Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 24.04.2024, Az.: 13 Sa 288/23

Geltung der Begrenzung des Entgeltfortzahlungsanspruchs eines Arbeitnehmers auf die Dauer von sechs Wochen nach dem Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalls

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
24.04.2024
Aktenzeichen
13 Sa 288/23
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2024, 20279
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2024:0424.13Sa288.23.00

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Hannover - 27.02.2023 - AZ: 10 Ca 156/22

Amtlicher Leitsatz

Kann ein Arbeitnehmer aufgrund bestehender Erkrankungen keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen, ohne dass sich sein Gesundheitszustand in absehbarer Zeit verschlimmert, liegt eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG vor, wenn der Arbeitgeber gemäß § 106 S. 2 i.V.m. S. 1 GewO wirksam angeordnet hat, in bestimmten Situationen zum Schutz vor SARS-Cov-2-Infektionen eine Maske im Betrieb zu tragen.

Tenor:

  1. 1)

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 27.02.2023 (10 Ca 156/22) abgeändert, soweit die Beklagte zur Zahlung von 905,-€ brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2022 sowie zur Zahlung von 5.430,-brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2022 an den Kläger verurteilt worden ist.

    Insoweit wird die Klage abgewiesen.

  2. 2)

    Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

  3. 3)

    Von den erstinstanzlichen Kosten hat der Kläger 60 % und die Beklagte 40 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

  4. 4)

    Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten noch über Vergütungsansprüche.

Der 1959 geborene Kläger trat 1990 als Arbeitnehmer in die Dienste der Beklagten, die ihn zuletzt als Senior Projekt Ingenieur gegen ein Bruttomonatsgehalt von 5.450,00 EUR beschäftigte.

Aufgrund der Covid19 Pandemie ordnete die Beklagte auf dem Betriebsgelände und in den dortigen Räumlichkeiten das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes an, soweit nicht der Sitzplatz an einem zugewiesenen Arbeitsplatz eingenommen war, an welchem ein ausreichender Abstand von mindestens 1,5 Metern zu anderen Personen eingehalten werden konnte.

Am 21.10.2020 befand sich der Kläger ohne Mund-Nasen-Schutz auf dem Betriebsgelände und wurde von seinem Vorgesetzten angewiesen ab dem Folgetag eine solche zu tragen. Der Kläger berief sich demgegenüber auf ein Attest zur Befreiung von der Maskenpflicht.

Dem Kläger war nachfolgend ab 22.10.2020 bis zum Frühjahr 2022 durchgehend Arbeitsunfähigkeit bescheinigt.

Aufgrund eines Bescheides vom 20.04.2022 bewilligte die K. dem Kläger rückwirkend ab 02.12.2020 eine unbefristete Rente wegen voller Minderung der Erwerbsfähigkeit. In dem Bescheid heißt es:

"Als Rentenantrag gilt der am 27.01.2021 gestellte Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben."

Die Aufhebung dieses Bescheides verfolgt der Kläger nach Zurückweisung seines Widerspruchs mit einer Klage vor dem Sozialgericht, über die noch nicht entschieden ist.

Die attestierte Arbeitsunfähigkeit des Klägers endete am 30.04.2022. Am 02.05.2022 erschien er auf dem Betriebsgelände der Beklagten und bot an, seine Arbeit ohne Mund-Nasen-Schutz zu erbringen. Die Beklagte nahm die Arbeitskraft nicht an.

Mit Ablauf des 26.05.2022, einem arbeitsfreien Feiertag, endete bei der Beklagten die Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes.

Für die Zeit ab 27.05.2022 reichte der Kläger erneut eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei der Beklagten ein.

Vor dem Arbeitsgericht (10 Ca 11/22) begehrte der Kläger zunächst die Feststellung, dass er nicht verpflichtet sei, in den Räumlichkeiten der Beklagten einen Mund-Nasen-Schutz-Schutz zu tragen. Hierzu berief er sich u.a. auf ein Attest des Dr. med. K. vom 07.03.2022 (Anlage K 10, Bl. 41 d.A.), wonach bei dem Kläger vor dem Hintergrund einer psychischen Vorerkrankung eine Befreiung von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung dringend notwendig ist. Die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts blieb mangels Feststellungsinteresse erfolglos (Kammerurteil vom 10.05.2023, 13 Sa 403/22).

Mit der vorliegenden, am 13.07.2022 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger sodann u.a. die Zahlung der Vergütung für die Monate Mai und Juni 2022 verlangt.

