerung des Beklagten seien seit ca. Januar/Februar 2022 plötzlich neue Aufträge für die Firma S. ausgeblieben. Dem Kläger sei inzwischen konkret bestätigt worden, dass etwa der Auftrag Gemeinde E. nicht dem Kläger, sondern im Anschluss an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Beklagten mit seiner neuen Firma G. erteilt worden. Auf diese Weise seien dem Kläger auch weitere Aufträge von anderen Standorten entgangen bzw. vom Beklagten an sich gezogen worden. Ähnlich konkret verdichteten sich die Anhaltspunkte für eine solche Umleitung im Hinblick auf bereits im Oktober 2020 gelistete Aufträge der Stadt B., der F. sowie im Fall der Stadt L. Der Beklagte versuche auch weiterhin aktuell, Stammkunden des Klägers an sich zu ziehen. Jedenfalls hätte das Arbeitsgericht dem Kläger nicht 85 % der Kosten auferlegen dürfen, weil die Beweisaufnahme vollständig zugunsten des Klägers ausgegangen sei.
Der Kläger beantragt,
- 1.
den Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an den Kläger 88.190,21 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
hilfsweise für den Fall der Erfolglosigkeit des Berufungsantrags zu 1.),
- 2.
über die Verteilung der Kosten der Beweisaufnahme unter Abänderung des angefochtenen Urteils und der darin getroffenen Kostengrundentscheidung gesondert zu entscheiden und diese Kosten der Beweisaufnahme abweichend von der übrigen mit 15 % Kostentragungspflicht des Beklagten und 85 % Kostentragungspflicht des Klägers ausgeurteilten Verteilung der Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten gesondert zu 100 % allein aufzugeben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen und das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 15.06.2023 - 1 Ca 374/22 - teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil im Hinblick auf die Abweisung des Schadensersatzanspruches und verweist darauf, dass er die physischen Datenträger an die Ehefrau des Klägers herausgegeben habe. Auf privat genutzten Geräten des Beklagten befänden sich keine Daten betrieblicher Art, er verfüge auch nicht über Daten in physischer Form. Der Kläger habe sämtliche auf dem Laptop befindlichen Daten bereits im normalen Tagesablauf in "cc" ebenfalls erhalten. Soweit sich das Arbeitsgericht auf die Aussagen des Zeugen Professor Dr. Krumm stütze, sei nicht berücksichtigt worden, dass der Laptop nach der Rückgabe noch benutzt worden sei. Auch der Zeuge habe nicht ausgeräumt, dass im Rahmen der nach dem 29.04.2022 erfolgten Nutzung eine Überschreibung habe erfolgt sein können. Der Kläger habe den Beweis für seine Behauptung der fehlenden Daten somit gerade nicht erbracht.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Sachvortrags der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll vom 09.02.2024 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Die zulässige Berufung des Beklagten ist teilweise begründet.
I. Die Berufung des Beklagten ist zulässig.
Sofern er erst in der mündlichen Verhandlung vom 09.02.2024 einen konkreten Berufungsantrag stellte, genügt seine Berufung den Vorgaben des § 520 Abs. 3 Nr. 1 ZPO. Auf Seite 2 der Berufungsbegründung stellte der Beklagte unter der Überschrift "Umfang der Anfechtung" klar, dass das Urteil "in vollem Umfang zur Überprüfung durch das Berufungsgericht gestellt" werde, was nur so zu verstehen ist, dass der Beklagte sämtliche dem Kläger zugesprochenen Ansprüche durch das Landesarbeitsgericht überprüft haben will. Daher ist es unerheblich, dass er im vorgehenden Satz nur die Herausgabe und Löschung von Daten sowie die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nennt. Die Berufungsbegründung selbst erfasst sämtliche tenorierten Ansprüche, weil der Beklagte sein Rechtsmittel mit der Behauptung führt, sämtliche betriebliche Daten zurückgegeben zu haben und über keine Daten in elektronischer oder physischer Form zu verfügen. Dieser Angriff der Berufung erfasst auch den austenorierten Unterlassungsanspruch, weil ohne diese Daten eine Nutzung nicht möglich wäre. Die Berufung insgesamt erscheint als noch ausreichend begründet.