Der Kläger hat vorgetragen, er seit dem 22.10.2020 aufgrund sonstiger Spondylose Lumbalbereich, sonstiger Spondylose Thorakalbereich, generalisierter Angststörung und mittelgradiger depressiver Episode arbeitsunfähig gewesen. Mit Ablauf des 30.04.2022 habe die Arbeitsunfähigkeit geendet.

Ab dem 02.05.2022 stehe ihm Annahmeverzugslohn zu, da er die Arbeitsleistung wirksam angeboten habe. Er sei aus gesundheitlichen Gründen wirksam von der Verpflichtung zum Tragen einer Maske befreit gewesen sei. Das Tragen einer Maske führe bei ihm auch bei normaler körperlicher Betätigung dazu, dass ein Gefühl der Beengung entstehe. Dies steigere sich zu Panik und Hyperventilation. Daraus resultierten Herzrasen, Schweißausbrüche, Kopfschmerzen, Schwindel, motorische Unruhezustände und Konzentrationsstörungen.

Ab dem 27.05.2022 sei er an Atherosklerose der Extremitätenarterien arbeitsunfähig erkrankt gewesen, weshalb ihm ab diesem Zeitpunkt Entgeltfortzahlung zu gewähren sei.

Der Kläger hat - soweit noch von Interesse beantragt:

  1. 1.

    Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Vergütung für den Monat Mai 2022 in Höhe von 5.430,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2022 zu zahlen.

  2. 2.

    Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Vergütung für den Monat Juni 2022 in Höhe von 5.430,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2022 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat geltend gemacht, für Mai 2022 habe der Kläger keinen Anspruch auf Vergütung, da sie nicht verpflichtet gewesen sei, ihn ohne Mund-Nasen-Schutz zu beschäftigen. Ihm sei es aus gesundheitlichen Gründen nicht unzumutbar gewesen, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Der Kläger habe die Arbeitsleistung verweigert und unentschuldigt gefehlt.

Ungeachtet dessen sei es mit Blick auf die bewilligte Erwerbsminderungsrente fraglich, ob der Kläger im Mai 2022 überhaupt arbeitsfähig gewesen sei. Auch könne er aufgrund seiner behaupteten Probleme einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, als arbeitsunfähig einzustufen sein.

Am 27.05.2022 habe sich der Kläger nicht unverzüglich abgemeldet. Zudem sei er wieder an derselben Krankheit erkrankt.

Das Arbeitsgericht hat mit einem der Beklagten am 20.03.2023 zugestellten Urteil vom 27.02.2023 (Bl. 66 - 71 d.A.), auf das wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie seiner Würdigung durch das Arbeitsgericht verwiesen wird, der Zahlungsklage für den Zeitraum 27.05. bis 30.06.2022 stattgegeben, im Übrigen hat es sie abgewiesen. Gegen ihre Verurteilung richtet sich die am 19.04.2023 eingelegte und am 19.06.2023 innerhalb verlängerter Frist begründete Berufung der Beklagten. Auf die ihm am 19.06.2023 zugestellte Berufungsbegründung hat der Kläger innerhalb seiner am 19.07.2023 eingegangenen Berufungserwiderung Anschlussberufung eingelegt, soweit seine Zahlungsklage abgewiesen worden ist.

Die Beklagte trägt vor, auch für den Zeitraum vom 27.05. bis zum 30.06.2022 habe der Kläger keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, weil insgesamt ein einheitlicher Verhinderungsfall vorliege.

Sie habe in ihrem Betrieb auf Basis der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung berechtigt das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes angeordnet, welches damit Teil der geschuldeten Arbeitsleistung gewesen sei. Bis einschließlich 24:00 Uhr des 26.05.2022 sei der Kläger daher ausweislich des von ihm vorgelegten ärztlichen Attestes und damit aufgrund einer vorhandenen Krankheit nicht in der Lage gewesen, den Mund-Nasen-Schutz zu tragen und die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Damit habe eine unmittelbare zeitliche Folge der Arbeitsunfähigkeiten vorgelegen, weshalb sie berechtigterweise vermuten dürfe, dass die neue Erkrankung bereits während der vorherigen Arbeitsunfähigkeit aufgetreten sei.

Ungeachtet dessen sei auch der Bezug der Erwerbsminderungsrente als Indiz für eine bestehende Fortsetzungserkrankung zu werten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichtes Hannover vom 27.02.2023, Az.: 10 Ca 156/22, wird teilweise abgeändert. Die Zahlungsklage zu den Klageanträgen 4. und 5. wird insgesamt abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

und

auf die Anschlussberufung das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 27.02.2023 (10 Ca 156/22) zu ändern, soweit es den Klageantrag zu 4. abgewiesen hat und die Beklagte zu verurteilen, für den Monat Mai 2022 weitere 4.525,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2022 an den Kläger zu zahlen.

Der Kläger macht geltend, die Erkrankung an Atherosklerose seit dem 27.05.2022 habe erst seit diesem Tag bestanden. Zu diesem Zeitpunkt sei die bis zum 01.05.2022 dauernde vorherige Erkrankung sei bereits vollständig ausgeheilt gewesen.

Vom 02.05.2022 bis zum 26.05.2022 sei er nicht arbeitsunfähig krank gewesen. Die Weisung der Beklagten zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung sei unwirksam gewesen, weshalb er seine Arbeitsleistung auch ohne das Tragen einer solchen habe anbieten können.

In den Innenräumen bei der Beklagten, auch auf den Rundgängen und in der Kantine, hätten Abstände von mindestens 1,5 Metern zu anderen Personen eingehalten werden können.

Er bestreite, dass die Anordnung einer Maskenpflicht die Anzahl der eigenen abgegebenen Aerosole des Maskenträgers verringere bzw. deren Ausbreitungsverhalten verändere.

Der Gesundheitsschutz der Beschäftigten habe auch durch mildere Mittel als die Maskenpflicht, beispielsweise durch das Errichten von Trennwänden, sukzessive Teilbetriebsversammlungen, regelmäßige Tests, etc. gewährleistet werden können.

Auch der Umstand, dass die Beklagte die Anordnung zum 26.05.2022 aufgehoben habe, lasse darauf schließen, dass die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes bereits zu diesem Zeitpunkt aufgrund des Pandemiegeschehens nicht mehr gerechtfertigt und damit unbillig gewesen sei.

Ungeachtet dessen stehe ihm ab dem 27.05.2022 auch deshalb Entgeltfortzahlung zu, weil der Zeitraum 12 Monate nach Beginn der Erkrankung am 22.10.2020 liege.

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Sitzungsprotokoll verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung der Beklagten ist gemäß § 8 Abs. 2 sowie § 64 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG statthaft sowie form- und fristgerecht im Sinne der §§ 66, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt worden. Sie ist auch im Übrigen zulässig und begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von 905,00 € brutto für die Zeit vom 27.05.2022 bis 31.05.2022 und auf 5.430,00 € brutto für Juni 2022 gem. § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG, weil der 6-Wochen-Zeitraum bereits erschöpft war.

1.

Die Begrenzung des Entgeltfortzahlungsanspruchs auf die Dauer von sechs Wochen gilt nach dem Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalls auch, wenn während einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit eine neue Krankheit auftritt, die ebenfalls Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. In einem solchen Fall kann der Arbeitnehmer bei entsprechender Dauer der durch beide Erkrankungen verursachten Arbeitsverhinderung die Sechs-Wochen-Frist nur einmal in Anspruch nehmen (BAG 11.12.2019 - 5 AZR 505/18 -, BAGE 169, 117-125, Rn. 13).

Nach allgemeinen Grundsätzen trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für die Anspruchsvoraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG. Ebenso wie er für die Tatsache der Arbeitsunfähigkeit als solcher beweispflichtig ist, trifft ihn auch für deren Beginn und Ende die objektive Beweislast. Bestreitet der Arbeitgeber unter Berufung auf den Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalls, dass Arbeitsunfähigkeit infolge der "neuen" Krankheit erst jetzt eingetreten sei, hat der Arbeitnehmer als anspruchsbegründende Tatsache darzulegen und im Streitfall zu beweisen, dass die neue Arbeitsunfähigkeit erst zu einem Zeitpunkt eingetreten ist, zu dem die erste krankheitsbedingte Arbeitsverhinderung bereits beendet war (BAG 11.12.2019, a.a.O., Rn. 16).

2.