II. 1. Die Berufung des Beklagten ist nur zum Teil begründet.
a) Hinsichtlich des Antrags zu 1. a) ist die Berufung insoweit begründet, als der Beklagte zur Herausgabe aller "Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse" verurteilt wurde und die aufgeführten Unterlagen mit "insbesondere" und "etc." bezeichnet wurden. In diesem Umfang ist der Klagantrag unzulässig, weil völlig unbestimmt.
Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift neben der bestimmten Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs auch einen bestimmten Antrag enthalten. Damit wird der Streitgegenstand abgegrenzt und zugleich eine Voraussetzung für die etwa erforderlich werdende Zwangsvollstreckung geschaffen. Daran gemessen ist ein Klageantrag grundsätzlich hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt, das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt. Welche Anforderungen an die Konkretisierung des Streitgegenstands in einem Klageantrag zu stellen sind, hängt jedoch auch ab von den Besonderheiten des anzuwendenden materiellen Rechts und den Umständen des Einzelfalls. Die Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrags sind danach in Abwägung des zu schützenden Interesses des Beklagten, sich gegen die Klage erschöpfend verteidigen zu können, sowie seines Interesses an Rechtsklarheit und Rechtssicherheit hinsichtlich der Entscheidungswirkungen mit dem ebenfalls schutzwürdigen Interesse des Klägers an einem wirksamen Rechtsschutz festzulegen. Ein Antrag auf Herausgabe von Gegenständen hat diese so konkret wie möglich zu bezeichnen (BGH 28.11.2002 - ZR 168/00 - Rn. 46, 48).
Es ist dem Kläger zumutbar, die in seinem überschaubaren Geschäftsbereich bei einem Arbeitnehmer wie dem Beklagten anfallenden Unterlagen wenigstens der Gattung nach zu bezeichnen, was er mit der Aufzählung in seinem Antrag auch getan hat. Dagegen ist völlig unbestimmt, was erweiternd mit "insbesondere" und "etc." gemeint sein soll und was in diesem Zusammenhang mit der Herausgabe aller "Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse" begehrt wird. Nach § 2 GeschGehG ist Geschäftsgeheimnis eine Information, die weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert ist und die Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist und bei der ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht. Der Kläger verlagert mit diesem sehr weitgefassten Antrag unzulässigerweise schwierige Rechtsfragen in das Zwangsvollstreckungsverfahren. Soweit er in der Klagschrift weitere Unterlagen genannt hat, ist dies im Rahmen der Darstellung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts geschehen und hat keinen Eingang in die Antragsstellung bezogen auf seine Unternehmen gefunden.
Der Antrag ist jedoch damit nicht insgesamt unzulässig. Bei verständiger Würdigung begehrt der Kläger die im Antrag ausdrücklich genannten Unterlagen und Daten nicht unter der Voraussetzung, dass es sich um Geheimnisse im o.g. Sinne handelt, sondern er begehrt sie jedenfalls als ihm zustehende Betriebsmittel.
Im Übrigen ist der Antrag zu 1. a) im einschränkend tenorierten Umfang begründet und die Berufung des Beklagten daher unbegründet.
Der Kläger hat einen Herausgabeanspruch entsprechend § 667 BGB. Die auftragsrechtlichen Regelungen enthalten allgemeine Grundsätze, die auch für Arbeitsverhältnisse gelten. Danach ist der Beklagte wie ein Beauftragter verpflichtet, dem Kläger alles, was er zur Ausführung der ihm übertragenen Arbeit erhalten und was er aus dem Arbeitsverhältnis erlangt hat, herauszugeben. Hierzu zählen auch die streitgegenständlichen Unterlagen, soweit sie tenoriert sind.
Der Beklagte hat die Geschäftsunterlagen iSv. § 667 BGB von der Klägerin erhalten oder erlangt. Zur Ausführung der übertragenen Arbeit erhalten hat der Arbeitnehmer alles, was ihm zum Zwecke der Durchführung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt worden ist. Aus dem Arbeitsverhältnis erlangt ist jeder Vorteil, den der Arbeitnehmer aufgrund eines inneren Zusammenhangs mit dem Arbeitsverhältnis erhalten hat. Hierzu gehören Unterlagen, die dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber bzw. dessen Repräsentanten zur Verfügung gestellt worden sind, § 667 Alt. 1 BGB, und die, die er während des Arbeitsverhältnisses, beispielsweise durch einen Schriftverkehr mit Dritten, erlangt hat, § 667 Alt. 2 BGB. Aus der Geschäftstätigkeit iSd. § 667 BGB erlangt sind auch die vom Beklagten im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit für die Klägerin selbst angelegten Akten, sonstige Unterlagen und Dateien - mit Ausnahme von privaten Aufzeichnungen (BAG 14.12.2011 - 10 AZR 283/10 - Rn. 19 f.).