Die Beklagte hat im Streitfall hinreichend gewichtige Indizien dafür vorgetragen, dass die ab 27.05.2022 attestierte Arbeitsunfähigkeit des Klägers zu einer bereits bestehenden anderen Arbeitsunfähigkeit hinzugetreten ist. Dem ist der Kläger nicht hinreichend entgegengetreten.

a)

Unstreitig war der Kläger vom 22.10.2020 bis zum 30.04.2022 arbeitsunfähig krank.

b)

Darüberhinaus war der Kläger auch in der Zeit vom 01.05. bis 26.05.2022 krankheitsbedingt arbeitsunfähig. Diese Arbeitsunfähigkeit ist zu der bis zum 30.04.2022 attestierten Arbeitsunfähigkeit hinzugetreten, ohne dass der Kläger zwischenzeitlich arbeitsfähig geworden ist.

aa)

Die Beklagte hat im Berufungsverfahren klargestellt, dass sie für den Zeitraum vom 01.05. bis 26.05.2022 nicht mehr von einer Arbeitspflichtverletzung des Klägers, sondern von einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit ausgeht, die vertraglich geschuldete Tätigkeit zu erbringen. Für eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit hat sie auch gewichtige Anhaltspunkte vorgebracht. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger für den fraglichen Zeitraum keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen eingereicht hat. Der Nachweis krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit kann auch auf andere Weise erbracht werden. Insofern ist im Streitfall unstreitig, dass die Beklagte bereits vor dem 01.05.2022 auf dem Betriebsgelände und in den dortigen Räumlichkeiten das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes angeordnet und auf diese Weise die Umstände, unter denen die arbeitsvertraglich rahmenmäßig umschriebene Arbeitsleistung zu erbringen ist, konkretisiert hat. Ebenso unstreitig ist das Attest des Dr. med. K. vom 07.03.2022 (Anlage K 10, Bl. 41 d.A.) wonach bei dem Kläger vor dem Hintergrund einer psychischen Vorerkrankung in Form einer depressiven Persönlichkeits- und generalisierter Angststörung aus der Jugendzeit eine Ausnahmesituation besteht, die eine Befreiung von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung dringend notwendig macht, weil anderenfalls auch bei normaler körperlicher Betätigung ein Gefühl der Beengung entstehe, das sich zu Panik und Hyperventilation steigere, woraus Herzrasen, Schweißausbrüche, Kopfschmerzen, Schwindel, motorische Unruhezustände und Konzentrationsstörungen und die Gefahr eines Bewusstseinsverlusts resultierten. Damit bestanden gewichtige Anhaltspunkte für eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit auch während der Geltungsdauer der betrieblichen Maskenpflicht, denn Arbeitsunfähigkeit ist dann gegeben, wenn ein Krankheitsgeschehen den Arbeitnehmer außer Stand setzt, die ihm nach dem Inhalt des Arbeitsvertrags obliegende Arbeit zu verrichten, oder wenn er diese Arbeit nur unter der Gefahr, in absehbarer Zeit seinen Zustand zu verschlimmern, fortsetzen könnte (vgl. etwa BAG 26.07.1989 - 5 AZR 301/88 -, Rn. 17f, juris; Knorr/Krasney in: Entgeltfortzahlung - Krankengeld - Mutterschaftsgeld; Kommentar, 3. Ergänzungslieferung, § 3 EntgFG, Rn. 23a, m.w. umfangr. Nachw. aus d. Rspr.). Arbeitsunfähigkeit ist also nicht nur gegeben, wenn sie unmittelbar durch die Krankheit verursacht wird, sondern auch, wenn ärztlich die Enthaltung von der Arbeit zur Vermeidung eines Rückfalls oder zur Festigung des Gesundheitszustands empfohlen wird (etwa BAG 25.06.1981 - 6 AZR 940/78 -, Rn. 42, juris). Ein solcher Zusammenhang besteht auch dann, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund eines regelwidrigen körperlichen Zustands keine Maske tragen kann (vgl. Knorr/Krasney in: Entgeltfortzahlung - Krankengeld - Mutterschaftsgeld; Kommentar, 3. Ergänzungslieferung, § 3 EntgFG, Rn. 23a; Harländer/Otte, NZA 2022, 160, 164; siehe auch LAG Köln 12.04.2021 - 2 SaGa 1/21 -, Rn. 29, juris).

bb)

Der Behauptung einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit im Zeitraum vom 01.05. bis 26.05.2022 ist der Kläger nicht hinreichend entgegengetreten. Er stützt sich weiterhin auf das Attest und hat selbst ausgeführt (S. 3 seines Schriftsatzes vom 04.01.2023, Bl. 38 d. A.), aufgrund der dort geschilderten Gegebenheiten nicht einmal für die Zeiten der innerbetrieblichen Wege zu seinem Büroarbeitsplatz sowie die notwendigen zeitlich begrenzten Aufenthalte im Produktions- und Sanitärbereich eine Maske tragen zu können, wobei sich dies nicht auf FFP2-Masken beschränke. Er hat auch keine tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit der betrieblichen Anordnung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes vorgetragen, aus der sich ergeben könnte, dass er zur Einhaltung der betrieblichen Maskenpflicht nicht verpflichtet, mithin als arbeitsfähig zu betrachten war.

(1)

Der Arbeitgeber hat gem. § 106 S. 1 GewO das Recht, die im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht des Arbeitnehmers im Einzelnen festzulegen. Gegenstand des Direktionsrechts ist nicht allein die Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers. Ihm unterliegen - wie § 106 S. 2 GewO verdeutlicht - auch Verhaltenspflichten, die darauf zielen, den Austausch der Hauptleistungen sinnvoll zu ermöglichen (vgl. BAG 19.01.2016 - 2 AZR 449/15 -, Rn. 41, juris), etwa Anweisungen des Arbeitgebers an die Arbeitnehmer, bestimmte Arbeitsschutzmaßnahmen im Betrieb zu befolgen (ErfK/Preis, 24. Aufl. 2024, GewO § 106 Rn. 33b, m.w.N.; LAG Berlin-Brandenburg 26.04.2022 - 7 Sa 106/22 -, Rn. 25, juris).

(2)

Gesichtspunkte, die im Streitfall die betriebliche Anordnung der Beklagten zum Tragen von Mund-Nasenbedeckungen unbillig erscheinen lassen, sind nicht erkennbar.

(a)

Die Ausübung des Weisungsrechts entspricht billigem Ermessen i.S.d. § 106 S. 1 GewO (§ 315 Abs. 1 BGB), wenn der Arbeitgeber die wesentlichen Umstände des Einzelfalles und die beiderseitigen Interessen angemessen abgewogen hat. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13.06.2012 - 10 AZR 296/11 - juris, Rn. 30). Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (st. Rsp. BAG 15.09.2009 - 9 AZR 643/08 -, juris, Rn. 29, m.w.N.).

(b)

Hiernach hielt sich die Anordnung im Rahmen billigen Ermessens.

(aa)

Die Beklagte ist privatrechtlich (§ 618 Abs. 1 BGB, § 241 Abs. 2 BGB) und öffentlich-rechtlich (§ 3 Abs. 1 ArbSchG) verpflichtet, ihre Mitarbeiter bei der Ausübung ihrer betrieblichen Tätigkeit nach Möglichkeit und wissenschaftlicher Erkenntnis vor gesundheitlichen Gefahren zu schützen, insbesondere, wenn diese aufgrund der betrieblichen Verhältnisse begünstigt werden. Zu diesen Gefahren zählte das unstreitig seinerzeit gegebene SARS-CoV-2-Infektionsgeschehen, denn infolge von SARS-CoV-2-Infektionen kann es zu schweren und tödlichen Krankheitsverläufen kommen.

(bb)

Die Anordnung einer "Maskenpflicht" auf dem Betriebsgelände und in den dortigen Räumlichkeiten, ist ein grundsätzlich geeignetes Mittel dieser Infektionsgefahr zu begegnen, denn das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung dient dem wechselseitigen Infektionsschutz. Die Maske verringert die Anzahl der eigenen abgegebenen Aerosole des Maskenträgers bzw. verändert deren Ausbreitungsverhalten und kann damit je nach räumlichen Gegebenheiten, der Belegungssituation und der ausgeführten Tätigkeiten andere Mitarbeiter schützen. Umgekehrt können so - wenn auch mit geringerer Wirkung - eigene Infektionen durch das Einatmen von Aerosolen anderer Personen vermieden werden. Diese wissenschaftlichen Erkenntnisse haben Niederschlag u. a. in § 3 Abs. 1 SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) vom 21. Januar 2021 gefunden.

(cc)

Der mit der Anordnung verbundene Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit ist regelmäßig als gering anzusehen und im Verhältnis zu dem mit der Maßnahme verfolgten legitimen Ziel eines effektiven betrieblichen Infektionsschutzes und einer - auch im Interesse der Arbeitnehmer liegenden - möglichst umfassenden Aufrechterhaltung der Betriebstätigkeit in Pandemiezeiten hinzunehmen. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte die Verpflichtung, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, nicht undifferenziert ausgesprochen, sondern sich unbestritten an der Empfehlung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung orientiert und eine Befreiung dort ermöglicht hat, wo dauerhaft der Mindestabstand von 1,5 m eingehalten werden kann und mit einer plötzlichen Unterschreitung der Distanzregel nicht zu rechnen war, wie ggf. nach Einnahme des Sitzplatzes am zugewiesenen Arbeitsplatz.