Bei den geforderten Auftragsunterlagen einschließlich Auftragsbestätigungen, Kalkulationen, Angeboten, Kostenvoranschlägen, Kundendateien, Kontaktdaten einschließlich Kundenrufnummern und sonstiger Kundenkorrespondenz handelt es sich um entsprechende Geschäftsunterlagen iSv. § 667 BGB, die der Kläger dem Beklagten während des Arbeitsverhältnisses zur Wahrnehmung seiner Tätigkeit überlassen oder die er im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit erlangt hat.
Der Herausgabeanspruch ist nicht wegen Erfüllung erloschen (§ 362 Abs. 1 BGB). Der Beklagte hat als für die Erfüllung beweisbelastete Partei die vollständige Herausgabe nicht bewiesen.
Der Beklagte hatte alleinigen Besitz am Laptop und er hat diesen selbstständig unter Zugrundelegung kaufmännischer Erwägungen verwaltet (vgl. BAG 17.09.1998 - 8 AZR 175/97 - Rn. 49; vgl. a. ErKo/Preis/Greiner, § 619a BGB Rn. 29).
Selbst wenn man annehmen würde, dass der Kläger auf der Grundlage der Regelung des § 619a BGB für die nicht vollständige Rückgabe der betrieblichen Unterlagen darlegungs- und beweisbelastet wäre, wäre das Ergebnis dasselbe. In diesem Fall würde eine abgestufte Darlegungslast gelten. Der Beklagte hätte im Einzelnen darzulegen, wie die unstreitig in seinem alleinigen Machtbereich befindlichen Unterlagen vollständig an den Kläger zurückgelangt sind. Dies scheitert bereits an seinen widersprüchlichen Einlassungen. So behauptete er in seinem Schreiben vom 20.05.2022 in Bezug auf die vom Kläger geforderte Rückgabe der Unterlagen zwar zunächst, dass diese, mit der Übergabe des Computers, vollständig erfolgt sei. Er begründete dies jedoch damit, dass die "Handhabung aller Parteien von betrieblichen Daten über die betriebseigenen Geräte und E-Mail-Account´s" erfolgt sei. Anzumerken sei, dass aufgrund von betrieblich entstandenen Strukturen während seiner Tätigkeit in den Unternehmen sämtliche Arbeitsvorgänge durch ihn, den Beklagten, zu seiner Tätigkeit ausschließlich mit eigenen Mitteln vorbereitet worden seien. Damit gab der Beklagte zu, die Daten nicht auf dem Firmengerät gespeichert zu haben. Den Widerspruch zu seinem Prozessvortrag im Schriftsatz vom 14.11.2022, S. 5, in dem er die Nutzung seines privaten Laptops lediglich zu Beginn des Arbeitsverhältnisses behauptet hat, hat der Beklagte bis zur mündlichen Verhandlung nicht erläutert. Erst als er an diesem Tag vom erkennenden Gericht wiederholt darauf angesprochen und um eine Erklärung gebeten wurde, erwiderte er lapidar, da, also im vorgerichtlichen Schreiben, fehle das Wort anfänglich. Weiterhin hat er mit Schriftsatz vom 14.11.2022 angegeben, den Zugriff auf den Laptop "gesperrt" zu haben, was allerdings durch eine einfache Maßnahme hätte rückgängig gemacht werden können. Der Kläger hat dem mit folgendem Schriftsatz vom 16.01.2023 unwidersprochen entgegengehalten, dass der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 24.10.2022 dem widersprechend behauptet hatte, alle vorhandenen Daten in wiederherstellbarer Form gelöscht zu haben. Auch diesen Widerspruch hat der Beklagte nicht nachvollziehbar erläutert. Das Gericht geht davon aus, dass dem Beklagten, der über einen langen Zeitraum mit Computern arbeitete, der Unterschied zwischen einer Sperrung des Zugriffs auf den Laptop und einer Löschung von Daten bekannt ist. Seiner sekundären Darlegungslast wäre der Beklagte somit nicht in ausreichender Weise nachgekommen.