(dd)

Entgegen der Auffassung des Klägers musste sich die Beklagte nicht auf das Testen beschränken. Schnelltests erkannten nicht zuverlässig jede Infektion, weil deren Empfindlichkeit nach dem seinerzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand - in Abhängigkeit von der jeweiligen Virusvariante sowie vom Stadium bzw. Verlauf der Erkrankung und der damit einhergehenden Menge der ausgeschiedenen Viren - zum Zeitpunkt der Testung vermindert war (vgl. auch LAG Berlin-Brandenburg 26. April 2022 - 7 Sa 106/22 -, Rn. 27, juris).

Die Beklagte musste ferner nicht davon ausgehen, dass ein Testen in Verbindung mit Hinweisen und Hilfestellungen zur Einhaltung des Abstandsgebots ausreichend war. Denn auch wenn etwa die dortigen Flure, Produktionsbereiche, Sanitärräume und die Kantine grundsätzlich die Einhaltung eines Mindestabstand von 1,5 Metern bei Einzelbegegnungen ermöglicht haben sollten und zudem mit Klebestreifen auf dem Fußboden zwecks Abstandswahrung versehen waren, durfte die Beklagte in ihre Überlegungen einbeziehen, dass dort aufgrund der jeweiligen Raumzwecke und des spontanen Verhaltens ihrer Mitarbeiter eine deutlich größere Gefahr unvorhersehbarer Begegnungen mehrerer Personen und einer (ungewollten) Unterschreitung des Mindestabstands bestand (vgl. auch LAG Berlin-Brandenburg 26.04.2022, a.a.O., Rn. 28, juris). Deshalb ist der - ohnehin pauschale und bestrittene - Vortrag des Klägers zu den betriebsräumlichen Verhältnissen bei der Beklagten unbeachtlich.

(ee)

Es ist schließlich kein tatsächlicher Anhaltspunkt dafür vorgetragen, dass jede andere Entscheidung der Beklagten, als eine Aufhebung der betrieblichen Maskenpflicht bereits vor dem 25.05.2022 anzuordnen, billigem Ermessen widersprach. Die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung ist bis zum 19.03.2022 verlängert worden. Auch nach der Neufassung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung vom 17.03.2022, gültig seit dem 20. März 2022, waren die Arbeitgeber öffentlich-rechtlich gehalten, in einem betrieblichen Hygienekonzept die weiterhin noch erforderlichen Maßnahmen zum betrieblichen Infektionsschutz festzulegen und umzusetzen, zu denen auch das betriebliche Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes gehörte. Bei der Aufhebung der betrieblichen Maskenpflicht hat sich die Beklagte am Außerkrafttreten der Neufassung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung mit Ablauf des 25. Mai 2022 orientiert. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sich die Wahl dieses Zeitpunkts insbesondere unter Berücksichtigung des regionalen Infektionsgeschehens am Standort B-Stadt, des räumlichen Einzugsbereichs der dort beschäftigten Arbeitnehmer sowie besonderer tätigkeitsspezifischer Infektionsgefahren nicht mehr am Zweck der Maßnahme orientiert hat und außerhalb des Beurteilungsspielraums der Beklagten lagen, hat der Kläger nicht vorgetragen.

cc)

Die ab 01.05.2022 bestehende Arbeitsunfähigkeit des Klägers war zu der bis zum 30.04.2022 bestehenden Arbeitsunfähigkeit hinzugetreten. Die betriebliche Maskenpflicht bestand unstreitig bereits vor dem 01.05.2022. Das Attest des Dr. K. datiert bereits vom 07.03.2022. Damit bestand ein einheitlicher Verhinderungsfall bis zum 26.05.2022.

c)

Zu der vom 22.10.2020 bis 26.05.2022 bestehenden krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit ist die ab 27.05.2022 attestierte krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit des Klägers hinzugetreten, weshalb weiterhin ein einheitlicher Verhinderungsfall vorlag.

aa)

Ein hinreichend gewichtiges Indiz für das Vorliegen eines einheitlichen Verhinderungsfalls ist regelmäßig bereits dann gegeben, wenn sich an eine "erste" Arbeitsverhinderung eine dem Arbeitnehmer im Wege der "Erstbescheinigung" attestierte weitere Arbeitsunfähigkeit dergestalt anschließt, dass zwischen den Arbeitsverhinderungen lediglich ein für den erkrankten Arbeitnehmer arbeitsfreier Tag oder ein arbeitsfreies Wochenende liegt (vgl. BAG 11.12.2019, a.a.O., Rn. 21). Deshalb ist im Streitfall ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen den Arbeitsunfähigkeiten selbst dann gegeben, wenn man nicht den ohnehin arbeitsfreien 26.05.2022 (Christi Himmelfahrt), sondern den letzten Arbeitstag davor, den 25.05.2022, als Ende der Arbeitsunfähigkeit des Klägers annehmen wollte.

bb)

Der Kläger hat keine Tatsachen dargelegt, die einen einheitlichen Verhinderungsfall ausschließen. Deshalb war der von ihm als Zeuge benannte behandelnde Arzt nicht zu vernehmen.