Jedenfalls wäre davon unabhängig aufgrund der überzeugenden Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts vom Kläger der Beweis erbracht, dass der Beklagte die Daten nicht vollständig mit dem Laptop herausgegeben hat. Die kurzen Einwendungen des Beklagten in seiner Berufungsschrift haben das Gericht nicht überzeugt.
Der Beseitigungsanspruch folgt aus §§ 6, 7 GeschGehG. Die Herausgabe von Unterlagen wäre nicht vollständig, wenn der Rechtsverletzer Abschriften oder Kopien behalten dürfte.
b) Hinsichtlich des Antrags zu 1. b) ist die Berufung ebenfalls begründet.
Der Kläger begründet diesen Antrag nicht näher, sodass für das Gericht nicht feststellbar ist, warum eine solche Verurteilung gerechtfertigt wäre.
c) Weiterhin besteht kein Unterlassungsanspruch gemäß dem Antrag zu 2.
Ein Unterlassungsanspruch besteht nicht aus § 6 des am 26.04.2019 in Kraft getretenen Geschäftsgeheimnisgesetzes (GeschGehG). Danach kann der Inhaber des Geschäftsgeheimnisses den Rechtsverletzer auf Beseitigung der Beeinträchtigung und bei Wiederholungsgefahr auch auf Unterlassung in Anspruch nehmen. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Rechtsverletzung erstmalig droht.
Ohne im Einzelfall entscheiden zu müssen, bei welchen der vom Kläger herausverlangten Unterlagen es sich tatsächlich um ein Geschäftsgeheimnis iSd § 2 Nr. 1 GeschGehG handelt, ist für das Gericht nicht feststellbar, welche der Unterlagen der Beklagte außerhalb des Arbeitsverhältnisses für sein neues Geschäft nutzte oder bei welchen die Nutzung droht. Kundendateien, Kontaktdaten einschließlich Kundenrufnummern und sonstiger Kundenkorrespondenz kommen kaum in Betracht. Wie in der mündlichen Verhandlung erörtert und aus der Anlage K 27 ersichtlich, sind Kunden des Klägers im Spielplatzbau idR Kommunen, deutlich seltener kirchliche Einrichtungen oder ein Spielepark usw., deren Kontaktdaten ohne weiteres im Internet abrufbar und deren aktueller Bedarf im Spielplatzbau telefonisch oder per E-Mail bequem abzufragen ist. Bereits angelegte Spielplätze werden nicht kurzfristig neu gebaut. Sofern Nacharbeiten erforderlich sein könnten, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung angab, ist nicht ersichtlich, dass sich dies aus den begehrten Unterlagen ergeben sollte. Dem Beklagten steht es frei, den tatsächlichen Bedarf an Nach- oder Wartungsarbeiten, sofern er diese überhaupt anbieten möchte, bei den öffentlich bekannten Kunden abzufragen.
Davon unabhängig zeigt gerade die umfangreiche Auflistung von Kundendaten in der vom Kläger ohne Not ungeschwärzt vorgelegten Anlage K 27, dass es an für die Annahme von Geschäftsgeheimnissen notwendigerweise angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen des Klägers fehlt, wenn er dem inzwischen im Konkurrenzgeschäft tätigen Beklagten im vorliegenden Prozess zahlreiche Kundendaten erneut preisgibt.
Warum und in welchen Fällen der insoweit erfahrene Beklagte veraltete Auftragsbestätigungen, Kalkulationen, Angebote und Kostenvoranschläge nutzen sollte, gerade angesichts der derzeitigen Preissteigerungen und der aus Platz- und Finanzierungsgründen jeweils völlig unterschiedlichen Kundenwünsche hinsichtlich der Ausstattung eines Spielplatzes ist nicht feststellbar und wird vom Kläger nicht vertiefend erläutert.
Soweit der Kläger einen Fall näher beleuchtet, in dem der Beklagte in seinem Geschäftsbereich nun als Konkurrent tätig zu sein scheint, die Gemeinde E., bei der es am 28.10.2020 ein Angebot von Seiten des Klägers gab, das nicht angenommen wurde, sondern dem Beklagten "im Anschluss an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses" erteilt wurde, schildert er eine normale Wettbewerbssituation am Markt und nicht, in welcher Weise dies unter Nutzung der begehrten Unterlagen geschah.
Ein ausgeschiedener Mitarbeiter darf zwar die während der Beschäftigungszeit erworbenen Kenntnisse auch später unbeschränkt verwenden, wenn er keinem Wettbewerbsverbot unterliegt. Dies gilt allerdings nur für Informationen, die er in seinem Gedächtnis bewahrt oder auf die er aufgrund anderer Quellen zugreifen kann, zu denen er befugtermaßen Zugang hat. Die Berechtigung, erworbene Kenntnisse nach Beendigung des Dienstverhältnisses auch zum Nachteil des früheren Dienstherrn einzusetzen, bezieht sich dagegen nicht auf Informationen, die dem ausgeschiedenen Mitarbeiter nur deswegen noch bekannt sind, weil er auf schriftliche Unterlagen zurückgreifen kann, die er während der Beschäftigungszeit angefertigt hat, etwa bei Verwertung von Kundenlisten. Liegen dem ausgeschiedenen Mitarbeiter derartige schriftliche Unterlagen - beispielsweise in Form privater Aufzeichnungen oder in Form einer auf dem privaten Notebook abgespeicherten Datei - vor und entnimmt er ihnen ein Geschäftsgeheimnis seines früheren Arbeitgebers, verschafft er sich damit dieses Geschäftsgeheimnis unbefugt (BGH 26.02.2009 - ZR 28/06 - Rn. 15).
Das dies geschehen ist, ist nicht feststellbar. Dies gilt umso mehr, als der Kläger nunmehr im Berufungsverfahren E-Mailkommunikation vorlegte, die lange nach Übergabe der Anlage K 27 im vorliegenden Verfahren stattfand.
Ein Schriftsatznachlass war nicht zu gewähren. Der Kläger hat darauf verzichtet, nachvollziehbaren Sachvortrag zum begehrten Unterlassungsanspruch und zur eidesstattlichen Versicherung zu erbringen, der auch auf der alten von ihm angenommenen Rechtslage erforderlich gewesen wäre.
Sonstige Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich.
2. Die Berufung des Klägers ist unbegründet.
a) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von 88.190,21 Euro. Eine Anspruchsgrundlage ist nicht ersichtlich. Das Gericht folgt den überzeugenden Gründen des Arbeitsgerichts unter III. der Entscheidungsgründe, § 69 Abs. 2 ArbGG. Die Berufung gibt Anlass zu folgender weiterer Begründung:
Die Berufungsbegründung enthält diesbezüglich zwar eine sehr ausführliche Darstellung möglicher Anspruchsgrundlagen, ohne jedoch ausreichend zu subsumieren, sodass deren Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Es ist bei einer Gesamtwürdigung des von zahlreichen Vermutungen und Unterstellungen geprägten Vortrags des Klägers für das Gericht nicht feststellbar, dass der Beklagte von Anfang an in schädigender Absicht eine feindliche Firmenübernahme oder eine Konkurrenztätigkeit plante und durchführte, um die Firmen des Klägers vom Markt zu drängen und seinen arbeitsvertraglichen Pflichten dabei völlig ungenügend nachkam.
Der Kläger stellte den Beklagten als Angestellten im Außendienst mit den Schwerpunkten Auftragsaquise, Bestandskundenpflege sowie Vorbereitung von Angeboten ein. Es ist völlig unglaubwürdig und wird auch nicht in Ansätzen ausreichend dargelegt, wenn es dem Kläger, der mit dem Beklagten in inhabergeführten Betrieben zusammenarbeitete, in den 19 Monaten des bestehenden Arbeitsverhältnisses nicht aufgefallen sein sollte, dass dieser seine arbeitsvertraglichen Pflichten in derart schwerwiegender Weise, wie er es weitgehend pauschal behauptet, vernachlässigt und ihn angeblich geschädigt hat, so dass es ausnahmsweise gerechtfertigt wäre, ihn zur Rückzahlung der geleisteten Löhne zu verurteilen. Insbesondere ist nicht feststellbar, dass der Beklagte Derartiges bei Abschluss des Arbeitsvertrages plante, so dass bereits ein Anfechtungsgrund nicht gegeben ist. Auch ist keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung oder ein treuwidriges Verhalten erkennbar, welches den Zahlungsanspruch begründen könnte.