(1)

Zwei selbständige Verhinderungsfälle liegen vor, wenn ein Arbeitnehmer zwischen zwei Krankheiten tatsächlich arbeitet oder wenn er zwischen den beiden Krankheiten zwar arbeitsfähig war, tatsächlich aber nicht arbeiten konnte, weil er nur für wenige, außerhalb der Arbeitszeit liegende Stunden arbeitsfähig war (BAG 12.07.1989 - 5 AZR 377/88 -, Rn. 27, juris; BAG 11.12.2019, a.a.O., Rn. 13). Es ist dem Arbeitnehmer auch unter Berücksichtigung seiner Sachnähe zuzumuten, seine Behauptung, es lägen voneinander zu trennende Verhinderungsfälle vor, durch konkreten Vortrag zu den Krankheitsursachen sowie zum Ende bzw. Beginn der jeweiligen Arbeitsunfähigkeit zu konkretisieren und hierfür ggf. vollen Beweis zu erbringen (BAG 11.12.2019, a.a.O., Rn. 21).

(2)

Danach hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt, zwischen den beiden Krankheiten arbeitsfähig gewesen zu sein.

(a)

Mit der Erstbescheinigung ab 27.05.2022 will der Arzt im Zweifel Arbeitsunfähigkeit für den gesamten dort ausgewiesenen Zeitraum, mithin vom Beginn des ersten bis zum Ablauf des letzten dort angegebenen Tages bescheinigen (vgl. BAG 11.12.2019, a.a.O., Rn. 13).

(b)

Aufgrund der Art der vom Kläger angegebenen neuen Erkrankung (Atherosklerose der Extremitätenarterien) spricht viel dafür, dass diese selbst dann, wenn sie am 27.05.2022 bei ihm erstmals diagnostiziert worden ist, bereits an den Vortagen bestanden hat. Denn tyischerweise entsteht Atherosklerose über viele Jahre, bevor sie Symptome zeigt.

(c)

Es bestehen überdies schon nach dem eigenen Vortrag des Klägers deutliche Anhaltspunkte dafür, dass diese Erkrankung auch bereits vor dem 27.05.2022 zur Arbeitsunfähigkeit geführt hat. In der Berufungsverhandlung hat der Kläger geschildert, dass er aufgrund dieser - vor dem 27.05.2022 noch nicht erkannten - Erkrankung bereits Beschwerden hatte, weshalb schon eine MRT-Untersuchung seiner Gefäße vorangegangen war, auf deren Grundlage dann am 27.05.2022 die Diagnose gestellt, Arbeitsunfähigkeit attestiert und eine (erste) Operation im Juni 2022 eingeleitet worden ist. Der Kläger hat also selbst nicht behauptet, dass die Beschwerden, deretwegen er sich am 27.05.2022 zum Arzt begeben hat, erstmals im Laufe dieses Tages aufgetreten sind oder sich verschlimmert hätten, weshalb er zuvor noch - jedenfalls für wenige Stunden am 26. oder 27.05.2022 - arbeitsfähig gewesen sei. Vielmehr stand der Arzttermin am 27.05.2022 bereits vorher fest und diente lediglich der Eröffnung des Ergebnisses der vorangegangenen MRT-Untersuchung. Damit ist der Vortrag des Klägers zur Entkräftung der indizierten Einheit des Verhinderungsfalles insgesamt unschlüssig, weshalb dem Beweisantritt zur Vernehmung seines behandelnden Arztes nicht nachzugehen war. Es ist weiterhin von der Einheit des Verhinderungsfalles auszugehen.

(d)

Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob der Vortrag des Klägers auch deshalb unzureichend ist, weil er rückwirkend seit Anfang Dezember 2020 eine unbefristete Rente wegen voller Minderung seiner Erwerbsfähigkeit bezieht und zu deren gesundheitlichem Hintergrund nichts Weiteres vorgetragen hat.

3.