Ohne auf jede der angeblichen Behauptungen und Vermutungen einzugehen, begründet die angebliche vom Beklagten verschuldete Auftragsflaute, noch dazu in einer Zeit, in der die Wirtschaft insgesamt schweren Beeinträchtigungen ausgesetzt war, den Anspruch des Klägers nicht. Vom Beklagten zu seiner Verteidigung genannte hohe Umsatzzahlen werden bestritten und genutzt, um ihm vorzuwerfen, dass er weiterhin betriebliche Daten habe und nutze. Der Arbeitnehmer ist auch berechtigt, mit seinem Arbeitgeber Verhandlungen über eine selbstständige Zusammenarbeit anzustreben, ohne dass hieraus der Schluss einer feindlichen Firmenübernahme als von Anfang an bestehender Gesamtplan des Arbeitnehmers zulässig wäre. Der Anspruch des Klägers begründet sich auch nicht aus einer vom Beklagten nicht gelöschten Rufumleitung. Es wäre Aufgabe des Klägers gewesen, diese nicht verbotene und für ihn erkennbare und nachvollziehbare technische Einrichtung eines Außendienstmitarbeiters, der viel von seiner Wohnung aus arbeitet, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu löschen, was besonders deshalb nahegelegen hätte, weil er behauptet, nicht beide SIM-Karten zurückerhalten zu haben. Vertragspartner mit dem Dienstleister war der Kläger und nicht der Beklagte. Daher konnte der Kläger entscheiden, wie er den Mobilfunkanschluss gestaltet. Die unterlassene Rückgabe einer der beiden SIM-Karten wäre ein nachvertraglicher Pflichtverstoß des Beklagten und deren weitere Nutzung u. U. ein wettbewerbsrechtlich zu ahndendes Verhalten, aber kein Rechtsgrund für den Klaganspruch. Sofern Rechnungen in der Anschrift den Namen des Beklagten, der offenbar den Kundenkontakt hatte, unter der Firma des Klägers tragen und darüber hinaus als Lieferanschrift den Lagerhof des Klägers nennen, vermag das Gericht darin bereits kein Eigengeschäft des Beklagten zu erkennen. Der Beklagte hat hier nachvollziehbar eingewandt, keine Rechnungen erstellt zu haben. Die Umleitung von Geldern an den Beklagten ist davon unabhängig nicht feststellbar. Sofern der Beklagte nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Konkurrenzfirma gründete, war dies sein gutes Recht und er durfte nach den obigen Ausführungen auch bereits vorher Vorbereitungsmaßnahmen treffen. Was das Treffen mit der Firma B. angeht, hätte er hier nicht einmal Konkurrenz ausgeübt, der Kläger selbst hat ausgeführt, zu keiner Zeit Interesse an einer Zusammenarbeit mit dieser Firma gehabt zu haben (Schriftsatz vom 16.01.2023, S. 8). Jedenfalls würden einzelne Pflichtverstöße des Beklagten in dem 19 Monate andauernden Arbeitsverhältnis der Parteien keinen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Bruttolöhne begründen. Warum es das unredliche Werk des Beklagten ist, dass der Kläger den Auftrag der Gemeinde E. nicht erhalten hat, wird aus seinem Vortrag nicht ausreichend deutlich. Davon unabhängig würde eine einzelne nachlässige Auftragsbearbeitung und der lange Zeit später nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses selbst vom Beklagten im Rahmen seiner neuen Tätigkeit herangezogene Auftrag die Vorwürfe einer von Anfang an geplanten Verdrängung des Klägers vom Markt nicht begründen. Hinsichtlich weiterer Aufträge ist der Vortrag des Klägers nur unzureichend geblieben und zum Teil lediglich von Vermutungen geprägt.
b) Soweit der Kläger die Kostenverteilung des Arbeitsgerichts rügt und meint, die Kosten der Beweisaufnahme hätten dem Beklagten in Rechnung gestellt werden müssen, vermag dem das Gericht nicht zu folgen. Abgesehen davon, dass dies im Ermessen des Gerichts steht, verwandte der Kläger das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht nur zur Begründung seiner Herausgabeansprüche, dem einzigen Antrag, mit dem er auch nur zum Teil erfolgreich war, sondern ausdrücklich auch zur Begründung seiner erfolglosen Zahlungsklage.
Auch eine Würdigung des weiteren Sachvortrags der Parteien, von deren Darstellung im Einzelnen Abstand genommen wird, führt zu keinem abweichenden Ergebnis.
Der offensichtliche Schreibfehler im ersten Absatz, letzte Zeile des Tenors (verkündet wurde: "der Beklagten" statt richtig "des Beklagten") wurde gemäß § 319 Abs. 1 ZPO berichtigt.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 92 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. Gegen diese Entscheidung ist daher kein Rechtsmittel gegeben.