Ein Entgeltfortzahlungsanspruch des Klägers für die Zeit vom 27.05.2022 bis 30.06.2022 ergibt sich auch nicht aus § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EFZG. Der Anspruch nach dieser Bestimmung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer nach Ablauf der Zwölf-Monats-Frist erneut arbeitsunfähig wird. Der Sinn dieser Regelung besteht darin, neu auftretende Fälle einer Arbeitsunfähigkeit dann von dem Grundsatz auszunehmen, dass je Krankheit nur einmal für sechs Wochen Entgeltfortzahlung geleistet wird, wenn ein ausreichend langer Zeitraum vergangen ist. Dann wird der Zusammenhang zwischen der neuen Arbeitsunfähigkeit und dem Grundleiden als nicht mehr erheblich angesehen. Die Bestimmung greift nicht ein, wenn der Arbeitnehmer schon vorher erneut arbeitsunfähig wird und die Arbeitsunfähigkeit über den Ablauf der Zwölf-Monats-Frist hinaus bestehen bleibt. Dem entspricht es, dass § 3 Abs. 1 Satz 2 EFZG im Falle einer fortdauernden mehr als ein Jahr andauernden Arbeitsunfähigkeit - wie hier bei einer anzunehmenden Einheit des Verhinderungsfalles seit dem 22.10.2020 - keinen weiteren Entgeltfortzahlungsanspruch vorsieht (BAG 14.03.2007 - 5 AZR 514/06 -, juris, Rn. 12 und 15).

II.

Die gemäß §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 524 ZPO statthafte sowie form- und fristgerecht im Sinne der §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 524 Abs. 3, 519 bis 521 ZPO eingelegte Anschlussberufung des Klägers ist unbegründet.

1.

Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend erkannt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn gem. § 615 S. 1 BGB für die Zeit vom 02.05. - 26.05.2022 hat. Die Beklagte hat nach den vorstehenden Ausführungen unter I. 2. b) jedenfalls hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorgebracht, dass dem Kläger die Erbringung der Arbeitsleistung im streitbefangenen Zeitraum aus krankheitsbedingten Gründen nicht möglich war (§ 297 BGB). Zu diesen Indizien gehören insbesondere auch die unstreitigen Krankheitszeiten des Klägers vor und nach dem hier in Rede stehenden Zeitraum (vgl. BAG 05.11.2003 - 5 AZR 562/02 -, Rn. 24, juris). Den Indizien ist der sachnähere Kläger nach den vorstehenden Ausführungen nicht hinreichend entgegengetreten, weshalb der Vortrag der Beklagten gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt (vgl. BAG 05.11.2003, a.a.O.; BAG 22.02.2012 - 5 AZR 249/11 -, juris, Rn. 17).

2.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von 4.525,00 EUR brutto gem. § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG für die Zeit vom 02.05. - 26.05.2022. Wollte er sich mit Blick auf das ausgestellte ärztliche Attest zur Befreiung von der Maskenpflicht für den fraglichen Zeitraum auf eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit berufen, wäre diese Erkrankung nach seinem Vortrag zu der seit 22.10.2020 bestehenden Arbeitsunfähigkeit hinzugetreten und bildete mit dieser einen einheitlichen Verhinderungsfall, dessentwegen der 6-wöchige Entgeltfortzahlungszeitraum bereits abgelaufen war.

3.

Es kann dahinstehen, ob die Beklagte den Kläger in der Zeit vom 02.05. - 26.05.2022 durch eine entsprechende Ausübung ihres Direktionsrechtes leidensgerecht - etwa im Home-Office oder durch Zuweisung eines separaten Arbeitsplatzes im Betrieb - ohne Mund-Nasen-Bedeckung beschäftigen konnte und ob sie eine Verpflichtung, dem Kläger eine solche Beschäftigung zu ermöglichen, schuldhaft verletzt hat (hierzu BAG 19.05.2010 - 5 AZR 162/09 -, BAGE 134, 296-307, Rn. 28 und 34). Einen Vergütungsanspruch aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes, bei dem es sich um einen eigenständigen prozessualen Streitgegenstand handeln würde, hat der Kläger nicht geltend gemacht.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Dabei war zwischen den erst- und zweitinstanzlichen Kosten zu differenzieren, weil nicht sämtliche erstinstanzlichen Streitgegenstände in das Berufungsverfahren gelangt sind. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat allein der Kläger zu tragen, weil die Berufung der Beklagten erfolgreich, seine eigene Anschlussberufung hingegen erfolglos war.

IV.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 72 Abs. 2 ArbGG), bestanden nicht. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 72 a ArbGG) und der sofortigen Beschwerde (§ 72 b ArbGG) wird hingewiesen.